Otto Hauser (Geschichte)

Otto Hauser (Geschichte)

Otto Hauser (* 12. April 1874 in Wädenswil; † 14. Juni 1932 in Berlin) war ein Schweizer Kunsthändler und überwiegend autodidaktisch arbeitender Vorgeschichtsforscher. Er war Entdecker berühmter paläolithischer Fundstellen in der Dordogne, wo er von 1906–1914 in großem Stil archäologische Ausgrabungen durchführte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend in der Schweiz

Otto Hauser entdeckt schon während seiner Jugend ein großes Interesse für die Archäologie. Von 1892-1894 folgt ein Studium von Altphilologie, Geschichte und Archäologie an der Universität Basel, von 1894-1900 an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. 1897–1898 führt er Grabungen im Römerlager von Vindonissa durch und entdeckt die Überreste des Amphitheaters. Einen Höhepunkt bildet der Fund der "Silberpfanne", einer 1 Kilogramm schweren römischen Schöpfkelle für Wein, die er im Dezember 1998 im "Helmhaus" in Zürich privat verkauft.

Aktivitäten in der Dordogne

Im selben Jahr 1898 entdeckt er die Möglichkeiten, in der Dordogne auf eigene Faust Ausgrabungen durchzuführen. 1904 eröffnet Hauser ein Antiquariat in München. Im Frühjahr 1906 entdeckt Hauser die Fundstelle La Micoque bei Les Eyzies, (Département Dordogne) und gleichzeitig seinen Geschäftssinn für das französische Paläolithikum: Er pachtet daraufhin 20 Fundstellen. Schon zu dieser Zeit verkauft er eine große Zahl von sogenannten Micoque-Keilen, die er bei den Grabungen in La Micoque findet, an Museen und Sammler.[1]. Auch die Naturhistorische Gesellschaft in Nürnberg kann im Jahre 1906 eine repräsentative Sammlung französischer Vorgeschichtsfunde von Otto Hauser erwerben[2]

Ab 1906 hat Hauser einen Wohnsitz unmittelbar neben der Fundstelle von Laugerie (das sogenannte "Standquartier") und arbeitet nun regelmäßig in und Les Eyzies-de-Tayac-Sireuil auf den von ihm gepachteten Fundplätzen. Dabei organisiert er eine Mannschaft selbständig arbeitender Grabungsarbeiter, die parallel an verschiedenen Fundplätzen arbeiten. Er entdeckt 1907 bei Grabungen die "Werkstätte der Knochenschnitzer" von Laugerie-Basse und die "Wildfanggruben" nahe Laugerie-Haute. Er gräbt ab 1908 außerdem als erster auf dem unteren Abri von Le Moustier, wo einer seiner Grabungsarbeiter das Skelett eines jugendlichen Neandertalers freilegt. Dieses wird am 12. August 1908 von Otto Hauser gemeinsam mit dem berühmten Anthropologen Prof. Hermann Klaatsch geborgen und erhält den wissenschaftlichen Namen "Homo mousteriensis Hauseri". Zu Hausers wichtigsten Funden gehört außerdem das 1909 geborgene Skelett des Mannes von Combe Capelle im Tal der Couze bei Montferrand du Périgord, das in das Aurignacien datiert und von ihm "Homo aurignacensis Hauseri" genannt wird. Um weitere Grabungen zu finanzieren, verkauft er beide Skelette nach Deutschland. Im Jahre 1910 veröffentlicht die französische Zeitung "Le Matin" einen Artikel gegen Hauser wegen des − aus französischer Sicht skrupellosen und profitgierigen – Verkaufs von Funden insbesondere nach Deutschland. Für Hauser kann ins Feld geführt werden, daß er seine Grabungen in für den damaligen Stand vorbildlicher Weise dokumentiert, unter anderem dreidimensionale Fundeinmessungen bzw. Messung der Schichtmächtigkeiten durch einen Geodäten durchführen lässt. 1913 tritt in Frankreich ein Gesetz zum Schutz der Altertümer in Kraft. Bis dahin war der Verkauf von Funden auf eigenem Grund und Boden nach französischen Recht legal. Das nun geltende Exportverbot bringt Hauser zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten.

