Partei der Großen Einheit

Partei der Großen Einheit
Partei der Großen Einheit
Vorsitzender
Gründungsjahr 1993
Gründer Muhsin Yazıcıoğlu
Politische Ideologie Islamismus, Nationalismus
Abkürzung BBP
Webpräsenz http://www.bbp.org.tr

Die Büyük Birlik Partisi, BBP, (deutsch: Partei der Großen Einheit) ist eine nationalistische und islamistische politische Partei in der Türkei. Ihr Vorsitzender Muhsin Yazıcıoğlu starb im März 2009 bei einem Hubschrauberabsturz.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die BBP entstand, als der radikale Flügel der "Partei der Nationalistischen Arbeit" - so hieß die Partei der Nationalistischen Bewegung zwischenzeitlich - um den Abgeordneten Muhsin Yazıcıoğlu sich am 7. Juli 1992 von der Partei lossagte und schließlich auf dem "historischen Entscheidungsparteitag" die Gründung einer neuen Partei ankündigte. Am 29. Januar 1993 wurde die "Partei der Großen Einheit" offiziell gegründet. Sie betrachtet sich laut eigener Website als wahre Erbin der nationalistischen MHP und fühlt sich als Teil der türkischen „Idealisten“-Bewegung, aus deren Reihen der Vorsitzende Yazıcıoğlu hervorging.

Wahlergebnisse

  • Die BBP erzielte bei den Gemeinderatswahlen 1994 landesweit 0,43 Prozent der Stimmen und stellte insgesamt elf Bürgermeister in der gesamten Türkei. Lokale Hochburgen der BBP bei den Provinzratswahlen im gleichen Jahr waren die Provinzen Sivas (18 %) und Kahramanmaraş. Harald Schüler [1] führt dies darauf zurück, dass Sivas die Heimatprovinz des Vorsitzenden Yazıcıoğlu ist und dass die Partei den politisch-religiösen Gegensatz zwischen Aleviten und Sunniten erfolgreich instrumentalisiert. Landesweit errang sie einen Stimmenanteil von 1,26 Prozent.
  • Durch ein Wahlbündnis mit der ANAP konnten bei den vorgezogenen Neuwahlen 1995 sieben Abgeordnete der BBP für die ANAP in die Große Nationalversammlung der Türkei einziehen. Ein Jahr später scheiterte das Wahlbündnis und die Abgeordneten kehrten der ANAP den Rücken.
  • Bei den Parlamentswahlen 2002 lag der Stimmenanteil der BBP bei 1,02 Prozent.
  • 2006 stellte die BBP elf Bürgermeister, drei davon in der Provinz Trabzon, zwei in der Provinz Sivas.
  • Bei den Parlamentswahlen 2007 kandidierte Muhsin Yazıcıoğlu als Unabhängiger und wurde direkt ins Parlament gewählt.

Parteiprogramm und Satzung

Der Islam

Die Partei versteht den Islam als die Religion, die den Menschen Wohlstand, Frieden und Gerechtigkeit bringe. Er bedeute Ehre und Glück. Gleichzeit sei der Islam eine heilige Quelle der Kraft. Der Islam habe den Menschen die grundlegende Verfassung (düstur) gebracht und zeige die Richtung auf.[2]

Die BBP betonte in ihrem Programm aus dem Jahre 1993 den Islam als das Hauptelement ihrer türkisch-islamischen Identität. Harald Schüler [3] gibt die Passage folgendermaßen wieder:

"Quelle und Fundament unseres Politikverständnisses sind unser Glaube und unsere kulturellen Werte, die unsere Nation über Jahrhunderte aufrecht erhalten haben und gewährleisteten, dass wir in der Geschichte einen ehrenvollen Platz einnehmen. Unser Glaube, der das bestimmende Element unserer muslimisch-türkischen Identität ist, gibt uns jene unverzichtbaren Prinzipien an die Hand, die gewährleisten, dass unsere Nation heute und Zukunft jenen Platz einnehmen wird, der ihr zusteht."

Im aktuellen Parteiprogramm heißt es ferner, die politische Elite der Türkei habe sich nicht um die Belange Gottes und des Volkes gekümmert, sondern um das Wohl des Westens.[2]

Laizismus

Laut Parteiprogramm ist Laizismus gleichbedeutend mit der Neutralität des Staates gegenüber der Religion. Laizismus umfasse ferner das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf freie Ausübung der religiösen Glaubens, insbesondere auch die Teilnahme an religiösen Zeremonien und das Recht auf religiöse Schulung.[2]

Nationalismus und Kurdenfrage

Die wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit mit der "türkischen Welt" wird als Ziel formuliert. Die Türkei und "ihre Volksgenossen im Osten", würden zu einem Tageslöhner für die Interessen des Westens, der zudem noch die "heruntergekommen Werte" des Westens vertrete. [2]

Nationalismus, der auf dem "Prinzip der Rasse" besteht wird laut Parteiprogramm abgelehnt. Kurden werden nicht als eigenständiges Volk, sondern als "Brüder, die demselben unteilbaren Volk angehören", betrachtet.

