Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland

Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland
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Nach Art. 103 Absatz 1 Grundgesetz (GG) hat in Deutschland vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör (lat. audiatur et altera pars).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein grundrechtsgleiches Recht (kein Grundrecht, wie Artikel 93 Absatz 1 Nr. 4a GG zu entnehmen ist) und ist zugleich eine besondere Erscheinungsform grundgesetzlicher Rechtsstaatlichkeit.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt jedem, der an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt oder sonstwie unmittelbar davon betroffen ist, das Recht,

  • sich über den Verfahrensstoff zu informieren (siehe dazu auch Akteneinsicht),
  • sich im Verfahren vor dem Erlass einer Entscheidung mindestens schriftlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hinreichend äußern zu können und
  • mit seinem Vorbringen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt zu werden.

Es bedeutet daneben, dass ein Beschwerter durch Zugang Kenntnis von einem Beschluss erhalten müsste.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert dem Berechtigten lediglich die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern. Hat er diese Möglichkeit im Einzelfall gehabt, hat er sie aber nicht wahrgenommen, so ist trotzdem ausreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt außerdem (zwangsläufig) kein Recht darauf, dass die Entscheidung letztlich auch ganz im Sinne des Vorbringens des Berechtigten getroffen wird. Die Ausführungen des Beteiligten sind nämlich nur zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, sie zu verwerfen, wenn sie unerheblich oder unzutreffend sind.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte den Vortrag der Prozessbeteiligten berücksichtigen, d. h. das Vorbringen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen. Das Gericht muss sich nicht mit allen, sondern nur mit den wesentlichen Argumenten der Beteiligten auseinandersetzen.

Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör können mit den normalen Rechtsmitteln geltend gemacht werden. Ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, kann beim Ausgangsgericht (iudex a quo) eine Anhörungsrüge erhoben werden. Wird auch darauf der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht abgeholfen, kann Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Siehe auch

Literatur

  • BVerfG, Beschluss des Plenums vom 30. April 2003, Az. 1 PBvU 1/02 = BVerfGE 107, 395. [1]
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