Dritter Lebensabschnitt in Deutschland

Wegen des aufkommenden Chauvinismus bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird Hauser von französischer Seite als Spion verdächtigt und muss am 2. August 1914 aus Les Eyzies-de-Tayac-Sireuil fliehen. Noch im August 1914 folgt eine Durchsuchung von Hausers Wohn-, Arbeits- und Sammlungsräumen in Les Eyzies und die Beschlagnahmung von 1153 Briefen. Später folgt die Beschlagnahme von Hausers gesamtem Eigentum inklusive aller Grabungsunterlagen durch den französischen Staat, die 1921 amtlich bestätigt wird. 1916 wird Hauser mit einer Arbeit über das Micoquien an der Universität Erlangen promoviert.[3] Hauser begründet darin die Kulturstufe des Micoquien, deren Grundlagen er bereits schon vorher in kleineren Abhandlungen publiziert hat.[4]

Ohne weitere archäologische Ausgrabungen durchzuführen, lebt er darauf von populärwissenschaftlichen Vorträgen und Büchern an verschiedenen Orten, meist in Berlin. Von 1925−1929 lebt er in Weimar, von 1929 bis zu seinem Tode wieder in Berlin. Die Bücher, insbesondere das Übersichtswerk Der Mensch vor 100.000 Jahren, hat eine große Verbreitung und Popularität in der breiten Öffentlichkeit.

Otto Hauser wurde in Berlin auf dem Friedhof Wilmersdorf in einem Ehrengrab bestattet.

Werke (Auswahl)

Sachbücher
  • Der blonde Mensch. Verlag „Der Mensch“, Danzig 1930.
  • Die Germanen in Europa. 4.-6. Aufl. Duncker, Weimar 1924.
  • Geschichte des Judentums. Neuausgabe. Duncker, Weimar, 1935.
  • Ins Paradies des Urmenschen. 25 Jahre Vorweltforschung. Hofmann & Campe, Hamburg 1922.
  • Der Mensch vor 100.000 Jahren. 10.-15. Tsd. Thüringische VA, Jena 1924.
  • „La Micoque“. Die Kultur einer neuen Diluvialrasse. Verlag Veit, Leipzig 1916.
  • Die Urentwicklung der Menschheit. Thüringische VA, Jena 1924.
Belletristik
  • Heiliges Deutschland. Ein Nibelungenroman. Duncker, Weimar 1919.
  • Ich und meine fünf Jungen. Tagebuchblätter. Duncker, Weimar 1914.
  • Das neue Jerusalem. Ein jüdischer Roman. Verlag Bonz, Stuttgart 1905.

Fundbestände aus Grabungen Hausers und Nachlässe (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. Christian Züchner, Die altsteinzeitlichen Funde in der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg. In: Leif Steguweit (Hrsg.) (2008), Menschen der Eiszeit: Jäger - Handwerker - Künstler. Fürth (Praehistorika). S. 103-104
  2. Andreas Dirian, Die "Sammlung Neischl" der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg e.V. In: Leif Steguweit (Hrsg.) (2008), Menschen der Eiszeit: Jäger - Handwerker - Künstler. Fürth (Praehistorika). S. 103-104
  3. Hauser, Otto (1916), Über eine neue Chronologie des mittleren Paläolithikums im Vézèretal. Dissertation Erlangen. Leipzig.
  4. Hauser, Otto (1906/07), La Micoque (Dordogne) und ihre Resultate für die Kenntnis der paläolithischen Kultur. Schaffhausen (Stünzi & Co).
  5. Wilfried Menghin (Hrsg.) (2003) Le Moustier und Combe Capelle. Bestandskatalog Staatliche Museen zu Berlin 9

Literatur

  • Rudolf Drößler (1988): Flucht aus dem Paradies. Leben, Ausgrabungen und Entdeckungen Otto Hausers. Mitteldeutscher Verlag, Halle 1988, ISBN 3-354-00168-2.
  • Hans Geer (1971): Unveröffentlichte Fundkomplexe aus den Grabungen Otto Hausers in der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg. Ein Beitrag zur Erforschung klassischer Stationen des Paläolithikums in Südwestfrankreich. Dissertation Erlangen (Dissertationsdruck).

Weblinks


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