Paul Romer

Paul Romer
Paul Romer, 2005

Paul Michael Romer (* 1955 in Denver) ist ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Der Sohn von Roy Romer und Bea Romer studierte Physik und Mathematik und machte 1977 seinen Bachelor in Mathematik an der University of Chicago. Dann wechselte er zur Volkswirtschaftslehre. Seine Dissertation begann er am Massachusetts Institute of Technology, setzte sie an der Queen’s University in Kanada fort und beendete sie 1983 in Chicago. Von 1982 bis 1988 war er Assistenzprofessor an der University of Rochester, dann Professor an der University of Chicago. 1990 wechselte er als Professor an die University of California, Berkeley und 1996 an die Graduate School of Business der Stanford University. Daneben arbeitet er für die Hoover Institution.

Romer beschäftigte sich bereits in seiner Dissertation mit Wirtschaftswachstum[1] und wurde später zum Mitbegründer der endogenen Wachstumstheorie, besonders durch sein Romer-Modell.[2]

Das Konzept der „Charter Cities“

Im Jahr 2009 erregte Romer viel Aufsehen mit seinem Vorschlag zur Gründung von sog. Charter Cities in wachstums- und strukturschwachen Ländern als Mittel zur Armutsbekämpfung. Das Konzept der Charter City baut darauf auf, dass die Regierung ein nichtbesiedeltes Stück Land auswählt, um es komplett an eine ausländische Regierung abzugeben, also unter dessen Legislative, Judikative und Exekutive zu stellen. Romer fasst das Konzept mit dem Satz „Kanada entwickelt ein Hong Kong in Cuba“ zusammen[3]. In dieser künstlich geschaffenen Sonderzone soll ein Wachstumsmotor entstehen, der Auslandsinvestitionen anziehen soll und als Vorbild positiv auf das Umfeld wirken kann. Romer zieht als Erfolgsbeispiel häufig Hong Kong unter britischer Kolonialherrschaft heran[4]. Ein wesentlicher Anreiz soll dabei von der Rechtssicherheit ausgehen, die von der externen Regierung in den Charter Cities garantiert wird. Diese Rechtssicherheit würde Menschen und Investoren quasi von alleine in die künstlich geschaffenen Städte ziehen und damit den Impuls zu Wachstum liefern.

Kritik

Das Konzept wird seit seiner Veröffentlichung nicht nur in vielen Medien auf breiter Ebene diskutiert[5][6], sondern wird auch als neoimperialistisch bzw. neokolonialistisch kritisiert. Romer hält dagegen, dass der Kolonialismus individuelle Freiheiten eingeschränkt habe, im Gegensatz dazu niemand zum Umzug in die neu eingerichtete Stadt gezwungen würde. Auch die Landvergabe erfolge freiwillig. Charter Cities als Maßnahme in humanitären Notstandsgebieten wie Haiti nach dem verheerenden Erdbeben in 2010 lehnt er ab.

Als problematisch wird auch die Tatsache gesehen, dass in einer Charter City keine demokratischen Wahlen vorgesehen wären. Dies bedeutet, die Politiker würden zwar die Lebensbedingungen in der Stadt vorgeben, gewählt dagegen werden sie nur in deren Heimatland. Damit unterliegt das Konzept der gleichen Problematik wie die reguläre Entwicklungszusammenarbeit, bei der die Maßnahmen im Wesentlichen durch die Politik der Geberländer geleitet werden (und damit indirekt durch die Wähler dieser Geberländer bestimmt wird), den eigentlichen Leistungsempfängern jedoch der Rückkopplungsmechanismus durch Wahlen fehlt (da die Bürger der Entwicklungsländer nicht die Politiker der Geberländer wählen können). Damit bleibt den Bewohnern einer Charter City zum Wählen nur die häufig als "Abstimmung mit den Füßen" bezeichnete Möglichkeit des Ein- und Auswanderns. Romer schließt jedoch Wahlen nicht kategorisch aus[7].

