Oskar Seidlin

Oskar Seidlin

Oskar Seidlin (* 17. Februar 1911 in Königshütte, Oberschlesien; † 11. Dezember 1984) war ein US-amerikanischer Germanist und Autor deutscher Herkunft.

Leben

Geboren als Oskar Koplowitz als Sohn einer jüdischen Familie in Königshütte, studierte Seidlin Literatur und Philosophie in Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main (u.a. als Hörer einer der ersten Vorlesungen Theodor W. Adornos) und Berlin. 1933 emigrierte er in die Schweiz, wo er sich als freier Mitarbeiter diverser Zeitschriften über Wasser hielt. 1936 promovierte er bei Franz Zinkernagel und Eduard Hoffmann-Krayer an der Universität Basel mit einer Arbeit über Otto Brahm.

1938 verließ er die Schweiz und emigrierte in die Vereinigten Staaten, um eine Gastdozentur am Smith College für Frauen in Northampton (Massachusetts) anzutreten. Diese Stelle gab er 1942 auf, um als deutscher Muttersprachler bei der U.S. Army Intelligence Division zu dienen. Dadurch war an den ersten Stufen der Invasion in Europa beteiligt. 1946 quittierte er den Militärdienst.

Während einer Lehrtätigkeit am Middlebury College in Vermont machte Seidlin 1946 die Bekanntschaft von Bernhard Blume, dem Vorsitzenden der Germanistikabteilung der Ohio State University (in Columbus, Ohio), selbst ein Emigrant aus dem nationalsozialistischen Deutschland. Blume bot ihm eine Stelle an seinem Institut an, und hier unterrichtete Seidlin ab 1946 als Professor für deutsche Sprache und Literatur. An der Ohio State University lehrte auch der emigrierte Germanist Dieter Cunz (1910-1969), der Seidlins Lebenspartner wurde. 1972 folgte Seidlin einem Ruf an die Indiana University (in Bloomington, Indiana), wo er als Professor für Germanistik bis zu seiner Emeritierung im Mai 1979 lehrte.

Zu seinem 65. Geburtstag 1976 wurde er durch eine Festschrift mit dem Titel Herkommen und Erneuerung geehrt.[1]

Seidlin war zweifacher Preisträger des Guggenheim-Stipendiums, 1962 und 1976. 1968 ehrte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung Seidlin mit dem Friedrich-Gundolf-Preis für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland. Mehrere Semester lang fungierte er auch innerhalb eines Beratungsgremiums für die Princeton University.

Werke

Seidlin veröffentlichte zahlreiche Publikationen, in Deutsch wie auch in Englisch, im Bereich der Germanistik, beginnend mit seiner Dissertation Otto Brahm als Theaterkritiker, die 1936 unter seinem Geburtsnamen Oskar Koplowitz erschien.[2] 1947 etablierte er seinen wissenschaftlichen Ruf in den USA durch die Veröffentlichung eines 29-seitigen Essays über Goethes Faust in der angesehenen philologischen Zeitschrift PMLA.[3] Zusammen mit Werner Paul Friederich erarbeitete er einen Überblick über die Geschichte der deutschen Literatur (An Outline-History of German Literature, 1948). 1963 veröffentlichte er gesammelte Studien in Von Goethe zu Thomas Mann. Zwölf Versuche, und 1972 veröffentlichte er weitere Studien in dem Sammelband Klassische und moderne Klassiker: Goethe, Brentano, Eichendorff, Gerhart Hauptmann, Thomas Mann. 1975 gab er den Briefwechsel Arthur Schnitzler-Otto Brahm heraus. Als seine bedeutendsten Veröffentlichungen betrachtete Seidlin selbst seine Studien über die Poesie der deutschen Romantik: Versuche über Eichendorff, Göttingen 1965; 2. Aufl. 1968, sowie Von erwachendem Bewusstsein und vom Sündenfall: Brentano, Schiller, Kleist, Goethe, herausgegeben 1979.[4]

Eine Sammlung seiner Briefe an den Germanisten William Henry Rey aus dem Zeitraum 1947 bis 1984 wurde 2001 posthum unter dem Titel “Bete für mich, mein Lieber...” veröffentlicht.[5]

Unter dem gemeinsamen Pseudonym Stefan Brockhoff [6] werden ihm zusammen mit den beiden US-amerikanischen Germanisten Dieter Cunz und Richard Plant verschiedene Detektivgeschichten und Kriminalromane zugeschrieben.

