Otto Lilienthal

Otto Lilienthal
Otto Lilienthal

Karl Wilhelm Otto Lilienthal (* 23. Mai 1848 in Anklam; † 10. August 1896 in Berlin nach einem Absturz mit einem seiner Flugapparate) war ein deutscher Luftfahrtpionier. Nach heutigem Wissen war er der erste Mensch, der erfolgreich und wiederholbar Gleitflüge mit einem Flugzeug (Hängegleiter) absolvierte und dem Flugprinzip schwerer als Luft damit zum Durchbruch verhalf. Seine experimentellen Vorarbeiten führten zur bis heute gültigen physikalischen Beschreibung der Tragfläche. Die Produktion des Normalsegelapparates in seiner Maschinenfabrik in Berlin war die erste Serienfertigung eines Flugzeugs. Sein Flugprinzip war das des heutigen Hängegleiters und wurde von den Gebrüdern Wright zum Prinzip des Flugzeugs weiterentwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Kindheit

Otto Lilienthal wurde als erstes von acht Kindern des Kaufmanns Gustav Lilienthal und seiner Frau Caroline, geb. Pohle, geboren. (Die Urgroßmutter väterlicherseits war Charlotte von Tigerström, geb. von Balthasar; eine Urenkelin des Greifswalder Bürgermeisters Heinrich Balthasar[1]).

Fünf Geschwister starben im Alter von wenigen Monaten oder Jahren. Der Vater war ein mathematisch und technisch begabter Mann, die Mutter hatte in Dresden und Berlin Musik studiert. Als die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, beschloss sie die Auswanderung nach Amerika. Der plötzliche Tod des Vaters vereitelte die Übersiedlung. Otto Lilienthal war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt.

Der Mutter gelang es unter großen Anstrengungen, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Ihre Söhne Otto und Gustav Lilienthal besuchten ab 1856 zunächst das heute nach ihm benannte Gymnasium in Anklam. Zu ihren Lehrern gehörte der Astronom Gustav Spörer. Flugversuche und -experimente sowie das Studium des Vogelflugs fallen bereits in diese Zeit.

Die Brüder blieben über zahlreiche Projekte und Erfindungen zeitlebens eng verbunden.

Ausbildung

Ab 1864 besuchte Otto Lilienthal die Potsdamer Provinzialgewerbeschule. Nach zwei Jahren begann er ein Praktikum bei der Berliner Maschinenfabrik Schwartzkopff. Er lebte in dieser Zeit als „Schlafbursche“: Sein Bett musste er mit einem Droschken- und einem Rollkutscher teilen, wie er in einer Chronik berichtete.

Flügelschlag-Experimente in Altwigshagen in der Nähe von Anklam

1867 und 1868 bauten die Brüder Lilienthal in Anklam Experimentiergeräte zur Erzeugung von Auftrieb durch Flügelschlag. Das Ergebnis war eine maximal hebbare Masse von 40 kg. Zu den entscheidenden Experimenten wurden die darauf folgenden Untersuchungen des gewölbten Flügels in der Luftströmung ohne Flügelschlag.

Der Zusammenhang zwischen Luftströmung und Auftrieb wurde durch die Physik noch nicht zutreffend beschrieben. Beispielsweise untersuchte Hermann von Helmholtz die Problematik und erklärte 1873 in einem Vortrag vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften, dass „es kaum als wahrscheinlich zu betrachten [ist], dass der Mensch auch durch den allergeschicktesten flügelähnlichen Mechanismus, den er durch seine eigene Muskelkraft zu bewegen hätte, in den Stand gesetzt werden würde, sein eigenes Gewicht in die Höhe zu heben und dort zu erhalten[2]. Die Aussage wurde allerdings so missverstanden, als habe „die Wissenschaft nun ein für alle mal festgelegt, dass der Mensch nicht fliegen könne[3], wie Lilienthal in einem Vortrag ironisch konterte. (Mit modernen Leichtbau-Werkstoffen und erheblichem Aufwand wurde in den 1970er Jahren allerdings auch das Muskelkraft-Flugzeug verwirklicht.)

