PRINCE2

PRINCE2

PRINCE2 (Projects in Controlled Environments) ist eine weit verbreitete, prozessorientierte und frei skalierbare Projektmanagementmethode. PRINCE2 bildet einen strukturierten Rahmen/Framework um das jeweilige Projekt und gibt den Mitgliedern des Projektmanagementteams anhand des Prozessmodells konkrete Handlungsempfehlungen für jede Projektphase. Die Entstehung und Weiterentwicklung der Methode geschieht nach dem Best-Practice-Gedanken. Eigentümer der Methode ist das Office of Government Commerce (OGC), die Verwendung der Methode steht jedem frei.

PRINCE2 zählt neben PMBOK (Project Management Institute), SCRUM für agile Softwareentwicklung und ICB (IPMA, GPM) zu den führenden Projektmanagementmethoden weltweit.

PRINCE2 behandelt das Management, die Steuerung und die Organisation eines Projekts. Hierbei werden unter anderem die folgenden Themen (Wissensbereiche) im Projektkontext abgedeckt: Business Case (geschäftliche Rechtfertigung), Organisation (Stakeholdermanagement, Rollen und Verantwortlichkeiten, Kommunikation), Qualität (Anforderungsmanagement, Spezifikation), Pläne (produktbasierte Planung, Terminplanung, verschiedene Planungsebenen und -horizonte), Risiken (Bedrohungen und Chancen), Änderungen (Konfigurationsmanagement, Veränderungsmanagement, Issue Management), Fortschritt (Steuerung/Controlling, Toleranzen/Puffermanagement, Reporting/Berichtswesen).[1]

Soweit nicht explizit anders gekennzeichnet, wird im hier aufgeführten Beitrag die aktuellste Version des PRINCE2 Standards (derzeit PRINCE2:2009) beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

PRINCE (Projects in Controlled Environments) ist eine Methode zum Projektmanagement für Organisation, Management und die Steuerung von Projekten. Sie wurde ursprünglich 1989 von der britischen Central Computer and Telecommunications Agency (CCTA) als Regierungsstandard für Projektmanagement im Bereich der Informationstechnik (IT) entwickelt, wurde jedoch bald regelmäßig auch außerhalb von reinen IT-Umgebungen angewendet.

Aus der Erkenntnis, dass die Methode für alle Arten von Projekten verwendet werden soll, wurden einige Vereinfachungen vorgenommen und PRINCE2 wurde 1996 als allgemeine Projektmanagement-Methode veröffentlicht. PRINCE2 wurde zunehmend populärer und entwickelte sich zum De-facto-Standard für Projektmanagement in Großbritannien. Die Anwendung ist mittlerweile in mehr als 50 anderen Ländern verbreitet.

Die Methode wird auf Basis der Erfahrungen von Benutzern und Anmerkungen zur Anwendung regelmäßig aktualisiert. 1998, 2002 und 2005 wurden neue Versionen veröffentlicht, um diese Erkenntnisse mit aufzunehmen.

Diagramm zu den PRINCE2-Prozessen. (PRINCE2:2009)

PRINCE2:2009 Refresh: Seit 2006 wurde die Methode grundlegend überarbeitet und am 16. Juni 2009 als PRINCE2:2009 vom Office of Government Commerce (OGC) veröffentlicht, das mittlerweile die CCTA abgelöst hat. Die Beibehaltung der Bezeichnung "PRINCE2" (anstatt "PRINCE3" o. ä.) soll ausdrücken, dass die Methode den Grundprinzipien treu bleibt. Nichtsdestoweniger handelt es sich hierbei um eine Anpassung der Methode von 1996 an die veränderte Geschäftswelt einschließlich einer starken Verschlankung der Methode, der Klärung von bisherigen Kritikpunkten und Missverständnissen sowie eine bessere Integration von PRINCE2 mit anderen Methoden (ITIL, P3O, P3M3, MSP, M_o_R usw.). Beispiele der Veränderungen in PRINCE2:2009:

  • es sind 7 Grundprinzipien definiert worden
  • der Prozess "Planen" wurde gestrichen und in andere Prozesse und Themen integriert
  • die Themen Konfigurationsmanagement & Änderungssteuerung wurden zusammengelegt zum Thema Änderungen
  • zur Überprüfung des Nutzens nach Projektende wurde ein Nutzenrevisionsplan eingeführt
  • es gibt nur noch zwei spezifische PRINCE2-Techniken: Produktbasierte Planung & Qualitätsprüfungstechnik
  • die Kürzel der einzelnen Aktivitäten in den jeweiligen Prozessen (z. B. SU1, SU2) werden nicht mehr verwendet. [2]

Verbreitung

Zwischen 1996 und Ende 2010 wurden weltweit über 750.000 PRINCE2-Zertifikate ausgestellt. Wöchentlich kommen etwa 2.250 neue hinzu.[3] PRINCE2 hat aufgrund seiner historischen Entwicklung auch heute noch die stärkste Verbreitung in Großbritannien. Dort ist PRINCE2 der De-facto-Standard für Projektmanagement. In hohem Maße angewendet wird PRINCE2 außerdem in Australien, Südafrika, Indien, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Dänemark. Insbesondere in den letzten 4 Jahren hat in Kontinentaleuropa die Verbreitung von PRINCE2 bedeutend zugenommen. Hierzu zählen vor allem Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich und Polen.[4]

Grundannahmen und Unterschiede zu anderen Methoden

Die Rollen in einem PRINCE2-Projektmanagementteam (PRINCE2:2009)

In PRINCE2 wird ein Projekt folgendermaßen definiert: „Ein Projekt ist eine für einen befristeten Zeitraum geschaffene Organisation, die mit dem Zweck eingerichtet wurde, ein oder mehrere Produkte in Übereinstimmung mit einem vereinbarten Business Case zu liefern.“[5] Mit dieser Definition wird deutlich, dass PRINCE2 im Projektmanagement einen anderen Fokus verfolgt als andere Projektmanagementmethoden.

