Pantheon (Rom)

Pantheon (Rom)
Fassade des Pantheons
Grundriss des unter Hadrian erbauten Pantheons
Kuppel des Pantheon vom Hügel Gianicolo auf dem rechten Tiberufer aus gesehen

Das Pantheon (griechisch Πάνθεον, von πᾶν pân ‚alles‘ und θεός theós ‚Gott‘, ital. auch La Rotonda ‚die Rotunde‘) ist ein antikes Bauwerk in Rom (Bauzeit etwa 118 bis 125 n. Chr.) und seit 609 n. Chr. katholische Kirche.

Das Pantheon besaß für mehr als 1700 Jahre die größte Kuppel der Welt, gemessen am Innendurchmesser, und gilt allgemein als am besten erhaltenes Bauwerk der römischen Antike. Sein Einfluss auf die Architekturgeschichte, vor allem die der Neuzeit, ist enorm.

Gebaut auf dem Marsfeld durch Kaiser Hadrian,[1] war es ursprünglich ein allen Göttern Roms geweihtes Heiligtum. Bis heute ist umstritten, welche Götter hier genau verehrt werden sollten.

Das Pantheon besteht aus zwei Hauptelementen, einem Pronaos mit rechteckigem Grundriss und Tempelfassade im Norden sowie einem kreisrunden, überkuppelten Zentralbau im Süden. Der Architekt wie auch der ursprüngliche Name des Gebäudes sind unbekannt.

Seit dem 13. Mai 609 dient das Pantheon als katholische Kirche, geweiht der heiligen Maria (Sancta Maria ad Martyres), in der vor allem an hohen Feiertagen Messen zelebriert werden. Die Kirche wurde am 23. Juli 1725 von Papst Benedikt XIII. zur Titeldiakonie erhoben. Papst Pius XI. übertrug diese am 26. Mai 1929 an Sant’Apollinare alle Terme Neroniane-Alessandrine.

Der Begriff Pantheon wird heute auch allgemein auf ein Gebäude angewendet, in dem bedeutende Persönlichkeiten bestattet sind, was von der späteren Nutzung des römischen Pantheons herrührt. Zudem wurde der Ausdruck auch in der Religionswissenschaft verwendet, um die Gesamtheit der Götter einer Religion zu bezeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Bei dem noch heute zu sehenden, als Pantheon bekannten Bau handelt es sich um den Nachfolger eines Tempels, den Agrippa nach seinem Sieg bei Actium von 27 bis 25 v. Chr. zu Ehren seines Freundes und Förderers Augustus am selben Ort hatte errichten lassen. Dieser war bereits als Rundbau angelegt, der etwa dieselben Ausmaße und dieselbe Ausrichtung hatte wie der heute zu sehende Nachfolger. Der Bau brannte während eines Feuers im Jahr 80 n. Chr., das weite Teile Roms heimsuchte, nieder und wurde unter Kaiser Domitian restauriert. Das Aussehen dieses domitianischen Baus ist völlig unbekannt. Lediglich sein Fußbodenniveau ist zwischen dem des ersten und dem des heutigen Gebäudes erhalten. Im Jahr 110 brannte das Pantheon in Folge eines Blitzschlages erneut und bedurfte eines vollständigen Wiederaufbaus. Während der Herrschaft Kaiser Hadrians wurde das Bauwerk errichtet, das heute noch an Ort und Stelle zu sehen ist. Wie lange das Pantheon danach kultisch genutzt wurde, ist unbekannt. Spätestens Anfang des 5. Jahrhunderts, unter Kaiser Honorius, muss der Tempelbetrieb endgültig eingestellt worden sein.

Der oströmische Kaiser Phokas schenkte das Pantheon im Jahre 608 dem Papst Bonifatius IV. Am 13. Mai 609 wurde das Pantheon als Sancta Maria ad Martyres zur dem Gedenken aller Märtyrer gewidmeten Kirche geweiht – dies ist der Ursprung des seit dem Jahre 835 begangenen Festes Allerheiligen. Später bürgerte sich der Name Santa Maria Rotonda ein. Zu einem unbekannten Zeitpunkt in nachantiker Zeit wurden zwei Säulen auf der Ostseite des Pronaos durch Säulen aus den nahegelegenen Thermen des Nero ersetzt. Als der oströmische Kaiser Konstans II. im Jahr 663 Rom besuchte, ließ er die vergoldeten Bronzeplatten, mit denen die Kuppel gedeckt war, abnehmen und nach Konstantinopel schaffen. Sie mussten später ersetzt werden.