Im November 1867 begann Lilienthal ein Studium an der von Franz Reuleaux geleiteten Gewerbeakademie Berlin, aus der später die TU Charlottenburg hervorging, und bekam ein Stipendium, das seine Lebenssituation deutlich verbesserte. Auch seine flugtechnischen Ambitionen waren an der Schule nicht unerkannt geblieben. Nach Abschluss der Ausbildung 1870 schlug Lilienthal ein Angebot von Reuleaux aus, dessen Assistent zu werden. In einen Brief aus dem Deutsch-Französischen Krieg, an dem Lilienthal als „Einjährig-Freiwilliger“ teilnahm, berichtet er seinem Bruder über die Luftballone, die das belagerte Paris verließen.

Wege in die Selbständigkeit

Briefkopf der Maschinenfabrik Otto Lilienthal

Die ersten Versuche der Brüder, mit einem eigenen Unternehmen Geld zu verdienen, waren nicht erfolgreich. Die Patentanmeldung für einen Heißluftmotor schlug fehl, das Patent auf eine Schrämmaschine für den Bergbau führte zwar zu einer Serienfertigung, jedoch nicht in einem eigenen Unternehmen.

Am 11. Juni 1878 heiratete Lilienthal in Döhlen (heute Freital) Agnes Fischer, die Tochter eines Bergmanns, mit der er vier Kinder hatte. 1879 wurde der erste Sohn, Otto, geboren.

Im selben Jahr entwickelte er mit seinem Bruder Gustav ein Baukastensystem für Kinder mit Steinen aus mineralischen, mit Leinöl gebundenen Bestandteilen. Die ausgereiften Entwürfe mussten abgegeben werden, da die Vermarktung nicht gelang. Friedrich A. Richter kaufte sie und machte den Anker-Steinbaukasten, der heute noch hergestellt wird, weltberühmt.

1881 erhielt Lilienthal ein Patent für Schlangenrohrkessel, das den erhofften Erfolg brachte: Zusammen mit einer kleinen Wand-Dampfmaschine entstand der Lilienthalsche Kleinmotor, der ab 1883 in einer eigenen Firma hergestellt wurde, die schnell zur Fabrik mit bis zu 60 Mitarbeitern anwuchs. Ab 1894 stellte sie auch den „Normalsegelapparat“ in Serie her und wurde damit zur ersten Flugzeugfabrik der Welt.

Das Unternehmen wurde – beeinflusst von den Ideen von Moritz von Egidy und Theodor Hertzka – überaus modern geführt. Schon 1890 wurden die Arbeiter mit 25 % am Reingewinn des Unternehmens beteiligt[4]. Für diese Maßnahme wurden später die Carl-Zeiss-Werke und der Berliner Holzpflaster-Fabrikant Heinrich Freese bekannt. Aus einem Brief an Egidy stammt auch Lilienthals bekannt gewordene Vision vom Flugzeug als Mittel zur Völkerverständigung und zum ewigen Frieden[5].

Die Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal existierte unter diesem Namen noch bis zum Ersten Weltkrieg.

Eine interessante unternehmerische Episode ist auch Lilienthals Engagement für eine Volksbühne im Berliner Ostend-Theater[6], die ihn zum Theaterdirektor, Schauspieler und Stück-Autor[7] werden ließ.

Auf dem Weg zum Menschenflug

Theoretische Vorarbeit

Unsere Lehrmeister im Fluge
Zeichnung Lilienthals in seinem Buch Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst, 1889

Am 5. Dezember 1889[8] veröffentlichte Lilienthal sein Buch Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst, das heute als wichtigste flugtechnische Veröffentlichung des 19. Jahrhunderts gilt. Die zeitgenössische Aufmerksamkeit für das Buch war gering, da die breite Öffentlichkeit die Luftfahrt nach dem Prinzip „leichter als Luft“, die Weiterentwicklung des Ballons zum Luftschiff, favorisierte. Lilienthal dagegen bezeichnete dies als Irrweg und betonte: „Die Nachahmung des Segelflugs muss auch dem Menschen möglich sein, da er nur ein geschicktes Steuern erfordert, wozu die Kraft des Menschen völlig ausreicht.“ Lilienthal entwickelte seine Theorie ausschließlich aus eigenen Experimenten. Vermutlich war ihm auch das 1881 in Frankreich veröffentlichte, ähnlich intendierende Buch "Das Reich der Lüfte" (L'empire de l'air) von Louis Mouillard unbekannt.

