Petersberg (Rheinhessen)

Petersberg (Rheinhessen)

pd1

Petersberg
Petersberg, im Vordergrund die Simultankirche in Bechtolsheim

Petersberg, im Vordergrund die Simultankirche in Bechtolsheim

Höhe 246 m ü. NN
Lage Landkreis Alzey-Worms, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Gebirge Rheinhessisches Hügelland
Dominanz 5 km → Hornberg südöstlich von Framersheim
Schartenhöhe 80 m ↓ Bornweidefd3
Geographische Lage 49° 47′ 42″ N, 8° 12′ 18″ O49.7958.205246Koordinaten: 49° 47′ 42″ N, 8° 12′ 18″ O
Petersberg (Rheinhessen) (Rheinland-Pfalz)
Petersberg (Rheinhessen)
Typ Zeugenberg
Gestein Mergel
Erschließung Weinbau seit 850 an den Südhängen
Besonderheiten Namensgeber für eine Deutsche Weingroßlage

Der Petersberg in Rheinhessen ist eine zwischen Gau-Odernheim und Bechtolsheim gelegene Hügelkuppe mit 246 m ü. NN. Es handelt sich um einen aus Erosion des Mainzer Beckens entstandenen Zeugenberg.[1]

Er ist mit Wein bewachsen und gewährt von seiner Spitze einen weiten Blick über das Rheinhessische Hügelland. Auf dem Gipfel befinden sich die Ruine der Umfassungsmauer einer dreischiffigen Basilika aus dem 10. Jahrhundert, die dem namensgebenden Apostel Petrus geweiht war sowie Reste der Krypta aus dem 12. Jahrhundert.[2]

Am südlichen Fuße auf Gau-Odernheimer Gemarkungsseite des Petersberges befindet sich die größte Ansammlung von Wildtulpen nördlich der Alpen. Im Bereich der Bechtolsheimer Gemarkung (nördlich) entspringt das Engelborner Brünnelche, das nach ca. einem Kilometer in die Selz mündet.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Umgebung

Aussicht

Im Norden sind das 18,7 Kilometer entfernte Verwaltungsgebäude des ZDF und die weiteren Hochhäuser auf dem Mainzer Lerchenberg zu erkennen. Bei sehr guten Sichtverhätnissen reicht der Blick nach Nordosten zur knapp 50 Kilometer entfernten Frankfurter Skyline und dem Großen Feldberg im Taunus. Das Kernkraftwerk Biblis ist in 18 Kilometern Entfernung vor den Höhenzügen des Odenwaldes im Südosten zu sehen. Im Südwesten beherrscht der etwa 28 Kilometer entfernte Donnersberg mit der Sendeanlage des SWR das Panorama.

Die Aussicht beschrieb auch schon 1883 der Gau-Odernheimer Pfarrer Gredy:

„Wer eine herrliche Aussicht genießen will, der besteige den Petersberg. Wer sich die Mühe macht von 20 bis 25 Minuten lang bergauf zu steigen, wird bei schönem Wetter reichlich belohnt dafür. Der Berg hat eine Höhe von 246 Meter über der Meeresfläche und etwa 110 Meter über der am Fuße des Berges dahinfließender Selz. Und wenn du nun dastehst, auf dem spitzen Kegel des Petersberges und bewunderst die Schönheit der vor deinen Augen ausgebreiteten Natur und den Reichtum der hessischen Rheinpfalz, so wisse:
Du stehst auf einem heiligen Boden.
Heute sind auf der Spitze des Petersberges noch Reste einer Kapelle zu sehen. Diese Kapelle wird in Urkunden erstmals 1184 erwähnt. In einer weiteren Urkunde von 1289 verfügt darin König Rudolf von Habsburg an die Stadt Odernheim, dass die zwei Jahrmärkte, welche alljährlich auf dem Petersberg im Schatten der Kapelle an den Festen Peter und Paul abgehalten werden, in Zukunft in der Stadt Odernheim abgehalten werden sollen, weil der Berg so hoch und so beschwerlich zu besteigen ist. Die Kapelle verfiel immer mehr, im Jahr 1763 wurden auf der Spitze des Berges von Bechtolsheimer und Gau-Odernheimer Bürger/innen ein großes Steinkreuz errichtet. Dieses wurde infolge eines Gelübdes nach einer Viehseuche dort aufgestellt.
Der Umstand, dass der Berg dem Heiligen Petrus geweiht ist, deutet, wenn auch nur schwach, auf eine sehr frühzeitige Verehrung Gottes und seines größten Apostels hin.
Es ist davon auszugehen, dass schon in vorchristlicher, keltischer Zeit, der Petersberg ein Ort religiöser Verehrung war - ähnlich wie der Donnersberg.
Seit vielen Jahren wird bei schönem Wetter, am Himmelsfahrtstag, auf dem Berg ein evangelischer Gottesdienst gefeiert.“

Pfarrer Gredy: Geschichte von Gau-Odernheim, 1883[3]

Höhe und Beschaffenheit

Mit seinen 246 m ü. NN. gehört er zwar noch nicht einmal zu den Top-10 der Erhebungen in Rheinhessen (Höchster Berg ist der Kappelberg mit 358 m), dennoch steht auf seinem Gipfel ein Stein auf dem steht, dass der Petersberg der höchste Berg in Rheinhessen ist.

