Orientalisch

Orientalisch

Orient (von lat. oriens ‚Osten‘, dies Partizip Präsens von oririaufgehen, sich erheben‘), später auch Morgenland genannt, ist dem Okzident (Abendland), der europäischen Weltgegend entgegengelegen. Der Begriff geht zurück auf eine der vier von den Römern definierten Weltgegenden (lat. plagae mundi) und wurde als plaga orientalis bezeichnet. Im Griechischen nennt man den Orient heute anatoli (ανατολή, siehe Anatolien) und im Italienischen levante (Part. Präs. zu levare ‚aufgehen‘).

Im Lauf der Geschichte hat das Bedeutungsspektrum dieses Begriffs eine Wandlung erfahren. Während früher die gesamte asiatische Welt, d. h. die arabischen Länder, Iran, Indien und die heutige Volksrepublik China als Orient galt, später dann nur die Länder Vorderasiens mit Ägypten und die meisten islamischen Kulturen dazu zählte, tendiert man heute im Sprachgebrauch dazu, den Begriff auf den Nahen Osten und die arabisch-islamische Welt – einschließlich der Türkei, Iran, Pakistan und Nordafrika, aber ohne die islamischen Staaten Südostasiens – zu beschränken.

Zu beachten ist, dass im Englischen der gleichlautende Begriff Orient auf ost-asiatische Länder wie China, Japan, Indonesien und auch Indien, Pakistan, Thailand und die Philippinen, die im Englischen geografisch auch als ‚ost-asiatisch‘ eingeordnet werden, angewendet wird. Dementsprechend definieren sich diese Länder selbst auch als oriental, wie z. B. prominent am Shanghaier Fernsehturm, dem Oriental Pearl Tower, zu sehen ist.

Orient wird meist weniger in einem politischen oder geographischen, sondern eher in einem religiös-kulturellen Sinne verwendet. Die Welt des Orients inspirierte viele Dichter und Schriftsteller, siehe z. B. Goethes West-östlicher Diwan oder Hesses Roman Morgenlandfahrt.

Seit den 1970er Jahren hat das Konzept einer Trennung von Orient und Okzident heftige Kritik erfahren (Orientalismusdebatte). Ausgehend von den bis heute einflussreichen Thesen Edward Saids wurde konstatiert, das westliche Bild des Orients sei voller unbewusster Vorurteile und Verzerrungen, die der Realität nicht gerecht würden. Das Konzept von Abendland und Morgenland sei weniger alt als behauptet, vielmehr sei es erst im 18. Jahrhundert entstanden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Arabische Halbinsel, Kleinasien, Nordafrika und Vorderasien (Irak, Iran, Afghanistan) werden zumeist zum Kulturkreis des Orients gezählt. Seit jeher war das Zweistromland, der Bereich zwischen Euphrat und Tigris, ein fruchtbares Gebiet. Die Gegend des heutigen Afghanistan war stets von verschiedenen Mächten umkämpft. Im Orient befanden sich viele frühe Hochkulturen, wie zum Beispiel die Sumerer im Zweistromland und das antike Perserreich. Alexander der Große zog auf seinen Eroberungszügen durch Vorderasien und gründete griechische Städte. Später standen das Imperium Romanum und das Persische Reich im kriegerischen Gegensatz.

Missionare und Mönche verbreiteten das Christentum (siehe auch: Christliche Herrschaft im Orient).

Nach dem Tode des muslimischen Propheten Mohammed verbreiteten arabische Heere und Händler den Islam, der die dortige Gesellschaft stark beeinflussen sollte. Das nach mehreren Jahrhunderten gegründete Osmanische Reich, welches erst Kleinasien, bald Teile des Balkans und weite Gebiete der arabischen Halbinsel und Vorderasien umfasste, brachte ebenso den Islam der Bevölkerung näher.

Im Ersten Weltkrieg wurden der Irak und der Iran von britischen und amerikanischen Truppen besetzt. Beim Kongress von Verona 1922 suchten die europäischen Großmächte die sogenannte Orientalische Frage zu lösen. 1923 wurde das Osmanische Reich von neuen Staaten abgelöst. Durch zahlreiche Erdölfunde wurden einige Staaten zu den reichsten Ländern der Welt, zum Beispiel Saudi-Arabien, Kuwait und Bahrain.

Geographie

Das als Orient oder als orientalischer Kulturraum bezeichnete Gebiet erstreckt sich über ein 13,5 Millionen Quadratkilometer großes Gebiet. Die Staaten Marokko, Algerien, Indien, Pakistan, Tunesien, Libyen, Ägypten, Israel, Palästina, Libanon, Saudi-Arabien, Bahrain, Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Irak, Jordanien, Syrien, Türkei, Iran und Afghanistan bilden über den Norden Afrikas und dem Südwesten Asiens den Orient. Die Bewohner des Orients sind zu einem großen Teil islamische Araber.

Klima

Der Orient erstreckt sich über verschiedene Klimazonen. Das Klima des Orients wird als arid bezeichnet. Im nördlichen Teil, also Türkei, vereinzelt auch Iran, Irak herrscht mediterranes Klima, weiter südlich, also Richtung Israel hauptsächlich wintermildes Steppenklima und im südlichsten Teil, der Sahara und Saudi-Arabien Trockenklima bis Wüstenklima.

Wirtschaft

Der Orient ist vor allem für seinen Rentenkapitalismus bekannt. Der Lebensstandard ist in den Orientalischen Ländern zumeist relativ niedrig und es herrschen große Unterschiede zwischen Arm und Reich, wie zum Beispiel in Dubai. Wichtigstes Exportgut des Orients ist das Erdöl.

Literatur

  • Michael Sommer: Der römische Orient. Zwischen Mittelmeer und Tigris. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006.
  • Gabi Kratochwil: Business-Knigge: Arabische Welt. Erfolgreich kommunizieren mit arabischen Geschäftspartnern. Verlag OrellFüssli, Zürich 2006, ISBN 3-280-05192-4, http://www.ofv.ch/index.php?ID=bkDet&nr=2765
  • Sylvia Ortlieb: Business-Knigge für den Orient. BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, Nürnberg 2006, ISBN 978-3-8214-7655-1, http://www.bwverlag.de/seiten/seite251.php

Siehe auch

Weblinks


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