Atzung

Atzung
Kärntner Brettljause
Sülze-Mahlzeit (Imbiss)

Mahlzeit (feierlich und altertümlich: Mahl) nennt man heute allgemein das Einnehmen des Essens zu bestimmten Zeiten des Tages, häufig gemeinsam mit anderen. Die Hauptmahlzeiten bestehen in Europa und Nordamerika aus Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Außerdem werden oft auch Zwischenmahlzeiten eingenommen, die eher den Charakter eines Imbiss haben. In anderen Kulturräumen sind teilweise nur zwei Mahlzeiten pro Tag üblich.

Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm wird der Begriff Mahlzeit hergeleitet von der Zeitangabe für ein Gastmahl, zu dem eingeladen wurde. Die Bedeutung wurde dann verkürzt auf das Einnehmen der Speisen, also eigentlich das Mahl.

Eine Hauptmahlzeit besteht im westlichen Kulturkreis heute häufig aus Gemüse oder Salat, einer Beilage wie Kartoffeln sowie einer eiweißhaltigen Speise wie Fleisch, Ei oder Fisch. Es gibt jedoch zahlreiche Abweichungen von diesem Schema.

In romanischen Ländern besteht die warme Hauptmahlzeit meistens aus einer oder mehreren Vorspeisen, einem Hauptgericht und einem Dessert oder Käse als Abschluss.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Es gibt in Europa kein einheitliches Mahlzeiten-Schema. In Deutschland breitete sich im Mittelalter allmählich die Gewohnheit aus, drei statt zwei Mahlzeiten pro Tag einzunehmen. Das erste Frühstück am Morgen fand für die einfache Bevölkerung bereits zwischen 4 und 6 Uhr statt und bestand aus Suppe und Brot. Zu Mittag gegessen wurde um 10 oder 11 Uhr, das Abendessen gab es dann um 18 oder 19 Uhr. Der Adel beschränkte sich zu dieser Zeit noch auf zwei Mahlzeiten; er frühstückte nach der Frühmesse und nahm die Hauptmahlzeit nachmittags um 15 oder 16 Uhr ein, die sehr reichhaltig sein konnte. Anfang des 18. Jahrhunderts setzten sich auch in den Oberschichten drei Mahlzeiten durch und das Mittagessen wurde um 13 Uhr serviert, während das einfache Volk bereits um 12 Uhr aß.

In England führte der Adel in der Neuzeit dagegen vier bis fünf Mahlzeiten ein: das Frühstück zwischen 7 und 9 Uhr, ein zweites Frühstück (Lunch) um 12 oder 13 Uhr, um 16 oder 17 Uhr dann Tee mit Butterbrot (Afternoontea) und eine warme Mahlzeit (Dinner) am Abend zwischen 18 und 20 Uhr. Später kann noch ein Imbiss mit Tee folgen.[1]

Aktuelle Entwicklung

Anfang der 1990er Jahre nahmen die meisten Deutschen drei Mahlzeiten täglich ein, und zwar üblicherweise morgens zwischen 6 und 8, mittags zwischen 12 und 13 und abends zwischen 18 und 20 Uhr. Am Wochenende verschieben sich Frühstück und Abendessen oft zeitlich, während die Zeit für das Mittagessen unverändert bleibt. Im Durchschnitt wurden täglich 80 Minuten beim Essen verbracht. Bei Berufstätigen zeigt sich eine Tendenz, die warme Hauptmahlzeit erst abends einzunehmen.[2]

In den 1980er Jahren gaben nur acht Prozent der befragten Familien an, alle Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen, bei 20 Prozent gab es gar keine gemeinsamen Mahlzeiten. „Je mehr Fertigprodukte verwendet werden, desto weniger wird eine Mahlzeit als Familienessen wahrgenommen: der Zubereitungsprozess gilt als 'Liebesbeweis'.“[2]

