Atterseeschiffahrt

Atterseeschiffahrt
MS Stadt Vöcklabruck vor dem Anlegen in Weißenbach
Blick vom Heck der MS Stadt Vöcklabruck auf das Ostufer des Attersees

Dieser Artikel behandelt die Geschichte der kommerziellen Schifffahrt auf dem Attersee – dem größten österreichischen Binnensee – die sich bis ins Jahr 1869 zurückverfolgen lässt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Gründung der ersten konzessionierten Attersee-Dampfschifffahrt

Im Jahr 1869 gründet Graf Khevenhüller-Frankenburg, Besitzer der Herrschaft Kammer, den ersten Schifffahrtsbetrieb auf dem Attersee. Schon im Februar 1869 stellt er den von der Linzer Ignaz-Mayer-Werft gebauten und etwas über 15 m langen Schraubendampfer Ida in Dienst. Ihm folgt im Jahr 1870 der Schaufelraddampfer Attersee und im Jahr 1872 der ähnliche Schaufelraddampfer Kammer. Im selben Jahr verkauft Graf Khevenhüller auch die Ida wieder wegen zu geringer Leistung der englischen Dampfmaschine an einen Schifffahrtsbetrieb auf dem Mondsee.

Die Dampfschiffe dienen nicht nur dem Personenverkehr, sondern befördern auch Stückgut und dienen als Schleppdampfer für die antriebslosen Plätten der Seefrächter. Während die Attersee befriedigt, erweist sich die Kammer als sehr labil und kann nie voll ausgefahren werden.

Im Jahr 1887 erlischt der Mannesstamm der Khevenhüller-Frankenburg. Die Schifffahrt übernimmt Ida v. Horvath von der weiblichen Seitenlinie des gräflichen Geschlechts. Diese muss sie jedoch bald darauf wegen erheblicher Schulden an den Wiener Seidenhändler Ferdinand Peratoner verkaufen. Der neue Schifffahrtsbesitzer übernimmt beide Dampfschiffe, gibt ihnen jedoch als kaisertreuer Bürger neue Namen aus dem Geschlecht der Habsburger. Das DS Attersee heißt nun Franz Ferdinand, das DS Kammer nun Alma. Schließlich beschafft Peratoner im Jahr 1894 noch einen Schraubendampfer, dem er den Namen Hubert Salvator gibt. Dieser muss zu Beginn des ersten Weltkriegs wegen des zu hohen Kohlenverbrauchs außer Dienst genommen werden. Der Rumpf erweist sich aber als langlebig. Er wird 1924 an die Kalkwerke am Traunsee verkauft, erhält dort 1934 einen Dieselmotor und ist bis zur Schließung der Kalkwerke im Jahr 1968 als Kalktransportschiff im Einsatz. Danach erwirbt ihn der Seefrächter Enichlmayer, der erst 1978 das Schiff abwrackt.

Die Gründung der Elektro-Schifffahrtsunternehmung am Attersee

Bald tritt die Konkurrenz auf den Plan. Die in Gmunden am Traunsee ansässige Firma Stern & Hafferl baut nicht nur schmalspurige Lokalbahnen im Salzkammergut (LB Attersee-Vöcklamarkt, Vorchdorf-Gmunden, Gmundner Straßenbahn), sondern steigt auch in das Schifffahrtsgeschäft ein. Sie gründet im Winter 1912/1913 ein eigenes Elektroschifffahrtsunternehmen und beschafft dafür bei der angesehenen deutschen Werft Lürssen in Vegesak zwei Elektroboote, mit denen sie im Sommer 1913 den Betrieb aufnimmt. Während das eine Elektroboot bis zu seiner Ausmusterung den Namen Attergau behält, trägt das zweite im Laufe seines Lebens vier Namen. Zunächst als Baron Handel bezeichnet, heißt es ab 1920 wegen Abschaffung der Adelstitel nur mehr Handel. Nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich wird es aus politischen Gründen in Heimatgau umbenannt. Nach dem Kriegsende 1945 wechselt es erneut den Namen. Es heißt nun bis zu seinem Ausscheiden Burgau.

