Prangertag

Prangertag
Fronleichnamsprozession
2005 in Ladenburg

Das Fronleichnamsfest, kurz: Fronleichnam (von mittelhochdeutsch: vrônlîcham, vrônlîchname, das aus der vrône lîcham entstanden ist, was „Leib des Herrn“ bedeutet; kirchenlat.: Corpus Domini), offiziell „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“, regional auch Prangertag oder Blutstag genannt, ist ein Hochfest im Kirchenjahr der katholischen Kirche, mit dem die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird. Im Englischen und in anderen Sprachen trägt das Hochfest den Namen Corpus Christi.

Fronleichnam wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest, dem zweiten Donnerstag nach Pfingsten, begangen (60. Tag nach dem Ostersonntag) und fällt somit frühestens auf den 21. Mai und spätestens auf den 24. Juni. Der Donnerstag als Festtermin knüpft an den eigentlichen Gedenktag des Letzten Abendmahls an, den Gründonnerstag, der aber wegen des stillen Charakters der Karwoche keine prunkvolle Festlichkeit erlaubt. Aus diesem Grund wurde Fronleichnam auf den ersten Donnerstag nach der österlichen Zeit und der ehemaligen Pfingstoktav gelegt. Wo Fronleichnam kein arbeitsfreier Feiertag ist, wird das Fest meist erst am Abend oder am darauffolgenden Sonntag gefeiert.

Inhaltsverzeichnis

Feierlichkeiten

Fronleichnamsprozession in Meckenbeuren im Jahr 2007

Der wichtigste Teil der Fronleichnamsliturgie ist die Heilige Messe des Tages, die in Lesungen (Joh 6,51-58 EU) und Gebeten das Geheimnis der Eucharistie umkreist. Vielerorts wird diese Heilige Messe heute im Freien, etwa auf öffentlichen Plätzen gefeiert.

An die Heilige Messe schließt sich in der Regel die Prozession an, bei der die Gläubigen die vom Priester getragene Monstranz mit dem Allerheiligsten (einer gewandelten Hostie) in einem Festzug unter Gesang zu mehreren geschmückten Außenaltären begleiten. Dort wird eine Statio mit Evangelienlesung, Fürbitten und abschließendem Eucharistischen Segen der Gläubigen und des Ortes gehalten. Die Prozession schließt meist in der Pfarrkirche mit dem „Te Deum“ und dem „Tantum Ergo“.

Im Mainzer Dom gibt es mit dem Mainzer Segen eine Besonderheit. Bereits zu Beginn der Vesper wird der Segen mit der Monstranz gespendet und zum Abschluss ein weiteres Mal.

Geschichte

Fronleichnamsprozession in Bad Hofgastein. Gemälde, Adolph Menzel, 1880
Fronleichnamsprozession auf der Ludwigstraße in München 1971

Das Fest der leibhaften Gegenwart Christi im Altarsakrament wurde erstmals 1246 im Bistum Lüttich gefeiert und 1264 von Papst Urban IV. zum Fest der Gesamtkirche erhoben. Es feiert den eucharistisch anwesenden Christus als Opfer, Kommunion (Opferspeise) und als Gegenstand der Anbetung.

Die wichtigste Voraussetzung des Festes war das vierte Laterankonzil, das die Wandlung der eucharistischen Gestalten mit der Transsubstantiationslehre präzisiert und zum Dogma erhoben hatte. Danach glauben Katholiken, dass in der Heiligen Messe die Eucharistischen Gestalten wahrhaft zum Leib und Blut Christi werden, und Christus darin gegenwärtig ist und bleibt.

Parallel zu dieser Lehrentscheidung wurde von zahlreichen Hostienwundern berichtet, wie etwa dem, das einem ungläubigen böhmischen Mönch (Peter von Prag) auf seiner Pilgerreise nach Rom 1263 in dem mittelitalienischen Städtchen Bolsena widerfahren sein soll: Als er während der Eucharistie die Hostie brach, tropfte daraus Blut auf den Altartisch; die Hostie war also (über die Transsubstantiation hinaus) auch der Form nach zum Leib Christi geworden.