Die Brüder hatten erkannt, dass der Flügelform eine wichtige Bedeutung zukam: „Die wichtigste Erkenntnis dieser Jahre war die Entdeckung, dass gewölbte Tragflächen einen größeren Auftrieb liefern, als ebene.“ Die charakteristische Flügelform der Vögel war auch anderen Flugtechnikern nicht entgangen, aber die Lilienthals haben sie erstmals mit exakten Messungen verbunden. Die Gebrüder Wright sagten später über Lilienthals Tabellen, sie seien über zwei Jahrzehnte das Beste gewesen, das gedruckt vorlag. Das Vorgehen Lilienthals („Vom Schritt zum Sprung, vom Sprung zum Flug“) ermöglichte schließlich den erfolgreichen Gleitflug. Im Verein zur Förderung der Luftschifffahrt, dem Lilienthal schon seit 1886 angehörte, erklärte er sein Vorgehen: „Es gibt nichts Verkehrteres, als auf Grund theoretischer Arbeiten sogleich eine Flugmaschine fix und fertig bauen zu wollen. Beim Herumraten und planlosen Probieren komme für die Fliegekunst überhaupt nichts heraus. Der Übergang müsse vielmehr planvoll und schrittweise erfolgen.

Praktische Versuche

Versuchsflug bei Derwitz mit Lilienthal als Testpilot, 1891

Mit der Veröffentlichung seines Buches betrachtete Otto Lilienthal das theoretische Fundament als ausreichend, um zu praktischen Flugversuchen überzugehen. Daran nahm Gustav Lilienthal nicht mehr teil. Infolgedessen ist der erste Menschenflug heute ausschließlich mit dem Namen Otto Lilienthal verbunden, wenngleich sein Bruder an den Vorarbeiten beteiligt war.

Den Versuchen dienten mit gewachstem Baumwollstoff (Schirting) bespannte Rahmen aus Weidenholz mit 6 bis 10 m Spannweite, ca. 14 m² Tragfläche und einer größten Flügeltiefe von 2,5 m. Lilienthal begann mit Stehübungen gegen den Wind, gefolgt von Sprüngen vom Sprungbrett im Garten seines Hauses. Ab Sommer 1891 suchte Lilienthal geeignete „Flugplätze“, zunächst ein Gelände am Mühlenberg bei Derwitz[9]. Dort kam es zu 25 m weiten Flügen, wobei er jeden Flug auswertete und den Apparat kontinuierlich verbesserte. Beispielsweise erhöhten vertikale und horizontale Schwanzflächen die Stabilität.

1892 diente eine Sandgrube in den Rauhen Bergen im heutigen Berliner Stadtteil Steglitz und 1893 eine künstliche Fliegestation ebenfalls in Steglitz als Flugplatz. Ab 1893 wurden mehrere Hügel in den Rhinower Bergen bei Stölln, zwischen Rathenow und Neustadt an der Dosse zum Übungsgelände. Dort gelangen Flugweiten bis 250 m. 1894 ließ Lilienthal in Lichterfelde, damals bei Berlin, einen 15 m hohen Hügel aufschütten, den noch heute existierenden Fliegeberg[10], an dem ihm Tausende Flüge bis ca. 80 m Weite gelangen. Als Helfer während dieser Jahre sind die Mitarbeiter seiner Fabrik Paul Beylich, Hugo Eulitz und Paul Schauer belegt.