Das Ende der ersten konzessionierten Attersee-Dampfschifffahrt

Landungsplatz in Kammer am Attersee vor 1900

Ab 1914 verschlechtert sich die Wirtschaftlichkeit der Dampfschifffahrt immer stärker. Die Kohlenpreise steigen an. Die Seefrächter motorisieren ihre Plätten, was zum Ende des Schleppens der bis dahin antriebslosen Plätten durch die Dampfer fuhrt. Auch Teile des Stückgutverkehrs wandern durch die zunehmende Zahl von Lastwagen auf die Straße ab. Schließlich macht sich die Konkurrenz der Elektroschifffahrt immer stärker bemerkbar. Im Jahr 1916 stirbt der Schifffahrtseigner Peratoner. Die Dampfschifffahrt wird nun von seinen beiden Töchtern weitergeführt. Um wirtschaftlicher fahren zu können und der Konkurrenz Paroli zu bieten, werden zwei Benzinmotorboote angeschafft. Mit der für nur 20 Personen zugelassenen Möve wird im oberen Seebecken ein Dreiecksverkehr Kammer-Litzlberg-Attersee-Weyregg-Kammer eingeführt. Die Weissenbach, die neben 30 Personen auch etwas Stückgut und Post befordern kann, besorgt im Winter den Liniendienst. Beide Motorboote bewähren sich nicht und fahren nur eine Saison. Nach dem Ende der Monarchie erfahrt der früher als Attersee und dann als Franz Ferdinand bezeichnete Schaufelraddampfer seine dritte Umbenennung. Der Name des Habsburger Erzherzogs ist nun nicht mehr erwünscht, das Schiff wird auf Forderung des Arbeiterrates in Unterach umgetauft. Nach Kriegsende kauft ein dubioser rumänischer Händler gemeinsam mit dem Traunseedampfschiff Sophie die Alma. Er lässt die Maschinen der beiden Schiffe sofort abtransportieren. Die Schiffsrümpfe sollten am Wasserweg nach Linz gebracht um dort übergeben zu werden, wo der Käufer dann auch den Kaufpreis begleichen wollte. Doch erweist sich der Transport auf dem Wasserweg unmöglich, so dass sowohl die Attersee- wie auch die Traunsee- Schifffahrtsgesellschaft kein Geld erhält, sondern auf den Rümpfen „sitzen“ bleibt. Man ist einem Betrüger aufgesessen, die Alma steht ohne Maschinen in Kammer und muss abgebrochen werden. 1921 kauft der mährische Industrielle Rudolf Randa, der sich auch in Oberösterreich betätigen will, von den beiden Peratonertöchtern die Dampfschifffahrt mit dem einen noch vorhandenen Dampfer Unterach und die Liegenschaft in Kammer. Um noch ein zweites Schiff zur Verfügung zu haben, mietet er im Jahr 1921 zunächst vom Traunsee den Schraubendampfer Maria Valerie und setzt ihn als erstes Schiff mit Stahlrumpf am Attersee als Valierie ein. Wenig später kauft er das Schiff. Doch steigt die Wirtschaftlichkeit nicht im erwarteten Umfang, macht sich die Konkurrenz der Elektroboote immer stärker bemerkbar.

Wenig glückliche Jahre der Elektroschifffahrt

Auch Stern & Hafferl will ein weiteres Schiff. Die Firma erwirbt einen alten verrosteten kleinen Schraubendampfer für 25 Personen. Aus der unteren Save stammend ist er im Verlauf der Kriegswirren nach Österreich gekommen. Seine Instandsetzung erfolgt in der Stern-&-Hafferl-Werkstätte Gmunden. Im Jahr 1923 wird er als DS Burgau in Betrieb gesetzt. Wegen der großen Rauchentwicklung und des Funkenflugs erhält er sehr rasch von den Bewohnern der Seeorte den Spitznamen „Feuerspeiender Berg“. Doch schon nach wenigen Monaten Dienst muss er wegen schwerer Rohrbrüche und Kesselschäden verschrottet werden.