Der entscheidende Anstoß zur Schaffung des Festes war eine Vision der später heiliggesprochenen Augustiner-Chorfrau Juliana von Lüttich im Jahre 1209. Sie habe, so wird berichtet, beim Beten den Mond gesehen, der an einer Stelle verdunkelt gewesen sei. Christus habe ihr erklärt, dass der Mond das Kirchenjahr bedeute, der dunkle Fleck das Fehlen eines Festes des Altarsakraments. Aus der Einführungsbulle „Transiturus hoc mundo“ geht aber auch hervor, dass Papst Urban IV. als primären Einführungsgrund des Festes den siegreichen Triumph über die Ketzerei favorisierte, welche die Transsubstantiation ja geleugnet hatte.

Die erste Fronleichnamsprozession in Bayern fand 1273 in Benediktbeuern statt. Mit einer Sakramentsprozession wurde das Fest erstmals 1279 in Köln begangen.

Vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Verzweckung des Festes (wie parallel des Reliquienkults) für die Gewinnung von Ablassgeldern ist es nicht verwunderlich, dass der Reformator Martin Luther ein ausdrücklicher Gegner des Fronleichnamsfestes war; er bezeichnete es 1527 als das „schädlichste aller Feste“ und betrachtete die Prozessionen als unbiblisch und als Gotteslästerung. Heute dagegen nehmen nicht selten evangelische Pastoren in Amtstracht an der Fronleichnamsfeier teil.

In der Orthodoxen Kirche ist die Verehrung des zur Anbetung ausgesetzten Eucharistie unbekannt. Hier lautet ein Grundsatz: Wir verehren die heiligen Gaben, weil wir sie – etwa zur Krankenkommunion – aufbewahren, aber wir bewahren sie nicht auf, um sie zu verehren. Ebenso wie die scholastisch-rationalistische Transsubstantiationslehre wird das Fronleichnamsfest als Kult des Kultes abgelehnt.

Das Konzil von Trient (1545–1563) bestätigte das Fronleichnamsfest und wertete es gleichsam zu einer gegenreformatorischen Machtdemonstration auf. Es erklärte:

„Außerdem erklärt der heilige Kirchenrat, es sei eine vorzügliche fromme und erbauliche Sitte..., daß alle Jahr dieses erhabene und ehrwürdige Sakrament...durch die Straßen und öffentlichen Plätze herumgetragen werde.[1]

Als Reaktion darauf wurde es in manchen gemischt-konfessionellen Gebieten (etwa der Schweiz) üblich, dass die protestantischen Bauern als Provokation den Mist gerade an Fronleichnam auf die Felder ausbrachten; die katholischen Bauern antworteten dann am Karfreitag mit gleicher Münze.

Blumenteppich an Fronleichnam in Meckenbeuren 2007.

Ihren Höhepunkt an festlicher Gestaltung erreichte die Fronleichnamsprozession im 17. und 18. Jahrhundert. In München zog die Prozession zwischen den Stadtmauern hin, und die vier Evangelien wurden an den vier Stadttoren Schwabinger Tor, Isartor, Sendlinger Tor und Karlstor verlesen.

Das Zeitalter der Aufklärung brachte erneut Kritik an der Fronleichnamsprozession. Kritisiert wurde unter anderem das massenhafte Abholzen von Birken und Abbrechen von Reisern derselben, das Abschießen von Salven und der nun als unziemlich empfundene Pomp. Im Kurfürstentum Bayern wurden 1781 Maskierungen und lebende Bilder bei Fronleichnamsprozessionen verboten, wenig später untersagte man das Schießen. 1803 untersagte man Pferdeumritte, das Aufstellen von Bäumchen und das Anlegen von Blumenteppichen.[2]

In Landshut nahm die dortige besonders prunkvolle Fronleichnamsprozession 1807 ein jähes Ende. In einem königlichen Befehl wurde die bisherige Praxis, wonach neun geharnischte Männer auf geharnischten Pferden die Prozession eröffneten und 24 Spanier (Höflinge) und 12 Edelknaben das Sanctissimum begleiteten, ausdrücklich verboten, da dies die „reine Jesusreligion“ entehre. Nur die drei Geharnischten, die das Stadtwappen symbolisierten, durften bleiben.[3]

Gegenwart

Mülheimer Gottestracht, Fronleichnam 2005
Mardorfer Triumphbogen.
Samsonumzug in Mauterndorf

1959 erklärte die römische Ritenkongregation: Die Fronleichnamsprozession ist keine Liturgie, sondern sie fällt als „pium exercitium“ (fromme Übung) in die Zuständigkeit der Bischöfe.