Seidlins Kinderbuch Pedronis muss geholfen werden! erschien 1937.[7] Dem folgte 1939 ein weiteres Kinderbuch, S.O.S. Geneva, welches Seidlin zusammen mit Richard Plant verfasste.[8] Seidlins Der goldene Apfel, während des Zweiten Weltkrieges in den USA veröffentlicht, gehört ebenfalls zur Kategorie der Kinder- und Jugendliteratur.[9]

Eine Sammlung von Gedichten, betitelt Mein Bilderbuch, erschien 1938.[10]

Fußnoten

  1. Herkommen und Erneuerung: Essays für Oskar Seidlin, hrsg. von Gerald Gillespie und Edgar Lohner (Tübingen, Niemeyer, 1976), ISBN 3484102454.
  2. Ursprünglich veröffentlicht als: Oskar Koplowitz, Otto Brahm als Theaterkritiker: mit Berücksichtigung seiner literarhistorischen Arbeiten (Zürich, Max Niehans Verlag, 1936); 2. Aufl. als: Oskar Seidlin, Der Theaterkritiker Otto Brahm (Bonn, Bouvier, 1978).
  3. Oskar Seidlin, Helena: vom Mythos zur Person: Versuch einer Neu-Interpretation des Helena-Aktes, Faust II, PMLA (= Publications of the Modern Language Association of America), Bd. 62, Nr. 1 (1947), S. 183–212.
  4. Oskar Seidlin, Von erwachendem Bewusstsein und vom Sündenfall: Brentano, Schiller, Kleist, Goethe (Stuttgart, Klett-Cotta, 1979).
  5. “Bete für mich, mein Lieber...”: Oskar Seidlin – Willy Rey Briefwechsel (Oldenburg, Igel-Verlag, 2001).
  6. Vgl. Stefan Brockhoff, Schuß auf die Bühne (Leipzig, Wilhelm Goldmann Verlag, 1935); ders., Musik im Totengässlein (Bern, Goldmann, 1936); ders., Drei Kioske am See (Leipzig, Goldmann, 1937); ders., Begegnung in Zermatt (München, Goldmann, 1955). Eine weitere Erzählung, betitelt ‘Verwirrung um Veronika’, wurde angeblich 1938 erstmals als Serie in der Zürcher Illustrierte veröffentlicht. Vgl. Angelika Jockers und Reinhard Jahn, Hrsg. , Lexikon der deutschsprachigen Krimi-Autoren (2. Aufl.; München, Verlag der Criminale, 2005). Siehe auch Paul Ott: Mord im Alpenglühen. Der Schweizer Kriminalroman – Geschichte und Gegenwart (Wuppertal 2005), ISBN 3935421141.
  7. Oskar Seidlin, Pedronis muss geholfen werden!..., mit Illustrationen von Felix Hoffmann (Aarau, H.R. Sauerländer, 1937) In englischer Übersetzung von Senta Jonas Rypins erschienen unter dem Titel Green Wagons... (Boston, Houghton Mifflin, 1943), erneute Auflage in der Schweiz 1969 unter dem Titel Waldwyl und die Theaterleute, illustriert von Felix Hoffmann (Aarau, H.R. Sauerländer, 1969).
  8. S.O.S. Geneva, von Richard Plant und Oskar Seidlin, mit Zeichnungen von William Pène du Bois (New York, Viking Press, 1939). Erneute Auflage in der Schweiz als: S.O.S. Genf: Ein Friedensbuch für Kinder, mit Illustrationen von Susel Bischoff (Zürich, Humanitas Verlag, 1940).
  9. Oskar Seidlin, Der goldene Apfel: Eine Erzählung für die Jugend, herausgegeben mit Fragen, Übungen und Vokabular von Ann Elizabeth Mensel (New York, F.S. Crofts, 1942).
  10. Oskar Seidlin, Mein Bilderbuch: Gedichte (Zürich, Verlag Oprecht, 1938).

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