Ein großes Unglück der Elektroschifffahrt ereignet sich im Frühjahr 1922. Nach der Firmung bricht in Unterach der Landungssteg unter der Last der wartenden Fahrgäste, vor allem Firmlinge und deren Angehörige, zusammen. Drei Tote und viele Verletzte sind zu beklagen.

Ein zweiter tragischer Unfall ereignet sich am 17. September 1923. Nach durchzechter Nacht schläft der Matrose in der Toilette und der Schiffsführer im Steuerhaus eines Elektrobootes ein. Führerlos prallt das Schiff mit voller Wucht gegen die Insel Litzlberg. Während der Schiffsführer den Schaden von Land aus besichtigt, packt den Matrosen das heulende Elend. Er schneidet sich die Kehle durch und stirbt. Dem einzigen Fahrgast geschieht nichts.

Die Fusion der beiden Unternehmen

Neben diesen unerfreulichen Vorkommnissen ist im Jahr 1923 aber auch ein erfreuliches Ereignis zu verzeichnen. Ing. Stern gelingt es, mit Herrn Randa einen Kaufvertrag bezüglich der Dampfschifffahrt abzuschließen. Die Unterach und die Valerie gehen schon im Sommer 1923, die Liegenschaft im Februar 1924 in den Besitz von Stern & Hafferl über. Die Villa des bisherigen Besitzers mit der darin eingerichteten Schlosserwerkstätte verbleibt in dessen Besitz.

Die ruhige Zeit bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs

Die Konkurrenzsituation mit ihren negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ist nun beendet. Das Dampfschiff Valerie wird allerdings recht klapprig und hat einen außerordentlich hohen Kohlenverbrauch. Deshalb stellt Stern & Hafferl das Schiff 1928 außer Dienst, holt es in Attersee auf Land und verkauft den Kessel und die Maschine an einen Altwarenhändler. Der geplante Einbau eines Holzgasmotors erweist sich jedoch als nicht realisierbar. Da der Schiffskörper nicht gegen Rost geschützt ist, muss er schließlich anfangs der 30-er Jahre ebenfalls an einen Alteisenhändler verkauft werden. Dieser bezahlt jedoch nie, weil er vor Abholung der letzten Fuhre Schrott in Konkurs geht.

Als Ersatz kommt 1929 ein kleiner Mahagonie-Bootskörper auf den Attersee. Stern & Hafferl hatte vor dem ersten Weltkrieg auf dem ebenfalls in Österreich gelegenen Wallersee eine Schifffahrt eröffnet und dort das neuen Elektroboot mit dem Namen „Wallersee“ eingesetzt. Der Betrieb wurde bei Kriegsbeginn eingestellt und nach dem Kriegsende nicht mehr wieder aufgenommen. Die Wallersee erhält nun in Attersee einen Dieselmotor eingebaut und kommt als Attersee in Fahrt. Die Vibrationen des Dieselmotors tun aber dem für einen ruhigen Elektroantrieb gebauten Schiffskörper nicht sehr gut und führen zu einer „rumpligen“ Fahrweise. Deshalb steht das Motorboot nur von 1929 bis 1932 (oder 1934?) in Betrieb. Dann zerspringt der Motorblock. Das Boot wird aus dem Wasser gehoben und zunächst in der Schiffshütte, nach dem Eintreffen der neuen Hochlecken später im Freien an Land abgestellt. Im Jahr 1947 erwirbt Karl Eder vom Traunsee den Rumpf, baut ihn zur „Erika“ um und beginnt damit einen neuen Schifffahrtsbetrieb. Die Beförderungszahlen steigen im Lauf der Jahrzehnte kontinuierlich an. Wurden 1913 von der Elektroschifffahrt noch rund 28.000 Personen befördert, benutzten 1937 bereits 46.000 Fahrgäste die Schiffe am Attersee. Nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich im Jahr 1938 nimmt die Fahrgastfrequenz schlagartig zu. Durch die Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) kommen zahlreiche Urlauber aus dem „Altreich“ in die „Ostmark“. Schon 1939 sind mehr als 100.000 Fahrgäste zu befördern. Deshalb bestellt Stern & Hafferl bei der Bodan-Werft in Kressbronn ein neues Schiff vom Typ Munot der Schweizerischen Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein und leistete sofort eine Anzahlung. Der Bau muss jedoch nach Kriegsausbruch eingestellt werden. Erst einige Jahre nach dem Kriegsende erhält Stern & Hafferl die Anzahlung in Form von Materialien zurück.

