Operenzia

Operenzia

Operenzia ist der Name eines phantastischen Reiches aus der ungarischen Märchen- und Sagenwelt.

Inhaltsverzeichnis

Erzählungen

Es grenzt, je nach Erzähltradition, an Indien, an das Land der Talianen (Italien), an das Franzia-Land (Frankreich) manchmal ans Meer oder gar ans Ende der Welt. Jedenfalls muss ein Wanderer die „Zuckerhutberge“ entweder passieren oder umgehen. Angekommen erwartet ihn stets Außerordentliches: Pilze sind dort etwa so groß wie Bauernhüte und Äpfel wie Kinderköpfe. Zahlreiche Schlösser stehen „ … auf einem einzigen Entenfuss frei in den luftigen Höhen und drehen sich lautlos nach der Sonne“ [1] Selbst die Bauern wohnen in Palästen. Eines der Märchen beginnt mit:

Und als in der windschiefen Hütte sich kein einziger Kreuzer, kein noch so winziges Stückchen Brot mehr finden ließ, brach der jüngste Sohn des armen Bauern auf, um sein Glück in der weiten Welt auf die Probe zu stellen. Er wanderte sieben Tage und sieben Nächte hindurch, bis er die Zuckerhut-Berge an der Grenze des Landes Operenzia erblickte. Er dankte Gott, faßte Mut und beschleunigte die Schritte seiner müde gewordenen Stiefel. [2]

Wolle man sommers über die Pässe der Zuckerhutberge in das Land der Talianen reiten, dann nur nachts. Denn die Sonne brennt so heiß, dass selbst der Stahl eines Säbels schmilzt. Habe man in den Bergen Durst, so brauche man jedoch nur eine Wolke auszuwringen. Sehr achtgeben müsse man allerdings, dass die Pferde keinen Stern vom Himmel treten.

Hintergrund

Das Motiv erschien erstmals Ende des 17. Jahrhunderts. Nach den Türkenkriegen war Ungarn zur völlig verarmten Provinz herabgesunken. Da das Land sonst nichts zu bieten hatte, wurden viele ungarische Bauernburschen zwangsrekrutiert und zu zwanzig Jahren Militärdienst verpflichtet. In Österreich herrschte – für ungarische Verhältnisse – großer Wohlstand. Der Name „Operenzia“ selbst ist wohl der alten Bezeichnung Erzherzogtum Österreich ob der Enns – dem heutigen Oberösterreich – entlehnt.

Nahmen die Soldaten nach zwanzig Jahren ihren Abschied (Obschit) kehrten sie in ihre Dörfer zurück. Dort schmückten sie ihre Erlebnisse und Eindrücke allerdings oft sehr märchenhaft-naiv-phantastisch aus. Bezeichnenderweise gibt es in Ungarn die Redewendung: „Er lügt wie ein Obschitosch“.

Sekundärliteratur

Hartmut Heller (Hg.) –- Fremdheit im Prozess der Globalisierung –- Lit Verlag, Berlin –- Hamburg –- Münster. 2007 ISBN 3825808696

Referenzen

  1. Stephan Vajda, Operenzia, das Märchenland der Ungarn, Merian 11. 1972. S. 13-15
  2. Hartmut Heller –-Fremdheit im Prozess der Globalisierung. Lit Verlag Berlin –- Hamburg –- Münster, 2007. S. 155.

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