Polyhydroxybuttersäure

Polyhydroxybuttersäure
Strukturformel
Struktur von Poly-(R)-3-hydroxybutyrat (P3HB)
Allgemeines
Name Polyhydroxybuttersäure
Andere Namen
  • Polyhydroxybutyrat
  • Poly-(R)-3-hydroxybutyrat (P3HB)
  • Polyhydroxybutansäure
CAS-Nummer 26063-00-3
PubChem

13061653

Art des Polymers Biopolymer
Monomer
Monomer (R)-3-Hydroxybutansäure
Summenformel C4H8O3
Molare Masse 104,10 g·mol−1
Eigenschaften
Schmelzpunkt ca. 175 °C
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Das Biopolymer Polyhydroxybuttersäure (andere Bezeichnungen: Polyhydroxybutyrat, PHB, Poly-(R)-3-hydroxybutyrat, P(3HB)) ist ein Polyhydroxyalkanoat (PHA) und gehört zur Stoffgruppe der thermoplastischen Polyester. Es wurde zuerst im Jahre 1925 von dem französischen Mikrobiologen Maurice Lemoigne isoliert und charakterisiert. PHB wird in einer Vielzahl von Mikroorganismen als Speicherstoff angereichert, darunter Cupriavidus necator[1] und Bacillus megaterium.

Inhaltsverzeichnis

Biogene Produktion

Biosynthese von PHB durch Bakterien

PHB wird während der Assimilation von Kohlenstoff, hauptsächlich in Form von Glucose und Stärke, als Energiespeicher synthetisiert und in Abwesenheit anderer Energiequellen wieder metabolisiert. Die Biosynthese der PHB durch Bakterien verläuft im allgemeinen in drei Schritten, die von drei Enzymen katalysiert werden: Zwei Moleküle Acetyl-CoA kondensieren in einer Claisen-Kondensation durch Katalyse der β-Ketothiolase zu Acetoacetyl-CoA, welches in einer stereospezifischen Reaktion durch die NAD(P)H-abhängige Acetoacetyl-CoA Reduktase zu R-3-Hydroxybutyryl-CoA reduziert wird. Dieses dient der PHB-Synthase als Substrat zur Polymerisation zum PHB. Die Poly-3-hydroxybutyrate (P3HB) Form der PHB ist wahrscheinlich die häufigste Form der Polyhydroxyalkanoate. Eine Reihe anderer Polymere dieser Klasse werden von diversen Organismen produziert: unter anderem Poly-4-hydroxybutyrate (P4HB), Polyhydroxyvalerate (PHV), Polyhydroxyhexanoate (PHH), Polyhydroxyoctanoate (PHO) und ihre Copolymere.

Ein spezieller Stamm des Bakteriums Acidovorax ist in der Lage, PHB mit Hilfe des Enzyms D-beta-Hydroxybutyrat–Dehydrogenase abzubauen.[2]

Eigenschaften

  • Schmelzpunkt ca. 175 °C
  • Zugfestigkeit 20-31 MPa (ähnlich wie Polypropylen)
  • Glasübergangstemperatur 15 °C
  • Wasserunlöslich und relativ stabil gegen Hydrolyse (im Gegensatz zu den meisten anderen Biopolymeren)
  • Permeabel für Sauerstoff
  • resistent gegen ultraviolette Strahlen
  • wenig resistent gegenüber Säuren und Laugen
  • löslich in Chloroform und anderen chlorierten Kohlenwasserstoffen
  • nicht toxisch und biokompatibel und daher für medizinische Anwendungen geeignet
  • biologisch abbaubar

Industrielle Nutzung

PHB kann nach der Isolierung aus den Bakterienzellen thermoplastisch verarbeitet werden. Es ist ein aus erneuerbaren Rohstoffen fermentativ herstellbarer Polyester, mit Eigenschaften ähnlich denen des petrochemisch erzeugten Kunststoffs Polypropylen (PP). Die fermentative Synthese kann auf Basis von Zucker und Stärke erfolgen, ist jedoch auch aus anderen Nährstoffen wie Glycerin und Palmöl möglich.

PHB gilt als “schlafender Riese” unter den Biokunststoffen. Problematisch sind zur Zeit noch die relativ hohen Produktionskosten, die immer noch über denen der petrochemisch synthetisierten Kunststoffe liegen und die Materialeigenschaften (Brüchigkeit) von PHB. Es gibt verschiedene Ansätze die Produktionskosten zu senken. Bereits in den 1980er Jahren wurden die drei Gene, die für die PHB Produktion verantwortlich sind, von Alcaligenes eutrophus auf gentechnischem Wege in das leichter manipulierbare E. coli transferiert. Des Weiteren wurden an der Michigan State University PHB-Gene auf Gartenkresse übertragen. Die transgenen Pflanzen produzierten bis zu 14 % PHB in der Trockenmasse der Blätter.

Weltweit kündigen zahlreiche Firmen an, in die PHB-Produktion einzusteigen bzw. ihre Produktion auszuweiten, so beabsichtigt neben einigen mittelständischen Herstellern nun auch die südamerikanische Zuckerindustrie die Herstellung von PHB im industriellen Maßstab, um Preise unter 5 €/kg zu realisieren.

PHB wird auch, mit weiteren Bestandteilen vermischt, als PHB-Blend verwendet. Dabei können z. B. durch den Zusatz von Celluloseacetaten besondere Materialeigenschaften erreicht werden. Die Palette der Eigenschaften von PHB-Blends erstreckt sich von Klebern bis Hartgummi. Statt Celluloseacetat sind auch Stärke, Kork und anorganische Materialien als Zusätze denkbar. Die Vermischung mit günstigen Zusatzstoffen (Celluloseacetat ist ein preisgünstiges Abfallprodukt aus der Zigarettenfilterproduktion) wirkt sich auch günstig auf die Produktionskosten von PHB-Blends aus. Mittelfristig lassen sich nach Angaben zahlreicher Forscher damit die Herstellungskosten bis in den Bereich Erdöl-basierter Plastikmaterialien absenken.

Literatur

  • Doi, Y.: Microbial Polyesters. VCH Publishers Inc., New York 1990
  • W. Tänzer: Biologisch abbaubare Polymere. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Stuttgart 2000)
  • A. Steinbüchel: Perspectives for biotechnological production and utilization of biopolymers: Metabolic engineering of polyhydroxyalkanoate biosynthesis pathways as a successful example. Macromol. Bioscience 1:1-24 (2001)
  • biokunststoffe.com, Elisabeth Wallner (2002): Herstellung von Polyhydroxyalkanoaten auf der Basis alternativer Rohstoffquellen, Dissertation; Bio-Pro GmbH; European Bioplastics; FNR; Biomer

Einzelnachweise

  1. B Senthil Kumar, G Prabakaran: Production of PHB (bioplastics) using bio-effluent as substrate by Alcaligen(e)s eutrophus. In: Indian Journal of Biotechnology. 5, 2006, S. 76-79..
  2. Takanashi M, Shibahara T, Shiraki M, Saito T: Biochemical and genetic characterization of a D(-)-3-hydroxybutyrate dehydrogenase from Acidovorax sp. strain SA1. In: J. Biosci. Bioeng.. 97, Nr. 1, 2004, S. 78–81. doi:10.1016/S1389-1723(04)70170-X. PMID 16233594..

Literatur

  • Hans-Josef Endres, Andrea Siebert-Raths: Technische Biopolymere. Hanser-Verlag, München 2009. ISBN 978-3-446-41683-3

Weblinks


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