Die Kriegs- und Nachkriegszeit

Auch nach Kriegsbeginn ist die Schifffahrt voll ausgelastet und ein weiteres Schiff dringend erforderlich. Nachdem der bestellte Neubau nicht geliefert werden kann, erwirbt Stern & Hafferl vom Schiffunternehmer Rudolf Ippisch das damals kleinste Traunsee-Schiff (60 Personen), das Elektroboot „Traunstein“. Es kommt am 29. September 1941 nach Attersee, wird als Hochlecken in Betrieb genommen und erhält in der Schiffshütte den Platz der Attersee.

Da der Platz in Attersee zum Aufziehen der Schiffe auf Land enger begrenzt ist und vor allem der Dampfer Unterach dort nicht an Land genommen werden kann, kauft das Unternehmen 1941 dafür vom Besitzer des Schlosses Kammer ein Seegrundstück in Kammerl.

Die Benutzung der Schifffahrt ändert sich in den Kriegsjahren grundlegend. Bis zum Kriegsbeginn waren es neben den Einheimischen vor allem die Urlauber und Ausflügler, die das Schiff benutzten. Befordert wurde auch die Post und in geringem Umfang auch noch etwas Fracht. Dementsprechend lief der Verkehrsstrom am Vormittag von der Eisenbahnstation Kammer- Bahnverbindung in die Ballungszentren der Städte Salzburg, Linz und Wien -nach Unterach (also vom Norden nach Süden) und am Nachmittag umgekehrt von Unterach nach Attersee (von Süden nach Norden). Nun ändert sich der Verkehrsstrom. In Lenzing entsteht eine neue Zellwollfabrik, zu der nun Menschen aus dem Attersee-Gebiet zur Arbeit fahren. Ja sogar in den kriegswichtigen Stahlwerken "Hermann Göring" in Linz sind Menschen aus dem Atterseegebiet tätig. Viele fahren nun auch zur Berufsausübung oder zur Erledigung von Angelegenheiten in den Dienststellen der öffentlichen Verwaltung in die Bezirkshauptstadt Vöcklabruck. Nachdem der Autoverkehr durch den Krieg fast zum Erliegen gekommen ist, liegt nun das Hauptgewicht der Personenbeforderung bei der Schifffahrt. Dadurch geht der Hauptverkehrsstrom nun am Vormittag von Süden nach Norden und am Abend umgekehrt vom Norden nach Süden.

Benötigt wird jetzt neben dem morgendlichen Postschiff nach Unterach und dessen abendlicher Rückkehr nach Kammer zusätzlich ein Frühschiff ab 5:00 von Unterach zur Eisenbahnstation Kammer und ein Abendschiff ab Kammer gegen 18:00 nach Unterach. Dies erfordert insbesondere im Herbst, Winter und Frühjahr ein Fahren nach Kompass. Wegen der Gefahr von Fliegerangriffen muss ohne Beleuchtung gefahren werden und auch am Ufer sind alle Fenster der Häuser verdunkelt. Außerdem erfordert es tägliche nächtliche Leerfahrten zwischen Unterach und Attersee, um die Elektroboote in Attersee wieder aufladen zu können. Die Fahrgastfrequenz liegt im Jahr 1942 bei rund 200.000, im Jahr 1944 schon bei 343.000 beforderten Personen. Der Einmarsch der Amerikaner kurz vor dem Kriegsende in das Atterseegebiet führt zur Einstellung der Schifffahrt im Frühjahr 1945. Die Soldaten benützen die Elektroboote zu ihrem Vergnügen zunächst allein. Später darf ein Schiffsmann mitfahren, um größere Schäden zu verhindern. Auch den Dampfer setzen sie ein.