Gedenktafel am Fuße des Fliegeberges in Berlin-Lichterfelde. Aufschrift: Paul Beylich, Hugo Eulitz, Paul Schauer, Helfer Otto Lilienthals bei praktischen Flugversuchen 1891-1896
Flug Lilienthals vom Fliegeberg Lichterfelde am 29. Juni 1895

Insgesamt baute Otto Lilienthal in seinem Leben mindestens 21 Flugapparate, darunter auch Flügelschlagapparate. 1894 ging eines dieser Gleitflugzeuge, der so genannte Normalsegelapparat, in Serienproduktion. Ab 1895 flog er zwei verschiedene Doppeldecker mit 5,5 bis 7 m Spannweite und 25 m² Tragfläche. Ab 1893 konstruierte er auch Flügelschlagantriebe mit Kohlensäuremotor. Ein neuer großer Flügelschlagapparat war 1896 erprobungsbereit, kam aber nicht mehr zum Einsatz.

Der erste Menschenflug?

Lilienthal gilt weithin als „erster Flieger der Menschheit“. Diese Klassifizierung ist jedoch problematisch, da erste bemannte Fluggeräte bereits in Form von Fesseldrachen vor 2000 Jahren nach dem Prinzip schwerer als Luft geflogen sind. Über freie oder gesteuerte Flüge aus jener Zeit ist allerdings nichts bekannt. Vom Vater der Aerodynamik, dem Engländer George Cayley, wird berichtet, dass er 1852 ein von ihm entworfenes Fluggerät mit einem Hausangestellten als Piloten in einen Gleitflug versetzt hat. Andere glaubhafte, aber auch phantastische Überlieferungen von Flugversuchen sind weit verbreitet. Ein sehr bekannter, lange vermutlich unterbewerteter Versuch ist der des Albrecht Ludwig Berblinger, des Schneiders von Ulm, im Jahr 1811.

Dennoch darf Otto Lilienthal als derjenige gelten, der das Flugproblem gelöst hat. Er war der erste, der die Wirkung verschiedener Flügelprofile systematisch vermaß und dokumentierte. Er war der erste, der aufbauend auf diesen Messungen wiederholt kontrolliert geflogen ist und seine Erkenntnisse regelmäßig publizierte.[11] Und schließlich war er der erste, der einen Flugapparat zur Serienreife entwickelte und verkaufte. Die Gebrüder Wright haben diese Rolle Lilienthals ausdrücklich hervorgehoben.[12]

Resonanz

Modelle von Gleitern

Über Lilienthals Flüge wurde im In- und Ausland berichtet, die sensationellen Flugfotografien erschienen in wissenschaftlichen und populären Veröffentlichungen vieler Länder. Zu seinen Fotografen gehörten z. B. die Fotografie-Pioniere Ottomar Anschütz, Richard Neuhauss und der amerikanische Physiker Robert Williams Wood.

Lilienthal informierte im Verein zur Förderung der Luftschifffahrt über seine Ergebnisse, regelmäßig erschienen seine Artikel in der Zeitschrift für Luftschifffahrt und Physik der Atmosphäre, und in der populären Wochenschrift Prometheus. Übersetzungen erschienen in den USA, in Frankreich und Russland. Zahlreiche in- und ausländische Besucher kamen nach Berlin, darunter Samuel Pierpont Langley aus den USA, Nikolai Jegorowitsch Schukowski aus Russland, Percy Pilcher aus England und Wilhelm Kress aus Österreich. Schukowski schrieb über seinen Besuch in einen Zeitschriftenaufsatz: „Die wichtigste Erfindung der letzten Jahre auf dem Gebiet der Luftfahrt ist der Flugapparat des deutschen Ingenieurs Otto Lilienthal.“ Lilienthal führte eine umfangreiche flugtechnische Korrespondenz, darunter mit Octave Chanute, James Means, Alois Wolfmüller und anderen Flugpionieren.

Der letzte Flug

Der beschädigte Flug-Apparat

Am 9. August 1896 stürzte Lilienthal bei Stölln am Gollenberg aus etwa 15 m Höhe aufgrund einer „Sonnenbö“ (einer thermischen Ablösung), deren Aussteuerung ihm nicht gelang, ab. Zum Unfall dürfte beigetragen haben, dass Lilienthal seine Flugdistanzen immer wieder zu vergrößern versuchte, wozu er mit erhöhtem Anstellwinkel und damit langsamer fliegen musste. Es könnte sich also um den ersten Trudelunfall der Luftfahrt handeln.