Mitte der 1990er Jahren wurden noch 82 Prozent der warmen Hauptmahlzeiten zu Hause eingenommen, im Jahr 2001 waren es nur noch 66 Prozent. Es wird zunehmend in Kantinen, in Fast-Food-Restaurants, aber auch Bäckereien und Metzgereien mit Speiseangeboten gegessen. Vor allem Jüngere zwischen 19 und 25 Jahren essen häufig außer Haus.[2]

Soziale Bedeutung

Soziologisch wird Mahlzeiten eine wichtige soziale Funktion zugeschrieben, die weit über die rein körperliche Sättigung hinausgeht. „(...) sie sind primärer Sozialisationsort zur Vermittlung von gesellschaftlichen Vorstellungen von Essen und Trinken und des gesellschaftlichen Umgangs mit Speisen. (...) Innerhalb der Familie ist die Tischgemeinschaft ein zentrales Symbol der Zusammengehörigkeit (...)“.[2] Eine aufwändig zubereitete Mahlzeit wird auch unausgesprochen oft als Form der Zuwendung aufgefasst und hat somit weitere symbolische Bedeutung. Außerdem ist die Mahlzeit ein Rahmen für einen Teil der Kindererziehung, vor allem der Vermittlung von gutem Benehmen.

„Das traditionelle Leitbild (in Deutschland, erg.) war bis Ende der 1980er Jahre die warme (Mittags-)Mahlzeit zu Hause, gekocht und serviert für die Familie von der Hausfrau.“[2] Diese Tradition löst sich in Deutschland (und anderen Ländern) allmählich auf, Soziologen sprechen von zunehmendem „situativen Essen im Alltag“ zu nicht festgelegten Zeiten und auch nicht mehr ausschließlich am Esstisch. „Für Kinder und Jugendliche ist gemeinsames Essen teilweise eine lästige Verpflichtung und wird als Ort von Einengung oder Zwang empfunden (...)“[2].

Die anthropologische Forschung hat belegt, dass es in jeder Gesellschaft bestimmte Regeln für Mahlzeiten gibt. Vor allem Mary Douglas hat sich mit diesem Thema beschäftigt und 1975 den Aufsatz Deciphering a Meal (Entzifferung einer Mahlzeit) veröffentlicht. Bedeutend sind auch die Arbeiten des Ethnologen Claude Lévi-Strauss zu diesem Thema. Im Gegensatz zu Getränken, die häufig auch Fremden angeboten werden, sind Mahlzeiten auf einen bestimmten Kreis von Personen beschränkt, und vor der Teilnahme Außenstehender muss eine ausdrückliche Einladung ausgesprochen werden. Bei allen bekannten Ethnien ist die Zubereitung der Alltagsmahlzeiten traditionell eine Aufgabe der Frauen.[3]

„Mahlzeit“ als Gruß

„Mahlzeit“ wird zur Mittagszeit häufig als knapper Gruß benutzt. Der Ursprung dieses Brauches ist eine Kurzform des früher verbreiteten Grußes „Gesegnete Mahlzeit!“. Die Verkürzung war bereits im 19. Jahrhundert üblich, wie im Wörterbuch der Brüder Grimm nachzulesen ist, wobei die Bedeutung des Segens heute weitgehend verloren gegangen ist. Mahlzeit bedeutet heute im allgemeinen Sprachgebrauch nur noch „guten Appetit“.

Ebenfalls bei Grimm nachgewiesen ist die ironische Benutzung der Formel „gesegnete Mahlezeit“ oder „prost Mahlzeit“ im Sinne von „nichts da“ oder „im Gegenteil“, unter anderem verwendet von Friedrich Schiller in Wallensteins Lager.

In der Schweiz wird dieser Gruß nicht verwendet. Jedoch ist es zur Mittagszeit üblich, dass man ähnlich dem deutschen Mahlzeit zur Verabschiedung einfach auf Schweizerdeutsch En Guete! (Guten Appetit) sagt.

Quellen

  1. Meyers Konversationslexikon, ca. 1895, Artikel Mahlzeit
  2. a b c d e f Doris Hayn u.a.: Trends und Entwicklungen von Ernährung im Alltag (pdf)
  3. Artikel Meal in der Encyclopedia of Food and Culture

Weblinks


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