Otto von Greyerz

Otto von Greyerz

Otto von Greyerz (* 6. September 1863 in Bern; † 8. Januar 1940 ebenda) war ein Schweizer Mundart-Schriftsteller und Hochschullehrer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Otto von Greyerz, Bruder von Karl von Greyerz, studierte Germanistik in Göttingen und Berlin. 1886 bestand er das Gymnasiallehrerexamen. Er war Mitglied der Zofingia und in den Jahren 1886/1887 deren Zentralpräsident. Seine Doktorarbeit schrieb er zum Thema Die Einflüsse des Beat Ludwig von Muralt in der deutschen und französischen Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts. Von 1888 bis 1891 unterrichtete er am amerikanischen Robert College in Konstantinopel, von 1891 bis 1907 am Gymnasium Kirchenfeld in Bern und von 1907 bis 1915 im Landerziehungsheim Glarisegg bei Steckborn.

Im Röseligarte, 3. Band, 1910

1916 wurde von Greyerz ausserordentlicher und 1921 ordentlicher Professor für Sprache und Literatur der deutschsprachigen Schweiz an der Lehramtsschule (Sekundarlehrerausbildung) der Universität Bern. Er hielt auch Vorlesungen über Methodik des Deutschunterrichts. 1933 wurde er pensioniert.

Von Greyerz setzte sich für eine Reform des Deutschunterrichts an den Schulen ein. Er wollte ein Gefühl für Sprache vermitteln: „Sprachkompetenz statt Auswendiglernen, Literatur statt Literaturgeschichte“. Ausgangspunkt sollte dabei immer die im privaten Kreis gesprochene Mundart sein. Von dieser ausgehend, sollte man sich schrittweise der Schriftsprache nähern.

Von Greyerz war Mitbegründer des Bernischen Heimatschutzvereins, Gründer und langjähriger Leiter des Berner Heimatschutztheaters und wesentlicher Förderer der neuen Volkshochschule Bern. Er schrieb Gedichte und Theaterstücke auf Berndeutsch und Hochdeutsch. Auch als Literaturkritiker – man muss wohl sagen: als konservativer „Berner Literaturpapst“ – machte er sich stark für die Mundartdichtung und für Dichter, die auf seiner Linie lagen. Er war mit Simon Gfeller, Emanuel Friedli, Rudolf von Tavel, Josef Reinhart und anderen Autoren befreundet.

Otto von Greyerz starb 1940 in Bern, er liegt begraben auf dem dortigen Schosshaldenfriedhof.

Sein bekanntestes Werk ist Im Röseligarte, eine Sammlung von Volksliedern, die ab 1908 in sechs Bänden erschien und mehrfach aufgelegt wurde. Dieses Werk prägt die Schweizer Volksmusik bis heute, so erschien 2002 eine CD Röseli Rock. Stephan Eicher, Rumpelstilz und andere nahmen Lieder aus dem Röseligarte in ihr Repertoire auf. Von Greyerz begann die Arbeit an einem berndeutschen Wörterbuch, starb jedoch vor dessen Fertigstellung. Die Arbeit blieb lange unvollendet, bis Ruth Bietenhard das Werk 1976 fertig stellte.

Zitat

„Durch das Schweizerdeutsch, das alle ohne Ausnahme sprechen, wird jene von der Büchersprache geschaffene Kluft überbrückt, die Einheit des ursprünglich gemeinsamen, aber von der sog. Bildung gespaltenen Denkens und Fühlens der Gesamtheit wiederhergestellt. Wer diese Gemeinschaft nicht zu teilen begehrt, wie im Falle Spittelers, stellt sich abseits. Wie er den Volksgeist verleugnet, verleugnet der Volksgeist ihn.“ [1]

Werke

Theaterstücke

  • E strube Morge. E Meitlikomedi i eim Akt, Bern 1897
  • Vatter u Suhn, Bern 1898
  • Die Schweizergarde in Paris (1792). Dramatische Scene. Mit Musik von Carl Munzinger, Schmid & Francke, Bern 1899
  • Der Napolitaner. Berndeutsches Lustspiel aus der Kommunarden-Zeit in drei Aufzügen, Bern 1901
  • Knörri und Wunderli oder 'hei Si, wei Si, cheu Si'. Berndeutsches Lustspiel in drei Aufzügen, Bern 1906
  • Bärnerlüt. Bernische Lustspiele, Bern 1911
  • Der Chlupf, Bern 1913
  • Ds Häberli's Pudi: e Schuel- u. Chinderkomedi i 4 Ufzüg, A. Francke, Bern 1913
  • Ds Schmockerlisi. Berndeutsches Lustspiel in vier Aufzügen. Nach der Novelle „Im alten Füsefüszgi“ von R. v. Tavel, Bern 1917
  • Laßt hören aus alter Zeit. Schweizerisches Volksliederspiel (Musik: Friedrich Niggli), Zürich/Leipzig 1928?

