Notrufmelder

Notrufmelder
links eine Telefonhaube TelHb82, auch für Rollstuhlfahrer geeignet, rechts ein Telefonhäuschen TelH78 aus Zeiten der Deutschen Bundespost

Eine Telefonzelle, fachlich als Telefonhäuschen (TelH) bezeichnet, ist ein kleines Häuschen mit einer Grundfläche von etwa einem Quadratmeter, an dessen innerer Rückwand ein Telefonapparat angebracht ist. Die Gebühren des Telefonats werden je nachdem mit Münzgeld, einer Telefon-, Kredit- oder Geldkarte bezahlt. Telefonzellen stehen in der Regel im öffentlichen Raum.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Telefonzelle in Frankfurt am Main 1961
Telephon-Billet von 1891

Die erste Telefonzelle, damals noch Fernsprechkiosk genannt, wurde am 12. Januar 1881 in Berlin in Betrieb genommen. Ab 1899 gab es Münzfernsprecher, vorher wurden Telefonbilletts verkauft. Die ältesten geschlossenen Zellen befanden sich noch in geschlossenen Gebäuden, Postfilialen, im Empfangsbereich von Hotels und gastronomischen Einrichtungen und lösten kleinere, vor allem durch Raumteiler abgegrenzte Telefongelegenheiten ab, für deren Benutzung es noch keine einheitlichen Regeln gab.

Ab den 1920ern gehörten Telefonhäuschen mit Münzfernsprechern zum vertrauten Bild öffentlicher Plätze und Straßen. Ihre Gestaltung und Farbgebung wurde ab 1932 reichsweit normiert: Zunächst waren Blau und Gelb, ab 1934 Rot, ab 1946 einheitliches Gelb vorgeschrieben.[1] Mitte der 1990er wurde die Farbgebung auf weiß-grau-magenta der Telekom umgestellt.

Fasse-dich-kurz“-Schilder zierten bis in die 1970er Jahre deutsche Telefonzellen

Öffentliche Telefonzellen kamen nach ihrer Einführung allgemein sehr gut an und wurden nicht nur zum Telefonieren benutzt. Sie waren auch beliebte Treffpunkte. Da man einige Telefonzellen auch anrufen konnte, war es Bekannten im Fall der Verspätung möglich, den Wartenden zu erreichen oder sich zu verabredeten Zeiten gegenseitig anzurufen. Die Anrufbarkeit der Telefonzellen konnte später technisch eingeschränkt werden. Noch in der DDR waren viele Telefonzellen anrufbar, sofern die Nummer bekannt war. Telefonzellen der Deutschen Bundespost hatten in den 1980er Jahren außen ein Klebepiktogramm mit dem Symbol einer Glocke angebracht, die das Gerät als anrufbar kennzeichneten, die Rufnummer war bei einigen dieser Klebepiktogramme unter dem Glockensymbol aufgedruckt bzw. befand sich am Bedienpiktogramm des Gerätes. Diese anrufbaren Geräte wurden Post-intern als „aMünzFw“ bezeichnet.In den 1990ern wurde die Anrufbarkeit der öffentlichen Fernsprecher wieder zurückgebaut; u. a. war ein Grund dafür, dass durch ankommende Gespräche die Geräte belegt waren und Sprechgäste die telefonieren wollten, dies nicht konnten und die Telekom hatte durch ankommende Gespräche keine Einnahmen, die ein Öffentliches Telefon nunmal erbringen muss um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Lange Jahre war das Bild öffentlicher Plätze durch die auffälligen Telefonzellen mitgeprägt, die auch in beiden Teilen Deutschlands Postgelb waren. Nach der flächendeckenden Einführung privater Haushaltstelefone sank ihre Bedeutung als Kontaktpunkt in beiden Teilen Deutschlands, in Ostdeutschland etwas langsamer.

Mit der Privatisierung im wiedervereinigten Deutschland änderte sich die Corporate Identity und die neu geschaffene Deutsche Telekom ersetzte die gelben Telefonzellen nach und nach durch grau-weiß-magentafarbene. Dabei wurden kritische Stimmen laut, die wegen der neuen, unauffälligeren Farbe warnten, dass es im Notfall dazu kommen kann, dass viel zu spät alarmiert wird, da mehr Zeit für die Suche der Telefonzellen aufgewendet werden muss. Diese Bedenken wurden durch das Aufkommen von Mobiltelefonen zerstreut.

Telefonkarte der Serie: "A"

Ursprünglich wurden alle Telefone mit Münzgeld betrieben. 1984 waren dies im Bundesgebiet 129.000 Stück.[2]Ende der 1980er Jahre führte die Deutsche Bundespost Kartentelefone ein, die die Münzgeräte zum Teil verdrängten. Erst Ende der 1990er Jahre wurden Kombinationsgeräte (Telestation) eingesetzt, die sowohl Münzen als auch Telefonkarten akzeptieren. Nicht nur in Deutschland tragen sich Telefonzellen aufgrund der zunehmenden Verbreitung von Mobiltelefonen immer weniger, entsprechend wurde deren Zahl in den letzten Jahren immer weiter reduziert.