Das Pantheon um 1835 mit den von Bernini entworfenen Glockentürmen über dem Pronaos

1270 wurde ein Glockenturm über dem Pronaos errichtet. Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts wurde der Platz vor dem Pantheon im Auftrag mehrerer Päpste freigeräumt und eingeebnet, so dass die heutige Piazza della Rotonda entstand. Seit dem 16. Jahrhundert wurde das Pantheon zur Grabeskirche bedeutender Persönlichkeiten, später auch des italienischen Königshauses. Im 17. Jahrhundert veranlasste Papst Urban VIII. aus der Familie der Barberini die Entfernung der bronzenen Platten, mit denen der Dachstuhl des Pronaos verkleidet war, und ließ sie größtenteils zu Kanonen verarbeiten, zum Teil aber auch für den Altartabernakel des Petersdoms verwenden. Die Bevölkerung Roms prägte daraufhin das Sprichwort Quod non fecerunt barbari, fecerunt Barberini „Was die Barbaren nicht schafften, das schafften die Barberini“. Anstelle des Glockenturms aus dem 13. Jahrhundert ließ Urban zwei von Bernini entworfene Türme im Osten und Westen des Pronaos errichten. Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese wieder abgerissen.

Insgesamt gehört das Pantheon zu den am vollständigsten erhaltenen Bauten der römischen Antike, was vor allem seiner recht frühen Umwandlung in eine Kirche zu verdanken ist.

Baubeschreibung

Das Pantheon Agrippas

Portrait des Agrippa (Louvre)

Agrippa ließ seinen Bau auf dem Marsfeld auf dem Gelände errichten, das zuvor Pompeius bzw. Marcus Antonius gehört hatte. In unmittelbarer Nähe entstanden weitere von ihm geplante und finanzierte Bauprojekte, wie etwa die Agrippa-Thermen oder die Saepta Iulia, eine große Versammlungshalle, deren Bau bereits Caesar begonnen hatte.[2] Das Pantheon Agrippas nahm in seiner Baugestalt schon weitgehend die Form des heutigen Bauwerks vorweg. Es bestand bereits aus den beiden Hauptelementen, dem rechteckigen Pronaos im Norden und einem runden Hauptbau im Süden. Der ältere Pronaos, auf dessen Überreste man bei 1892/1893 sowie 1996/1997 durchgeführten Grabungen stieß, lag an derselben Stelle wie der des Nachfolgerbaus, war allerdings etwas breiter. Er besaß entweder eine zehnsäulige Front oder aber eine Achtsäulenstellung in antis. Im Pronaos waren Statuen des Augustus und des Agrippa aufgestellt. Im Bereich der Rotunde stieß man bei den Grabungen auf eine runde Mauer, die dieselbe Fläche umschloss, die auch der spätere Rundbau beanspruchte. Im Unterschied zum Nachfolgerbau war dieser Gebäudeteil allerdings nicht überdacht. Es handelte sich um einen kreisrunden, offenen Hof von ungefähr 44 m Durchmesser, der von einer etwa zwei Meter hohen Mauer umgeben und mit Marmorplatten (Pavonazzetto) gepflastert war. Cassius Dio überliefert, dass hier Götterstatuen (er nennt Mars und Venus) sowie eine Statue Caesars aufgestellt waren.

Das Pantheon Hadrians

Portrait Hadrians (Museo Nazionale Romano)

Der Vorplatz

Nördlich des Pantheons liegt heute die Piazza della Rotonda mit dem dort aufgestellten ägyptischen Obelisken. Zu Zeiten Hadrians lag das Straßenniveau zwischen 1,50 und 2,50 m unter dem heutigen. Zum Nordeingang des Baus führte ein ungefähr 60 × 120 m[3] messender, mit Travertinplatten gepflasterter Platz, der im Westen, Norden und Osten von Säulenhallen rechtwinklig eingefasst war. Die Hallen wurden von Säulen aus grauem Granit getragen und fußten auf einer Reihe von fünf Stufen aus Marmor (Giallo antico). Der Pronaos des Pantheons wurde im Westen und im Osten durch je ein Brunnenbecken aus prokennesischem Marmor mit den Säulenhallen verbunden. Die beiden Statuen der Flussgötter Tiber und Nil, die heute auf dem Kapitolsplatz aufgestellt sind, könnten ursprünglich hier als Brunnenfiguren gedient haben.