Einige Hauptmerkmale und Unterschiede von PRINCE2: Im Unterschied zu anderen Projektmanagementmethoden trägt der Projektmanager nur für einen klar begrenzten Bereich die Verantwortung und zwar für eine Phase. PRINCE2 ist stark darauf ausgerichtet zusätzliche Verantwortliche z. B. aus dem Unternehmensmanagement mit einzubinden. So wird beispielsweise die Gesamtverantwortung für das Projekt durch den Lenkungsausschuss (insbesondere den Auftraggeber) getragen, und die Verantwortung für den Nutzen des Projektes trägt der Benutzervertreter.[6]

In PRINCE2 wird außerdem davon ausgegangen, dass in einem Projekt 6 Dimensionen (Variablen, Aspekte) in unterschiedlicher Ausprägung auf den jeweiligen Managementebenen geplant, delegiert, überwacht und gesteuert werden müssen, um das Projekt zum Erfolg zu führen. Diese 6 Dimensionen sind zum einen die aus dem klassischen Magischen Dreieck bekannten Kosten, Zeitrahmen und Qualität, die bei PRINCE2 ergänzt werden durch den Umfang, die Risiken und den erwarteten Nutzen des Projektes.[7] Letzteres, kombiniert mit dem zuvor beschriebenen erweiterten Rollenmodell, führt zu einem verstärkten Fokus auf den Nutzen, den das initiierte Projekt dem Unternehmen stiften soll. Ein erfolgreiches Projekt ist im Sinne von PRINCE2 also erst dann gegeben, wenn neben den korrekt eingehaltenen Zeit-, Kosten- und Qualitätstoleranzen auch insbesondere der erwartete Nutzen (üblicherweise nach Projektende) erreicht wurde. Da der Projektmanager selbst nur einen bedingten Einfluss auf diese Größe hat und er nach Projektende möglicherweise gar nicht mehr verfügbar ist für eine Bewertung des Projekterfolges, bekommen andere Stakeholder, insbesondere von der Benutzer- und Unternehmensseite als Teil des Lenkungsausschusses, eine tragende Rolle in einem PRINCE2-Projekt.

Als Begründung für diese vergleichsweise „breite Aufhängung“ eines Projektes innerhalb der Organisation dient die Erkenntnis, dass die Gründe für das Scheitern von Projekten üblicherweise nicht in der mangelnden Kompetenz des Projektmanagers zu finden sind, sondern viel mehr dem gesamten Umfeld des jeweiligen Projektes zuzuschreiben sind.

Die 4 Elemente der Methode

PRINCE2 besteht aus vier integrierten Bausteinen:

  • 7 Grundprinzipien
  • 7 Themen
  • 7 Prozesse
  • Anpassung an die Projektumgebung

Grundprinzipien

Die sieben Grundprinzipien bilden das Fundament der PRINCE2-Methode und dürfen daher nicht verändert werden. Sie sind allgemein formuliert und ermöglichen dadurch eine Anwendung in jedem Projekt in jedem Unternehmen. Die Anwendung dieser 7 Grundprinzipien bestimmt, ob ein Projekt tatsächlich nach PRINCE2 geleitet wird oder nicht:

Grundprinzip Beschreibung
Fortlaufende geschäftliche Rechtfertigung Das Projekt braucht einen berechtigten Grund für seinen Start und es muss fortwährend gewährleistet sein, dass dieses Projekt einen dokumentierten und genehmigten erwarteten Nutzen hat.
Lernen aus Erfahrungen Erfahrungen aus anderen Projekten oder anderen Quellen werden gezielt mit aufgenommen und die gesammelten Erfahrungen im laufenden Projekt festgehalten.
Definierte Rollen und Verantwortlichkeiten In einem Projekt benötigt es definierte Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb einer Organisationsstruktur, in der die Interessen des Unternehmens, der Benutzer und der Lieferanten vertreten sind.
Steuern über Managementphasen Die Planung, Überwachung und Steuerung ist nach Phasen gegliedert.
Steuern nach dem Ausnahmeprinzip Für jedes Projektziel (siehe 6 Dimensionen) werden bestimmte Toleranzen definiert, die den Handlungsrahmen für delegierte Befugnisse festlegen.
Produktorientierung Ein PRINCE2-Projekt ist auf die Definition und Lieferung von Produkten ausgerichtet, wobei der Schwerpunkt auf deren Qualitätsanforderungen liegt. Produktorientierung könnte man auch als "Ergebnisorientierung" bezeichnen.
Anpassen an die Projektumgebung PRINCE2 wird für jedes Unternehmen und teilweise sogar für jedes Projekt angepasst, um auf die speziellen Anforderungen eines Projekts hinsichtlich seiner Umgebung, des Umfangs, der Komplexität, der Wichtigkeit, der Leistungsfähigkeit und des Risikos eingehen zu können.[8]

PRINCE2-Themen

Die sieben PRINCE2-Themen, auch als Wissensbereiche zu verstehen, beschreiben Aspekte des Projektmanagements, die bei der Abwicklung eines Projekts kontinuierlich behandelt werden müssen. Jeder Projektmanager, der diese Aspekte ausführlich beachtet, wird damit den Anforderungen seiner Rolle gerecht.