Nach bisheriger Auffassung erlitt Lilienthal beim Aufprall eine Fraktur des dritten Halswirbels. Neuere Untersuchungen halten eine Hirnblutung als Todesursache für wahrscheinlicher.[13] Er wurde bei Bewusstsein mit einem Pferdewagen in einen Gasthof im nahegelegenen Ort Stölln gebracht, später in ärztlicher Begleitung im Güterwagen liegend nach Berlin transportiert. Bereits während des Transportes fiel er ins Koma und erlag am folgenden Tag, dem 10. August 1896, seiner schweren Verletzung.

Vom abgestürzten Flugapparat sind Fotos erhalten, aufgenommen vermutlich im Rahmen der polizeilichen Untersuchung auf dem Hof der Maschinenfabrik Lilienthal.

Nach seinem Tod arbeiteten viele Flugpioniere nach seiner Methode weiter. Die wichtigste Entwicklungslinie führt über Octave Chanute zu den Gebrüdern Wright.

Nachlass, Museen und Ehrungen

Wesentliche Nachlassteile befinden sich heute im Deutschen Museum, im Otto-Lilienthal-Museum und anderen Sammlungen. Original-Flugapparate sind in Wien (Technisches Museum), Washington (National Air and Space Museum), Moskau (Shukowski-Museum), London (Science Museum) und München (Deutsches Museum) erhalten. Das Anklamer Otto-Lilienthal-Museum zeigt eine vollständige Sammlung aller Flugapparate und Experimentiergeräte und informiert über Leben und Werk des vielseitigen Erfinders. Seit 2011 gibt es in Stölln das Lilienthal-Centrum[14] mit einer Ausstellung über Leben, Werk und Flugzeugbau Lilienthals.

Grabstätte

Grabdeckel von Otto Lilienthal mit der Aufschrift Opfer müssen gebracht werden

Das Grab von Otto Lilienthal und seiner Ehefrau Agnes befindet sich auf dem Berliner Friedhof Lankwitz. Es ist ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Gedenkstätten

1914 wurde am Teltowkanal in Berlin ein erstes Lilienthal-Denkmal von Peter Breuer mit dem Motiv einer Ikarusfigur eingeweiht.

Der Fliegeberg in Lichterfelde wurde 1932 von Fritz Freymüller zur Lilienthal-Gedenkstätte umgestaltet.

In Lilienthals Geburtsstadt Anklam wurde 1982 eine 16 Meter hohe Stele aus Polyesterharz von Walther Preik errichtet. Am Ort der ersten Flüge, dem Windmühlenberg zwischen Krielow und Derwitz wurde 1991 ein von Wilfried Statt geschaffenes Denkmal[9] eingeweiht. Seit Mai 2006 markiert ein Denkmal in Berlin (Köpenicker Straße) den Ort, an dem sich die Maschinenfabrik „Otto Lilienthal“ befand[15]. Weitere Lilienthal-Denkmäler befinden sich in Anklam, Stölln, Rhinow und Berlin.

Zum Andenken Lilienthals landete am 23. Oktober 1989 eine von Heinz-Dieter Kallbach gesteuerte Iljuschin Il-62 der DDR-Fluggesellschaft Interflug unter abenteuerlichen Umständen auf dem unbefestigten Segelflugplatz am Gollenberg bei Stölln, unweit der Stelle von Lilienthals Absturz. Die Maschine dient heute als Museum und Standesamt „Lady Agnes“[16], benannt nach der Ehefrau Otto Lilienthals. Die Maschine befindet sich im Besitz des Otto-Lilienthal-Vereins Stölln e.V.[17], der das historische Fluggelände Lilienthals seit 1990 zu einer Denkmallandschaft ausgebaut hat. Dazu gehört auch das Lilienthal-Centrum mit Ausstellung im Stöllner Ortskern.

Weitere Ehrungen

Porträt und Flugapparate Lilienthals dienten als Würdigung der technischen Pionierleistung auf Briefmarken, Medaillen und in anderer Form in vielen Ländern als Vorlage. Häufig ist die Darstellung mit dem Ikarusmotiv verbunden.