Die heutige Sinngebung der Prozession geht in der Regel vom Bild des „wandernden Gottesvolks“ aus, dessen Mitte Christus, das „Brot des Lebens“, ist. Das Schmücken ganzer Straßenzüge (in Österreich vor allem mit Birkenzweigen) für die Prozession ist bis heute weit verbreitet. Vielerorts werden traditionell auch Bilder, Ornamente und Schriften aus vielen einzelnen Blütenteilen als sog. Blumenteppich vor Altäre oder/und auf Prozessionswege gelegt. Der eucharistische Christus wird außer mit Weihrauch und Schellen oft auch mit gestreuten Blumen, mancherorts mit Salutschüssen gegrüßt. Regional gibt es die Fronleichnamprozession als „Prozession zu Pferd“ (Antlassritt) oder als Schiffsprozession. In Österreich war es üblich, auf den Feldern, die entlang der Prozession lagen, nur schweres Getreide (Roggen und Weizen) zu säen, da andere Feldfrüchte (insbesondere Hafer) als minderwertig und damit der Prozession unwürdig erschienen.

Eine der bekanntesten und ältesten Schiffsprozessionen ist die „Mülheimer Gottestracht“ auf dem Rhein in Köln-Mülheim. Dort fährt ein „Sakramentsschiff“, begleitet von kleinen und großen Schiffen, von der ehemals selbständigen Stadt Mülheim bis an die alte Stadtgrenze von Köln, während vom Rheinufer Böllerschüsse das Allerheiligste grüßen.

Im nordhessischen Fritzlar wird nach alter Tradition das Fronleichnamsfest am Vorabend mit dem „Katzenkopfschießen“ eröffnet. Bevor diese Kanonen abgeschossen werden, erklingen alle acht Glocken des Fritzlarer Doms. Diese Prozedur wird dreimal wiederholt. Am Festtag selbst findet nach dem feierlichen Hochamt mit den Prämonstratenser-Chorherren die traditionelle Fronleichnamsprozession durch die Altstadt statt. Nach vier Altären zieht die Prozession wieder unter vollem Domgeläut in die Basilika ein, wo dann der sakramentale Segen gespendet wird. Auch in den anderen ehem. kurmainzischen Enklaven in Hessen wird ein vergleichsweise reichhaltiges Brauchtum zu Fronleichnam gepflegt, wobei Amöneburg-Mardorf mit mehreren Triumphbögen besonders beachtenswert ist (siehe Bild hier:).

Die Samsonumzüge am Nachmittag des Fronleichnamstags im österreichischen Lungau und in der benachbarten Steiermark werden als Reste barocker Prachtprozessionen gedeutet. Nachdem im Zuge der Aufklärung das Mitführen des Samsons und anderer biblischer Figuren verboten wurde, wurden die Samsonumzüge auf den Nachmittag des Fronleichnamstags verlegt.

Feiertagsregelungen

Deutschland

Ehrenpforte an der Kirche in Mardorf.

In Deutschland ist Fronleichnam ein gesetzlicher Feiertag in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie in einigen Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung in den Bundesländern Sachsen (bestimmt durch die Fronleichnamsverordnung[4]) und Thüringen (im gesamten Landkreis Eichsfeld und in den Eichsfelder Ortschaften des Unstrut-Hainich-Kreises und Teilen des Wartburgkreises)[5]. In den übrigen Bundesländern und Regionen gibt es Sonderregelungen, wie etwa Anspruch auf unbezahlte Freistellung und Unterrichtsbefreiung für katholische Arbeitnehmer und Schulkinder.

Schweiz

In der Schweiz ist Fronleichnam ein gesetzlicher Feiertag in den überwiegend katholisch bevölkerten Kantonen Appenzell Innerrhoden, Jura, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Tessin, Uri, Wallis und Zug sowie in bestimmten Gemeinden der Kantone Aargau, Freiburg, Graubünden, Neuenburg und Solothurn.