Der Petersberg hat eine fast mergelige Entwicklung hinter sich. Vom Liegenden zum Hangenden sind folgende Schichten vorhanden: Ab 142 m ein gelblichbrauner Sand in Wechsellagerung mit gelblichgrünen bis olivgrünen Mergeln. Diese Folge reicht bis zur 211 m Höhenlinie. Bei 211 m NN beginnt der Cyrenenmergel, eine Wechselfolge grau gefärbter, feinkörniger Sande mit graubläulichen bis blauen Mergeln, die bis zu 228,5 m NN zu verfolgen ist. Oberhalb 228,5 m folgen ähnliche, z.T. grünlich und rötlich gefärbte Mergel, die nach mikrofaunistischen Untersuchungsergebnissen als Süßwasserschichten anzusprechen sind. Sie bauen den obersten Teil des Petersberg bis 246 m auf.[4]

Weingroßlage

Der Petersberg ist zugleich Namensgeber einer Großlage im Bereich Nierstein im Weinanbaugebiet Rheinhessen. Zu dieser Großlage gehören neben den unmittelbar am Petersberg liegenden Orte Bechtolsheim und Gau-Odernheim noch die Ortschaften Biebelnheim, Gau-Köngernheim, Framersheim, Gau-Heppenheim, Spiesheim und Albig.

Weinbau wird bereits seit 850 an den Südhängen betrieben.

Tourismus

Der Fernwanderweg Saar-Rhein-Main verläuft mit dem Wegzeichen Gelbes Kreuz über den Petersberg. Zusätzlich führt seit 2009 die ‚Alternativroute 1‘ des Rheinhessischen Jakobswegs von Bingen nach Worms über den Petersberg. Im gleichen Jahr veranstalteten die Winzer der beiden Anliegergemeinden erstmals jeweils eine eigene Weinbergswanderung. Seit dem findet immer an Christi Himmelfahrt die Weinwanderung der Gau-Odernheimer Winzer statt und die Bechtolsheimer Winzer laden an Pfingstmontag zu Ihrer Weinwanderung auf den Petersberg ein.

Auf Initiative der Verbandsgemeinde, in der die beiden Orte liegen, gab es im April 2010 eine Gründungsversammlung zur Interessengemeinschaft Petersberg. In dieser soll die Infrastruktur für Naherholung und die touristische Erschließung erweitert werden.[5][6]

Namensgeber

Der Petersberg ist Namensgeber für die Petersberghalle in Gau-Odernheim, den Schützenverein und die Katholischen Jugendgruppe in Bechtolsheim.

Geschichte

Die Kapelle auf dem Petersberg

Die Ruinenreste auf dem Petersberg wurden bei Ausgrabungsarbeiten 1877 entdeckt und erst 1947 komplett freigelegt.
Steinkreuz mit Wandermarkierung

Um das Jahr 1000 entstand eine romanische dreischiffige Basilika auf dem Gipfel des Petersbergs, welche dem Heiligen Petrus geweiht war. Das mittlere Kirchenschiff maß 5,7 Meter in der Breite, die beiden Seitenschiffe lediglich 4 Meter. Unterhalb des Chores war eine Krypta angelegt. Die Gesamtlänge der Kapelle betrug 26 m, die Breite 15 m. Auf dem Dach befand sich ein kleiner Dachreiter mit zwei Glocken.

Ludwig von Arnstein erwarb 1146 die Kapelle und Ländereien in der Gemarkung Gommersheim bei Odernheim. Dort gründete er ein Prämonstratenserinnenkloster. 1184 erwarb Werner von Bolanden das Kloster Gommersheim[7]. Die Kapelle auf dem Petersberg, die mittlerweile durch Bechtolsheim annektiert worden war, wurde zurückgeholt. 1289 wurden die bisher auf dem Petersberg durchgeführten Jahrmärkte zu Peter und Paul (29. Juni) und Peter in Ketten (1. August) in die Stadt Odernheim verlegt. Trotz des Bedeutungsverlustes wurden weiterhin Stiftungen zugunsten der Peterskapelle getätigt. Ein vom Kloster ernannter Propst verwaltete die Kirche und ihre nicht unerheblichen Besitztümer.

