Peter Wilhelm Forchhammer

Peter Wilhelm Forchhammer

Peter Wilhelm Forchhammer (* 23. Oktober 1801 in Husum; † 8. Januar 1894 in Kiel) war ein deutscher klassischer Philologe, Archäologe und liberaler Politiker.

Peter Wilhelm Forchhammer

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Beruf

Der Vater war Lehrer und später Schulrektor, nach dessen frühen Tod 1810 wurde Peter Wilhelm Forchhammer auf dem Hof eines Verwandten zusammen mit dessen Söhnen durch einen Hauslehrer erzogen. Später kam er nach einem Schulbesuch in Tondern auf das Gymnasium nach Lübeck. Von 1821 an widmete er sich „classischen Studien“ in Kiel, später ging er zeitweilige nach Leipzig. Nach einem kurzen Aufenthalt in Kopenhagen, wo sein Bruder Georg Forchhammer Geologieprofessor war, bereitete er sich in Kiel auf seine Promotion vor und war daneben als Hauslehrer tätig. Im Jahr 1828 wurde er promoviert und bereits ein Jahr später habilitiert. Zunächst arbeitete er in Kiel als Privatdozent. Im Jahr 1836 wurde er zum außerordentlichen und 1842 zum ordentlichen Professor ernannt. Er war neben Otto Jahn der erste, der in Kiel archäologische Lehrveranstaltungen anbot.

Wissenschaftliches Werk

In den Jahren 1830 bis 1834 sowie von 1838 bis 1840 unternahm Forchhammer Forschungsreisen in den Mittelmeerraum. Dabei verfestigten sich bei ihm die Erkenntnis, dass das Studium der Sprache und Schriften von Griechen und Römern nicht ausreichen würde. Hinzu kommen müsse die Beschäftigung mit Bildwerken und Monumenten, aber auch mit der Geographie und dem Klima.

Waren frühere Schriften Forchhammers rein geschichtlich oder antiquarisch ausgerichtet, versuchte er seit seinen Reisen auch die Topographie, Mythologie und Archäologie zu berücksichtigen. So entstand 1841 die Topographie von Athen. Im Jahr 1850 schuf er zusammen mit dem späteren britischen Vizeadmiral Thomas Abel Spratt eine Karte der Ebene von Troja und versah diese mit Anmerkungen.[1] Seine wichtigste, der Mythologie gewidmete Schrift erschien 1837 „Hellenika. Griechenland im neuen das alte.“ In diesem Buch legte er eine Theorie zur Entstehung der griechischen Mythen vor. Auch darin spielen klimatische und geographische Aspekte eine zentrale Rolle. Das „Bleibende“ und „Uralte“ waren für Forchhammer prägende kulturelle Elemente. Es folgten zahlreiche ähnliche Arbeiten. So beschäftigte er sich mit den Sagen um Troja oder der Gründung Roms. Auch wenn spätere Autoren seine Theorien kritisierten, haben sie die Wissenschaft belebt. Forchhammer selbst hielt unbeirrt an ihnen fest. Auch sein letztes Werk „Homer, seine Sprache und die Kampfplätze der Götter und Heroen. Ein letztes Wort zur Erklärung der Ilias“ von 1893 war auf Basis seiner Theorien verfasst.

Aufsehen erregte er 1837 mit seinem Buch „Die Athener und Sokrates. Die Gesetzlichen und der Revolutionär.“ Während fast alle übrigen Wissenschaftler für Sokrates Partei ergriffen hatten, interpretierte er das Verhalten der Athener gesetzmäßig und das Todesurteil als gerecht.

Auch im Bereich der klassischen Philologie hat Forchhammer intensiv gearbeitet. So hat er 1864 ein umfangreiches Werk über Aristoteles vorgelegt.

Forchhammer versuchte über den Kreis der Wissenschaftler hinaus, Interesse für die Altertumswissenschaftler zu wecken. 1842 gründete er ein Museum für Gipsabdrücke klassischer Kunstwerke in Kiel, dessen langjähriger Leiter er war.

Politisches Wirken

Zeitlebens hat sich Forchhammer politisch im liberalen Sinne betätigt. Auch der Nationalbewegung war er verbunden. So war er 1844 einer der Gründer des „Ersten Kieler Männerturnverein.“ Mit dem Rückgriff auf Aristoteles hat er in seinem Demokratenbüchlein von 1849 versucht, „veredelnd“ auf die politischen Anschauungen einzuwirken. Die Revolution von 1848 hat er ausdrücklich begrüßt, gleichzeitig sprach er sich aber für eine Mäßigung im Vorgehen aus. Insbesondere stritt Forchhammer für die Unabhängigkeit von Schleswig und Holstein. Die nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1863 und dem Deutschen Krieg von 1866 erfolgte Eingliederung der beiden Herzogtümer an Preußen hat er zunächst abgelehnt. Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs akzeptierte er diese Entwicklung. Von 1867 bis 1873 gehörte er als Liberaler (linkes Zentrum) dem preußischen Abgeordnetenhaus an. Zwischen 1870 und 1873 war er Reichstagsmitglied.[2] Seit 1876 vertrat Forchhammer dann die Universität Kiel im preußischen Herrenhaus.

Erst 1872 heiratete Forchhammer die Tochter seines Jugendfreundes Wilhelm Olshausen.

Werke

Wissenschaftliche Arbeiten

  • Die Athener und Sokrates : die Gesetzlichen und der Revolutionär. Nicolai, Berlin 1837 (Digitalisat)
  • Hellenika: Griechenland, im neuen das alte. Mit einer Kupfertafel u. einer Karte von Böotien. Nicolai, Berlin 1837 (Digitalisat)
  • Topographie von Athen. Schwer, Kiel 1841
  • Aristoteles und die exoterischen Reden. Homann, Kiel 1864
  • Die Gründung Roms. C. F. Mohr, Kiel 1868
  • Ueber Reinheit der Baukunst auf Grund des Ursprungs der vier Haupt-Baustyle. 2. vermehrte Ausgabe, Homann, Kiel 1875
  • Erklärung der Ilias auf Grund der in der beigegebenen Originalkarte von Spratt und Forchhammer dargestellten topischen und physischen Eigenthümlichkeiten der troischen Ebene. Ein Beitrag zur Erledigung der homerischen Frage. 2., unveränd. Auflage, Lipsius & Tischer, Kiel 1888
  • Prolegomena zur Mythologie als Wissenschaft und Lexikon der Mythensprache. Haeseler, Kiel 1891
  • Homer : seine Sprache, die Kampfplätze seiner Heroen und Götter in der Troas; ein letztes Wort zu Erklärung der Ilias. Tischer, Kiel 1893

Politische Schriften

  • Demokraten-Büchlein. Nicolai, Berlin 1849
  • Zustände Schleswig-Holstein's geschildert in einigen Actenstücken. Brönner, Frankfurt a.M. 1850
  • Bundesstaat und Einheitsstaat. Akad. Buchh., Kiel 1866

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dietrich Willers: Troja und die Troas
  2. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages. I. Legislatur-Periode, II. Session 1871. 1. Band, Berlin 1871, S. XIV (Digitalisat). Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages. I. Legislatur-Periode, III. Session 1872. 1. Band, Berlin 1872, S. XV (Digitalisat). Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages. I. Legislatur-Periode, IV. Session 1873. 1. Band, Berlin 1873, S. XIV (Digitalisat)

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