- Proliferation (Rüstung)
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Proliferation (lateinisch proles ‚Nachwuchs‘, ‚Sprößling‘ und ferre ‚tragen‘) ist im Rüstungsbereich die Bezeichnung für die Weiterverbreitung bzw. die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen, oder Bauplänen dafür, von Staaten, die über derartige Technologien verfügen, an andere Staaten, die noch nicht darüber verfügen. Die Waffen können komplett sein oder nur die Bauelemente für A-, B- oder C-Waffen. Trägersysteme sind alle solchen, die die Massenvernichtungswaffen an ihren Wirkungsort verbringen oder sie an einem beliebigen Ort zur Wirkung gelangen lassen (Raketen, Granatenhülsen, Zerstäuber).
Chemische Waffen und Biologische Waffen sind leichter und mit meist mehrnützig verwendbaren Mitteln herstellbar (Dual-Use). Was zum einen der Landwirtschaft oder der Pharmazie dient, kann in anderer Zusammensetzung ein Kampfstoff sein (z. B. Blaukorn plus Diesel). Hier setzt Proliferation bereits bei der Kombination der Komponenten an.
Die internationale Staatengemeinschaft versucht, Proliferation durch Abkommen und Überwachung einzudämmen (Atomwaffensperrvertrag, Chemiewaffenkonvention). Die Überwachungsmaßnahmen werden im Englischen als Safeguards bezeichnet.
Während der Zeit des Kalten Krieges konzentrierten sich die Massenvernichtungswaffen auf die USA und die nuklearen Teilhaber, sowie die UdSSR. Nach dem Ende der Sowjetunion wird befürchtet, dass Massenvernichtungswaffen aus deren Beständen gestohlen werden. Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ist auch deshalb eine Gefahr, weil sie in die Hände von Terroristen fallen könnten, die sie nicht wie Staaten zur Abschreckung einsetzen, sondern benutzen könnten. Einer der verkündeten Hauptgründe für den Dritten Golfkrieg der USA gegen den Irak waren inzwischen widerlegte Behauptungen, das Land besitze ABC-Waffen. Zugleich ist nach wie vor umstritten, ob im Irak ein nachhaltiges Interesse an der Beschaffung bestand bzw. vorhandene Waffen oder Technologien ins Ausland verbracht wurden.
Im Zuge der, auch durch die UNO, immer stärker beachteten Gefahr durch die Verbreitung von Kleinwaffen (z. B. Gewehre, Granaten, Pistolen etc.) wird das Wort Proliferation auch immer häufiger in diesem Zusammenhang verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Proliferations-Schutz
Im gefährlichsten Proliferations-Bereich, den Atom- resp. Nuklearwaffen, gibt es neben dem traditionellen Instrument des Atomwaffen-Sperrvertrags nach dem Ende des Kalten Krieges weitere Bemühungen, die Proliferation zu verhindern. So unterzeichneten die USA und Russland 1994 ein Abkommen zur physischen Reduktion der beidseitigen Nuklear-Arsenale sowie zur sicheren Beseitigung der abgerüsteten Nuklear-Sprengköpfe[1]. Der Vertrag sieht vor, dass die USA auch einen Teil der besonders proliferations-gefährdeten russischen Bestände übernehmen und sie, gemeinsam mit eigenen Beständen, auf sichere Weise unschädlich machen. Dazu wurden in der Savannah River Site Anlagen errichtet zur Demontage der Nuklear-Sprengköpfe sowie zur Nutzbarmachung des dabei anfallenden Plutonium für kommerzielle Kernkraftwerke. Dazu benötigt werden u.a. eine Wiederaufarbeitungsanlage sowie eine MOX-Fabrik - beides Einrichtungen, die in Europa seit langem aufgrund ihrer Risiken sowohl bezüglich Unfällen wie bezüglich Proliferation stark kritisiert werden[2]. Sie müssen z.B. scharf bewacht werden, weil Plutonium dort (sowohl im metallischen Waffen-Zustand wie im pulverförmigen Oxid-Zustand) in leicht proliferationsfähiger Form vorliegt.
Nach der derzeit laufenden Testphase ist in den USA vorgesehen, die aus dem Waffen-Plutonium gewonnenen MOX-Brennelemente in den räumlich nicht allzu weit von Savannah-Site entfernten Kernkraftwerken Catawba, Mc Guire sowie North Anna zu verwenden. Vor allem die Wahl der beiden erstgenannten 2-Block-KKW ist stark umstritten[3]. Die vier Druckwasserreaktoren besitzen ein nur dünnwandiges Containment, dessen Schwäche durch - allerdings nur bei harmloseren sog. Auslegungs-Störfällen wirklich zuverlässige - sog. Eis-Kondensierer kompensiert werden soll. Es wird von NGOs heftig kritisiert, dass ausgerechnet diese aus vorab wirtschaftlichen Gründen ausgewählten KKW das überschüssige Waffen-Plutonium zwecks Energie-Erzeugung spalten und zur Endlagerung in eine proliferations-resistentere Form verwandeln sollen, da allgemein anerkannt ist, dass MOX-Brennelemente im Falle einer schweren Radioaktivitäts-Freisetzung radiologisch noch schlimmere Folgen zeitigen als normale Uran-Brennelemente (die etwa 1986 in Tschernobyl schmolzen).
Siehe auch
Literatur
- Matthew Kroenig: Exporting the Bomb. Technology Transfer and the Spread of Nuclear Weapons. Cornell University Press, Ithaca/London 2010, ISBN 978-0-8014-7640-2.
- William Langewiesche: The Atomic Bazaar. The Rise of the Nuclear Poor. Straus & Giroux, 2007. (vgl.: Janet Maslin: When the Small Nations Get the Biggest Weapons. In: New York Times. 17. Mai 2007.)
- Franz Eder, Gerhard Mangott, Martin Senn (Hrsg.): Transatlantic Discord. Combating Terrorism and Proliferation, Preventing Crises. 1. Auflage. Nomos, 2007, ISBN 978-3-8329-2729-5. (vgl. Krieg gegen den Terror; Deutsch-Amerikanische Beziehungen)
- Gordon Corera: Shopping for Bombs: Nuclear Proliferation, Global Insecurity, and the Rise and Fall of the A.Q. Khan Network. Oxford University Press, 2006, ISBN 0-19530-495-0. (vgl. Abdul Kadir Khan.)
- Derek D. Smith: Deterring America: Rogue States and the Proliferation of Weapons of Mass Destruction. 1. Auflage. Cambridge University Press, 2006, ISBN 0-52168-313-0. (vgl. Schurkenstaat.)
Einzelnachweise
- ↑ [1]
- ↑ Ch. Küppers, M. Sailer: MOX-Wirtschaft oder die zivile Plutoniumnutzung. IPPNW e.V. 1994.
- ↑ [2]
Weblinks
Wiktionary: Proliferation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- William J. Perry, Ashton B. Carter und Michael M. May, After the Bomb (englisch; New York Times, 12. Juni 2007 - Perry war Verteidigungsminister unter Bill Clinton; Carter einer seiner Stellvertreter; May war Direktor des Lawrence Livermore National Laboratory)
- William Langewiesche, The Wrath of Khan - How A. Q. Khan made Pakistan a nuclear power (englisch; "The Atlantic Monthly", November 2005 - vgl. Literatur)
- Videointerviews mit Diplomaten und NGOs bei den Überprüfungskonferenzen des Atomwaffensperrvertrags seit 2007
- umfangreiche Liste von Kontrollregimen und Forschungseinrichtungen
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