Thema Beschreibung bietet Antworten auf die Frage...
Business Case Am Anfang des Projekts steht eine Idee, von der man sich einen bestimmten Nutzen für die betreffende Organisation erhofft. Das Thema „Business Case“ zeigt, wie die Idee zu einem lohnenden und durchführbaren Investitionsvorschlag für die Organisation entwickelt und sichergestellt werden kann, dass das Projekt während der gesamten Laufzeit auf die Ziele der Organisation ausgerichtet bleibt. Warum?
Organisation Die Organisation, die das Projekt in Auftrag gibt, muss die anfallenden Arbeiten an Personen delegieren, die für die Durchführung und den Abschluss dieser Arbeiten verantwortlich sind. Projekte sind in der Regel bereichsübergreifend angelegt, weshalb die Strukturen einer Linienorganisation in der Regel für Projekte ungeeignet sind. Das Thema „Organisation“ beschreibt die Rollen und Verantwortlichkeiten im PRINCE2-Managementteam, das befristet für das effektive Management des Projekts eingerichtet wird. Wer?
Qualität Die ersten Vorstellungen vom Projekt sind meist noch nicht klar umrissen. Das Thema „Qualität“ erläutert, wie die ersten Ideen immer weiter ausgearbeitet werden, bis allen Teilnehmern klar ist, welche Qualitätskriterien die zu liefernden Produkte erfüllen müssen – und wie das Projektmanagement sicherstellen wird, dass diese Anforderungen auch erfüllt werden. Was?
Pläne PRINCE2-Projekte laufen auf der Basis genehmigter Pläne ab. Das Thema „Pläne“ beschreibt als Ergänzung zum Thema „Qualität“ die einzelnen Schritte zur Entwicklung der Pläne und die anzuwendenden PRINCE2-Techniken. In PRINCE2 werden Pläne an die Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter auf den verschiedenen Hierarchiestufen der Organisation angepasst. Während der gesamten Projektlaufzeit sind sie die Richtschnur für die Kommunikation und Steuerung. Wie?

Wie viel? Wann?

Risiken Mit Projekten sind üblicherweise mehr Risiken verbunden als mit normalen betrieblichen Abläufen. Das Thema „Risiken“ beschäftigt sich damit, wie das Projektmanagement mit den Unsicherheiten in Plänen und der sonstigen Projektumgebung umgeht. Was ist, wenn?
Änderungen Dieses Thema beschreibt, wie das Projektmanagement offene Punkte bewertet und behandelt, die potenziell Auswirkungen auf das Projekt haben können (insbesondere auf dessen Pläne und fertig gestellte Produkte). Offene Punkte können unerwartete allgemeine Probleme, Änderungsanträge und Qualitätsfehler sein. Was sind die Auswirkungen?
Fortschritt Gegenstand dieses Themas ist die fortlaufende Kontrolle der Durchführbarkeit der Pläne. Es beschreibt den Entscheidungsprozess für die Freigabe von Plänen, die Beobachtung der tatsächlich erzielten Ergebnisse und den Eskalationsprozess für den Fall, dass Ereignisse nicht nach Plan laufen. Im Endeffekt wird im Thema „Fortschritt“ festgestellt, ob und wie das Projekt fortgeführt werden soll. Wo stehen wir jetzt?

Wohin gehen wir? Sollen wir weitermachen? [9]

Prozesse

„Das Projektmanagement nach PRINCE2 folgt einem prozessbasierten Ansatz. Ein Prozess ist eine strukturierte Abfolge von Aktivitäten, die auf die Erreichung eines bestimmten Ziels gerichtet ist. In einem Prozess wird ein definierter Input in einen definierten Output umgewandelt. Die insgesamt sieben Prozesse in PRINCE2 definieren die für das erfolgreiche Lenken, Managen und Liefern eines Projekts notwendigen Aktivitäten.“ [10]

Insgesamt gibt es sieben Prozesse:

  • Vorbereiten eines Projekts, Starting up a Project
  • Lenken eines Projekts, Directing a Project
  • Initiieren eines Projekts, Initiating a Project
  • Steuern einer Phase, Controlling a Stage
  • Managen der Produktlieferung, Managing Product Delivery
  • Managen eines Phasenübergangs, Managing a Stage Boundary
  • Abschließen eines Projekts, Closing a Project

Wichtig ist die Trennung der o.a. Prozesse von den Projektphasen (Stages). Eine Phase besteht aus mehreren Prozessen. Der Prozess Vorbereiten eines Projekts ist dem Projekt vorgelagert und gehört damit zu gar keiner Phase. Ein PRINCE2-Projekt muss aus mindestens zwei Phasen bestehen: der Initiierungsphase und mindestens einer Managementphase (Ausführungsphase). Die Initiierungsphase besteht aus den Prozessen Initiieren eines Projekts und Managen eines Phasenübergangs, eine Managementphase aus den Prozessen Steuern einer Phase, Managen der Produktlieferung und Managen eines Phasenübergangs. Wenn die Managementphase die letzte ist, wird der Prozess Managen eines Phasenübergangs durch den Prozess Abschließen eines Projekts ersetzt. Der Prozess Lenken eines Projekts bezieht sich auf die gesamte Projektdauer. Typische Managementphasen eines Projekts können z. B. eine "Konzeptphase" und eine "Implementierungsphase" sein.[11]

Vorbereiten eines Projekts

Das Ziel dieses Prozesses ist es, festzustellen ob es sich bei diesem Projekt um ein durchführbares (machbar) und lohnendes Projekt handelt und daher eine Initiierung / Planung des Projektes überhaupt gerechtfertigt ist. Es ist ein Prozess vor Beginn des eigentlichen Projektes, bevor also die Ressourcen festgelegt werden. Seine Haupt-Eingangsgröße ist das Projektmandat, welches dem Auftraggeber des Projektes erteilt wird. Das Projektmandat kann von einer ausführlichen Unternehmensdirektive bis hinunter zum sogenannten "Linsensuppenmandat", d. h. beim Mittagessen erteilt reichen. Der Prozess beinhaltet neben der Ernennung des Auftraggebers und des Projektmanagers, die Identifizierung weiterer leitenden Entscheider, die zur Besetzung des Lenkungsausschusses (project board) benötigt werden, und die das Projekt überwachen. Die Gründe für das Projekt, der Umfang und der Lösungsansatz des Projektes werden in einer Projektbeschreibung dargestellt. Zusätzlich wird ein Plan für die Initiierungsphase erstellt um zu erkennen, welchen Aufwand die Planung für dieses Projekt ausmacht.