Im Juli 1945 wird der ordentliche Betrieb wieder aufgenommen. Im letzten Kriegsjahr und nach dem Kriegsende erhöht sich die Bevölkerungszahl im Atterseegebiet unnatürlich stark durch den Zuzug der sogenannten Displaced Persons, sowie von entlassenen Wehrmachtsangehörigen und ausgebombten Bewohnern aus den Städten Oberösterreichs, Salzburgs und Wiens. Viele von ihnen fahren zur Arbeit in die Stadt und nach Lenzing oder zu den Behörden in die Bezirkshauptstadt. So erreichen die Beforderungszahlen im Jahr 1945 die seither nie mehr erreichte Spitze von 425.000 Fahrgästen, also rund 1200 pro Tag.

Die Modernisierung der Schiffe

Als erstes Schiff unterzieht Stern & Hafferl den zwischenzeitlich mehr als 75 Jahre alt gewordenen Dampfer Unterach im Jahr 1946 einem Totalumbau. Geblieben ist in der ursprünglichen Form nur die Schale. Maschine und Kessel erhielten eine Generalüberholung, mehr gedeckte Innenräume, ein gedecktes Steuerhaus und eine Heizung für den Winterbetrieb. Immer mehr verschlechtert sich in dieser Zeit auch der Zustand der Batterien der nunmehr auch schon mehr als 30 Jahren alten Elektroboote. Deshalb bemüht man sich zunächst, die nächtlichen Leerfahrten zwischen Unterach und Attersee zu vermeiden und lädt die Batterien des Abendschiffs in der Nacht in Unterach an der Oberleitung der dortigen Straßenbahn auf. Im Winter 1949/1950 nimmt man dann den Umbau des Elektrobootes Attergau in ein Motorschiff in Angriff. Die Firma Stern & Hafferl hat nach Kriegsende von den Amerikanern für ein geplantes neues Schiff zwei Sechs-Zylinder-DieseImotoren mit Wendegetriebe und PropeIler-Rohlingen gekauft. Eines dieser Aggregate baut man nun in die Attergau als Ersatz der zusammengebrochenen Batterien ein. Damit löst sich für dieses Schiff nicht nur das Batterienproblem, sondern es erhöht sich auch die Geschwindigkeit von 13 km/h auf 21 km/h. Im übrigen erfahren auch das Steuerhaus und die Aufbauten geringfügige Veränderungen.

Nachdem im Winter 1951/1952 die Batterien der Hochlecken zusammenbrechen, baut man auch in dieses Schiff einen gebraucht gekauften Dieselmotor ein, nachdem ein neuer Motor zum damaligen Zeitpunkt nicht zu bekommen war.

Im Sommer 1954 erfolgt ein weiterer Umbau des Dampfers Unterach. Den Kessel und die Maschine ersetzt man durch den Einbau des zweiten, seinerzeit von den Amerikanern gekauften Dieselmotors. Unter Verwendung von zwei aus einer aufgelassenen Gleichrichterstation stammenden Generatoren, von zwei aus einem abgebrochenen elektrischen Triebwagen stammenden Fahrmotoren mit einem der dazu gehörigen elektrischen Triebfahrzeugfahrschalter und einer Solenoidbremse aus einem alten Straßenbahnbeiwagen sowie einer neu beschafften Untersetzung für die Schaufelradwelle entsteht ein Radmotorschiff mit dieselelektrischem Antrieb. Zudem erfolgt eine weitere innere und äußere Renovierung des Schiffes. Statt wie bisher mit 7 Mann Besatzung zu fahren, lässt sich der Dampfer nun von drei Personen bedienen. Leider erweist sich der Dieselmotor für den Dampfer im Betrieb als etwas zu schwach. Deshalb erhält die Unterach einen neuen stärkeren Diesel. Der bisher im ehemaligen Dampfer verwendete Diesel kommt in die Burgau (ursprünglich Baron Handel), die man in gleicher Weise wie die Attergau umbaut. Damit endet die Elektroschifffahrt auf dem Attersee und wird die Ladestation Attersee aufgelassen.

