Parlamentswahlen in der Republik China 2008

Parlamentswahlen in der Republik China 2008
Die Familie des Präsidenten bei der Stimmenabgabe.
Die Führung der DPP auf einer Pressekonferenz am Wahlabend.

Die Parlamentswahlen in der Republik China fanden am 12. Januar 2008 statt. Sie führten zu einem erdrutschartigen Sieg der oppositionellen Kräfte (82 der 113 Parlamentssitze), insbesondere der Kuomintang, über die Demokratische Fortschrittspartei des regierenden Präsidenten Chen Shui-bian.

Der 6. Legislativ-Yuan trat am 24. Januar 2008 zurück,[1] und der 7. Legislativ-Yuan nahm am darauf folgenden 1. Februar seine Amtsgeschäfte auf.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

2005 war eine Verfassungsreform erfolgt, die die Synchronisierung der Wahlen zum Legislativ-Yuan (dem gesetzgebenden Parlament der Republik China) und den Präsidentenwahlen vorsah. Die Wahl wurde dadurch zeitlich etwas vorgezogen. Die Wahl galt auch als Stimmungstest für die Präsidentschaftswahlen am 22. März 2008.

Wahlmodus

Am 23. August 2004 war eine Verfassungsänderung verabschiedet worden, die wesentliche Änderungen im Wahlmodus vorsah.[2] Die Zahl der Parlamentssitze war dabei von 225 auf 113 Sitze verringert und die Legislaturperiode von drei auf vier Jahre verlängert worden. Die jetzigen Wahlen erfolgten in einem Grabenwahlsystem aus relativem Mehrheitswahlrecht (in nur einem Wahlgang) in 73 Einzelbewerber-Wahlkreisen (vorher hatte es je nach Größe des Wahlkreises mehrere Kandidaten pro Wahlkreis gegeben) und Verhältniswahl für 34 Sitze, die entsprechend dem prozentualem Stimmenanteil der Parteien von den landesweiten Listen der Parteien besetzt wurden. Dabei galt eine Fünf-Prozent-Sperrklausel. Bei der Wahl der Listenplatz-Abgeordneten waren auch Übersee-Taiwaner wahlberechtigt. Außerdem war vorgeschrieben, dass von den Listenplatz-Abgeordneten mindestens die Hälfte Frauen sein mussten. Auf dem Stimmzettel waren daher zwei Stimmen zu vergeben (die Erststimme für den Wahlkreiskandidaten, die Zweitstimme für die Partei). Sechs weitere Sitze waren für die indigene taiwanische Bevölkerung reserviert, drei davon für die Bewohner des Hochlands und drei für die des Tieflands.

Ergebnisse

Wahlkreismehrheiten bei der Wahl.
  • Mehrheit für die pan-blaue Koalition
  • Mehrheit für die pan-grüne Koalition
  • Mehrheit für die Unparteiische Solidaritätsunion
  • Mehrheit für unabhängige Kandidaten
Sitzverteilung im gewählten Legislativ-Yuan

Die pan-grüne Koalition erzielte die Mehrheit in den Landkreisen Pintung, Tainan, sowie z. T. Chiayi sowie in der Stadt Kaohsiung und Tainan. Im Ergebnis zeigte sich ein überwältigender Sieg der Kuomintang bzw. der Parteien der Pan-blauen Koalition über die Demokratischen Fortschrittspartei und die Parteien der Pan-grünen Koalition.[3] Die Wahlbeteiligung lag bei 58 % (Erststimmen: 58,29 %, Zweitstimmen: 58,5 %).

   Parteiliste Wahlkreise Listenmandate Gesamt Prozent
Kuomintang-Liste (以中國國民黨名義登記) 61 20 81 71,7 %
54
17
71
62,8 %
  • Volkspartei (親民黨, engl. People First Party)
5
3
8
7,1 %
  • Neue Partei (新黨, engl. New Party)
2
0
2
1,8 %
Volkspartei (親民黨, engl. People First Party) 1 0 1 0,9 %
Pan-blaue Koalition (泛藍陣營) 62 20 82 72,6 %
Demokratische Fortschrittspartei (民主進步黨) 13 14 27 23,9 %
Pan-grüne Koalition (泛綠陣營) 13 14 27 23,9 %
Unparteiische Solidaritätsunion
(無黨團結聯盟, engl. Non-Partisan Solidarity Union)
3 0 3 2,7 %
Unabhängige 1 0 1 0,9 %
Gesamt 79 34 113 100,0 %

Acht Kandidaten der Volkspartei zogen auf der Kuomintang-Liste aufgrund eines Abkommens zwischen Volkspartei und Kuomintang als "KMT-VP-Co-Nominierte" (國親共推) ins Parlament ein. Die beiden gewählten Kandidaten der Neuen Partei wurden intern durch die KMT aufgestellt (新黨背書). Die Kuomintang erreichte über die Landesliste 20 Mandate, die Demokratische Fortschrittspartei 14, alle anderen Parteien blieben unter der Fünf-Prozent-Hürde.[3]

Zusatzreferenden

Nebst den Sitzen für die 7. Legislativperiode wurden zwei weitere Volksreferenden durchgeführt. Das erste wurde von der derzeitigen Regierungspartei DPP initiiert für ein Gesetz zur Behandlung von Vermögen, das sich politische Parteien unlauter angeeignet haben. Nach DPP-Angaben soll dieses Sondergesetz die rechtliche Grundlage dafür bieten, die jetzige Oppositionspartei Kuomintang dazu zu zwingen, ihr Parteivermögen, das sie sich während ihrer Regierungszeit in Taiwan unlauter angeeignet hatte, an den Staat zurückzugeben.[4]

Ein zweites Referendum zielte nach KMT-Angaben besonders auf Staatspräsident Chen Shui-bian ab, der wegen Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagt worden war, aber aufgrund seines Präsidentenamtes politische Immunität genießt. Darin sollte über eines neuen Gesetz entschieden werden, auf dessen Basis Nachprüfungen erlaubt wären, ob die jeweiligen Staatsoberhäupter und deren Angehörige, ob mit Absicht oder wegen Nachlässigkeit, dem Staat großen Schaden zugefügt haben. Das Parlament soll auf der Basis des Gesetzes einen Sonderuntersuchungsausschuss gründen können, um einen solchen Fall zu untersuchen. Die in den Fall verwickelten Personen sollen nach dem Gesetz bestraft werden. Vermögen, das sie sich illegal angeeignet haben, soll an den Staat zurückgegeben werden.[4]

Die Wahlbeteiligung lag bei beiden Referenden bei 26 Prozent. Die Kuomintang rief zur Nichtannahme des Wahlzettels für die beiden Zusatzreferenden auf. Wegen zu geringer Wahlbeteiligung sind damit beide Referenden gescheitert.

Einzelnachweise

  1. Kabinett tritt vorzeitig am 24. Januar zurück, Radio Taiwan International, 23. Januar 2008
  2. Wahlmodus nach Radio Taiwan International, letzter Zugriff am 29. Januar 2008
  3. a b Ergebnisse der Parlamentswahl 2008, Radio Taiwan International, letzter Zugriff am 26. Januar 2008
  4. a b Referenden Ergebnisse, Radio Taiwan International, letzter Zugriff am 26. Januar 2008

Weblinks

 Commons: Republic of China legislative election, 2008 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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