Beispiele aus Deutschland:

Reinhard Mey verarbeitete die Geschichte des letzten Fluges in seinem Stück Lilienthals Traum, welches 1996 auf seinem Album Leuchtfeuer erschien.[18]. Des Weiteren wird der Absturz in dem Lied Lilienthal der Band Coppelius aus der Sicht eines Saboteurs geschildert.

Neben anderen diente Leben und Todessturz Lilienthals dem Schweizer Theatermacher Marc Brunner (Theatro Palino)[19] als Grundlage für ein Bühnenstück (Gegenwind, 1991). Sein Lilienthal-Nachbau befindet sich heute im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern.

Otto Lilienthal als Namensgeber

Lilienthal-Skulptur am Flughafen Tegel

Am 7. Juni 1988 erhielt der Berliner Flughafen Tegel den zusätzlichen Namen „Otto Lilienthal“. In vielen Orten sind Straßen und Plätze nach Lilienthal benannt. Auch Luftfahrtvereine und Körperschaften tragen seinen Namen, darunter die traditionsreiche Vereinigung der Luftfahrtforschung Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt. Die Deutsche Luftwaffe hat ein medizinisches Hilfsflugzeug Airbus A310 MRT nach ihm benannt, auch die Bundeswehrkaserne (Luftwaffe + Heeresflieger) im mittelfränkischen Roth trägt seinen Namen. Am Airbus-Standort Hamburg-Finkenwerder hat eine der Endmontagehallen für Flugzeuge der A320-Familie den Namen „Otto-Lilienthal-Halle“. Verschiedene Ehrungen werden heute mit Lilienthals Namen verbunden, darunter die Lilienthal-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, der jährlich verliehene Designpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern, das Otto-Lilienthal-Diplom des Deutschen Aeroclubs für besondere Verdienste um den Luftsport und der Innovationspreis der Lilienthalpreis-Stiftung Berlin-Brandenburg.

Am 14. April 2010 benannte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein Forschungsflugzeug nach ihm.[20]

Mehrere Schulen und Gymnasien tragen seinen Namen.

Schriften

  • Otto Lilienthal: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst; Berlin 1889; Reprint der Originalausgabe: Friedland 2003; ISBN 3-9809023-8-2 (Digitalisat)
  • Otto Lilienthal (auch unter dem Pseudonym Carl Pohle): Moderne Raubritter. Bilder aus dem Leben. Nach wahren Begebenheiten bearbeitet für die Bühne von Otto Lilienthal, Berlin 1896 (Leseprobe und Digitalisat im Archiv des Otto-Lilienthal-Museums)

Patente

Von Lilienthal sind 24 Patente bekannt; nur vier davon haben Flugapparate zum Inhalt. Der Großteil betraf gefahrlose Dampfkessel und Kleindampfmaschinen. Unter den Patenten sind jedoch auch Erfindungen seines Bruders Gustav Lilienthal, die auf Otto Lilienthal patentiert wurden. Andererseits wurden die Patente auf seine Erfindungen für den Bergbau auf den Namen seines Bruders angemeldet.[21]

