Pilsum

Pilsum
Pilsum
Gemeinde Krummhörn
Wappen von Pilsum
Koordinaten: 53° 29′ N, 7° 4′ O53.4827777777787.06277777777785.5Koordinaten: 53° 28′ 58″ N, 7° 3′ 46″ O
Höhe: 5,5 m ü. NN
Fläche: 10,81 km²
Einwohner: 603 (31. Dez. 2006)
Eingemeindung: 1972
Postleitzahl: 26736
Vorwahl: 04926
Karte

Karte der Krummhörn

Pilsum ist ein Dorf in der ostfriesischen Gemeinde Krummhörn, Niedersachsen. Es liegt zwei Kilometer von der Nordsee entfernt zwischen den Orten Greetsiel und Manslagt direkt an der Kreisstraße 33.

Das Gebiet des Dorfes umfasst 1081 Hektar. Pilsum hat 603 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2006). 92 Prozent der Bevölkerung gehören der evangelisch-reformierten Kirche an, zwei Prozent sind katholisch, der Rest gehört zu anderen Konfessionen (zum Beispiel evangelisch-freikirchlich / Baptisten) oder aber ist konfessionslos.

Pilsumer Kreuzkirche St. Stephanus

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Name Pilsum leitet sich von Pyleshem her. Dieser Name ist seit dem 12. Jahrhundert bezeugt und bedeutet "Wohnort (hem = Heim) des Pyl". Gesicherte Daten und Fakten zur Person des Namensgebers sind bislang nicht vorhanden.

Geschichte

Pilsum war zu früheren Zeiten friesischer Häuptlingssitz. Die alte Beningaburg, Sitz des früheren Häuptlings Affo Beninga, wurde 1407 von bewaffneten Hamburgern zerstört, weil Affo freundschaftliche Kontakte zu den Vitalienbrüdern unter Klaus Störtebeker unterhielt. Durch Erbfolge fiel die Herrschaft Pilsum im 15. Jahrhundert an das ostfriesische Grafengeschlecht Cirksena.

Pilsum verfügte bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts über ansehnliches wirtschaftliches Treiben. Es waren Apotheker, Schmiede, Bäcker, ein Chirurg, Fass- und Glasmacher, Zimmermänner, Fuhrmänner, Schuster, Schneider und Weber, ein Brauhaus mit Brunnen, sowie Herbergs- und Gaststättenbetriebe ansässig.[1] Ein älteres plattdeutsches Gedicht bezeichnet Pilsum als Stadt (...„Jinnelt is een Heerlichkeit, Visquert, dat licht heel verdreiht, Pilsum is een Stadt, Hauen is noch watt und Greet is een heel maale Stinkfatt“; zu Hochdeutsch: Jennelt ist eine Herrlichkeit, Visquard liegt ganz verdreht, Pilsum ist eine Stadt, Hauen ist noch was und Greetsiel ist ein stinkendes Fass). Tatsächlich verfügte Pilsum zu früheren Zeiten über Stadtrechte.

Kirchengeschichte

Pilsum war im 15. Jahrhundert noch dem Bistum Münster zugehörig. Die Kirchengemeinde war der Propsteikirche in Uttum unterstellt. Im Zusammenhang mit den reformatorischen Veränderungen hat sogar der Reformator Andreas Bodenstein von Karlstadt, einst Mitarbeiter von Luther, 1529 in Pilsum gepredigt. Die anderen Umlandgemeinden und auch die Stadt Norden erteilten dem Reformator damals Kanzelverbot.

Die einschiffige Kreuzkirche Pilsums mit dem mächtigen Vierungsturm hat immer auch als Seezeichen eine wichtige Rolle eingenommen. Das Querschiff besteht aus drei quadratischen Jochen, dazu im Osten das Chorjoch mit halbrunder Apsis. Das flachgedeckte Langhaus, also der Hauptraum, stellt wohl den ältesten Bauteil dar. Das Vierungsgewölbe mit acht wulstförmigen Rippen ist besonders ausgeprägt. Auch Reste von biblischen Wandgemälden sind noch erhalten geblieben.

Von besonderer Bedeutung ist auch die 1694 von Valentin Ulrich Grotian erbaute Orgel der Pilsumer Kreuzkirche.

Allgemeines

Pilsum vom Leuchtturm Pilsum gesehen
Windpark Pilsum

Bis zur Kommunalreform war Pilsum eine selbständige Gemeinde, die der Samtgemeinde Greetsiel angeschlossen war. Danach wurde Pilsum Teil der politischen Gemeinde Krummhörn mit Sitz in Pewsum.

