5,7 x 28 mm

5,7 x 28 mm
5,7 x 28 mm
Patrone Kaliber 5,7 × 28 mm
Allgemeine Information
Kaliber: 5,7 × 28 mm
Hülsenform: Flaschenhalspatrone, randlos
Maße
Ø Hülsenhals: 6,38 mm
Ø Geschoss: 5,70 mm
Ø Patronenboden: 7,80 mm
Hülsenlänge: 28,00 mm
Patronenlänge: 40,50 mm
Gewichte
Geschossgewicht: 2,1 g
Technische Daten
Geschwindigkeit V0: 716 m/s
max. Gasdruck: 3450 Bar
Geschossenergie E0: 538 J
Listen zum Thema

Bei der Patrone 5,7 × 28 mm handelt es sich um eine von der belgischen Firma FN Herstal, SA hergestellte Munition für Handfeuerwaffen. Diese ab etwa 1985 entwickelte Munition entspricht neuen taktischen Erfordernissen von Militär und Polizei und soll auf Entfernungen unter 200 m die Vorteile von Pistolen- und Gewehrmunition vereinen. Diese sind vor allem geringer Rückschlag, hohe Magazinkapazität, hohe Durchschlagskraft gegen Schutzwesten und geringe Umfeldgefährdung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Grundlagen für die Entwicklung

Grundlage der Entwicklung war die Erkenntnis, dass die in Pistolen und Maschinenpistolen verwendete Munition 9 × 19 mm die meisten Splitterschutzwesten und Leichtschutzwesten nicht durchschlagen kann. Einfache, zuschießende Maschinenpistolen sind außerdem auf realistische Kampfentfernungen bis 200 m zu unpräzise. Gleichzeitig sind Gewehre für Patronen 5,56 × 45 mm für Militärpersonal wie Fahrer oder Geschützbedienungen auf Grund ihrer Länge und ihres Gewichts zu unhandlich.

Leistung der 5,7 × 28 mm im Vergleich zur 9 × 19 mm

Bereits 1979 wurde in der Sowjetunion von Aleksandr Bochkin die Patrone 5,45 × 18 mm PMT entwickelt. Als Pistolenpatrone wirkte sie wie eine verkleinerte Ausführung der für das AK-74 entwickelten Munition 5,45 × 39 mm. Sie hatte entscheidende Vorteile gegenüber der bis dahin verwendeten 9 × 18 mm Makarow. Diese Patrone war in der Lage, 55 Lagen Kevlar zu durchdringen.[1]

Der Wunsch westlicher militärischer Nutzer war eine Reichweite von 150 m mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit bei Feuerstößen sowie eine Penetrationsfähigkeit von Kevlar-Splitterschutzwesten und Leichtschutzwesten aus Titan-Kevlar-Verbund (Crisat-Westen). Die Munition sollte eine flache Flugbahn und hohe Mannstoppwirkung haben. Gleichzeitig sollte die Munition den Gegner nicht durchschlagen, um somit Unbeteiligte möglichst wenig zu gefährden und Einrichtungen nicht zu beschädigen. Für die dazugehörigen Waffen forderte man unter anderem eine ständige Trage- und schnelle Einsatzbereitschaft bei geringer Behinderung des Waffenträgers während anderer Tätigkeiten, ein geringes Gewicht und eine Dauerfeuereinrichtung.[2]

PDW FN P90, darunter ein 50-Schuss-Magazin

Als Resultat informeller Anfragen an die Industrie investierten FN und die französische Giat (heute Nexter) Gelder in die Entwicklung neuer Munition, die die Durchschlagsleistung der 9 × 19 mm übertreffen sollte. Während Giat nur die neue Patrone 5,7 × 22 mm entwickelte, konstruierte FN gleichzeitig die Maschinenpistole FN P90 und die dafür passende neue Patrone 5,7 × 28 mm.[1]

Die Waffe wird auch als „Personal Defence Weapon“ (persönliche Verteidigungswaffe) bezeichnet, da sie sich an dem Anforderungen des 1986 von der United States Army Infantry School in Fort Benning veröffentlichten Dokuments „Smalls Arms System 2000“ orientiert, das eine als OPDW (Objective Personal Defense Weapon) bezeichnete Waffe definiert.

Ein erstes Hindernis für die Einführung der neuen Waffe und Munition war die logistische Versorgung. Für Pistolen wäre weiterhin zusätzliche Munition nötig gewesen. Die Präsentation der Pistole Five-SeveN im Sommer 1996 ermöglichte nun – zumindest theoretisch – alle Pistolen und Maschinenpistolen gegen Waffen im Kaliber 5,7 × 28 mm auszutauschen.