Die Aktivitäten des Prozesses „Vorbereiten eines Projekts“ sind:

  • Auftraggeber und Projektmanager ernennen
  • Vorhandene Erfahrungen erfassen
  • Projektmanagementteam entwerfen und ernennen
  • Business-Case-Entwurf erstellen
  • Projektlösungsansatz auswählen und Projektbeschreibung zusammenstellen
  • Initiierungsphase planen[12]

Lenken eines Projekts

Dieser Prozess ist durch die Funktionen des Lenkungsausschusses definiert, der für das gesamte Projekt verantwortlich ist. Der Projektmanager informiert den Lenkungsausschuss mit regelmäßigen Berichten, die täglichen Management-Aufgaben des Projekts bleiben dem Projektmanager überlassen. Der Lenkungsausschuss wird im Idealfall nur an den Phasengrenzen eingebunden, wo er den bisherigen Fortschritt billigen und den Übergang in die nächste Phase freigeben muss. Getreu dem Grundprinzip „Steuern nach dem Ausnahmeprinzip“ (Management by Exception), greift der Lenkungsausschuss während einer laufenden Phase nur ein wenn der Projektmanager eine voraussichtliche Überschreitung seiner Phasentoleranzen meldet oder es zwingende (externe) Gründe gibt in das Geschehen einzugreifen. Außerdem trägt der Lenkungsausschuss die Verantwortung für die Kommunikation mit den Stakeholdern.

Die Aktivitäten des Prozesses „Lenken eines Projekts“ sind:

  • Initiierung freigeben
  • Projekt freigeben
  • Phasen- oder Ausnahmeplan freigeben
  • Ad-hoc-Anweisungen geben
  • Projektabschluss freigeben[13]

Initiieren eines Projekts

„Zweck des Prozesses Initiieren eines Projekts ist es, eine solide Grundlage für das Projekt zu schaffen, die der Organisation ein klares Bild davon vermittelt, was mit den geplanten Arbeiten verbunden ist, bevor größere finanzielle Mittel zugesagt werden.“[14] Damit ein Projekt genehmigt werden kann, muss es sorgfältig geplant werden und zeigen, wie es seine Ziele erreicht. Um Klarheit für die Zusammenarbeit im Projekt zu schaffen, werden vorerst die 4 Managementstrategien erstellt. Hierbei wird unter anderem eine Stakeholderanalyse angewendet und verschiedene Register für die Steuerung des Projektes eingerichtet. Anschließend wird der Projektplan mittels der Produktbasierten Planungstechnik erstellt und parallel die Projektsteuerungsmittel (Berichtswesen und Phasenaufteilung) eingerichtet. Die während der Planung gewonnen Schätzung fließen nun in einen detaillierteren Business Case. Alle Managementstrategien sowie der Projektplan und wichtige Aspekte aus der Projektbeschreibung (Prozess Vorbereiten eines Projektes) fließen nun in die Projektleitdokumentation (Project Initiation Documentation, PID), welche auch als Vertrag zwischen Projektmanager und Lenkungsausschuss bezeichnet werden kann. Anschließend folgt der Prozess Lenken eines Projektes, um zu entscheiden ob eine Freigabe für das Projekt als Ganzes erteilt werden kann.

Die Aktivitäten des Prozesses „Initiieren eines Projekts“ sind:

  • Risikomanagementstrategie erstellen
  • Qualitätsmanagementstrategie erstellen
  • Konfigurationsmanagementstrategie erstellen
  • Kommunikationsmanagementstrategie erstellen
  • Projektsteuerungsmittel einrichten
  • Projektplan erstellen
  • Business Case verfeinern
  • Projektleitdokumentation zusammenstellen[15]

Steuern einer Phase

„Der Zweck des Prozesses Steuern einer Phase ist, die anfallenden Arbeiten zuzuweisen und zu verfolgen, offene Punkte zu bearbeiten, erzielte Fortschritte an den Lenkungsausschuss zu berichten und ggf. Korrekturmaßnahmen einzuleiten, damit die Phase innerhalb der Toleranzen bleibt.“[16] Dieser Prozess beschreibt das tagtägliche Management durch den Projektmanager.

Die Aktivitäten des Prozesses „Steuern einer Phase“ sind:

  • Arbeitspaket freigeben
  • Status eines Arbeitspakets prüfen
  • Abgeschlossene Arbeitspakete entgegennehmen
  • Phasenstatus prüfen
  • Über Projektstatus berichten
  • Offene Punkte und Risiken erfassen und untersuchen
  • (Offene Punkte und Risiken eskalieren)
  • (Korrekturmaßnahme einleiten)[17]

Managen der Produktlieferung

PRINCE2 arbeitet nach dem Grundprinzip der Produktorientierung. Ein Produkt kann ein körperlicher Gegenstand wie ein Buch oder ein eher immaterieller Gegenstand wie ein Dienstleistungsvertrag sein. Tatsächlich ist alles, was von PRINCE2 erzeugt wird, ein Produkt, einschließlich der Dokumente. Im Gegensatz zu Spezialistenprodukten (d. h. den Dingen, die das Projekt eigentlich liefert) sind die von der Methode PRINCE2 definierten Produkte zur Steuerung des Projektes, Managementprodukte. Die Produkterstellung wird von Teammanagern verantwortet, welche intern aus der Organisation des Auftraggebers oder von einem externen Lieferanten stammen und nicht zwingend Personalverantwortung tragen. Im Prozess Managen der Produktlieferung wird die Beziehung zwischen Projektmanger und Teammanager geregelt. Hier werden schließlich die Produkte des Projekts erzeugt und somit der größte Teil der Projektressourcen eingesetzt.

Die Aktivitäten des Prozesses „Managen der Produktlieferung“ sind:

  • Arbeitspaket annehmen
  • Arbeitspaket ausführen
  • Arbeitspaket abliefern[18]

Managen eines Phasenübergangs

Mit diesem Prozess wird das Grundprinzip "Steuern über Managementphasen" umgesetzt. Jeweils gegen Ende einer laufenden Managementphase beginnt der Projektmanager mit der Vorbereitung/Planung der nächsten Phase. Er sammelt Informationen, aktualisiert den Business Case und den Projektplan um dem Lenkungsausschuss zu ermöglichen eine objektive Entscheidung über den weiteren Verlauf des Projektes zu treffen. Dieser Prozess wird ebenfalls verwendet um während einer laufenden Phase, nach der Meldung einer Ausnahme seitens des Projektmanagers (verursacht durch das Überschreiten von Toleranzen), eine Phasenkorrektur zu managen (Ausnahmeplan erstellen).