Aufgrund der modernen Bebauung der Gegend nördlich des Pantheons sind die archäologischen Befunde zu dem gesamten Vorplatz recht spärlich. So bleiben beispielsweise die genaue Lage und das Aussehen der nördlichen Säulenhalle reine Spekulation, da hierzu keine Befunde existieren. Eine Struktur, die sich im Zentrum des Platzes befand, lässt sich heute nicht mehr klar identifizieren.

Der Pronaos

Der dem Rundbau im Norden vorgelagerte Pronaos erweckt den Eindruck eines typisch römischen Podiumstempels. Er besitzt einen rechteckigen, 33,10 × 15,50 Meter messenden Grundriss und ist nur von der nördlichen Seite aus zugänglich. Während sich heute eine dreistufige Treppe über nahezu die gesamte Nordseite des Pronaos entlangzieht, war dieser ursprünglich nur über zwei jeweils 7,10 Meter breite Treppen zu betreten. Die Nordfassade wird durch eine Säulenstellung aus acht unkannelierten korinthischen Säulen aus grauem ägyptischen Granit vom Mons Claudianus mit Säulenbasen aus Marmor gegliedert. Die Inschrift auf dem Fries, in der Agrippa erwähnt wird, stammt aus hadrianischer Zeit. Sie lautet: M(ARCUS) AGRIPPA L(UCII) F(ILIUS) CO(N)S(UL) TERTIUM FECIT[4] „Marcus Agrippa, Sohn des Lucius, (hat in seinem) dritten Konsulat (dieses Gebäude od. Tempel od. etc.) gemacht (oder auch errichtet)“. Eine zweite, viel kleinere Inschrift erwähnt noch eine Restaurierung des Gebäudes im Jahr 202 n. Chr. durch die Kaiser Septimius Severus und Caracalla.[4] Das darüberliegende Giebelfeld ist heute leer, war in der Antike aber vermutlich durch einen Adler geschmückt, der die Corona Civica in den Fängen hielt.[5]

Das Innere des Pronaos wird durch vier Reihen aus je zwei unkannelierten korinthischen Säulen aus rotem Granit in drei Schiffe aufgeteilt und erinnert an den typisch etruskisch-römischen Tempel mit seiner oft dreiteiligen Innengliederung. Den Fußboden bedecken Platten aus Marmor, Granit und Travertin, die einfache Kreis- und Rechteckmuster bilden. Die beiden Seitenschiffe schließen im Süden mit je einer Apsis ab, wo vermutlich ursprünglich Statuen des Augustus und des Agrippa aufgestellt waren. Die Südwand des Pronaos ist reich mit Marmorplatten verziert und wird durch korinthische Pilaster, ebenfalls aus Marmor, gegliedert. Die hölzernen Balken des Dachstuhls waren in der Antike mit Bronzeplatten verkleidet. Das Mittelschiff, das etwas breiter ist als die Seitenschiffe, endet mit einer 6 Meter hohen Bronzetür, bei der es sich um die wiederverwendete Tür aus dem Bau des Agrippa handeln könnte.[6] Durch sie betritt man die Rotunde.

Von außen sieht man, dass der Pronaos über einen kastenförmigen Zwischenbau mit der Rotunde verbunden ist, der das Satteldach des Pronaos bis zur Höhe des Kuppelansatzpunktes überragt. An der östlichen und westlichen Fassade dieses Zwischenbaus werden Architrav, Fries und Geison des Pronaos bis zum Ansatzpunkt an die Rotunde weitergeführt, die Säulenstellung wird durch marmorne Pilaster fortgeführt. An den Bereichen, die höher als der Pronaos liegen, weist der Bau keine Spuren von weiteren Inkrustationen auf und wird nur noch durch zwei Gesimse und ein Tympanon gegliedert.