Die Munition stellen unter anderem Winchester-Olin (USA) und Fiocchi (Italien) her, verkauft wird sie jedoch unter dem Label „FN“. Ein weiterer Produzent ist die britische UTM Ltd. als Hersteller von Trainingsmunition.[3]

Die Geschossentwicklung

1989 reichte FN bei den US-Behörden einen Patentantrag für ein Hochleistungsprojektil für Handfeuerwaffen ein. Es wird als ein Projektil mit niedrigem Rückstoß und hoher Mannstoppwirkung, hergestellt aus zwei Komponenten, einem hohlen Mantel aus hartem Material und einem Kern aus steifem Material mit geringer Dichte ...[4] beschrieben.

Die Wirkung eines Geschosses hängt davon ab, wie viel Energie in kürzester Zeit auf ein Ziel einwirken kann. Die kinetische Energie Ec soll also möglichst groß sein und berechnet sich nach der Formel E_c = \frac{m V_r^2}2. Dabei sind m die Projektilmasse, und Vr die verbliebene Geschossgeschwindigkeit auf die gegebene Distanz. Daraus ergibt sich, dass Ec direkt proportional zur Masse und zum Quadrat der Geschwindigkeit ist.

Größenvergleich zwischen der 5,7 × 28 mm und der 5,56 × 45 mm. Die Geschosse haben den gleichen Durchmesser.

Der Rückstoß wirkt sich negativ auf die Präzision und die Fähigkeit zum Abgeben von gezielten Feuerstößen aus. Dabei wirkt er sich je nach Gewicht der Waffe sowie der in der Waffe für den Nachladevorgang verbrauchten Energie unterschiedlich stark aus. Der Rückstoß kann sogar die Psyche des Schützen negativ beeinflussen, wenn dieser eine Form von Angst entwickelt.[5] Der Rückstoß sollte deshalb möglichst klein sein. Der Rückstoßimpuls Ir berechnet sich näherungsweise nach der Formel I_r = V_0 \cdot m \cdot 1{,}75c, wobei V0 die Mündungsgeschwindigkeit, m die Projektilmasse und c die Pulvermenge bezeichnet.

Hier ist zu erkennen, dass der Rückstoß direkt proportional zur Geschossmasse und zur Mündungsgeschwindigkeit ist. Damit ist aufgezeigt, dass eine hohe kinetische Energie (Ec) nicht mit einem niedrigen Rückstoßimpuls (Ir) vereinbar ist.

Mit dem neuen Geschoss sollten diese Gegensätzlichkeiten minimiert werden. Gleichzeitig sollte sich das Geschoss beim Auftreffen auf ein weiches Ziel nicht verformen und nicht zerlegen. Grundlage hierfür ist neben dem Geschossmaterial und einer entsprechenden Schwerpunktverschiebung gegenüber herkömmlichen Geschossen mit Bleikern die Gesamtgeometrie des Geschosses mit einem Verhältnis von Kaliber zur Länge zwischen 3 und 6. Gleichzeitig wird das Geschoss in einem weichen Medium instabil und überschlägt sich. Durch seine hohe Geschwindigkeit behält es jedoch eine hohe Eindringtiefe.[4]

Leistungswerte

Das Geschoss der Patrone 9 × 19 mm durchschlägt einen 30 cm starken Block aus ballistischer Gelatine und gibt in ihm nur etwa 70 % seiner Energie an das Zielmedium ab. Dieses bedeutet eine geringe Aufhaltekraft (Mannstoppwirkung) und gleichzeitig eine Gefährdung für Personen und Objekte hinter dem Ziel. Das Geschoss der Patrone 5,7 × 28 mm gibt seine Energie auf 25 cm bis 30 cm vollständig ab.

Das Geschoss der Patrone 5,7 × 28 mm besitzt aus der P90 auf 200 m mit etwa 230 Joule nur zwei Drittel der Energie des 9-mm-Geschosses. Die Durchschlagskraft des 5,7-mm-Geschosses ist dabei jedoch gleichzeitig höher.

Auf 800 m können die rund 90 Joule eines 9-mm-Geschosses noch tödlich wirken. Die Energie des 5,7-mm-Geschosses hat sich bis dahin auf 44 Joule verringert.