Das Ende der Linienschifffahrt

Nach der Rückkehr der Bombengeschädigten in die Stadt sowie der ehemaligen Wehrmachtsangehörigen zu ihren Familien und der Abreise der meisten Displaced Persons nach Deutschland sinken in den darauffolgenden Jahren naturgemäß die Fahrgastzahlen wieder stark ab. Sie liegen 1947 noch bei 300.000, 1949 bei 150.000 und 1954 nur noch bei 100.000 beförderten Personen.

Der zunehmende Straßenverkehr führte dazu, dass auch der Stückgutverkehr, der 1944 noch bei 2.000 t beförderter Fracht lag, sich von Jahr zu Jahr verringert. Lediglich die Postbeförderung im Jahr werden rund 150 t mit dem Postschiff in der Früh von Kammer nach Unterach und am abend zurück befördert hat noch einen nennenswerten Umfang. Etwa ab 1960 gibt es im Winter zudem kaum mehr Fahrgäste. Die Menschen fahren nun mit dem Postomnibus und auch Stern & Hafferl baut seinen schon seit 1946 bestehenden Omnibusbetrieb weiter aus. Immer mehr Menschen benutzen auch das eigene Auto. So wurde die Schifffahrt immer mehr zu einem reinen Ausflugs- und Vergnügungsbetrieb.

Nur im Spätsommer 1959 war die Schifffahrt noch einmal für einige Wochen der alleinige Träger des gesamten Personen- und Güterverkehrs. Durch einen schweren Bergrutsch war die Seeleithen-Bundesstraße auf der Ostseite des Attersee verschüttet. Die Menschen mussten wieder das Schiff benützen. Schließlich kündigt Stern & Hafferl zum 31. Dezember 1964 den Postvertrag, beendet den Stückgutverkehr und stellt den Winterbetrieb ein. Seither ist die Attersee-Schifffahrt eine reine Saisonschifffahrt.

Der Ersatz der Schiffe

Die Schiffe kommen nun allmählich „in die Jahre“. Deshalb werden sie in den folgenden 10 Jahren alle durch neue Schiffe ersetzt. Doch zunächst wird die Atterseeflotte um ein fünftes Schiff erweitert. Grund war das Drängen insbesondere der Gemeinde Seewalchen nach einem möglichst stündlich verkehrenden Rundfahrtschiff. So erwirbt Stern & Hafferl vom Schiffsbetrieb Schweiger in Kelheim das Motorschiff „Westfalen“. Dieses wurde im Jahr 1965 für den Ruhrtalstausee in der bei Bonn gelegenen Lux-Werft Mondorf gebaut. 1968 kam es dann auf die Donau. Das neue Schiff wird am 29. Juni 1974 in Attersee auf den Namen Attersee getauft und in Dienst gestellt. Im Jahr 1993 erhält die Attersee Fahrradständer auf dem Dach und kann so auch als „Radfahrschiff“ eingesetzt werden.

Die Phase des eigentlichen Schiffsersatzes beginnt 1977. In diesem Jahr kauft Stern & Hafferl vom Tegernsee das 1931 bei Kellerer in Tegernsee gebaute Schiff „Wallberg“. Nach der Taufe am 11. Juli 1977 in Attersee kommt das Schiff als neue Hochlecken in Fahrt. Die alte Hochlecken erwirbt die Chemiefaser Lenzing und gibt ihr den Namen Schloss Kammer. Geplant ist, mit Gästen dieses Industriebetriebs Ausflugsfahrten über den Attersee zu machen. Doch erfolgen solche Fahrten nur sporadisch. Deshalb verkauft Lenzing 1996 das Schiff an einen Privatmann. Noch ehe er dieses Vorhaben jedoch realisieren kann, wird das Schiff 1997 beim Schloss Kammer in einem Sturm leck. Seither steht es mit ungewissem Schicksal einige Kilometer vom Attersee entfernt in Gampern auf Land und wurde, da der ganze Rumpf schon morsch war, verschrottet.

Ende Oktober 1978 erleidet der nunmehr als Radmotorschiff in Fahrt befindliche ehemalige Raddampfer Unterach einen schweren Motorschaden. Er wird am Slipplatz in Kammer an Land genommen. Die Untersuchung ergibt erhebliche Mängel an der Schiffsschale. Insbesondere die Spannten sind extrem brüchig geworden. Deshalb muss die Unterach im Winter 1978/1979 abgewrackt und verschrottet werden.