Die Rotunde

Schnittdarstellung der Rotunde des Pantheons, James Ferguson, A History of Architecture in All Countries, London 1893
Blick in die Kuppel des Pantheon

Das wichtigste Baubestandteil des Pantheons ist ein überwölbter Rundbau von ca. 43 m Innendurchmesser und -höhe. Die Mauern sind großenteils aus mit Ziegeln ummauertem Opus caementitium gebaut und ruhen auf einem 7,30 m breiten und 4,50 m tiefen Ring aus Gussmauerwerk als Fundament. Die Außenfassade dieser Rotunde ist recht einfach gestaltet. Sie wird lediglich durch drei Gesimse gegliedert. Deutlich zu erkennen sind auch die halbkreisförmigen Entlastungsbögen aus Ziegeln, die den enormen Schub der Kuppel abfangen sollen. Es finden sich heute keine Spuren, die darauf hindeuten würden, dass die Fassade in der Antike mit Marmorplatten verkleidet gewesen wäre.

Die Rotunde vermittelt ein gänzlich anderes Raumgefühl als der Pronaos. Dem typischen Aufbau eines rechteckigen römischen Podiumstempels steht der kreisrunde, von der riesigen Kuppel dominierte Innenraum gegenüber, wie er in der römischen Tempelarchitektur kein Vorbild hat. Die ursprüngliche, reiche Ausstattung des Innenraums mit verschiedenfarbigem Gestein aus allen Teilen des Mittelmeerraums hat sich in ihren Grundzügen bis heute erhalten. Der Fußboden greift die Gestaltung im Pronaos wieder auf und ist mit einem Muster aus großen Quadraten und Kreisen aus Porphyr, grauem Granit und gelbem Marmor (Giallo Antico), die von Bahnen aus Pavonazzetto gerahmt werden, überzogen. Die umlaufende Wand ist in zwei Dekorzonen unterteilt. In der unteren Zone wird die Wand durch sieben Nischen sowie das Eingangsportal gegliedert. Lediglich das Tonnengewölbe über dem Eingang und die Kalotte der Südnische schneiden auch in die obere Wandzone ein. Die Nischen besitzen abwechselnd einen halbrunden bzw. einen rechteckigen Grundriss. Sie werden gerahmt von Eckpfeilern mit korinthischen Kapitellen. In die Nischen eingestellt sind je zwei kannelierte korinthische Säulen. Außer in der Südnische befinden sich in allen nochmals je drei Ädikulen. Hier waren in der Antike möglicherweise Statuen verdienter Römer aus republikanischer Zeit aufgestellt. Auch zwischen den einzelnen Nischen sind nochmals Ädikulen vorgeblendet. Die freibleibenden Wandteile der unteren Dekorzone sind mit einem geometrischen Muster aus Kreis- und Rechteckfeldern aus verschiedenfarbigem Gestein bedeckt. Nach oben hin schließt die untere Zone mit einem reich verzierten Gebälk ab. Die Inkrustation der darüber liegenden Attikazone ist heute nicht mehr original erhalten, konnte aber in einem kurzen Abschnitt nach Zeichnungen von Baldassare Peruzzi und Raffael rekonstruiert werden. Sie war mit einem ähnlichen, aber zierlicheren Muster bedeckt, wie die darunterliegende Zone.

Darüber setzt die gewaltige monolithische Kuppel aus Opus caementitium an. Sie besitzt einen Durchmesser von etwa 43,45 m. Zu einer Kugel vervollständigt, würde sie etwa einen halben Meter unter dem Boden hindurch führen. Um das Gewicht zu verringern, wurde der Beton der Kuppel mit leichtem, vulkanischen Tuff- und Bimsstein vermischt, wobei das verwendete Material immer leichter wird, je mehr man sich dem Scheitelpunkt der Kuppel nähert. Zur weiteren Gewichtersparnis wird die Kuppel durch fünf konzentrische Ringe aus je 28 Kassetten gegliedert, wobei die Kassetten der einzelnen Ringe nach oben hin immer kleiner werden. Die Gliederung durch die Kassetten entspricht nicht der der darunterliegenden Wand, sondern ist leicht versetzt. Ursprünglich war die Kuppel innen blau bemalt und jede Kassette trug einen bronzenen oder vergoldeten Stern bzw. eine Rosette. Am Scheitelpunkt der Kuppel befindet sich eine kreisrunde Öffnung, das Opaion, von neun Metern Durchmesser, das neben dem Eingangsportal die einzige Lichtquelle des Innenraums darstellt. Um das hierdurch eindringende Regenwasser abzuleiten, ist der Boden des Kuppelsaals leicht zum Zentrum hin aufgewölbt und an strategisch günstigen Stellen mit kleinen Abflüssen versehen. Am Außenbau ist die Mauer unterhalb der Kuppel höher als im Innenraum, sodass die Kuppel von außen keine komplette Halbkugel darstellt. Außen ist die Kuppel mit Bronzeplatten gedeckt, deren antike Originale allerdings nicht mehr erhalten sind.