Weiterhin wird Romer vorgeworfen, die für eine künstliche Stadt notwendigen Investitionen seien immens und das Konzept allein deshalb völlig unrealistisch.[5]

Preise

  • 1997 einer der „25 Most Influential Americans“ (Time)[8]
  • 1999 Distinguished Teaching Award (Stanford University's Graduate School of Business)
  • 2002 Horst-Recktenwald-Preis

Mitgliedschaften

Einzelnachweise

  1. Paul M. Romer: Dynamic competitive equilibria with externalities, increasing returns and unbounded growth. Dissertation, University of Chicago, 1983, später als Paul M. Romer: Increasing Returns and Long-Run Growth. In: Journal of Political Economy. Band 94, Nr. 5, Oktober 1986, S. 1002–1037, JSTOR.
  2. Paul M. Romer: Endogenous Technological Change. In: Journal of Political Economy. Band 98, Nr. 5, Teil 2, Oktober 1990, S. S71–S102, JSTOR
  3. Beschreibung des Konzepts der Charter Cities auf der Website von Paul Romer
  4. Artikel in The Atlantic Magazine, Ausgabe Juli/August 2010
  5. a b Artikel auf Spiegel Online (vom 25. Januar 2010)
  6. Artikel auf Handelsblatt.de (vom 12. Mai 2010)
  7. Interview mit Paul Romer auf aidwatch.org, 5. Oktober 2009
  8. Time's 25 Most Influential Americans

Literatur

  • Mark Blaug (Hrsg.): Who's who in economics. 4. Auflage, Elgar, Cheltenham [u.a.] 1999, S. 713–714, ISBN 1-85898-886-1
  • Wolf-Heimo Grieben: Paul Michael Romer. Die neue Wachstumstheorie und die Aufgaben moderner Wirtschaftspolitik. Mimeo, 2001.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Paul Romer — Naissance 1955 Denver (États Unis) Nationalité Etats Unis Champs Économie Institution Un …   Wikipédia en Français

  • Paul Romer — Infobox Scientist name =Paul Romer caption = Paul Michael Romer. birth date = birth place = death date = death place = residence = USA flagicon|USA nationality = American flagicon|USA field = Economist work institution = Stanford University alma… …   Wikipedia

  • Paul Michael Romer — (* 1955 in Denver) ist ein US amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Preise 3 Mitgliedschaften 4 Einzelnachweise 5 …   Deutsch Wikipedia

  • Römer (surname) — Romer, Römer or Roemer is a (German) surname, and may refer to* Alfred Romer (1894–1973), U.S. paleontologist * Buddy Roemer (born 1943), governor of Louisiana. ** Romer s gap in the record of vertebrate fossils c. 360–340 million years ago *… …   Wikipedia

  • Romer — ist der Name folgender Personen: Alfred Romer (1894–1973), US amerikanischer Paläontologe Carl Romer (1872–1949), deutscher Gärtner Christina Romer (* 1958), US amerikanische Professorin für Wirtschaft an der University of California, Berkeley… …   Deutsch Wikipedia

  • Römer (Adelsgeschlecht) — Stammwappen der von Römer Römer ist der Name eines aus der Markgrafschaft Meißen stammenden Adelsgeschlechts, dessen Stammreihe mit dem Chemnitzer Ratsherren Paul Romer, im Jahr 1401 erstmals urkundlich genannt, beginnt und das über fünf… …   Deutsch Wikipedia

  • Romer-Modell — Das Romer Modell ist ein Modell der endogenen Wachstumstheorie, welches 1990 von Paul Romer vorgestellt wurde. Im Modell werden drei Sektoren unterschieden: Ein Forschungs und Entwicklungssektor; Ein Zwischenproduktsektor; Ein Endproduktsektor,… …   Deutsch Wikipedia

  • Römer (Frankfurt) — Römer (Rathaus) am Römerberg mit Justitia Brunnen, März 2011 …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Temple und der Fall Conrad — ist ein achtteiliges Hörspiel von Francis Durbridge, das der WDR im Jahre 1960 produzierte und in der Zeit vom 13. Januar bis 3. März 1961 erstmals ausstrahlte. Die gesamte Spieldauer beträgt 328 Minuten. Inhaltsverzeichnis 1 Folgentitel 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Romer v. Evans — Supreme Court of the United States Argued October 10, 1995 Decided May 20, 1996 …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”