Als Ersatz erwirbt Stern & Hafferl von der Donau das große Motorschiff „Ludwig der Kelheimer“, das erst 1977 bei der Hitzier Werft in Regensburg gebaut worden war. Es wird im Sommer 1979 in Kammer bei der Agerbrücke in den See gesetzt und am 8. Juli 1979 in Attersee auf den Namen Stadt Vöcklabruck getauft.

Bald steht aber auch der Ersatz der Attergau und der Burgau an. Zunächst wird Ende der Saison 1983 die Attergau abgestellt. Sie kommt im darauffolgenden Jahr nach St. Georgen, wo sie seither beim Lieslwirt auf Land eingegraben als Diskobar Verwendung findet. Als Ersatz kommt wiederum von der Donau (Wurm & Köck) aus Passau die „Bayern“ (1970 bei der Lux-Werft Mondorf erbaut). Sie erhält bei der Schiffstaufe am 17. Juni 1984 in Unterach den Namen Unterach.

Zum Ende der Saison 1988 muss auch die Burgau abgestellt werden. Seit Frühjahr 1989 steht sie beim Restaurant Pichlmühle zwischen Attersee und Nußdorf am Attersee aufgebockt an Land und befindet sich mittlerweile in einem desolaten Zustand. Der Motor kommt zum Traunsee und wird dort in die Rudolf Ippisch eingebaut. Ersetzt wird sie durch die Weyregg. Dieses Schiff ist der erste Neubau seit 1913, der direkt für den Attersee bestellt wurde. Von der Schmidt Werft in Remagen gebaut, nimmt es bei der Überstellung an den Attersee der deutsche Spediteur kurzerhand als Pfand, weil ihm die Werft noch eine größere Summe Geld schuldet. So trifft die Weyregg mit einigen Tagen Verspätung ein. Die Indienststellung und Schiffstaufe erfolgt dann am 1. Juli 1989 in Weyregg.

Nachdem die anfallenden Beförderungsleistungen mit den vier jüngeren Schiffen erbracht werden können, wird im Jahr 1989 die Hochlecken aus dem regulären Dienst genommen und an Dr. Neumann junior, ebenfalls aus der Firma Stern & Hafferl verkauft. Dieser restauriert das Schiff mustergültig. Es kann nun für Sonderfahrten gemietet werden. Nachdem es dafür jedoch kaum eine Nachfrage gibt, wird das Schiff 1999 an den Industriellen Hans Asamer verkauft. Dieser verwendet es für den Transport von Gästen seines Hotels Schloss Freisitz Roith in Gmunden am Traunsee.

Die Atterseeschifffahrt heute

Heute stehen der Schifffahrt drei Schiffe zur Verfügung. Der reguläre Betrieb beginnt Anfang zu Ostern und endet Ende Oktober.