Innenraum des Pantheons heute

Deutung

Der Name Pantheon, der für die Antike allerdings nur spärlich nachgewiesen ist,[7] legt bereits eine Weihung an alle oder zumindest mehrere Götter nahe. Welche Gottheiten genau im Pantheon verehrt werden sollten, bleibt aber unklar. Innerhalb des Heiligtums aufgestellte Götterstatuen werden von Cassius Dio (53, 27) erwähnt, namentlich nennt er aber nur Mars und Venus. Eine Möglichkeit wäre, die Verehrung sämtlicher Gestirn- bzw. Wochengötter zu rekonstruieren, also auch von Sol, Luna, Mercurius, Jupiter und Saturnus. Ebenfalls denkbar ist, dass Agrippa ein Heiligtum für Augustus und dessen Familie, die Iulier, sowie deren göttliche Ahnen und Schutzpatrone geplant hatte. Die von Cassius Dio erwähnte Aufstellung einer Statue des Gaius Iulius Caesar, Augustus’ vergöttlichtem Adoptivvater, im Heiligtum spricht hierfür. Eine vergleichbare Anlage, der Nemrut Dağı, ist aus dem kleinen hellenistischen Königreich von Kommagene bekannt, hier allerdings in Verbindung mit königlichen Bestattungen.[8] Cassius Dio berichtet weiter, Augustus habe angeordnet, dass seine Statue nicht im Heiligtum, sondern außerhalb, im Pronaos, aufgestellt werden solle. Eine göttliche Verehrung seiner Person noch zu Lebzeiten hätte wohl kaum zum Bild des primus inter pares gepasst, das Augustus von sich propagieren ließ.

Ein runder, offener Hof, der von einer Mauer eingegrenzt wird und über einen Torbau rechteckigen Grundrisses zu betreten ist, ist als Heiligtum aus der römischen Architekturgeschichte bereits aus der Zeit vor Augustus bekannt.[9] Es scheint sich dabei um einen besonders ehrwürdigen altitalischen Bautypus zu handeln, weshalb Agrippa ihn auch für sein Monument wählte. Durch das Anfügen des tempelartigen Pronaos und die ungewöhnliche Größe verlieh er ihm allerdings eine Monumentalität, die vergleichbare ältere Anlagen nicht besessen hatten. Das gleiche Vorgehen, altitalische Bauformen mit kostbaren Materialien oder monumentalen Ausmaßen zu kombinieren, findet sich auch bei anderen Bauwerken aus der Zeit des Augustus, wie etwa der Ara Pacis oder dem Augustusmausoleum.

Als Hadrian das Pantheon neu errichten ließ, verzichtete er darauf, seinen Namen an dem Bau anbringen zu lassen, sondern nannte in der Inschrift auf dem Fries des Pronaos Agrippa als Bauherren. Dies entspricht ganz der Politik Hadrians, der so seine tugendhafte Zurückhaltung inszenieren konnte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das hadrianische Pantheon nicht grundsätzlich denselben Zweck erfüllte wie sein augusteischer Vorgänger. Die nun gewählte Bauform des überkuppelten Zentralraums findet in der damaligen Tempelarchitektur allerdings keine Vorbilder. Wolfram Martini stellte daher die These auf, beim Pantheon Hadrians habe es sich ursprünglich nicht um einen Sakralbau, sondern um eine Kaiseraula, einen Audienz- und Gerichtsraum, als Teil eines Kaiserforums gehandelt.[10] Er zieht dafür Parallelen zu überkuppelten Sälen in der kaiserlichen Palastarchitektur, beispielsweise zur Domus Aurea Neros. Martini unterlässt es allerdings, den Vorgängerbau Agrippas und dessen Bedeutung in seine These mit einzubeziehen. Die den Himmel abbildenden Kugelkuppel, das Opaion als Öffnung zu den Gestirnen, dessen Licht im Laufe des Tages über die Kuppel wandert, sowie die Siebenzahl der Wandnischen deuten auch für das hadrianische Pantheon auf eine Nutzung als Tempel der Gestirngottheiten hin. Das Opaion stellt auch in dem neuen Bau die direkte Verbindung zum offenen Himmel her, die ein wichtiges Element in Agrippas Pantheon gewesen war und die durch die Errichtung der Kuppel verloren zu gehen drohte.