Die Aktivitäten des Prozesses "Managen eines Phasenübergangs" sind:

  • Nächste Phase planen
  • Projektplan aktualisieren
  • Business Case aktualisieren
  • Über Phasenabschluss berichten
  • (Ausnahmeplan erstellen)[19]

Abschließen eines Projekts

„Der Zweck des Prozesses Abschließen eines Projekts ist es, einen Punkt zu definieren, an dem die Abnahme des Projektendprodukts bestätigt wird, und anzuerkennen, dass die in der ursprünglichen Projektleitdokumentation definierten Ziele (oder auch genehmigte Änderungen dieser Ziele) erreicht worden sind oder mit dem Projekt keine weiteren Ergebnisse erzielt werden können.“[20] Egal ob das Projekt abgebrochen oder wie geplant abgeschlossen wird, der Prozess „Abschließen eines Projektes“ erfolgt immer als letzter vom Projektmanager auszuführender Prozess. Hierbei findet die finale Übergabe des Projektendproduktes statt, der Projektmanger nimmt (sofern noch nicht geschehen) die Erfahrungen aus dem gesamten Projekt auf, er kümmert sich darum, dass noch ausstehende Offene Punkte von der Linie übernommen werden können und spricht schlussendlich gegenüber dem Lenkungsausschuss die Empfehlung aus, das Projekt zu schließen.

Die Aktivitäten des Prozesses „Abschließen eines Projekts“ sind:

  • Planmäßigen Abschluss vorbereiten
  • (Vorzeitigen Abschluss vorbereiten)
  • Produkte übergeben
  • Projekt bewerten
  • Projektabschluss empfehlen[21]

Nach dem Prozess "Abschließen eines Projekts" wird ein letztes Mal der Prozess „Lenken eines Projektes“ ausgeführt um den Projektabschluss freizugeben, dafür zu sorgen, dass noch ausstehende Arbeiten von der Linie verantwortet werden und der Nutzenrevisionsplan an die hierfür vorgesehen Instanz übergeben wird. Letzte Aktionen sind dann die Ankündigung des Projektabschlusses an das Unternehmen und die Auflösung des Lenkungsausschusses.

Anpassung an die Projektumgebung

Ob kleines Miniprojekt oder gigantisches Riesenprojekt, ob in der IT-Software Branche, Automobilindustrie, Baugewerbe, Metallindustrie oder Medienwelt, PRINCE2 kann in allen Projekten angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine sinnvolle Anpassung an die jeweilige Projektumgebung. So gibt es beispielsweise 26 definierte Managementprodukte (häufig als Dokumente geführt), die bei einer unangepassten Verwendung z. B. in einem 10.000€-Projekt zu einem gigantischen Overhead führen würden. Richtschnur für die Anpassung an die Projektumgebung sind die Grundprinzipien: sie dürfen nicht angepasst werden, müssen also in jedem Falle immer angewendet werden.

Beispiele für die Einflussfaktoren der Anpassung sind:

Externe Einflussfaktoren:

  • Organisationsübergreifend
  • Externer Kunde/Lieferant
  • Unternehmensstandards
  • Innerhalb eines Programms
  • Reife der Organisation
  • Terminologie
  • Geografie
  • Unternehmenskultur
  • Projektpriorität

Interne Einflussfaktoren:

  • Größenordnung
  • Komplexität der Lösung
  • Reife des Teams
  • Projektart & Lebenszyklusmodel

Die Anpassung an die Projektumgebung sollte nicht verwechselt werden mit der Integration von PRINCE2 im Unternehmen. Während letzteres sich mit der grundsätzlichen Einführung von PRINCE2 im Unternehmen befasst, bezieht sich die Anpassung auf das Anpassen der Methode an die Bedürfnisse eines einzelnen Projektes. Eine Schnittstelle zwischen beiden ist z. B. das Einführen von Projektmodellen.

Beispiele von Anpassungsmöglichkeiten sind:

Anpassen der Themen

Sämtliche Themen können in ihrem Umfang und in der Ausprägung der Anwendung angepasst werden. Dies geschieht durch gezielte Definition in den jeweiligen Managementstrategien oder den Projektsteuerungsmitteln.

Anpassen der Terminologie

PRINCE2 schlägt zwar Begriffe für die jeweiligen Elemente, Prozesse, Aktivitäten und Managementprodukte vor, diese Begrifflichkeiten müssen jedoch hinterfragt werden. Gibt es zum Beispiel im Unternehmen bereits ein Dokument mit der Bezeichnung „Projektauftrag“, welches sich bereits bewährt hat und in der Funktion und Umfang einer Projektbeschreibung entspricht, so sollte dieser Begriff beibehalten werden.

Anpassen der Produktbeschreibungen für die Managementprodukte

Alle 26 Managementprodukte in vollem Umfang anzuwenden kommt lediglich für sehr große Projekte in Frage. Doch selbst hier sollte eine Anpassung der Inhalte stattfinden um die Akzeptanz der Anwender zu steigern. Bei kleineren Projekten können Managementprodukte zusammengefasst werden. So können z. B. Risiken und offene Punkte in einem gemeinsamen Register geführt werden, der Business Case kann ein Kapitel der Projektleitdokumentation sein und Erfahrungsberichte werden nur als Abschnitte in den anderen Berichten geführt.

Anpassen der Rollenbeschreibungen

Gerade in kleineren Projekten ist es oftmals notwendig, dass eine Person mehrere Rollen im Projektmanagementteam übernimmt. Minimum hierbei sind drei Personen: ein Kunde (Benutzervertreter & Auftraggeber), ein Lieferantenvertreter und ein Projektmanager (übernimmt die Rolle des Teammanagers und der Projektunterstützung). Sollte sich zeigen, dass lediglich ein Mitglied im Lenkungsausschuss identifiziert werden kann (Auftraggeber = Benutzervertreter = Lieferantenvertreter) so empfiehlt PRINCE2 zu prüfen ob es sich hierbei überhaupt um ein Projekt oder vielleicht doch nur einfach um eine Aufgabe in der Linie handelt.

