Prostatasekret

Prostatasekret
Männliche Geschlechtsorgane des Menschen

Die Prostata (von altgriechisch προστάτης prostátēs „Vorsteher, Vordermann“) oder Vorsteherdrüse ist eine akzessorische Geschlechtsdrüse aller männlichen Säugetiere einschließlich des Menschen und produziert einen Teil des Spermas. Sie liegt beim Menschen unterhalb (bei Tieren entsprechend hinter) der Harnblase und umkleidet den Anfangsteil der Harnröhre (Urethra) bis zum Beckenboden. Sie gleicht beim Mann in Größe und Form einer Kastanie. An die Rückseite der Prostata grenzt der Mastdarm (Rektum). Deshalb kann sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertastet und beurteilt sowie in sexuellem Kontext auf diesem Weg stimuliert werden.

Männliche Geschlechtsorgane des Menschen

Das Pendant zur männlichen Prostata ist bei weiblichen Säugetieren die Paraurethraldrüse.

Inhaltsverzeichnis

Anatomie

Prostata und Samenblasen

Die Prostata liegt subperitonal, das heißt unter (bei Tieren entsprechend hinter) dem Bauchfell (Peritoneum). Sie ruht auf dem Diaphragma urogenitale und schmiegt sich von kaudal (beim Menschen unten, bei Vierfüßern hinten) an den Fundus (klinisch auch „Hals“) der Harnblase an. Dorsal (zum Rücken hin) wird sie durch den Mastdarm (Rektum) begrenzt, ventral (zum Bauch hin) durch die Schambeinfuge (Symphysis pubis). Mit dieser ist sie durch ein Band, das Ligamentum puboprostaticum, verbunden. Durch die Mitte der Prostata verläuft die Harnröhre (Urethra). Aus diesem Grund kann es bei einer krankhaften Vergrößerung der Prostata zu Problemen beim Wasserlassen kommen.

Die Prostata ist eine exokrine Drüse mit Ausführungsgängen in die Harnröhre. Sie besteht aus circa 30 bis 50 Einzeldrüsen, genauer tubuloalveolären Drüsen. Diese produzieren ein Sekret, das bei der Ejakulation in die Harnröhre abgegeben wird und sich dort mit dem Samen vermischt.

Blutversorgung und Lymphdrainage

Die die Prostata versorgenden Arterien entspringen hauptsächlich Ästen der Arteria iliaca interna (innere Beckenarterie), besonders der Arteria vesicalis inferior (untere Blasenarterie, bei Tieren als hintere Blasenarterie, Arteria vesicalis caudalis, bezeichnet), aber auch der Arteria pudenda interna (innere Schamarterie) und Arteria rectalis media (mittlere Mastdarmarterie).

Die Venen der Prostata bilden einen Plexus (Geflecht) um ihre Seiten und ihre Basis. Dieser Plexus venosus prostatae entleert sich in die Vena iliaca interna (innere Beckenvene). Außerdem hat er nach kranial (kopfwärts) Verbindungen mit dem Plexus venosus vesicalis (Venengeflecht der Harnblase) und nach dorsal (zum Rücken) mit dem Plexus venosus vertebralis internus (inneres Venengeflecht der Wirbelsäule). Die Lymphdrainage der Prostata erfolgt durch Lymphgefäße, die sich in die Lendenlymphknoten und die Kreuzlymphknoten entleeren.

Innervation

Die Prostata wird durch Sympathikus und Parasympathikus innerviert. Die sympathischen Fasern entstammen dem Plexus hypogastricus inferior. Sie innervieren die Ausführungsgänge und die glatten Muskelzellen. Die parasympathischen Fasern entstammen den Rückenmarkssegmenten S2−S5. Sie verlaufen als Nervi splanchnici pelvici ebenfalls zum Plexus hypogastricus inferior. Sie enden unter der Basalmembran des Epithels.

Feinbau

Mensch

Histologischer Schnitt durch die Prostata.

Der Querschnitt der Prostata kann in drei Zonen unterteilt werden, die sich in den Ausführungsgängen der Drüsen unterscheiden. Die Ausführungsgänge der Drüsen in der inneren Zone enden direkt in die Harnröhre. Die Drüsen in der äußeren Zone sammeln ihr Sekret in gemeinsamen Ausführungsgängen, bevor sie in der Harnröhre enden. Diese Einteilung ist bei der Entstehung von Tumoren von Bedeutung (s. unten).

Die Ausführungsgänge (Ductuli prostatici) der Prostatadrüsen in der Prostata münden auf dem Colliculus seminalis (Samenhügel) der Harnröhre. Ihr Drüsenepithel ist funktionsabhängig entweder einschichtiges Plattenepithel oder mehrreihiges hochprismatisches Epithel. Der Hohlraum (Lumen) der Drüsen enthält Concretio prostatica, konzentriertes geschichtetes Sekret.

