Organkredit

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Organkredit ist im Bankwesen die Bezeichnung für Kredite, die Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute an natürliche oder juristische Personen als Kreditnehmer vergeben, die personell oder gesellschaftsrechtlich mit dem kreditgewährenden Institut in Form einer Kapitalbeteiligung oder durch Mandatswahrnehmung „verbunden“ sind. Die personelle Verflechtung kann darin bestehen, dass ein Vorstandsmitglied der kreditgewährenden Bank im Aufsichtsrat des Kreditnehmers sitzt oder gar eine Führungs-/Leitungsaufgabe wahrnimmt.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

§ 15 KWG (Organkredite)

Welche Konstellationen hierunter fallen, ist in § 15Kreditwesengesetz abschließend geregelt. Ziel dieser Vorschrift ist es, dass Organkredite durch einstimmige Beschlussfassung von Vorstand und Aufsichtsrat des kreditgewährenden Instituts zu marktüblichen Bedingungen genehmigt werden, um dem Fremdvergleichsgrundsatz zu genügen.

Der detailreiche Gesetzeswortlaut:

"Organkredite sind Kredite an

  1. Geschäftsleiter des Instituts,
  2. nicht zu den Geschäftsleitern gehörende Gesellschafter des Instituts, wenn dieses in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird, sowie an persönlich haftende Gesellschafter eines in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien betriebenen Instituts, die nicht Geschäftsleiter sind,
  3. Mitglieder eines zur Überwachung der Geschäftsführung bestellten Organs des Instituts (z.B. Aufsichtsrat)
  4. Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte des Instituts,
  5. Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder der unter den Nummern 1 bis 4 genannten Personen,
  6. stille Gesellschafter des Instituts,
  7. Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein Geschäftsleiter, ein Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter des Instituts gesetzlicher Vertreter oder Mitglied des Aufsichtsorgans der juristischen Person oder Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft ist,
  8. Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein gesetzlicher Vertreter der juristischen Person, ein Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft, ein Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter dieses Unternehmens dem Aufsichtsorgan des Instituts angehört,
  9. Unternehmen, an denen das Institut oder ein Geschäftsleiter mit mehr als 10 vom Hundert des Kapitals des Unternehmens beteiligt ist oder bei denen das Institut oder ein Geschäftsleiter persönlich haftender Gesellschafter ist,
  10. Unternehmen, die an dem Institut mit mehr als 10 vom Hundert des Kapitals des Instituts beteiligt sind,
  11. Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein gesetzlicher Vertreter der juristischen Person oder ein Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft an dem Institut mit mehr als 10 vom Hundert des Kapitals beteiligt ist und
  12. persönlich haftende Gesellschafter, Geschäftsführer, Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsorgans, Prokuristen und an zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte eines von dem Institut abhängigen Unternehmens oder das Institut beherrschenden Unternehmens sowie ihre Ehegatten, Lebenspartner und minderjährigen Kinder,

Organkredite dürfen nur auf Grund eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Geschäftsleiter des Instituts und außer im Rahmen von Mitarbeiterprogrammen nur zu marktmäßigen Bedingungen und nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsorgans gewährt werden. Der Gewährung eines Kredits steht die Gestattung von Entnahmen gleich, die über die einem Geschäftsleiter oder einem Mitglied des Aufsichtsorgans zustehenden Vergütungen hinausgehen, insbesondere auch die Gestattung der Entnahme von Vorschüssen auf Vergütungen. Organkredite, die nicht zu marktmäßigen Bedingungen gewährt werden, sind auf Anordnung der BAFIN mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen.

Die BaFin kann für die Gewährung von Organkrediten im Einzelfall Obergrenzen anordnen

Bagatellgrenzen definiert das Gesetz

  1. für Kredite an Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte sowie an ihre Familienangehörigen, wenn der Kredit ein Jahresgehalt des Prokuristen oder des Handlungsbevollmächtigten nicht übersteigt,
  2. für Kredite, wenn der Kredit weniger als 1 vom Hundert des haftenden Eigenkapitals des Instituts oder weniger als 50 000 Euro beträgt, und
  3. für Kredite, die um nicht mehr als 10 vom Hundert des nach Absatz 1 Satz 1 beschlossenen Betrages erhöht werden.

Der Beschluss der Geschäftsleiter und der Beschluss über die Zustimmung sind vor der Gewährung des Kredits zu fassen. Wird ein Kredit ohne Zustimmung gewährt, so ist dieser Kredit ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückzuzahlen, wenn nicht sämtliche Geschäftsleiter sowie das Aufsichtsorgan der Kreditgewährung nachträglich zustimmen."

Aufgrund der erforderlichen Bildung von Kreditnehmer- und Risikoeinheiten nach § 19 Abs. 2 KWG kann ggf. neben den o.g. Tatbeständen auch ein Organkredit, wenn ein Unternehmen oder eine Person in einer Kreditnehmereinheit mit einer der o.g. Personen steht.

Deutscher Corporate Governance Kodex

Ziffer 3.9 des Deutschen Corporate Governance Kodex regelt ergänzend das Umgehen der Unternehmen, die sich dem Kodex unterworfen haben, mit Organkrediten.

Schweiz

Das schweizerische Bankengesetz regelt in Artikel 4 die Organkredite:

Kredite an Mitglieder der Bankorgane und an massgebende Aktionäre sowie die ihnen nahe stehenden Personen und Gesellschaften dürfen nur nach den allgemein anerkannten Grundsätzen des Bankgewerbes gewährt werden.[1]

Italien

Organkredite sind im Abschnitt "Obbligazioni degli esponenti bancari" des Testo unico bancario (italienisches Bankengesetz) geregelt. Voraussetzung für einen Organkredit ist eine Zustimmung des Verwaltungsorgans und eine einstimmige Zustimmung des Aufsichtsorgans der Bank. [2]

Literatur

  • Nikolaus Demmelmair: Die Großkredit-, Millionenkredit- und Organkreditvorschriften, Sparkassenverlag, 6. Aufl. 2011
  • Beck/Samm/Kokemoor: Gesetz über das Kreditwesen. C.F. Müller Verlag, Heidelberg, KWG Kommentar mit Materialien und ergänzenden Vorschriften ;Loseblattsammlung, 149. Aktualisierung Dezember 2010, [3]

Quellen

  1. Bankengesetz Schweiz SR 952.0
  2. Testo unico bancario 02/2007
  3. Gesetz über das Kreditwesen (KWG) - H:J:R
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