Norbert Juretzko

Norbert Juretzko

Norbert Juretzko (* 8. Oktober 1953 in Salzgitter) ist ein deutscher Buchautor. Bekannt wurde er durch seine Enthüllungsbücher über den deutschen Auslandsgeheimdienst BND, dessen Mitarbeiter er von 1984 bis 1999 war.

Öffentliche Aufmerksamkeit erregt Juretzko auch durch sein Engagement gegen einen geplanten Geflügelschlachthof in der niedersächsischen Gemeinde Wietze. Juretzko ist zur Zeit Vorsitzender der Bürgerinitiative Wietze für den Erhalt des Aller-Leine-Tals e.V., die sich gegen das Projekt wendet. Er war 39 Jahre[1] Mitglied der SPD, verließ diese jedoch und gehört heute der Partei Die Linke an.[2] Bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen am 11. September 2011 kandidierte Juretzko für das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Wietze. Er erhielt 11,4 Prozent der Stimmen und musste sich dem CDU-Kandidaten und Schlachthofbefürworter Wolfgang Klußmann geschlagen geben.[3]

Juretzko ist verheiratet. Er ist Vater zweier Söhne und einer Tochter.[4]

Inhaltsverzeichnis

Buchveröffentlichungen und Gerichtsverfahren

Juretzko ist Ko-Autor der Enthüllungsbücher „Bedingt dienstbereit“ (2004) und „Im Visier“ (2006), die sich mit Vorgängen im Bundesnachrichtendienst befassen. In diesem Zusammenhang strengte der BND 2006 ein Verfahren gegen Juretzko wegen Geheimnisverrats an, welches mit einer Niederlage für den Geheimdienst und einem Freispruch des Angeklagten endete.

Juretzko schildert dort unter anderem folgende Vorgänge:

  • Zur „Lagebildgewinnung“ habe der BND noch zu seiner Dienstzeit wahllos Briefe von DDR-Bürgern an Westbürger gelesen, wobei der Bruch des Briefgeheimnisses durchwegs ungerechtfertigt gewesen sei.
  • Der BND habe den deutschen Teil des Gladio-Netzwerks betrieben.
  • Diese von ihm mit betreute Stay-behind-Organisation sei der Stasi gänzlich bekannt, und aufgrund zahlreicher grober Fehler (Verbindungsführer gaben Funkgeräte nicht an die „Quellen“ – die verdeckten Kräfte vor Ort – weiter, leere Ausrüstungsverstecke, etc.) sowieso nie einsatzbereit gewesen.
  • Der BND habe den Verrat seiner Gladio-„Quellen“ ignoriert und diese so unnötig gefährdet.
  • Der BND habe „verbrannte“ — also gegnerischen Diensten bekannte — Immobilien weiter operativ genutzt.
  • Bei einer Kooperation mit amerikanischen Diensten habe der BND eine unangemessene Verteilung der gewonnenen Informationen toleriert, sowie Bestechungs- und Abhöraktionen durch die Partnerdienste klaglos hingenommen.
  • Die Professionalität sei beim BND ganz allgemein mangelhaft gewesen, es hätten teils chaotische Zustände geherrscht – insgesamt sei der Dienst kein ernsthafter Gegenspieler, insbesondere für die Stasi, gewesen.

Ein Gerichtsverfahren um die im Buch aufgestellten Behauptungen endete im November 2004 mit einer außergerichtlichen Einigung zwischen dem Autor und dem Ex-Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer, nach der zwei Sätze aus dem Buch gestrichen wurden.

Vor der Buchveröffentlichung war Juretzko innerhalb der Sicherheitsabteilung des BND an den Ermittlungen gegen den früheren Abteilungsleiter Volker Foertsch beteiligt. Dieser war durch Material einer russischen Quelle des BND (Deckname Rübezahl) in den Verdacht geraten, ein Doppelagent des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB zu sein. Diese Vorwürfe stammten unter anderem von Juretzko und galten auch durch Nachforschungen des MAD und des Bundesamtes für Verfassungsschutz als fundiert, sollen sich jedoch später als erfunden herausgestellt haben. Der Generalbundesanwalt untersuchte den Fall und stellte am 12. Mai 1998 das Verfahren gegen Foertsch ein, da der Verdacht ausgeräumt sei (§ 170 Abs. 2 StPO). Foertsch wurde 1998 auf eigenen Wunsch vorzeitig, sechseinhalb Monate vor Vollendung des 65. Lebensjahres, in den Ruhestand versetzt.

Juretzko wurde am 21. Januar 2003 wegen Betruges im Zusammenhang mit den angeblich von „Rübezahl“ gelieferten Hinweisen in einem nichtöffentlichen Gerichtsverfahren vom Landgericht München I zu 11 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er während seiner Arbeit für den BND Akten manipuliert und ihm anvertraute Gelder veruntreut haben soll. Er selbst bestreitet die Vorwürfe und bezeichnet sie als eine Strafaktion für seine Ermittlungen Foertsch gegenüber.

Im Zuge einer Verwaltungsstreitsache zwischen dem BND und Juretzko wurden durch den Richter Dr. Kugele vom Verwaltungsgericht Leipzig 18. April 2007 auch die Richter aus dem Strafverfahren in München zum Urteil gegen Juretzko befragt, da es Ungereimtheiten enthielt. Der im Jahr 2003 als Vorsitzender im Strafprozess verantwortliche Richter Melchior musste dabei einräumen, dass Juretzko eigentlich hätte freigesprochen werden müssen. In dem Verfahren ging es um 359.000 Euro, die der BND von ihm zurück gefordert hatte. Am 20. April 2007 stellte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren nach § 92 Abs. 3 VwGO ein.

Im Mai 2005 wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Juretzko ermittelte. Ihm wurde zwar vorgeworfen Dienstunterlagen des BND unterschlagen zu haben, allerdings wurde das Ermittlungsverfahren im Juni 2007 wieder eingestellt.

Im Mai 2006 veröffentlichte Juretzko ein weiteres Enthüllungsbuch über den BND. Unter dem Titel Im Visier wurden zahlreiche weitere Pannen und vermeintliche Peinlichkeiten aus dem Geheimdienstmilieu öffentlich gemacht.

Am 7. Juni 2006 wurde Juretzko nach einem fünf Wochen dauernden Prozess wegen des Vorwurfes des Geheimnisverrates auf gemeinsamen Antrag der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung vom Landgericht Berlin freigesprochen. Der BND hatte Juretzko vorgeworfen, in dem Buch Bedingt dienstbereit durch die Veröffentlichung von geheimen Decknamen, geheimen Liegenschaften und geheimen Treffen Dienstgeheimnisse verraten zu haben. Der Vorsitzende Richter der 25. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin warf dem BND vor, das Verfahren unzureichend vorbereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass erst durch die Verteidigung entlastendes Material beschafft wurde, das dem BND bereits hätte vorliegen müssen. Juretzko wurde von Rechtsanwalt Ferdinand von Schirach verteidigt.

Schriften

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.norbert-juretzko.de/index.php/32.html
  2. Silke Looden: Bürgermeister freut sich auf bis zu 1000 neue Jobs. Wietze wehrt sich gegen Hähnchenfabrik. In: Weser-Kurier, 24. August 2010. Abgerufen am 25. August 2010.
  3. Hans Brinkmann: Piraten entern Kommunalparlamente. In: Neue Osnabrücker Zeitung, 12. September 2011. Abgerufen am 9. Oktober 2011.
  4. http://www.norbert-juretzko.de/index.php/32.html

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