Das Drüsenepithel setzt sich aus drei Zelltypen zusammen: am häufigsten sind basale und luminale sekretorische Zellen, die unterschiedliche Keratin-Subtypen exprimieren und sich dadurch unterscheiden lassen. Luminale Zellen zeichnen sich zudem durch die Expression von prostataspezifischem Antigen und Androgenrezeptor aus. Sehr viel seltener kommen als dritter Typ neuroendokrine Zellen vor, die anhand der von ihnen produzierten Neuronenspezifischen Enolase und verschiedener Neuropeptide identifiziert werden können. Stammzellen in der basalen Zellschicht bilden vermutlich die Vorläufer aller dieser Zelltypen.

Zwischen den Drüsen liegen glatte Muskelzellen, die sich bei der Ejakulation zusammenziehen und so das Sekret ausstoßen, und Bindegewebe mit elastischen Fasern, das so genannte Stroma myelasticum prostatae.

Außen wird die Prostata von einer Bindegewebskapsel, der Capsula prostatica umschlossen.

Säugetiere

Bei den Nichtprimaten unterscheidet man vergleichend-anatomisch einen kompakten Drüsenkörper (Corpus prostatae, fehlend bei Schafen und Ziegen) und in die Harnröhrenwand eingelagerte Einzeldrüsen (Pars disseminata, „verstreuter Teil“, fehlt bei Pferden).

Das Corpus prostatae ist bei Hunden, Katzen, Rindern, Schweinen und Pferden in einen linken und rechten Lappen unterteilt. Beim Hund ist es relativ am größten, beide Lappen verschmelzen weitestgehend und umschließen die Harnröhre vollständig, bei den anderen Tieren liegt es jeweils seitlich an der Harnröhre und in direkter Nachbarschaft zur davor liegenden Samenblasendrüse. Bei Nagetieren besteht die Prostata aus drei paarigen Lappen, wobei der am weitesten vorn gelegene Lobus cranialis meist als Koagulationsdrüse bezeichnet wird. Die anderen beiden Lappen (Lobus dorsalis und ventralis) liegen dahinter, seitlich und ober- oder unterhalb der Harnröhre. Bei Hasenartigen lassen sich beidseits zwei Lappen (Lobus dorsalis und ventralis) unterscheiden.

Die Ausführungsgänge der Prostata münden seitlich des Samenhügels in den Beckenteil der Harnröhre.

Physiologie

In der Prostata wird ein Teil der Samenflüssigkeit produziert, die bei der Ejakulation ausgestoßen wird. Dieses Sekret bildet zusammen mit den Samenzellen aus dem Hoden, dem Sekret der Samenblase (vesicula seminalis) und dem Sekret der Bulbourethraldrüse das Sperma. Die Funktion der Prostata wird über das Hormon Testosteron reguliert.

Das Sekret der Prostata ist leicht sauer (pH-Wert etwa 6,4), dünnflüssig und trübe und gibt dem Sperma den charakteristischen Geruch. Das Sekret enthält zahlreiche Enzyme, die die Spermien für die Befruchtung benötigen.

Das Polyamin Spermin fördert die Beweglichkeit und die Befruchtungsfähigkeit der Samenzellen. Weiterhin sind im Prostatasekret Phosphatase, Zitronensäure, Cholesterin und Zink enthalten.

Als Corpora amylacea oder Prostatakörperchen werden Beimengungen von Prostatasekret im Harnsediment bezeichnet.

Ontogenetische Entwicklung

Das Epithel (Deckgewebe), das die Harnröhre umgibt, ist entodermalen Ursprungs. Im Gegensatz dazu sind das Bindegewebe und die glatte Muskulatur, die dieses umgibt, mesodermalen Ursprungs. Das Epithel beginnt gegen Ende des dritten Schwangerschaftsmonats zu proliferieren (sich zu vermehren) und dringt in das umgebende Gewebe ein. Aus den so entstandenen Knospen bildet sich bei Männern unter Einfluss der männlichen Sexualhormone Testosteron und Dihydrotestosteron (DHT) die Prostata, in Abwesenheit dieser Hormone (unter anderem bei Frauen) die Paraurethraldrüse.

Untersuchungsmethoden

Ultrasonographischer Längsschnitt durch die Prostata eines Hundes mit zentral verlaufender Harnröhre.

Die Untersuchungsmöglichkeiten der Prostata sind zwar mittlerweile recht vielfältig geworden, aber eine Hauptfragestellung, nämlich ob die Prostata durch einen bösartigen Tumor befallen ist oder nicht, ist nach wie vor zumindest mit den nichtinvasiven Methoden wie dem Ultraschall oder der Computertomografie nur unsicher zu beantworten. Die Prostata des älteren Mannes neigt zur Knotenbildung, und es fällt schwer, mit nichtinvasiven Maßnahmen gutartige von bösartigen Knoten zu unterscheiden. Die Elastographie ist ein neues bildgebendes Verfahren, das Tumorareale aufzeigen und gezielt Gewebeproben entnehmen kann.