Ab 1906 bis zur Einstellung des Betriebs 1963 war Pilsum an den Schienenverkehr der Kreisbahn Emden–Pewsum–Greetsiel angeschlossen. Eine der Dampflokomotiven der Kreisbahn trug den Namen Pilsum.[2] Das ehemalige Bahnhofsgebäude wird heute als Wohnhaus genutzt und beherbergt eine kleine Gaststätte.

Bis 1974 war in Pilsum ein größerer Ziegeleibetrieb ansässig, dessen Gebäude noch heute etwas außerhalb des Ortes an der Straße in Richtung Greetsiel als Ruinen deutlich sichtbar sind. Die Ziegelei verfügte über einen eigenen Gleisanschluss an die Kreisbahn. Auf dem Gelände der Ziegelei sollte nach früheren Planungen ein Hotel entstehen.[3]

Im Jahr 1989 diente Pilsum, besonders der Pilsumer Leuchtturm, als Drehort für den Otto Waalkes Film Otto – Der Außerfriesische.

Der Windpark Pilsum liegt zwischen dem Nordseedeich und der Ortschaft und besteht aus sechs Enercon E-40-Windkraftanlagen. Dieser gilt als erster Windenergiepark in Deutschland und bestand bei seiner Eröffnung 1989 aus zehn Enercon E-32-Windkraftanlagen. Betreiber ist die EWE AG.

Sehenswürdigkeiten

Kirchturm in Pilsum
  • Pilsum ist ein Runddorf und liegt auf einer künstlich angelegten Warft. Bis heute ist zu erkennen, dass das Warftendorf einst an einer Meeresbucht lag, die sich bis nach Marienhafe erstreckte.
  • Baulich ist Pilsum durch zahlreiche große Gulfhöfe und kleine, oft winzige Landarbeiter- und Handwerkerhäuser geprägt. Ein Netz verwinkelter Gassen durchzieht den Ort.
  • Im Zentrum des Dorfes befindet sich die aus dem 12. Jahrhundert stammende Kreuzkirche, die dem heiligen Stephanus geweiht ist. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Turm - auf Vierungspfeilern ruhend - in der Mitte der Kirche steht. Diese Bauart lässt auf normannischen Einfluss schließen. In den Fehden der Likedeeler (Vitalienbrüder) diente der Turm als Beobachtungswarte. Auch wurde er wegen seiner Höhe als Seezeichen beziehungsweise Landmarke benutzt. Das von dem Glockengießer Hinrich Klinghe 1469 gegossene Taufbecken ist eine besondere Kostbarkeit. Valentin Ulrich Grotian baute 1694 eine Orgel, die noch weitgehend original erhalten ist.
Pilsumer Leuchtturm
  • In der Gemarkung Pilsum befindet sich auch ein eiserner Leuchtturm aus dem 19. Jahrhundert. Er hat eine Höhe von 13 Metern; seine Fundamente sind in den Deich hinein gebaut. Er hat einen rot-gelb gestreiften Anstrich und ist sowohl aus der Werbung für eine bekannte nordwestdeutsche Biermarke als auch durch den Film Otto - Der Außerfriesische bekannt, in dem er als fiktiver Wohnsitz des Hauptdarstellers dient. 2003 diente der Turm auch als Kulisse für den Tatort-Krimi "Sonne und Sturm" mit Maria Furtwängler. Seit dem Jahr 2004 wird er auch für standesamtliche Trauungen genutzt.

Persönlichkeiten

Kultur

  • Ein Pilsumer Gulfhof wurde bis vor einigen Jahren als Theater genutzt. Zur Aufführung kamen Musicals, die sich mit Geschichte und Gegenwart Ostfrieslands befassen. Dazu gehört auch ein Musical, das die Auswanderung der Ostfriesen in die USA thematisiert. Nach den Aufführungen in den Sommern 1994 und 1995 in Pilsum, wurde dieses Musical mit dem Titel „Achter de Sünn an“ im Herbst 1995 von dem 134-köpfigen Ensemble im Rahmen einer Gastspielreise auch an zwei Spielstätten in Iowa/USA aufgeführt.[5][6]
  • Im Jahre 1985 wurde Pilsum von der Europäischen Gemeinschaft zum Dorf der Musik ernannt.

Einzelnachweise

  1. Pilsumer Ortschronik der Ostfriesischen Landschaft
  2. Artikel mit Bildmaterial über die Kreisbahn EPG in Die Museumseisenbahn 02/1997
  3. Ostfriesen-Zeitung: Hotel wird vorerst nicht gebaut
  4. Artikel Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt; in: Biographisches Lexikon der Ostfriesischen Landschaft; eingesehen am 29. Juli 2009
  5. DER SPIEGEL 19/1995 über „Ostfriesical in Iowa“
  6. Ländliche Akademie Krummhörn: „Achter de Sünn an“

Weblinks

 Commons: Pilsum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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