Postfordismus

Postfordismus

Postfordismus bezeichnet die Wirtschaftsform, die in den westlichen Industrienationen den Fordismus ablöste. Ursprünglich geht der Begriff auf den japanischen Ingenieur Taiichi Ohno zurück, dem Erfinder des neuen Produktionsmodells bei Toyota, welches in Anlehnung an Henry Fords Modell zuerst als „Toyotismus“ bezeichnet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

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  • Flexibilisierung der Arbeitsorganisation, Arbeitsgruppen, Aufgabenintegration
  • Produktion in kleineren Serien und starke Produktdifferenzierung
  • Einführung flexibler Mehrzweckmaschinen
  • Verbesserung der Qualifizierung der Arbeitskräfte
  • De-Hierarchisierung
  • Entbürokratisierung der Verwaltung
  • zunehmende Forschungsinvestitionen
  • die zunehmende Bedeutung geistigen Eigentums, gegenüber materiellen Ressourcen und Produktionsmitteln
  • die umfassende Inanspruchnahme des Arbeiters
  • Wegfall der staatlichen Sicherungssysteme und Privatisierung der Absicherung
  • allgemein eine Individualisierung aller Bereiche der Lebensorganisation und dadurch die Grundlage der zunehmenden „privaten Landnahme“
  • von den Vorteilen in anderen Ländern profitieren

Geschichte

Geschichtlich löste der Postfordismus ab den 1970er Jahren den Fordismus ab, welcher sich als bestimmende Wirtschaftsform im Kapitalismus durchgesetzt hatte. Als Grund für den Übergang geht man davon aus, dass der Fordismus nicht in der Lage gewesen wäre, seine Produktionsreserven auszuschöpfen, da er nach seiner Durchsetzung in der Triade (Nordamerika, Westeuropa, Japan) nicht mehr fähig war, die Hegemonie der USA dauerhaft zu sichern, welche als treibende Kraft des westlichen Kapitalismus gilt.

Unter dem Vorzeichen der Sicherung der Vorherrschaft der Triade war eine weitere Steigerung der Akkumulation nur durch eine Steigerung der Massenproduktion nach dem Vorbild von Ford auf der Basis normierter Lohnarbeit und der Ausbeutung von Naturressourcen nicht mehr möglich. Auf die Krise durch Überakkumulation in den 1980er Jahren folgte die neoliberale Restrukturierung, sowie die Globalisierung, die zu einer Dynamisierung des weltwirtschaftlichen Handels führte. In diesem Rahmen wurden immer mehr Strukturen der als ineffizient bezeichneten staatlichen Sicherungssysteme abgebaut und durch als effizient geltende privatwirtschaftliche ersetzt. Als Folge war eine Trennung zwischen Produktionssphäre und Privatsphäre nicht mehr möglich, worauf die Tendenz zur "inneren Landnahme" sowie zur Vergrößerung der Ausbeutungsrate (Lohnsenkung, Rationalisierung, Arbeitsintensivierung) folgte. Zugleich sorgten der Wegfall der staatlichen Sicherungssysteme sowie die Deregulierung im Handel (Internationaler Finanzhandel), aus wirtschaftlicher Sicht für eine Rationalisierung, welche den weltweiten wirtschaftlichen Wohlstand sicherte. Die Ausnutzung von Naturressourcen war eine wichtige Grundlage des Fordismus. Nachdem immer deutlicher wurde, wie begrenzt die natürlichen Ressourcen wie Boden, Energie (Öl, Kohle) und Wälder sind, ist eine grenzenlose Wertschöpfung durch eine weitere Ausbeutung nicht mehr möglich (Die Grenzen des Wachstums).

Im Postfordismus findet eine Inwertsetzung von Naturressourcen durch die Überführung in private Eigentumsrechte statt. (Gen-Patente, Biopiraterie). Die Sicherung von geistigem Eigentum an natürlichen Ressourcen gewinnt zunehmend an Bedeutung, je kostspieliger die Gewinnung von realen Naturressourcen wird. Ähnlich verhält es sich mit Wissen und geistigem Eigentum. Im Fordismus nach tayloristischer Prägung war das Produktionswissen in der Maschine eingebaut und diese wurde vom Arbeiter "nur" bedient (Klassische Fließbandarbeit, Nachfolge der Manufaktur, Auflösung des Handwerks). Die Maschine war das Investitionsobjekt, welchem mechanisch das Wissen um die Produktion eingeschrieben war.

In modernen Produktionsprozessen und unter dem anhaltend schnellem Wechsel der Produktzyklen ist der Wert um das Wissen zur Herstellung der Produktionsmittel zunehmend von größerem Wert als die physischen Produktionsmittel selbst (Wissensgesellschaft). Somit ist das Eigentum an Wissen von zunehmender Bedeutung und stellt nach Jeremy Rifkin (Access, Das Verschwinden des Eigentums) ein Schlüsselelement der neuen Akkumulations- und Regulationsweise dar.

Die stetige Ausweitung des Patentrechts auf neue Bereiche geistiger Produktion sowie die Bestrebungen, die Eigentumsrechte an medialen Produkten und deren Vervielfältigung zu reglementieren, lassen sich als Folge dieser zunehmenden Bedeutung geistigen Eigentums verstehen. Hieraus leitet sich denn auch die zunehmende Inkorporation der Arbeiter in den Produktions- und Wertschöpfungsprozess ab. Der Arbeiter wird (im Rahmen eigenverantwortlichen Arbeitens) zunehmend total in Anspruch genommen. Also sowohl mit seinen manuellen Fähigkeiten (im Rahmen der klassischen Produktion) als auch mit seinen physisch-geistigen Fähigkeiten (Kreativität, Innovations- und Kooperationsfähigkeit).

Siehe auch

Literatur

  • Ulrich Brand, Werner Raza (Hrsg.): Fit für den Postfordismus? Theoretisch-politische Perspektiven des Regulationsansatzes. Westfälisches Dampfboot, Münster 2003, ISBN 3-89691-529-0.
  • Gabu Heindl (Hrsg.): Arbeit Zeit Raum. Bilder und Bauten der Arbeit im Postfordismus. Turia + Kant, Wien 2008, ISBN 978-3-85132-536-2.
  • Joachim Hirsch, Roland Roth: Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Postfordismus. VSA-Verlag, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-374-1.
  • Jeremy Rifkin: Access – das Verschwinden des Eigentums. Warum wir weniger besitzen und mehr ausgeben werden. 3. erweiterte Auflage. Campus-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-593-38374-3.

Weblinks


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