Literatur

  • Otto Lilienthals flugtechnische Korrespondenz; herausgegeben von W. Schwipps im Auftrage des Otto-Lilienthal-Museums; Anklam 1993
  • Biografie: Manuela Runge, Bernd Lukasch: Erfinderleben - die Brüder Otto und Gustav Lilienthal; Berlin-Verlag, 2005; ISBN 3-8270-0536-1
  • Biografie: Werner Schwipps: Lilienthal - Die Biographie des ersten Fliegers; Aviatic-Verlag Gräfelfing, 1986; ISBN 3-925505-02-4
  • Zur Erfindung des Flugzeugs und den Folgen siehe: Andreas Venzke: Pioniere des Himmels: Die Brüder Wright - Eine Biografie; Verlag Artemis und Winkler 2002; ISBN 3-53807-143-8 (mit Analyse der Lilienthalschen Pioniertaten)
  • Zur Maschinenfabrik „Otto Lilienthal“ siehe: Otto Lilienthal Museum Anklam. Der Dampfmotor des Flugpioniers. Kulturstiftung der Länder - Patrimonia 271; Anklam, 2004; ISSN 0941-7036
  • Zu seinen Flugzeugen und deren Nachbau siehe: Stephan Nitsch: Vom Sprung zum Flug; Brandenburgisches Verlagshaus Berlin 1991; ISBN 3-327-01090-0
  • Schmitt, G. und Schwipps, W.: Pioniere der frühen Luftfahrt, Gondrom Verlag, Blindlach 1995, ISBN 3-8112-1189-7
  • Halle, Gerhard: Otto Lilienthal. Flugforscher und Flugpraktiker, Ingenieur und Menschenfreund, VDI-Verlag, Düsseldorf 1976; ISBN 3-18-400329-9

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Otto Lilienthal – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Archiv für Sippenforschung. 33./34.Jg., Limburg a.d.Lahn 1967/68, S. 362.
  2. Hermann von Helmholtz: Über ein Theorem geometrisch ähnliche Bewegungen flüssiger Körper betreffend, nebst Anwendung auf das Problem, Luftballons zu lenken. Monatsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1874, S. 509
  3. Otto Lilienthal: Die Tragfähigkeit gewölbter Flächen beim praktischen Segelfluge. Zeitschrift für Luftschifffahrt 1893, S. 259
  4. Bekanntmachung Otto Lilienthals zur Einführung einer Gewinnbeteiligung in seiner Maschinenfabrik, Berlin 1890
  5. Brief an Egidy, ohne Datum, ca. 1/1894 (Lilienthals Vision über die Folgen des Flugzeugs)
  6. zur Geschichte der Volksbühne siehe Bruno Wille
  7. Moderne Raubritter - Bilder aus dem Berliner Leben , Berlin 1896
  8. www.museumnet.lilienthal-museum.de
  9. a b Lilienthals erster „Flugplatz“ am Windmühlenberg zwischen Krielow und Derwitz (52° 24′ 45″ N, 12° 49′ 13″ O52.41263611111112.820272222222)
  10. Der Fliegeberg in Lichterfelde (damals bei Berlin), heute Berlin-Steglitz, Schütte-Lanz-Straße (52° 24′ 51″ N, 13° 19′ 44″ O52.41418713.328974)
  11. Bibliografie Otto Lilienthals: eine kommentierte Übersicht – Seite beim Otto-Lilienthal-Museum
  12. Wilbur Wright:Otto Lilienthal – Seite beim Otto-Lilienthal-Museum
  13. Aviation, Space, and Environmental Medicine, Volume 79, Number 10, October 2008, S. 993 ISSN 0095-6562
  14. Website des Lilienthal-Centrums in Stölln
  15. ehemalige Adresse der Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal": Berlin SO., Köpenicker Straße 110/113 (52° 30′ 36″ N, 13° 25′ 10″ O52.51000213.41949)
  16. Iljuschin Il-62 „Lady Agnes“, auf dem Segelflugplatz am Gollenberg bei Stölln (52° 44′ 43″ N, 12° 23′ 2,2″ O52.74527777777812.383944444444)
  17. Website des Otto-Lilienthal-Vereins Stölln e. V.
  18. Lilienthals Traum – der Liedermacher Reinhard Mey erzählt die Geschichte Otto Lilienthals
  19. website des theatro palino
  20. Bericht dazu auf den WWW-Seiten der DLR
  21. Die Bergbaupatente wurden von Gustav Lilienthal angemeldet, um eine Konkurrenzsituation zu Otto Lilienthals Arbeitgeber, dem Maschinenfabrikanten Hoppe zu vermeiden. Die Anmeldung der verschiedenen Baukastenpatente in Deutschland auf Otto Lilienthal ist vermutlich dem langjährigen Rechtsstreit mit Richter geschuldet. In den USA treten Otto und Gustav Lilienthal gemeinsam als Einreicher auf. Einige Patente sind nur unvollständig bekannt.
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