Anpassen der Prozesse

Entsprechend der Projektumgebung müssen auch die Prozesse angepasst werden. So könnte man z. B. bei einem qualifizierten umfangreichen Projektmandat die Prozesse Vorbereiten eines Projektes und Initiieren eines Projektes zusammenlegen.

Anpassungen für besonders kleine Projekte

Sollte ein Projekt z. B. besonders geringe Risiko, geringe Kosten, eine geringe Bedeutung und kaum Gefährdung der Organisation bei einem Fehlschlag vorweisen und zudem nur an einem Standort und mit lediglich einem beteiligten Unternehmen stattfinden, so könnte man beispielsweise die folgenden Anpassungen vornehmen:

  • Nach der Initiierungsphase gibt es lediglich eine weitere Lieferphase
  • Der Projektmanager übernimmt die Rolle des Teammanagers und der Projektunterstützung
  • Der Lenkungsausschuss besteht aus zwei Personen und übernimmt die Rolle der Projektsicherung
  • Statt der 26 Managementprodukte werden lediglich die folgenden vier verwendet: Projekttagebuch, Projektleitdokumentation, Projektstatusbericht, Projektabschlussbericht.[22]

Techniken

PRINCE2 verweist an etlichen Stellen im offiziellen Handbuch auf viele verschiedene mögliche anwendbare Techniken, die im Buch selbst allerdings nicht detailliert beschrieben werden, da sie allgemein bekannt sind oder an anderer Stelle bereits ausreichend dokumentiert sind. So wird zum Beispiel bei Schätztechniken jeweils in drei-vier Sätzen auf die folgenden Techniken eingegangen: Top-down-Schätzung, Bottom-up-Schätzung, Top-down- und Bottom-up-Ansatz, Vergleichsbasiertes Schätzen, Parametrische Schätzung, Ein-Punkt-Schätzung, Drei-Punkt-Schätzung, Delphi-Methode.

Lediglich zwei Techniken werden in PRINCE2 detailliert beschrieben, da sie explizit PRINCE2-spezifisch sind:

Produktbasierte Planung

Im Gegensatz zur rein aktivitätenbasierten Planung empfiehlt PRINCE2 zusätzlich die Produktbasierte Planung der Planung von Aktivitäten voran zu stellen. Diese Planung geschieht idealerweise unter Einbeziehung der hierfür relevanten Stakeholder von der Benutzer- und Lieferantenseite. Nach PRINCE2 beginnt somit das "Planen" für alle drei Planungsebenen (Projektplan, Phasenplan, Teamplan) stets mit den folgenden 4 Aktivitäten:

  1. Produktbeschreibung des Projektendprodukts erstellen (nur für Projektplan)
  2. Produktstrukturplan erstellen
  3. Produktbeschreibungen erstellen
  4. Produktflussdiagramm erstellen

Im Produktstrukturplan wird das Projektendprodukt (z. B. das Haus) in einzelne Produkte (z. B. Rohbau, Innenausbau, Keller, Zaun, Garten, Hofeinfahrt etc.) zerlegt und schematisch dargestellt. Dabei werden einfache und zusammengesetzte Produkte in Form eines Rechtecks, Produktgruppen (Produktcluster - z. B. Außenbereich (Zaun, Garten, Hofeinfahrt)) als Raute und externe Produkte (Produkte, die nicht im Rahmen des Projekt hergestellt, aber für ein Projekt-Produkt benötigt werden - z. B. geerbtes Grundstück) als Ellipse dargestellt.

Das Produktflussdiagramm stellt dagegen die zeitliche Abfolge der Produkterstellung dar und ist die Basis für die Aufteilung des Projekts in Phasen.

Eine Produktbeschreibung ist die Spezifikationen des einzelnen zu erstellenden Produkts und enthält sämtliche Qualitätsaspekte wie z. B. Qualitätskriterien, Qualitätstoleranzen, Ersteller des Produktes, Prüfer, Abnahmeberechtigte und Prüfmethoden dieses Produkts.

Vorteile dieser Planungstechnik:

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass hinsichtlich des Umfangs wichtige Aspekte vergessen oder übersehen werden, sinkt.
  • Die Erwartungen, der Projektumfang und die Ausschlüsse werden unmissverständlich definiert
  • Durch die Einbeziehung der Benutzer in die Planung wird die Akzeptanz gefördert
  • Identifikation von Produkten, die zwar nicht zum Umfang eines Plans gehören, aber für die Fortführung eines Plans benötigt werden. (Produkte werden zum Beispiel von einem anderen Projekt geliefert)
  • Klare Vereinbarung der Verantwortlichkeiten für die Erstellung, Überprüfung und Freigabe eines Produktes.

Im Anschluss an eine erfolgte Produktbasierte Planung werden die weiteren Planungsaktivitäten ausgeführt: Risiken analysieren, Aktivitäten und Abhängigkeiten identifizieren, Schätzungen durchführen, Zeitplan aufstellen, Plan dokumentieren.[23]

Die PRINCE2-Qualitätsprüfungstechnik

Ziel der Qualitätsprüfungstechnik ist die Überprüfung eines Produktes auf zuvor definierte Qualitätskriterien, die Einbeziehung wichtiger interessierter Parteien in die Kontrolle der Produktqualität, die Bestätigung, dass das Produkt abnahmebereit ist und eingefroren / "gebaselined" werden kann.