Zu den Vorteilen der neuen Munition gehört, dass sie mit 19,2 Nm/s nur die Hälfte vom Rückstoß des Kalibers 5,56 × 45 mm (39 Nm/s) und nur zwei Drittel des Rückstoßes der 9 × 19 mm (etwa 27 Nm/s) erzeugt, also wesentlich einfacher zu handhaben ist. Nach Presseberichten soll es durch den geringen Rückstoß möglich sein, die P90 einhändig im Dauerfeuermodus zu schießen. Auch soll sich das Schießen mit der Pistole Five-SeveN ähnlich dem Schießen mit einer Kleinkaliberwaffe anfühlen.[6]

Ein weiterer Vorteil ist die sehr flache Flugbahn. Auf 200 m Entfernung fällt das Geschoss nur um 16 cm. Ein 9-mm-Geschoss fällt auf diese Entfernung um mehr als 50 cm. Der Schütze muss also weniger Korrekturen an der Zieloptik vornehmen.[6]

Laborierungen

SS90

Bei der SS90 handelt es sich um eine Patrone aus der Entwicklungsphase der Munition, die auf dem oben genannten US-Patent beruht. Es wurde ein sehr leichtes Vollmantelgeschoss mit Polymerkern benutzt, das nur 1,5 g (23 grain) wog. Die Entwicklung wurde 1994 eingestellt, als sich zeigte, dass die Munition mit dem SS190-Geschoss nicht nur präziser und durchschlagskräftiger gegenüber Schutzwesten war, sondern durch die kürzere Bauweise (Geschosslänge und Setztiefe) auch besser für die Pistolen vom Typ Five-SeveN geeignet war.[3]

Maximalabmessungen der 5,7 × 28 mm gemäß C.I.P.

SS190

Die SS190-Munition mit Vollmantelgeschoss (FMJ, engl: full metal jacket) wird als armor piercing (AP, dt: panzerbrechend) bezeichnet und ist entwickelt worden, um Schutzwesten zu durchschlagen. Das Geschoss der SS190 hat einen Aluminiumkern, vor dem sich ein Penetrator aus Stahl befindet. Damit ist der Aufbau fast identisch mit der SS109-FMJ-Munition für Gewehre im Kaliber 5,56 × 45 mm, bei der lediglich ein anderes Material für den Kern benutzt wird. Dabei befindet sich unter dem Stahlmantel des Geschosses, hinter einem kleinen Hohlraum, ein 55 Brinell harter Stahlkern. Hinter diesem wiederum befindet sich ein leichtes Aluminiumstück, das den Geschossmantel ausfüllt. Dadurch ist der Schwerpunkt, gegenüber anderen Geschosskonstruktionen, verschoben. Als Ergebnis durchdringt die spitze Form auch Kevlarpanzerungen und Fahrzeugteile. Querschläger an Wänden und Böden werden vermieden, da das Geschoss auch beim Auftreffen im flachen Winkel in das Material eindringt und hier seine Energie abgibt. In weichen Zielen wird das Geschoss oft instabil und überschlägt sich durch den verlagerten Schwerpunkt. Hierdurch wird viel Energie abgegeben und ein Durchschuss – auf Kosten eines größeren Wundkanals – vermieden.[7]

Laut FN Herstal durchdringt das Geschoss Leichtschutzwesten, jedoch keine Schutzwesten der Klasse III, die auch Munition im Kaliber 5,56 × 45 mm nicht mehr durchdringt. In Gelatineblöcken erreicht das Geschoss eine Eindringtiefe von 250 mm bis 330 mm. Das forensische Labor der Royal Canadian Mounted Police Academy testete die Munition in verschiedenen Versuchsanordnungen, unter anderem mit Kleidung und mit Schutzbekleidung der Klasse II. Die Eindringtiefe betrug durchschnittlich 264 mm bei einer Wundhöhle mit Durchmessern bis zu 91 mm. Tests durch Dr. Gary K. Roberts (DDS) zeigten Eindringtiefen von durchschnittlich 300 mm. Diese Eindringtiefe wird von Kritikern bemängelt, da das FBI eine minimale Eindringtiefe von 300 mm in 10-%iger ballistischer Gelatine fordert. Diese Forderung des FBI berücksichtigt jedoch nicht die insgesamt höhere Energieabgabe des Geschosses im Vergleich zu anderen Geschosskonstruktionen.[8]

Flugbahnkurve verschiedener Laborierungen

Eine Variation dieser Munition ist die L191-Leuchtspurmunition. Chemikalien am Boden des Geschosses erzeugen eine rund 200 m weit sichtbare Leuchtspur. Die ballistischen Daten sind mit der SS190-Munition fast identisch, so dass man sie gemischt laden kann. L191-Munition ist durch eine rote Spitze gekennzeichnet.

