Perlokution

Perlokution

Perlokution ist ein Begriff aus der Sprechakttheorie, der auf Wirkungsaspekte Bezug nimmt. Er geht auf John Langshaw Austin zurück, der zwischen lokutionärem, illokutionärem und perlokutionärem Akt unterschieden hat.

Inhaltsverzeichnis

Illokution - Perlokution

Im Gegensatz zu Illokutionen, die das Ergebnis einer Sprachhandlung sind und damit zeitlich mit deren Vollzug zusammenfallen, sind Perlokutionen Folgen einer Sprachhandlung, die sich an den Vollzug anschließen. Üblicherweise wird in der Sprechakttheorie davon geredet, dass man illokutionäre Akte vollzieht und perlokutionäre Effekte erzielt, dadurch dass man sich äußert.

Konventionaler versus kausaler perlokutionärer Aspekt

Es ist zu unterscheiden zwischen konventionalen und kausalen perlokutionären Aspekten.

Zum konventionalen Aspekt:

Hier sind Perlokutionen die spezifischen, d. h. den illokutionären Zwecken zugeordneten Effekte. Und zwar:

  • muss jeder, der z. B. eine Mitteilung (= assertive Illokution) macht, damit rechnen, dass man ihm glaubt,
  • muss jeder, der z. B. ein Versprechen (= kommissive Illokution) abgibt, damit rechnen, dass nun erwartet wird, dass er es auch einhält,
  • muss jeder, der jemanden z. B. lobt (= expressive Illokution), damit rechnen, dass der Gelobte sich darüber freut,
  • muss jeder, der z. B. ein Schiff tauft (= deklarative Illokution), damit rechnen, dass man den Namen akzeptiert und es von nun an so nennt,
  • muss jeder, der einen anderen z. B. auffordert (= direktive Illokution) etwas zu tun, damit rechnen, dass der Aufgeforderte das, wozu er aufgefordert wurde, ausführen will und schließlich auch ausführt.

Solche Wirkungsaspekte sind von den illokutionären Zwecken jeweils konventional abgedeckt.

Zum kausalen Aspekt:

Hier geht es um die Frage, welchen perlokutionären Akt S (= SprecherIn) vollzogen und welchen perlokutionären Effekt S bei H (= HörerIn) erzielt hat. Im Deutschen existiert eine Vielzahl von Verben, mit denen auf diesen Aspekt Bezug genommen werden kann (beispielsweise überzeugen, überraschen, überreden).

Perlokutionäre Effekte lassen sich in drei Klassen aufteilen: epistemische (bei H wird ein Glaube o.ä. ausgelöst), motivationale (bei H wird eine Absicht ausgelöst) und emotionale (bei H wird eine Emotion ausgelöst). Jedenfalls ist dies das Ergebnis der Klassifizierungsarbeit von Staffeldt (2007).

Kritik

Nicht alle konventionellen Äußerungen, bzw. Sprechhandlungen können einwandfrei zu bestimmten illokutionären Klassen zugeordnet werden. So wird z.B. in der Literatur über eine Zuordnung des "Erlaubens" debattiert. Einerseits ist das Erlauben eine explizit perfomative Aussage, mit der der Adressat z.B. zur Nutzung eines Utensils legitimiert wird. Pragmatisch wird hier dem Adressaten ein größerer Handlungsspielraum gewährleistet, wohingegen dies als Kommissiva deutbar wird. Diese Ansicht vertritt Rolf in seinem Werk "Illokutionäre Kräfte".

Andererseits ist das Erlauben auch eine Handlungseinschränkung des Sprechers selbst. Durch eine Erlaubnis (z.B. ein Utensil zu nutzen) verzichtet der Sprecher auf ein Sanktionsrecht, bzw. verpflichtet sich zur Bereitstellung des Utensils. Damit wäre dies als Direktiva deutbar. Diese Ansicht vertritt Searle.