Flottenliste

Lfd. Nr. Name des Schifes Bauwerft / Baujahr Einsatz von bis Tragfähigkeit [Personen] Länge [m] Leistung [PS] Geschwindigkeit [km/h] Anmerkungen
1. IDA Ignaz Mayer Werft Linz / 1869 1869–1871  ? 15,2  ?  ? März 1872 an Mondsee verkauft, ende 1888 dort abgestellt, vor Scharfling verankert, 1898 abgewrackt
2. Attersee, ab 1872 Franz Ferdinand, ab 1918 Unterach Ignaz Mayer Werft Linz / 1870 1870–1978 258 als DS / 270 als MS 36,5 120 als DS / 175 als MS 20 1947 neue Ein und Aufbauten, 1954 Umbau in Radmotorschiff, 1971 grundlegende Sanierung, 1978 abgewrackt
3. Kammer, ab 1872 Alma Ignaz Mayer Werft Linz / 1872 1870–1919 238 38,1 120  ? 1919 Verkauf der Maschine, Rumpf nach 1920 abgewrackt
4. Hubert Salvator Schiffswerft Linz / 1874 1894–1914 (?) 48 16,5  ?  ? 1924 an den Traunsee verkauft, 1934 umgebaut in ein Kalktransportschiff, 1968 umgebaut zu einem Seefrächter, 1978 abgewrackt
5. Valerie Dampfschiff und Maschinenbauanstalt Dresden / 1895 1922–1938 64 17 64  ? Vom Traunsee erst gemietet, dann gekauft (dortiger Name: Marie Valerie), 1928 abgestellt und Maschine verkauft, 1938 abgewrackt
6. Burgau  ? / ? 1923–? 25  ?  ?  ? Von der Save gekaufter kleiner Schraubendampfer mit Steuerrad am Heck, nur wenige Monate im Dienst, dann abgewrackt
7. Attergau (Elektroboot bis 1949, dann Motorschiff) Lürssen Vegesack / 1912 1913–1983 120 (Elektroschiff) 110 (Motorschiff) 21,6 18 (Elektroschiff) 135 (Motorschiff) 13,5 (Elektroschiff) 22 (Motorschiff) Ende 1983 abgestellt, an Lieslwirt in St. Georgen verkauft, dort ab 1984 an Land als Bar
8. Baron Handel, ab 1920 Handel, ab 1938 Heimatgau, ab 1945 Burgau

(Elektroboot bis 1958, dann Motorschiff)

Lürssen Vegesack / 1912 1913–1988 120 (Elektroschiff) 110 (Motorschiff) 21,6 18 (Elektroschiff) 135 (Motorschiff) 13,5 (Elektroschiff) 22 (Motorschiff) Ende 1988 abgestellt, an Restaurant Pichlmühle, dort an Land abgestellt
9. Möve  ?  ? 20  ?  ?  ? nur einen Sommer im Einsatz, Verbleib ungewiss
10. Weissenbach Schiffswerft Linz / ?  ? 30  ?  ?  ? nur einen Sommer im Einsatz, Verbleib ungewiss
11. Attersee Bootswerft Rambeck Starnberg / 1911 1929–1934 28 12,5  ?  ?  ?
12. Hochlecken Havelwerft Potsdam / 1911 1941–1977 60 14 9 (Elektroschiff),1951: 45 (Motorschiff), 1967:65 (Motorschiff) 14 (Elektroschiff), 19 (Motorschiff) bis 1941 am Traunsee, dann am Attersee, am 11. November 1977 an die Chemiefaser Lenzing verkauft, dort Schloss Kammer, 1996 weiter verkauft, 1997 im Sturm leckgeschlagen und seither an Land (?)
13. Attersee Lux Werft Mondorf / 1965 1974–? 190 21,1 180 20 gekauft aus Deutschland (ehem. Westfalen ) Weiterverkauft auf den Traunsee Wieder Weiterverkauft nach Berlin und dort umgebaut.
14. Unterach Lux Werft Moondorf / 1970 1984–heute 220 25 205 25 gekauft aus Deutschland (ehem. Bayern)
15. Hochlecken Bootswerft Kellerer / 1931 1977–1998 70 16,3 105 25 Ex Wallberg vom Tegernsee, ab 1977 am Attersee, ab 1999 am Traunsee
16. Stadt Vöcklabruck Hitzler Regensburg / 1977 1979–Heute 400 35,6 275 22 gekauft aus Deutschland (ehem. Ludwig der Kelheimer)
17. Weyregg Schmidt Werft Remagen / 1988 1989–Heute 230 26 180 22 Neubau

Literatur

Die Angaben zur Schifffahrt stützen sich für die Zeit von 1869/70 bis 1965 auf eine bisher nicht veröffentlichte ausführliche „Chronik der Schifffahrt auf dem Attersee nach Erzählungen alter Leute, eigenen Erlebnissen und noch vorhandenen Archivunterlagen“ von Bahnrat i.R. Paul Römer. Der Zeitabschnitt nach 1965 wurde auf Basis eigener Recherchen und mit Unterstützung des vor einigen Jahren pensionierten Kapitäns Gottfried Köbrunner zusammengestellt.

Weblinks


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