SB193-Unterschallmunition

Die Unterschallmunition besitzt ein 3,6 g (55 grains) schweres Geschoss des Typs Sierra Game King FMJBT (Full Metal Jacket Boat Tail = Vollmantelgeschoss mit Bootsheck), das auch für die Jagd auf Raubzeug und ähnliche Kleintiere benutzt wird. Da die Munition keinen Überschallknall erzeugt, ist sie im Zusammenspiel mit einem Schalldämpfer sehr leise. Dieses bietet dem Schützen taktische Vorteile, da er unter Umständen schon ein oder zwei Räume weiter gar nicht gehört wird oder aber sowohl in Gebäuden als auch im freien Gelände nur schwer lokalisiert werden kann.

SS195LF

Als Hohlspitzmunition wurde ursprünglich die Patrone SS192 angeboten. Es kam jedoch eine Diskussion auf, ob sie in der Lage ist, Schutzwesten zu durchschlagen, und damit als „armor piercing“ (dt: panzerbrechend) zu verbieten ist. Das BATF stellte für die Nachfolgevariante SS195LF fest, dass es sich nicht um panzerbrechende Munition handelt und diese nicht in der Lage ist, Leichtschutzwesten der Klasse IIa zu durchschlagen.

Ein Vorteil der Patrone SS195LF ist, dass sie umweltverträglich ist. Dem gegenüber besaß die ursprüngliche Munition ein 1,8 g schweres Blei-Hohlspitzgeschoss mit Aluminiumkern. Als LF (Lead Free, dt: bleifrei) bezeichnet, unterscheidet sich das neue, 1,77 g (28 grains) schwere Geschoss mit Kupfermantel im Aussehen nicht vom Vorgänger. Eine Unterscheidung kann man nur am Zündhütchen vornehmen. Diese sind bei der bleifreien Munition silberfarben.

Ebenfalls nicht mehr produziert wird die Variante T194 Training mit grüner Geschossspitze. Ihre Produktion wurde 2002 eingestellt.

Zivile Varianten der Munition: SS195LF, SS196SR, SS197SR (von links nach rechts)

SS197SR

Die als Sporting Round (SR) bezeichneten Munition produziert Fiocchi vor allem für zivile Anwendungen. Sie besitzt ein 2,6 g (40 grains) schweres Hornady-V-Max-Geschoss mit Polycarbonatspitze, dessen Spitze blau eingefärbt ist. Vorläufer war die SS196SR mit roter Spitze. Ein wichtiger Unterschied zwischen den Patronen SS196SR und SS197SR ist die etwas stärkere Ladung der neuen Munition, die eine höhere Mündungsgeschwindigkeit bewirkt. Entwickelt wurden die Sportpatronen, da der Patrone SS192 nachgesagt wurde, dass sie Schutzwesten durchschlagen kann. Dieses wurde von offizieller Seite nicht nachgewiesen. Um einem möglichen Verbot der Munition auf dem Zivilmarkt jedoch zuvorzukommen, wurde die SS196SR entwickelt, die über ein schwereres, also auch langsameres Geschoss verfügt. Damit war sichergestellt, dass diese Munition auch unter ungünstigen Bedingungen keine Schutzwesten durchschlagen kann. Der genau gegenteiligen Weg wurde mit der Entwicklung der SS198-Patrone gegangen.

SS198

Bei der SS198 handelt es sich um Munition des Typs SS195LF mit stärkerer Ladung, also höherer Mündungsgeschwindigkeit und Durchschlagskraft in Bezug auf Schutzwesten. Sie wird von FN Herstal nur an das Militär und Polizeibehörden verkauft.

Man-Marker Round (MMR)

Die britische Firma Ultimate Training Munitions stellt unter der Bezeichnung 5,7 mm Man-Marker-Round-Patronen für Gefechtsübungen her. Dabei besteht die Patronenhülse aus Aluminium. Diese enthält zwei Zündhütchen und keine weitere Treibladung. Das erste Zündhütchen dient der Initialzündung der Patrone und der Auslösung des Verschlussrücklaufs, also des Nachladevorgangs. Das zweite Zündhütchen treibt das 0,45 g schwere Projektil aus dem Lauf. Hierbei handelt es sich um eine ungiftige Substanz auf Basis von Wachs, die bei Treffern Farbe an die Auftreffstelle abgibt. Dabei zerplatzt das Geschoss nicht wie beim Paintball-Spiel, sondern kann auch – wie mit einem Tintenstift – Streifschüsse anzeigen. Vor der Schussabgabe wird das Geschoss durch eine weiße Kunststoffhülle geschützt.