Damit ist erkennbar, dass die Sprechhandlung des Erlaubens weder prototypisch kommissiv, noch direktiv ist. Die einzige logische Schlussfolgerung hieraus wäre das Einbinden einer neuen Sprechaktklasse. Z.B. eine Legation, in der, nach Stärkegrad geordnet, (Auf)Forderung, Legalität, beliebige Nutzungsrechte gestaffelt gesammelt werden.

Problematisch sind auch die sog. illokutiven Indikatoren. Jene Indikatoren sprechen zwar deutlich auf eine Sprechaktklasse hin, beweisen sie jedoch nicht eindeutig.

Literatur

  • John Langshaw Austin: Zur Theorie der Sprechakte (How to do things with words), Reclam, Stuttgart 1972, ISBN 3-15-009396-1
  • Sven Staffeldt: Perlokutionäre Kräfte. Lexikalisierte Wirkungen sprachlicher Äußerungen im Deutschen, Lang, Frankfurt a.M. 2007
  • Sven Staffeldt: Einführung in die Sprechakttheorie. Ein Leitfaden für den akademischen Unterricht., Stauffenburg, Tübingen 2008, ISBN 978-3-86057-292-4

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Perlokution – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Perlokution — Per|lo|ku|ti|on 〈f. 20; Sprachw.; in der Sprechakttheorie〉 Wirkungsaspekt eines Sprechaktes; →a. Illokution, Lokution, Proposition [<lat. per „durch, für“ + locutio „das Reden, Redensart“, zu loqui „reden, sprechen“] * * * Perlokution   die, / …   Universal-Lexikon

  • Perlokution — Per|lo|ku|ti|on 〈f.; Gen.: , Pl.: en; Sprachw.〉 (in der Sprechakttheorie J. R. Searles) die Wirkung der Sprechhandlung auf die Gedanken, Gefühle u. nachfolgenden Handlungen des Kommunikationspartners [Etym.: <per… + lat. locutio »das Reden,… …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Perlokution — Per|lo|ku|ti|on die; , en <zu ↑per... u. ↑Lokution> Sprechhandlung, die eine Wirkung auf den Hörer ausübt, Konsequenzen für ihn, sein Verhalten hat (Sprachw.) …   Das große Fremdwörterbuch

  • J.L. Austin — John Langshaw Austin (* 26. März 1911 in Lancaster; † 8. Februar 1960 in Oxford) war englischer Philosoph und der Begründer der Sprechakttheorie. Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 2 Philosophische Ansichten 3 …   Deutsch Wikipedia

  • J. L. Austin — John Langshaw Austin (* 26. März 1911 in Lancaster; † 8. Februar 1960 in Oxford) war englischer Philosoph und der Begründer der Sprechakttheorie. Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 2 Philosophische Ansichten 3 …   Deutsch Wikipedia

  • John L. Austin — John Langshaw Austin (* 26. März 1911 in Lancaster; † 8. Februar 1960 in Oxford) war englischer Philosoph und der Begründer der Sprechakttheorie. Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 2 Philosophische Ansichten 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Assertiv — Die Sprechakttheorie, auch Sprechhandlungstheorie, basiert auf der von manchen Richtungen der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie nicht oder nicht genügend beachteten Tatsache, dass man mit sprachlichen Äußerungen (Reden) nicht nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Deklarativa — Die Sprechakttheorie, auch Sprechhandlungstheorie, basiert auf der von manchen Richtungen der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie nicht oder nicht genügend beachteten Tatsache, dass man mit sprachlichen Äußerungen (Reden) nicht nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Direktiva — Die Sprechakttheorie, auch Sprechhandlungstheorie, basiert auf der von manchen Richtungen der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie nicht oder nicht genügend beachteten Tatsache, dass man mit sprachlichen Äußerungen (Reden) nicht nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Expressiva — Die Sprechakttheorie, auch Sprechhandlungstheorie, basiert auf der von manchen Richtungen der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie nicht oder nicht genügend beachteten Tatsache, dass man mit sprachlichen Äußerungen (Reden) nicht nur… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”