Postmortaler Ehrschutz

Postmortaler Ehrschutz
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Das postmortale Persönlichkeitsrecht betrifft die Fortwirkung eines Persönlichkeitsschutzes über den Tod einer Person hinaus (post mortem). Als Personenrecht ist es gesetzlich nicht fixiert.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage in Deutschland

Bezüglich der Rechtswirkung ist zwischen Grundrechten und einfachen Gesetzen zu unterscheiden. Das (Grund-)Recht auf informationelle Selbstbestimmung wie auch die übrigen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes enden mit dem Tod eines Menschen. Auch einfachgesetzliche Bestimmungen wie das Namensrecht oder der Datenschutz enden grundsätzlich mit dem Tod einer Person.

Der Gesetzgeber kann jedoch in einfachen Gesetzen bestimmen, dass besondere Persönlichkeitsrechte auch über den Tod hinaus wirken. Dies hat er beispielsweise im Urheberrechtsgesetz in Bezug auf das Urheberpersönlichkeitsrecht getan,[1] wobei auch die kommerzielle Verwertung über den Tod des Urhebers hinaus für eine bestimmte Zeit geschützt bleibt. Grundrechtlich ergibt sich ein postmortaler Persönlichkeitsschutz ausschließlich aus der Menschenwürde nach Art. 1 des Grundgesetzes, (weshalb die Bezeichnung postmortales Persönlichkeitsrecht hier irreführend ist): Der Wert- und Achtungsanspruch besteht zunächst fort, verblasst jedoch mit der Zeit.

Bundesgerichtshof Entscheidung Emil Nolde, 1989[2]

Gegen die Verletzung des ideellen Anteils am postmortalen Persönlichkeitsrecht können nur nahestehenden Angehörige, i.d.R. die Totensorgepflichtigen oder Wahrnehmungsberechtigte, die der Betroffene zu Lebzeiten dazu berufen hat (dies kann unter Umständen auch eine Institution sein), vorgehen (Aktivlegitimation). Ein Anspruch auf Geldentschädigung ist dabei ausgeschlossen, weil dessen Genugtuungsfunktion nach dem Tode des Betroffenen ins Leere ginge. Bei Verletzung des vermögenswerten Aspektes des postmortalen Persönlichkeitsrechts stehen den Erben jedoch sowohl Abwehr- als auch Schadensersatzansprüche zu.

Die Witwe von Klaus Kinski und der Sohn Nikolai Kinski klagten 2008 unter Berufung auf das postmortale Persönlichkeitsrecht. Die Psychatrieakten aus dem Jahre 1950 waren von Vivantes gemeinsam mit 100.000 weiteren für die Forschung am das Berliner Landesarchiv übergeben worden. Darin hatte ein Arzt dem Schauspieler damals „Gemeingefährlichkeit“ und sah „Anzeichen schwerer Geisteskrankheit“ bescheinigt. Durch das Bekanntwerden waren die informellen Persönlichkeitsrechte des 18 Jahre zuvor Verstorbenen verletzt worden. Der Rechtsstreit des Sohnes mit dem Landesarchiv endete mit einem Vergleich. Der Gerichtspräsident verwies auf die „unheimlich schwierige Rechtsfrage“ das Persönlichkeits- gegen das Informationsrecht ab zu wiegen.[3]

Schutzdauer

Der Schutz des vermögenswerten Bestandteils des postmortalen Persönlichkeitsrechtes endet zehn Jahre nach dem Tod der Person. Die ideellen Bestandteile können dagegen auch nach Ablauf von zehn Jahren geschützt sein.[4] Das Recht am eigenen Bild kann von den Angehörigen bis zu zehn Jahre nach dem Tod geltend gemacht werden (§ 22 KunstUrhG). Archivische Sperrfristen tragen dem postmortalen Persönlichkeitsrecht Rechnung, indem sie die Einsicht in personenbezogene Unterlagen im Archivgut erst nach einiger Zeit (meist 10 oder 30 Jahre) nach Abschluss der Unterlagen freigeben.

Historischer Rückblick

In Mittelalter und früher Neuzeit wurden die Toten in manchen Kontexten als eigenständige Rechtspersönlichkeiten gedacht, ihnen wurde also Rechtsfähigkeit zugesprochen. Am einflussreichsten hat der Göttinger Mediävist Otto Gerhard Oexle über Die Gegenwart der Toten gehandelt[5].

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht, S. 2 (PDF)
  2. NJW 1990, 1986
  3. Rechtsstreit Kinski
  4. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006, 1 ZR 277/03-kinski.klaus.de
  5. In: H.Breat, W.Verbeke (Hrsg:): Death in the Middle Ages. Leuven 1983, S.19-77


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