Die Prostata kann mit einem Finger rektal ertastet werden. Als bildgebende Verfahren finden bisher Ultraschall, Kernspinresonanz (NMR) und Computertomografie Anwendung. Als weiteres bildgebendes Verfahren etabliert sich die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit Cholin als Radionuklid. Bei Verdacht auf Veränderungen kann eine Biopsie der Vorsteherdrüse mit einer so genannten Prostatastanze vorgenommen werden. Das neue bildgebende Verfahren der Elastographie wird 2008 in der Martini-Klinik am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (dem bundesweit einzigen Spezialzentrum für Prostatakrebs) eingesetzt. Das Gerät unterscheidet Krebsgewebe von Normalgewebe wegen der unterschiedlichen Härte und zeigt die Gewebeverhärtungen des Krebsgewebes auf dem Monitor des Gerätes an. Dann können gezielt Gewebeproben entnommen werden.

Zur weiteren Diagnostik können Laborwerte wie das prostataspezifische Antigen (PSA, erhöht bei allen Erkrankungen der Prostata), die Aktivität der sauren Prostataphosphatase (erhöht bei Prostatakarzinom) und allgemeine Entzündungsmarker wie CRP und Leukozytenzahl herangezogen werden. Im Weiteren steht eine Protein-Muster-Diagnostik aus Urin zur Verfügung.

Erkrankungen

Als Prostatitis bezeichnet man eine Entzündung der Prostata. Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die oft zu einer Harnabfluss-Störung führt. Prostatakrebs nennt man einen bösartigen Tumor der Prostata. Er ist das häufigste Malignom und die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern in Deutschland [1]. Während die BPH in der Regel die zentrale (paraurethrale) Organzone betrifft, geht das Prostatakarzinom meist von den peripheren Drüsenanteilen aus. Beide Erkrankungen sind typischerweise Leiden des höheren Lebensalters.

Der männliche G-Punkt

Die Prostata gilt als männlicher G-Punkt. Durch sexuelle Stimulation kann ein Orgasmus herbeigeführt werden, der sich von einem phallisch generierten Orgasmus deutlich unterscheidet (siehe Prostata-Stimulation oder Prostatamassage).

Während die sexuelle Erregbarkeit der Prostata im westlichen Kulturkreis noch weitgehend unbekannt ist, ist sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin, im Tantrismus und in anderen östlichen Lehren seit Jahrtausenden bekannt.

Forschungsgeschichte

Siehe auch den Hauptartikel zur Urologie.

Die erste anatomische Beschreibung der Prostata erfolgte 300 vor Christus durch Herophilos von Chalkedon.[2] Er war es auch, der ihr den Namen Die Vorstehende gab. Durch das etwa 1800 Jahre andauernde Verbot der Sektion von Leichen blieb dies auf lange Zeit die einzige Beschreibung. Erst Andreas Vesalius' Werk Tabulae anatomicae aus dem Jahr 1538 enthielt Illustrationen, die die Prostata als Bestandteil des männlichen Urogenitalsystems zeigten. Dem folgte die genaue anatomische und physiologische Beschreibung der Prostata. Ambroise Paré ging zwar davon aus, dass sie aus zwei Teilen besteht, machte aber ansonsten genaue Aussagen über ihre Lage zu den Ductuli ejaculatorii und ihre Rolle bei der Ejakulation. Die Erstbeschreibung der normalen Anatomie erfolgte durch Reinier De Graaf 1668.

Giovanni Battista Morgagni beschrieb 1761 in seinem Buch De sedibus et causis morborum per anatomen indagatis die Prostatahyperplasie. Die erste vollständige Entfernung der Prostata Prostatektomie zur Behandlung des Prostatakarzinoms wurde 1889 durch Vincenz Czerny in Heidelberg durchgeführt. Während er den Weg über den Damm wählte, führte Fuller ihn 1898 erstmals über einen Bauchschnitt aus. Diese Eingriffe begründeten den Beginn der Prostatachirurgie.

Quellen

  1. Epidemiologie des Prostatakarzinoms auf www.urologielehrbuch.de
  2. Geschichte der Urologie − Von den Ursprüngen bis zur Renaissance

Literatur

  • Detlev Drenckhahn und Wolfgang Zenker: Benninghoff. Anatomie. Urban & Schwarzenberg, München 1994. ISBN 3-541-00255-7.
  • Uwe Gille: Harn- und Geschlechtssystem, Apparatus urogenitalis. In: Salomon, Geyer, Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004. ISBN 3-830410077
  • Robert Koch-Institut, Prostataerkrankungen. GBE-Heft 36, in der Reihe Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Januar 2007 (auch als PDF-Datei)

Weblinks


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