Die gelben Telefonzellen aus Bundespostzeiten sind in einigen Regionen Deutschlands kaum noch anzutreffen und haben vereinzelt, je nach Modell schon Sammlerwert, ähnlich wie die markanten roten britischen Telefonzellen, die mittlerweile in aller Welt zu finden sind. Seit dem Wegfall des Telekommunikationsmonopols in Deutschland stellten auch verschiedene private Anbieter Telefonzellen auf. Sie beschränken sich bei ihrer Standortwahl jedoch meist auf ausgesuchte lukrative Standorte wie beispielsweise Fußgängerzonen in Großstädten.

Einfluss des Vandalismus

Vandalismus trotz Basistelefon
Rückgang der Telefonzellen von 1996 bis 2007 in Deutschland

Die Münzfernsprecher in Telefonzellen waren schon immer von Aufbrüchen und Vandalismus betroffen, was ihre Gestaltung beeinflusst hat. Einerseits hielten sie einen je nach Standort kleinen bzw. recht großen Betrag an Münzen bereit, der mitunter geplündert wurde, zum anderen sind sie abgeschlossene Räume, die zweckentfremdet genutzt werden können. Die Einführung von Telefonkarten konnte die Zahl aufgebrochener Münzfernsprecher wirksam reduzieren, war aber für den Kunden eine Mehrbelastung. Bei allen öffentlichen Münzfernsprecher-Modellen, die ab den 1970er Jahren bei der Deutschen Bundespost eingeführt wurden, fällt das Münzgeld aus dem Fernsprecher in einen separaten Kassettenanbau bzw. stark gepanzerten Münztresor, welcher sich unter dem Gerät befindet und in dem die Münzkassette eingesetzt ist. Im Falle eines Einbruchs wird nicht mehr, wie bei den alten Münzfernsprechern MünzFw 56,63 bzw. 57 der Apparat selbst zerstört.

Wegen der hohen Vandalismusschäden und Reinigungskosten ist die Deutsche Telekom seit etwa dem Jahr 2000 dazu übergegangen, Telefonzellen durch Telestationen zu ersetzen, die keinen Wind- und Lärmschutz mehr bieten. Seit 2003 werden alte unrentable Telefonzellen-Standorte durch neue Telefone ersetzt, die weder Münzen noch Telefonkarten als Zahlungsmittel akzeptieren, sondern nur über Calling Cards und 0800 freecall Rufnummern benutzt werden können. Diese Telefone sind sehr einfach ausgeführt. Um Vandalismus so weit wie möglich auszuschließen, verfügen sie weder über Anzeigeelemente noch über einen Kartenschlitz. Die Telekom bezeichnet sie als Basistelefon.

In Deutschland gab es 2007 insgesamt (Telekom und Mitbewerber) noch um die 110.000 Telefonzellen.[3]

Notrufmelder

Notrufmelder in deutschen Telefonzellen. Hebel nach links Feuerwehr. Hebel nach rechts Notruf (Polizei).

Notrufmelder (NRM) waren ab den 1970er Jahren notwendig geworden, nachdem die Leitung des Münzfernsprechers erst mit Einwurf einer Münze „frei“ wurde. Da aber Notrufe auch ohne Münzen möglich sein sollten, stattete man in einigen Bundesländern der BRD, z. B. Niedersachsen, die Telefonzellen mit Notrufmeldern aus.

Durch das Umlegen des Hebels wurde über eine Nockensteuerung, also selbst bei Stromausfall, eine Verbindung zur nächsten Polizeidienststelle bzw. Feuerwache aufgebaut. Der NRM wählte außerdem eine Standortkennung nach, die bei der Dienststelle angezeigt wurde. Dadurch war automatisch der Standort bekannt, von dem der Notruf kam, ohne dass der Benutzer dies telefonisch erklären musste.

In heutigen Telefonzellen ist ein eigener Notrufmelder nicht mehr notwendig, da die Notrufnummern direkt ohne Münzeinwurf oder Telefonkarte gewählt werden können, oder wie beim Basistelefon über eine spezielle „SOS-Taste“ verfügen (siehe Bild Basistelefon).

Bildergalerie deutscher Telefonzellen

Reichspost

Deutsche Post der DDR

Deutsche Bundespost

Deutsche Telekom

Wettbewerber

Quellen

  1. Münzfernsprecher auf der Webseiten des Museum für Kommunikation Frankfurt
  2. Unsere Post: Informationsmappe 2, Hrsg: Deutschen Bundespost, Stand: 01/1984
  3. Öffentliche Telefonstellen in Deutschland auf den Seiten der Bundesnetzagentur

Weblinks


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