Österreich und Liechtenstein

Fronleichnam ist ein gesetzlicher Feiertag in ganz Österreich sowie in Liechtenstein.

Italien

In Italien, wo Corpus Domini vor einigen Jahren als gesetzlicher Feiertag abgeschafft wurde, kann das Fest gemäß Kirchenrecht am darauffolgenden Sonntag gefeiert werden (vgl. Christi Himmelfahrt). Die Bürger Roms lassen sich jedoch nicht davon abhalten, weiterhin in den Abendstunden des Fronleichnamstages gemeinsam mit dem Papst vom Vorplatz der Lateransbasilika zum Vorplatz der Basilika Santa Maria Maggiore zu ziehen, wo der Eucharistische Segen erteilt wird. Es wurde Ende April 2008 ein Gesetzentwurf ins neue römische Parlament in Kammer und Senat eingebracht, der die Wiedereinführung des hohen Fronleichnamsfestes als gesetzlicher Feiertag auf nationaler Ebene in ganz Italien vorsieht. Bereits viele einflussreiche Vertreter der katholischen Kirche begrüßen und unterstützen das Vorhaben, u.a. der Generalvikar der Diözese Rom Kardinal Camillo Ruini sowie der Präsident der italienischen Bischofskonferenz Kardinal Angelo Bagnasco.

Ungarn

In Ungarn wird Fronleichnam – ähnlich wie in Italien – nicht an einem Donnerstag, sondern an dem darauffolgenden Sonntag gefeiert, jedoch mit Prozession und Stationen wie in den deutschsprachigen Ländern.

Polen

In Polen wird Fronleichnam – ähnlich wie in Deutschland – mit Prozession und Stationen gefeiert. Es ist auch ein gesetzlicher Feiertag.

Spanien

In Spanien hat die Feier des Fronleichnamsfestes mit feierlichen Prozessionen und vielfältigem Brauchtum vielerorts eine sehr lange Tradition, der Tag gehört aber schon seit 1989 nicht mehr zu den landesweit arbeitsfreien Feiertagen. Nur sechs Feiertage werden im ganzen Land einheitlich begangen, während die Festlegung der übrigen vorgeschriebenen Feiertage (deren gesetzliche Anzahl insgesamt 14 beträgt) den Autonomien überlassen bleibt, die auch innerhalb ihres Zuständigkeitsgebietes viele lokal abweichende Regelungen zulassen. Gegenwärtig gilt Fronleichnam in keiner der spanischen Autonomien als genereller gesetzlicher Feiertag, ist allerdings mancherorts als örtlicher oder regionaler Feiertag arbeitsfrei (speziell in Sevilla und Toledo, wo der Tag traditionell einen besonders hohen Stellenwert besitzt und ausgiebig gefeiert wird). In den übrigen Gebieten Spaniens gilt das kirchliche Fest als beweglicher Feiertag und wird an dem auf den eigentlichen Termin folgenden Sonntag (also dem 9. Sonntag nach Ostern) begangen.

Portugal

In Portugal ist Fronleichnam ein gesetzlicher Feiertag.

Siehe auch

Literatur

  • Guido Fuchs: Fronleichnam. Ein Fest in Bewegung. Regensburg 2006, ISBN 3-7917-1992-0.

Quellen und Einzelnachweise

  1. Hans Grassl und Alfons Beckenbauer: Der „Gala-Tag des Herrn“, in: Herbert Schindler (Hg.) Bayern im Rokoko, Süddeutscher Verlag, 1989, S. 142.
  2. Josef Pfennigmann: „Wie viel wunderthätige Kirchfahrten...“ Volksfrömmigkeit und Aufklärung in Altbayern, in: Herbert Schindler (Hg.) Bayern im Rokoko, Süddeutscher Verlag, 1989, S. 132.
  3. Hans Grassl und Alfons Beckenbauer, S. 145–146.
  4. Sächsische FronleichnamsVO in der rechtsbereinigten Fassung vom 10. Juni 1995
  5. Merkblatt zum Thüringer Feiertagsgesetz

Weblinks


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