Nutzung als Grabmal

Grab Raffaels

Ab der Renaissance wurde das Pantheon als Grabeskirche verwendet. Bedeutende Künstlerpersönlichkeiten wurden hier begraben, unter anderem die Maler Raffael (1483–1520), Perino del Vaga (1501–1547), Giovanni da Udine (1487–1564), Taddeo Zuccari (1529–1566) und Annibale Carracci (1560–1609), der Architekt Baldassare Peruzzi (1481–1536) sowie der Komponist Arcangelo Corelli (1653–1713). Raffael ließ sich in einem antiken römischen Sarkophag bestatten, an dem die von Pietro Bembo verfasste Inschrift angebracht wurde: ILLE HIC EST RAPHAEL TIMUIT QUO SOSPITE VINCI / RERUM MAGNA PARENS ET MORIENTE MORI „Jener hier ist Raffael. Die Mutter aller Dinge (die Natur) fürchtete, als dieser lebte, (von ihm) besiegt zu werden, als dieser starb, (selbst) zu sterben.“ Auch andere Personen, wie beispielsweise Raffaels Verlobte Maria Bibbiena oder der Kardinal Ercole Consalvi fanden im Pantheon ihre letzte Ruhestätte. Nach der Vereinigung Italiens diente der Bau dann als Grablege der italienischen Könige. Einzig der letzte italienische König Umberto II. liegt in der Abtei Hautecombe in Savoyen begraben.

Folgende Mitglieder der italienischen Königsfamilie haben ihre Grabstätte im Pantheon:

  1. Viktor Emanuel II., König von Italien (14. März 1820–9. Januar 1878)
  2. Umberto I., König von Italien (14. März 1844–29. Juli 1900)
  3. Margarethe von Italien, Königin von Italien (20. November 1851–4. Januar 1926; Ehefrau Umbertos I.)
  4. Viktor Emanuel III., König von Italien (11. November 1869–28. Dezember 1947)
  5. Elena von Montenegro, Königin von Italien (8. Januar 1873–28. November 1952; Ehefrau Viktor Emanuels III.)

Nachwirkung

Bereits in der Antike entstanden Bauten, die sich an der Architektur des Pantheons orientierten, wie zum Beispiel der noch unter Hadrian errichtete Zeus-Asklepios-Tempel in Pergamon. Ab der frühen Neuzeit wurde sein Einfluss auf die Architekturgeschichte dann besonders stark, als das Pantheon zum Prototyp für zahllose Kuppelbauten von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert wurde, wie etwa für Andrea Palladios Villa La Rotonda bei Vicenza, den Petersdom in Rom, Jules Hardouin-Mansarts Invalidendom und Jacques-Germain Soufflots Kirche Saint-Geneviève (später Panthéon) in Paris, Friedrich Weinbrenners Kirche St. Stephan in Karlsruhe, Karl Friedrich Schinkels Altes Museum in Berlin, Thomas Jeffersons Rotunda, Hauptgebäude der University of Virginia, und indirekt auch für William Thorntons Kapitol in Washington (Stahlkuppel). Sein striktes Raumprogramm war auch Vorbild für die Revolutionsarchitektur gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Auch die von Albert Speer geplante Große Halle weist deutliche Bezüge zum Pantheon auf. Durch seine spätere Nutzung als Grabeskirche wurde der Bau zusätzlich zum Namensgeber für andere Grablegen national bedeutsamer Personen, wie etwa für das bereits genannte Panthéon in Paris, das Pantheon in Tiflis oder das Pantheon der spanischen Könige im Escorial.