Zur Sprache

  • Deutsche Sprachschule für Berner, Bern 1900
  • Die Mundart als Grundlage des Deutschunterrichts, Bern 1900
  • Kleines berndeutsches Wörterbuch, Bern 1904
  • Der Deutschunterricht als Weg zur nationalen Erziehung. Eine Einführung für junge Lehrer (= Pädagogium, Bd. III). Klinkhardt, Leipzig 1914
  • Deutsche Sprache in der Schweiz, München 1917
  • Deutsche Sprachschule für Schweizer Mittelschulen, Bern 1922
  • Die Mundartdichtung der deutschen Schweiz, geschichtlich dargestellt. Huber, Frauenfeld und Leipzig 1924
  • Das Berner Mattenenglisch und sein Ausläufer: die Berner Bubensprache, Bern 1929; Fischer Media, Bern 1999, ISBN 3-85681-437-X
  • Spracherziehung. Vier Vorträge gehalten im Rundfunk März 1932. Rentsch, Erlenbach-Zürich o. J. (1932)
  • Sprache – Dichtung – Heimat. Studien, Aufsätze und Vorträge über Sprache und Schrifttum der deutschen Schweiz und der östlichen deutschen Alpenländer. Francke, Bern 1933
  • Mundart und Schriftsprache, Bern 1935
  • Sprachpillen. Francke, Bern 1938 (ursprünglich als Kolumnen in der Berner Tageszeitung Der Bund erschienen)
  • Sprachpillen. Neue Folge. Francke, Bern 1940
  • Berndeutsches Wörterbuch, bearb. u. hg. v. Ruth Bietenhard. Francke, Bern 1976; 9., erg. A.: Cosmos, Bern 2008, ISBN 978-3-305-00255-9

Anderes

  • Albrecht Haller als Dichter. Oeffentlicher Vortrag gehalten in Bern zu Gunsten des zu errichtenden Haller-Denkmals, Bern bzw. Dresden 1902
  • Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten der Schweiz. Neubearbeitung der Ausgabe Jakob Baechtolds, 1904
  • Schweizer-Kinderbuch (Teil-Auflage als Kinderbuch für schweizerische Elementarschulen mit einer Fibel als Anhang), A. Francke, Bern 1907
  • Im Röseligarte (Hg.), 6 Bände, A. Francke, Bern 1908–25; Neudruck 1985
  • Von unsern Vätern. Bruchstücke aus schweizerischen Selbstbiographien vom 15.–19. Jahrhundert (Hg.), A. Francke, 2 Bände Bern 1912/13
  • Jeremias Gotthelf, Eugen Rentschverlag, Erlenbach-Zürich o. J.
  • Hebels Schatzkästlein. Für die Jugend ausgewählt von Otto von Greyerz. Mit Bildern von Wilhelm Schulz, Thienemann, Stuttgart o. J. (um 1920)
  • Historische Volkslieder der deutschen Schweiz, Leipzig 1922
  • Aus dem Leben und Schaffen Rudolf Müngers, A. Francke, Bern 1922
  • Onkel Augusts Geschichtenbuch. Geschichten, Sagen, Märchen und Schwänke für die Jugend. Ausgew. (aus Werken von August Corrodi) und hg. von Otto von Greyerz, Vogel, Winterthur 1922
  • Berner Geist – Zürcher Geist – Basler Geist (zus. mit Walter Muschg und Carl Albrecht Bernoulli), Orell Füssli, Zürich 1926
  • Das Volkslied der deutschen Schweiz (= Die Schweiz im deutschen Geistesleben, Band 48/49), Huber, Frauenfeld 1927
  • Briefwechsel zwischen Simon Gfeller und Otto von Greyerz 1900–1939, hg. v. Erwin Heimann, Francke, Bern 1957

Literatur

  • Unserem Otto von Greyerz zum 60. Geburtstag. Eine Festgabe von seinen Freunden, A. Francke, Bern 1923
  • Prof. Dr. phil. Otto von Greyerz zum Gedächtnis, Pochon-Jent, Bern 1940
  • Küffer, Georg: Otto von Greyerz. In: Vier Berner, Bern 1963

Zitat-Quelle

  1. Vom Wert und Wesen unserer Mundart, in: Sprache, Dichtung, Heimat, Francke, Bern 1933, S. 226

Weblinks


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