Die Mündungsgeschwindigkeit beträgt etwa 102 m/s, die Mündungsenergie 2,3 Joule. Aufgrund der geringen Geschossenergie beträgt die Trefferstreuung auf 10 m schon 50 mm, und die effektive Reichweite wird mit 30 m angegeben.[9]

Sonstige

Zu Übungs- und Trainingszwecken gibt es sowohl Platzpatronen als auch sogenannte Dummys, die weder über Geschoss noch Treibladung verfügen und an denen die Waffenhandhabung gefahrlos geübt werden kann.

Übersichtstabelle

SS190
L191
SS192
SB193
SS195LF
SS196SR
SS197SR
SS198LF
Geschossgewicht 2,1 g 2,1 g 1,8 g 3,6 g 1,8 g 2,6 g 2,6 g 1,7 g
V0 (P90) 716 m/s 716 m/s 701 m/s 305 m/s 701 m/s 549 m/s 549 m/s .
E0 (P90) 538 Joule 538 Joule 447 Joule 163 Joule 447 Joule 393 Joule 461 Joule .
Geschosstyp FMJ "AP" FMJ Tracer JHP FMJBT JHP V-Max V-Max JHP
effektive Kampfentfernung 200 m 200 m 200 m 100 m 200 m 150 m 150 m 200 m
Farbcode ohne oder schwarz rot oder rot/schwarz bronzefarbenes ZH weiß/grau silbernes ZH rot blau grün
Verkaufsbeschränkungen von Seiten des Herstellers Polizei/Militär Polizei/Militär Prod. eingest. Polizei/Militär ohne Prod. eingest. ohne Polizei/Militär
Werte für die Maschinenpistole FN P90. Aus Pistolen Five-SeveN sind die Werte auf Grund des kürzeren Laufs niedriger.
FMJ = Vollmantelgeschoss, JHP = Hohlspitzgeschoss, ZH = Zündhütchen , V-Max = Geschosstyp der Firma Hornady
V0 = Geschwindigkeit an der Laufmündung, E0 = Energie des Geschosses an der Laufmündung, Prod. eingest. = Produktion eingestellt

Waffen und Einsatz

Die SS190, als Standardmunition für Militär und Polizei, wurde für das Geschehen auf dem modernen Gefechtsfeld entwickelt, auf dem Soldaten Schutzwesten tragen und Pistolen und Maschinenpistolen ineffektiv sind. Bisher gibt es nur wenige Waffen, die für diese Munition eingerichtet sind. Hierzu gehört eine ebenfalls von FN entwickelte Waffenfamilie, die aus der Pistole Five-seveN, der FN P90 PDW und dem FN PS90 Karabiner besteht. Unter der Bezeichnung AR-57 gibt es ein Wechselsystem für die Karabiner vom Typ M16/AR-15. Hierbei kann das 50-Schuss-Magazin der P90 – ebenfalls an der Waffenoberseite – benutzt werden. Die abgeschossenen Patronenhülsen werden durch den ansonsten nicht mehr benötigten Magazinschacht an der Waffenunterseite des Karabiners ausgeworfen.[10] Die Firma ST Kinetics entwickelt außerdem eine Kombination aus PDW und 40-mm-Mehrfachgranatwerfer.[11]

Pistole Five-SeveN umgeben von Patronen 5,7 × 28 mm

Eingesetzt wird die Patrone 5,7 × 28 mm bei verschiedenen Polizeibehörden der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Zusammenhang kam mehrfach eine Diskussion über die Mannstoppwirkung der Patrone auf. Sie wurde verschiedentlich als nicht ausreichend bezeichnet. Weiterhin setzen Spezialeinheiten des belgischen und niederländischen Militärs diese Munition ein. Insgesamt sollen Waffen für diese Munition an Polizeieinheiten und Militärs in etwa 20 Staaten verkauft worden sein.[12]

Der einzige weltweit bekannt gewordene Einsatz von Waffen im Kaliber 5,7 × 28 mm war bei der Geiselbefreiung in der japanischen Botschaft in Lima, Peru im Jahr 1997. Hierbei drangen die ersten Teams mit FN P90 ein, die mit Schalldämpfern und Laser-Zielpunktprojektoren ausgerüstet waren. Das Ergebnis der Aktion war die Befreiung der verbliebenen 72 Geiseln und der Tod der 14 Geiselnehmer der Movimiento Revolucionario Túpac Amaru.[13]