Technische Daten

Bilder

Siehe auch

Literatur

  • Kjeld De Fine Licht: The Rotunda in Rome. A study of Hadrian's Pantheon. Kopenhagen 1968.
  • Heinz-Joachim Fischer: Rom. Zweieinhalb Jahrtausende Geschichte, Kunst und Kultur der Ewigen Stadt. DuMont Buchverlag, Köln 2001, ISBN 3-7701-5607-2, S. 219–222.
  • Doris und Gottfried Gruben: Die Türe des Pantheon. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 104, 1997, S. 3–74.
  • Andreas Grüner: Das Pantheon und seine Vorbilder. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 111, 2004, S. 495–512.
  • Gerd Heene: Baustelle Pantheon. Planung, Konstruktion, Logistik. Verlag Bau + Technik, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7640-0448-7.
  • Wolf-Dieter Heilmeyer: Apollodorus von Damaskus, der Architekt des Pantheon. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 90, 1975, S. 316–347.
  • Wolf-Dieter Heilmeyer, Ellen Schraudolph, Hildegard Wiewelhove: Der Ruhm des Pantheon. Antikensammlung Staatliche Museen zu Berlin, 1992, ISBN 3-88609-276-3.
  • Heinz-Otto Lamprecht: Opus caementitium. Bautechnik der Römer. 5. Auflage. Beton-Verlag, Düsseldorf 2001, ISBN 3-7640-0350-2.
  • Wolfram Martini: Das Pantheon Hadrians in Rom. Das Bauwerk und seine Deutung. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08859-6 (Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der J. W. Goethe-Universität Frankfurt am Main, Band XLIV, Nr. 1).
  • Jürgen Rasch: Die Kuppel in der römischen Architektur. Entwicklung, Formgebung, Konstruktion. In: Architectura. Band 15, 1985, S. 117–139.
  • Gert Sperling: Das Pantheon in Rom. Abbild und Maß des Kosmos. Ars Una, Neuried 1999, ISBN 3-89391-854-X.

Weblinks

 Commons: Pantheon (Rom) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Bilder

Einzelnachweise

  1. Jüngste, noch nicht wissenschaftlich veröffentlichte und diskutierte Forschungsergebnisse lassen aufgrund von Ziegelstempeln auch eine Bauzeit von 114 bis 119 n. Chr. möglich erscheinen, also einen Baubeginn noch unter Trajan; siehe [1] und [2] (PDF).
  2. Saepta Iulia.
  3. Martini, Das Pantheon Hadrians in Rom, S. 13 f.
  4. a b CIL 6, 896.
  5. Fine Licht, The Rotunda in Rome, S. 45 f.
  6. Gruben, Die Türe des Pantheon. Gruben geht noch von einer älteren Rekonstruktion des augusteischen Baus aus, nach der das Pantheon von Süden her über einen halbrunden Hof im Bereich der späteren Rotunde betreten wurde und sich eine rechteckige Cella im Bereich des späteren Pronaos befand. Seine These über eine eventuelle Wiederverwendung der Bronzetüren bleibt jedoch auch bei der aktuellen Rekonstruktion des Baus des Agrippa anwendbar.
  7. Plinius der Ältere benutzt den Begriff Pantheum in seiner Naturalis historia, z. B. 36, 38: Agrippae Pantheum decoravit Diogenes Atheniensis; in columnis templi eius Caryatides probantur inter pauca operum, sicut in fastigio posita signa, sed propter altitudinem loci minus celebrata. (deutsch: „Diogenes von Athen stattete das Pantheon des Agrippa aus; seine Karyatiden an den Säulen des Tempels werden als seltene Kunstwerke beurteilt, ebenso die Bildnisse, die am Giebel platziert sind, jedoch werden diese aufgrund der hohen Lage dieses Ortes in geringerem Maß gerühmt.“)
  8. Martini, Das Pantheon Hadrians in Rom, S. 39 f.
  9. Grüner, Das Pantheon und seine Vorbilder.
  10. Martini, Das Pantheon Hadrians in Rom.
  11. a b c d e f g h i Rasch, Die Kuppel in der römischen Architektur. Entwicklung, Formgebung, Konstruktion
41.89861111111112.476944444444

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