Organe

Höchstes Parteiorgan ist der "Große Parteitag" (Büyük Kurultay). Er tritt all zwei Jahre zusammen. Zwischen den Parteitagen ist das Präsidium (Merkez Karar Yönetim Kurulu) die höchste Parteiinstanz. Es besteht aus 80 Haupt- und 40 Ersatzmitgliedern. Vorsitzender des Präsidiums ist der Parteivorsitzende. Der Vorstand (Başkanlık Divanı) führt die Tagesgeschäfte. Ihm gehören der Vorsitzende, der Generalsekretär und die stellvertretenden Vorsitzenden an. Es existiert ferner ein zentraler Disziplinarrat (Merkez Disiplin Kurulu) bestehend aus neun Haupt- und neun Ersatzmitgliedern, die auf dem Großen Parteitag gewählt werden. Der Beirat (Genel İstişare Kurulu) besteht aus Präsidium, Vorstand, Disziplinarrat, Gebietskoordinatoren, Vorsitzenden der Frauen- und Jugendverbände, den Provinzvorsitzenden, den Bürgermeistern und weiteren Mitgliedern, die vom Vorstand bestimmt werden.

Ausgewählte Zitate

Der stellvertretende Vorsitzende Hakkı Öznur erläuterte im Februar 2007 in einer Presseerklärung seine Sicht der blutigen Auseinandersetzungen der 1970er-Jahre zwischen linken und rechten Gruppierungen in der Türkei:

"Als du" - gemeint war der Premier Erdoğan - "auf der İmam-Hatip-Schule Glaubenskämpfer spieltest, haben die Nationalisten Auge um Auge und Zahn um Zahn bis zum Tod gekämpft gegen den Imperialismus und die Knechte der Ungläubigen, die die Türkei teilen und zerstückeln wollten." (bbp.org.tr: Sen imam hatip de mücahitlik oynarken milliyetçiler, Türkiye’yi bölmeye ve parçalamaya çalışan emperyalizme, küfrün uşaklarına karşı dişe diş, kana kan ölümüne mücadele veriyordu.)

In derselben Presseerklärung wird ebenfalls die Rolle der Religion und die der "Idealisten" erläutert:

"Unser Weg ist der Weg Allahs, unser Weg ist der Weg des Koran, unser Weg ist der Weg des "Ideals". (Yolumuz Allah yolu, yolumuz Kur’an yolu, yolumuz ülkü yolu.)

Nebenorganisationen

Der Verband der Türkischen Kulturvereine in Europa

In Europa ist die BBP durch den "Verband der türkischen Kulturvereine in Europa" (Avrupa Türk Birliği, ATB) vertreten. Die Organisation entstand 2002 als Nachfolgerin der Avrupa Nizam-ı Alem Ocakları Federasyonu (ANOF). Der gegenwärtige Vorsitzende ist Recep Yıldırım. Zitate von der Website (atb-europa.com):

"Wer seine Religion leugnet, ist nichts, wer seinen Stamm leugnet, ein Bastard" (Dinini inkar eden HİÇ, soyunu inkar eden PİÇ'tir.)
"Nationalismus ist unser Blut, das Wesen des Grauen Wolfes unser Stamm, auf dem Wege ALLAHs ist unser Weg eins. Wir sind die ALPERENs, die Enkel der Osmanen. Für die rote Fahne mit dem Halbmond und Stern geben wir unser Leben." (Milliyetçilik kanımız, bozkurtluktur soyumuz, ALLAH yolunda BİR'dir yolumuz, Biz Osmanlı'nın torunları ALPEREN'leriz, Ayyıldızlı al bayrak için can verenleriz.)

Die Alperen Ocakları

Die Jugendverbände der BBP nennen sich Alperen Ocakları (ocak bedeutet "Herd").

Vermischtes

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  • In Januar 2006 traten prominente Mitglieder der MHP zur BBP über. Zur Begründung hieß es, die MHP sei zur DBP (Devlet Bahçeli)-Partei verkommen. Man versuche, die Nationalität über die Staatsbürgerschaft zu definieren. Dabei verlasse man die Begriffe "Rasse und Blut" und zerreiße so die Bande zu den Türken außerhalb der Türkei.
  • Im Rahmen der Ermittlungen im Mord an den armenischstämmigen Publizisten Hrant Dink stellte sich heraus, dass der gegenwärtige Vorsitzende der BBP in Trabzon der Familie des mutmaßlichen Anstifters Yasin Hayal Geld überwiesen hatte, als dieser wegen eines Anschlags auf eine McDonald's-Filiale in Haft saß.
  • Die Frankfurter Allgemeine Zeitung betrachtet die BBP als "extrem nationalistisch" (faz.net vom 25. Januar 2007)
  • Der Parteivorsitzende Muhsin Yazıcıoğlu erklärt 2005 angesichts von Lynchversuchen gegen Anhänger von Abdullah Öcalan: "Wenn der Staat die Sicherheit des Volkes nicht gewährleistet [...] darf der Bürger nicht zurückstehen. Das Volk hat das Recht selbst für seine Sicherheit zu sorgen." (Radikal 8. September 2005)
  • Für die Parlamentswahlen 2007 trat der Parteivorsitzende Yazıcıoğlu aus der Partei aus und wurde als "unabhängiger" Kandidat in seinem Wahlbezirk in Sivas in die Nationalversammlung gewählt. Nach der Wahl trat er wieder in die Partei ein und übernahm auf einem Sonderparteitag wieder das Amt des Vorsitzenden.

Quellen

  1. Harald Schüler: Die türkischen Parteien und ihre Mitglieder. Deutsches Orient-Institut Hamburg 1998, (S.114)
  2. a b c d Parteiprogramm auf Türkisch: [1]
  3. Harald Schüler: Die türkischen Parteien und ihre Mitglieder. Deutsches Orient-Institut Hamburg 1998, (S.111)

Weblinks


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