1566 wurde infolge von Plünderungen im Zuge der Reformation die Propstei Petersberg aufgelöst und an die Stadt Odernheim verkauft. Diese verpflichtete sich zur Unterhaltung der Kapelle. Bis 1614 wurden noch Reparaturen durchgeführt, während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kapelle jedoch zerstört und nachfolgend als Steinbruch für die umliegenden Dörfer genutzt.

1772 wurde über der Apsis der Krypta ein steinernes Kreuz durch Odernheimer und Bechtolsheimer Bürger errichtet. Dies erfolgte aufgrund eines Gelübdes, da 1763 eine Viehseuche die Region heimsuchte, aber nach einer Bittprozession Odernheim und Bechtolsheim verschonte. Dieses Kreuz wurde zwar während der französischen Besetzung nach 1792 zerstört, jedoch wurden noch jahrzehntelang Bittprozessionen auf den Gipfel durchgeführt.

1877 begleitete der katholische Pfarrer Heinrich Gredy aus Odernheim eine erste Ausgrabung auf dem Petersberg.[8] 1947 erfolgte eine erneute intensive Ausgrabung der Krypta und der Grundmauern durch Friedrich Behn und Archäologiestudenten der Uni Mainz, welche zahlreiche Hinweise auf Alter und Abmessungen der Kapelle lieferte.

Jüdischer Friedhof

Blick vom Eingangstor auf den Jüdischen Friedhof

An der ersten Anhöhe zum Petersberg zwischen Gau-Odernheim und Bechtolsheim dem sogenannten Scharlenberg befindet sich auf Gau-Odernheimer Gemarkung der 1848 angelegte Jüdische Friedhof mit einer Fläche von 10,8 Ar. Auf dem die Verstorbenen der beiden jüdischen Gemeinden beigesetzt worden sind und von denen noch gut 50 Grabsteine erhalten sind. Von einer Friedhofschändung wird erstmals 1935 berichtet.[9]

Literatur

  • Friedrich Behn: Ausgrabungen auf dem Petersberg, in:
    • Jb Bistum Mainz 3, 1948, Seite 334–336
    • Mainzer Zeitschrift 41/43, 1948, S. 52–59 (Sonderdruck) mit 15 Abbildungen
  • Die Geschichte von Gau-Odernheim. Hrsg. von der Gemeinde Gau-Odernheim. 5 Bände. Krach, Mainz 1954ff.
    • Band 1. H. Gredy: Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt „Odernheim“. Mit einer Ansicht von Odernheim nach Merian u.d. alten städt. Siegeln. Aus mehreren 100 bisher unbekannten Urkunden u. Schriftstücken u. einigen bekannten zsgest. Krach, Mainz 1954.
  • Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler – Kreis Alzey-Worms, Hrsg. Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz, Stand: 15. Januar 2009, S. 23
  • Manutschehr Mehrnusch: Die Grenze Schleichsand/Cyrenenmergel <Mittel/Oberoligozän> am Kloppberg und am Petersberg, Mainz, 1964
  • Ariyapala Gunawardena: Das Tertiär zwischen Hillesheim und Gau-Odernheim (südl. Rheinhessen): mit besonderer Berücksichtigung der Mikrofauna des Schleichsandes

Einzelnachweise

  1. Petersberg auf regionalgeschichte.net
  2. Basilika auf dem Petersberg auf regionalgeschichte.net
  3. Der Petersberg - unser Hausberg abgerufen am 6. April 2009
  4. Manutschehr Mehrnusch, Auszug aus der Dissertation
  5. Gründungsveranstaltung der „Interessengemeinschaft Petersberg“ – Am 19. April 2010 in der Petersberghalle Gau-Odernheim
  6. Kritisches Auge auf die Infrastruktur – IG PETERSBERG Interessengemeinschaft unter Dach und Fach in der Rhein Main Presse vom 21. April 2010
  7. Reiseführer des Prämonstratenser-ordens zu den heutigen und ehemaligen Klöstern im deutschen Sprachgebiet: Gommersheim in Gau-Odernheim
  8. Heinrich Gredy, Geschichte von Gau-Odernheim, Band I
  9. Jüdischer Friedhof in Gau-Odernheim auf alemannia-judaica.de

Weblinks

 Commons: Petersberg (Rheinhessen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Petersberg von Gau-Odernheim aus gesehen. Rechts kann man den markanten Glockenturm der Gau-Odernheimer Simultankirche St. Rufus erkennen.



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