Die Qualitätsprüfungstechnik beinhaltet die folgenden drei Schritte:

  • Vorbereitung der Prüfung (Verteilung der Produkte und Prüfung der Produkte)
  • Qualitätsprüfungssitzung (Besprechung der Ergebnisse)
  • Nachbereitung der Prüfung (eventuell erforderliche Nachbesserungen)

Diese Technik verwendet eigene Rollen: Vorsitzender, Produktpräsentator, Prüfer, Prüfungsadministrator[24]

Integration von PRINCE2 im Unternehmen

Aufgrund der starken Einbindung eines PRINCE2 Projektes in die jeweilige Organisation, der hierbei notwendigen Anpassung der Methode an die Situation des Unternehmens und der in diesem Zusammenhang entstehenden Risiken und möglichen Akzeptanzproblemen, empfiehlt PRINCE2 die Einführung von PRINCE2 im Unternehmen als Projekt zu organisieren.

Vorschlag der hierbei zu berücksichtigenden Kernpunkte:

  • Prozessverantwortlichkeiten
  • Regeln/Leitlinien zur Anpassung an die Projektgröße
  • Standards (Vorlagen, Definitionen)
  • Training und Entwicklung
  • Einbindung in die Geschäftsprozesse
  • Werkzeuge
  • Prozesssicherung[25]

Ergänzende Methoden

Das Office of Government Commerce (OGC) hat neben PRINCE2 noch weitere Methoden entwickelt, die alle kompatibel mit PRINCE2 sind. Über die in den jeweiligen Methoden eindeutig definierte Schnittstellen kann PRINCE2 ideal mit folgenden Methoden des OGC zusammenarbeiten:

  • MSP - Managing Successful Programmes
  • MoP - Management of Portfolios
  • P3O - Portfolio, Programme and Project Offices
  • ITIL - IT Infrastructure Library (IT Service Management)
  • M_o_R - Management Of Risk
  • MoV - Management of Value

Stärken

Die PRINCE2-Methode hat die folgenden Stärken:

  • Sie arbeitet nutzenorientiert. PRINCE2 gewährleistet, dass die Projektbeteiligten sich darauf konzentrieren, dass das Projekt tauglich für die Ziele seines Business Case bleibt – und nicht die Fertigstellung des Projekts als Selbstzweck betrachten.
  • Sie liefert stark standardisierte Projekte, die ein einheitliches Vorgehen, einheitliches Vokabular und einheitliche Dokumente haben. Schließlich ist es eine leicht erlernbare Arbeitsweise und jeder, der mit einer Methode vertraut ist, kann sich in einem sorgfältig geführtem PRINCE2-Projekt schnell zurechtfinden.
  • Sie verwendet ein aktives Stakeholdermanagement um wichtige Personen mit in das Projektmanagementteam oder in die Kommunikationsstrukturen einzubinden.
  • Sie verkörpert „Best Practice“ im Projektmanagement, d. h. sie beinhaltet verschiedene in der Praxis bewährte Methoden.
  • Sie propagiert „Management by Exception“ als Richtlinie, was es den Projektmanagern erlaubt, ihre Arbeit ohne unnötige Einmischung auszuführen, während gleichzeitig übergeordnete Manager an den Punkten, wo das Projekt schlecht läuft (oder nach PRINCE2 „außerhalb der Toleranzgrenzen“) involviert werden.
  • Sie sorgt für kontrollierten Start, Verlauf und Ende des Projekts.
  • Für jeden Dokumententyp, der von PRINCE2 gefordert wird, stehen Vorlagen mit den geforderten Unterstrukturen zur Verfügung. So entsteht eine leicht verständliche, standardisierte und vollständige Dokumentation.
  • Sie kann auf die Bedürfnisse einzelner Organisationen oder Projekte angepasst werden.
  • Sie ist gebührenfrei, so kann eine Organisation von ihren Lieferanten fordern, PRINCE2 einzusetzen, ohne Lizenzfragen beachten zu müssen.
  • PRINCE2 stellt mit der Produktbasierten Planung eine eigene Technik der Planung mit integrierter Anforderungsanalysen zur Verfügung. Die Wahrscheinlichkeit dass Projekte unter falschen Voraussetzungen aufgenommen werden und in der Folge scheitern ist somit ziemlich gering.
  • Die Zertifizierung als Einzelperson ist relativ preisgünstig und unkompliziert.
  • PRINCE2 ist durch die Anpassungsmöglichkeiten extrem flexibel in der Anwendung.
  • Mit der richtigen Anpassung werden wesentlich weniger Dokumente benötigt als bei vergleichbaren Projektmanagementmethoden.

Schwächen

PRINCE2 hat die folgenden Schwächen:

  • Das offizielle Handbuch (Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2) ist nicht frei und kostenlos verfügbar sondern muss käuflich erworben werden.
  • Die Hohe Flexibilität und die starke Verankerung im Unternehmen erfordert durch die notwendige Anpassung an die Projektumgebung und Einbindung in bestehende Unternehmensprozesse zusätzliche Investitionskosten bei der Implementierung im Unternehmen.
  • Die beiden Zertifizierungsstufen (Foundation & Practitioner) zielen lediglich auf die Mitarbeit in einer existierenden PRINCE2-Umgebung ab. Fragen zur erfolgreichen Implementierung im Unternehmen werden weder im offiziellen Handbuch, noch in anderen auf dem Markt verfügbaren Büchern oder Schulungen ausführlicher berücksichtigt.
  • Bedingt durch die generische Gestaltung der Methode werden Spezialistenaspekte nicht berücksichtigt.
  • Lediglich zwei PRINCE2-spezifische Techniken werden beschrieben. So kann es durchaus notwendig sein, dass für Mitarbeiter im Projektmanagement der Aufbau von weiterem Wissen notwendig ist um allgemein gebräuchliche Techniken wie z. B. die Analyse des kritischen Pfads oder eine Earned Value Analyse anwenden zu können.
  • Projektmanager, die von anderen Methoden auf PRINCE2 umsteigen, könnten einen "Machtverlust" beanstanden, da ihre Befugnisse nicht mehr über das gesamte Projekt sondern lediglich innerhalb ihrer Phasentoleranzen liegen.
  • Softskills/Führungsqualitäten als besonders wichtige Qualifikation insbesondere für den Projektmanager werden bei PRINCE2 nicht direkt berücksichtigt.[26]

Risiken bei der Implementierung und Anwendung

Insbesondere die starke Verankerung im Unternehmen und die Notwendigkeit der Anpassung birgt einige Risiken bei der Implementierung und Anwendung von PRINCE2:

  • Einige Organisationen leiden unter "PINO" (engl.: "Prince In Name Only", dt.: "Prince nur dem Namen nach"), indem sie sich unbedacht Teile der Methodologie bedienen, sich dabei aber nicht an die Grundsätze halten und auch keine gezielte Integration von PRINCE2 im Unternehmen vorgenommen haben.
  • Wenn PRINCE2 nicht richtig angepasst wird, dann kann es sein, dass die Methode insbesondere bei der Anwendung in kleineren Projekten, als stark dokumentenorientiert "verschrien" wird und eventuell sogar tatsächlich einen überproportionalen Anteil an Dokumentations-/Projektmanagementkosten verursacht. Dokumente dienen dann möglicherweise als Selbstzweck, wobei die eigentlichen Projekte ins Wanken geraten. Dieses Risiko kann durch die gezielte Anpassung während der Integration von PRINCE2 im Unternehmen und insbesondere durch die Berücksichtigung der Akzeptanz seitens der zukünftigen Benutzer/Anwender der Methode, reduziert werden.

Personenzertifizierungen

Für PRINCE2 gibt es zwei Zertifizierungen für Personen.

Foundation Examination

Die Foundation Examination (deutsch: Grundlagen-Prüfung) ist ein Wissenstest über die Inhalte der Themen und Prozesse der Projektmanagement-Methodologie. Die Prüfung dauert eine Stunde und besteht aus einem Multiple-Choice-Test mit 75 Fragen. Zum Bestehen muss man mindestens 35 Fragen richtig beantworten. 5 Fragen sind Testfragen, die als solche nicht zu erkennen sind und somit beantwortet werden müssen, sie werden aber nicht gewertet. Diese Testfragen werden nach Auswertung durch die OGC zur Erweiterung des offiziellen Fragenpools genutzt. Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Foundation Examination gibt es keine.

Practitioner Examination

Kandidaten für die PRINCE2 Practitioner Examination (deutsch: Praktiker-Prüfung) müssen zuvor die Foundation Examination bestanden haben.

Die Fragen der 150-minütigen Prüfung basieren auf einem fiktiven Projekt, das in einem sogenannten Szenarioheft separat beschrieben wird. Der Prüfkandidat beginnt also zunächst damit, sich in die Details des Projektes einzulesen.

Die Fragen selbst sind in neun Kategorien unterteilt, die jeweils aus den Themen & Prozessen von Prince2 ausgewählt wurden. Zu jeder Kategorie werden mehrere, teilweise recht komplexe, Multiple-Choice-Fragen gestellt. Die Antworten werden in ein separates Antwortformular durch Schwärzung des entsprechenden Antwortfeldes mittels Bleistift eingetragen.

Erreichbar sind 12 Punkte pro Kategorie, insgesamt also 108 Punkte, von denen mindestens 55% erreicht werden müssen.

Jeder, der diese Prüfung bestanden hat, sollte in der Lage sein, innerhalb einer bestehenden PRINCE2-Umgebung die Methode anzuwenden.

Re-Registration Examination

Frühestens drei, spätestens fünf Jahre nach bestehen der Practitioner-Prüfung muss zur Verlängerung des Status als Practitioner eine "Re-Registration" in Form einer einstündigen Prüfung erfolgreich abgelegt werden.[27] Diese Maßnahme soll einen stets aktuellen Wissensstand sicherstellen. Um die Re-Registration-Prüfung zu bestehen werden mindestens 20 von 36 möglichen Punkten, also 55% benötigt.

Die Prüfung kann auch online und ohne vorheriges Training abgelegt werden, ist jedoch kostenpflichtig (Stand Juli 2011, ca. 180 EUR).

Akkreditierte Anbieter von Schulungen

Nur ordentlich beim „Office of Government Commerce“ akkreditierte Organisationen dürfen Schulungen zur Vorbereitung auf die PRINCE2 Zertifizierung anbieten. Diese bieten offizielles Kursmaterial an und nehmen auch die Prüfungen (meist am Ende des Seminars) ab. Die Prüfungen sind in vielen Sprachen erhältlich unter anderem auch in Deutsch.

Siehe auch

Literatur

  • Das offizielle Handbuch für PRINCE2: Office of Government Commerce: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2. (Official PRINCE2 publication) The Stationery Office Books, Norwich, erste Auflage 2009 der deutschen Übersetzung der fünften englischen Ausgabe 2009, ISBN 9780113312146

Weblinks

Tools

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Office of Government Commerce (OGC): Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2. (Official PRINCE2 publication) The Stationery Office Books, Norwich, erste Auflage 2009 der deutschen Übersetzung der fünften englischen Ausgabe 2009, Seite 8 ff, ISBN 9780113312146
  2. Andy Murray: Introducing PRINCE2 2009 Seminar at the BPUG Annual Congress 2009: http://www.best-management-practice.tv/bpug-annual-congress-2009
  3. Office of Government Commerce: Best Management Practice – PRINCE2 News: PRINCE2® - A Global Project Management Method: http://www.best-management-practice.com/Knowledge-Centre/News/PRINCE2-News/?DI=629649
  4. APMG: Quarterly Marketing Report December 2010
  5. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 3
  6. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 259
  7. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 5
  8. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 11 ff
  9. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 19 ff
  10. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 131
  11. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 131ff
  12. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 139 ff
  13. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 153 ff
  14. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 167
  15. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 168 ff
  16. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 187
  17. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 188 ff
  18. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 207 ff
  19. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 215 ff
  20. Zitiert nach: OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 229
  21. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 230 ff
  22. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 248 ff
  23. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 75 ff
  24. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite
  25. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 241 ff
  26. OGC: Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2, Seite 7
  27. PRINCE2 Re-Registration-Webseite: http://online.apmg-exams.com/index.aspx?subid=10&masterid=4

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