Gesetzeslage

Während diejenigen Munitionssorten, die nicht auf das Durchschlagen von Schutzwesten ausgelegt sind, in vielen Staaten legal erworben werden können, hat die Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (WaffGuaÄndG) vom 26. März 2008 generell alle modernen mehrschüssigen Kurzwaffen für verboten erklärt, die für Zentralfeuermunition in Kalibern unter 6,3 mm eingerichtet sind. Damit ist es deutschen Sportschützen und Jägern nicht mehr möglich, Kurzwaffen für diese Munition zu erwerben.[14]

Ähnliche Entwicklungen

Neben der Patrone 5,7 × 28 mm gibt es weltweit weitere Projekte, die auf eine kleine, leichte und penetrationsstarke Munition als Ersatz für bestehende Munitionssorten abzielen. Hierzu gehört die von Bill Alexander erdachte und von Civil Defence Supply (CDS) fertig entwickelte .224 BOZ. Als Modifikation der Hülse der Patrone 10 mm Auto, nutzt sie ein Geschoss im Kaliber 5,56 mm bei einer Patronenlänge von 32,5 mm. Damit ist die Patrone von den Abmessungen her in vielen bestehenden Waffen einsetzbar.[15]

Die .224 VOB wurde von dem Tschechen Petr Voboril für die Schweizer Martin Tuma Engineering (MTE) entwickelt. Grundlage war die Patrone 7,62 × 25 mm Tokarew. Ähnlich gebaut wie die .224 BOZ ist die Patrone um fast einen Millimeter dünner, was eine größere Magazinkapazität erlaubt. Ein etwa 3 g schweres Geschoss soll eine Mündungsenergie von über 750 Joule erreichen.[15]

Die von Heckler & Koch entwickelte 4,6 × 30 mm basiert noch auf Überlegungen aus der Zeit des G11, als eine hülsenlose Patrone 4,7 × 25 mm mit 2,7-g-Geschoss produziert werden sollte. Die Patrone 5,7 × 28 mm ist etwas leistungsstärker als die Patrone 4,6 × 30 mm, verliert jedoch auf Grund der Querschnittsbelastung mehr Energie. So durchschlagen beide Patronen auf eine Entfernung von 100 m noch 1,6 mm Titanblech und 20 Lagen Kevlar, jedoch hat die 4,6 × 30 mm dann noch eine Restenergie von 115 Joule, die 5,7 × 28 mm etwa 65 Joule.[15]

Kritik

Im Zusammenhang mit der Patrone 5,7 × 28 mm, aber auch PDW-Munition generell, werden immer wieder zwei Punkte kontrovers diskutiert. Dieses sind die Vereinbarkeit mit Artikel 23 der Haager Landkriegsordnung und die Mannstoppwirkung im Polizeieinsatz.

Artikel 23 der Haager Landkriegsordnung besagt in seiner aktuell gültigen Fassung, dass eine Munition kein „unnötiges Leid“ hervorrufen soll. Die Patentschrift für das Geschoss der SS90-Patrone greift die ursprüngliche Fassung des Textes auf und hebt hervor, dass sich das Geschoss im menschlichen Körper nicht deformiert und nicht zerlegt. Damit entspricht sie formaljuristisch der Haager Landkriegsordnung.[16] Die Kritik an der Munition rührt nunmehr daher, dass sich die Geschosse der Patrone 5,7 × 28 mm in weichen Medien überschlagen. Dadurch entsteht ein weitaus größerer Wundkanal als bei im Militärdienst üblichen Vollmantelpatronen mit Bleikern, die einen Körper in der Regel gradlinig durchschlagen. Die Wunden sind also ähnlich groß, als wenn es sich um Deformationsmunition handeln würde.[16] Gegner von Handfeuerwaffen argumentieren: |[16]

Die für das Überschlagen in Weichzielen eingerichtete Patrone SS90 wird jedoch nicht hergestellt. Das Nachfolgemodell, die Patrone SS190 ist gleich aufgebaut wie die Patrone SS109 (belgische Version der Patrone 5,56 × 45 mm NATO). Bereits Ende der 1960er Jahre gab es aber auch bei Geschossen dieser Bauart Vorwürfe, die Geschosse würden in Weichzielen dazu neigen, instabil zu werden.

Mit dem Einsatz der Munition in den Vereinigten Staaten von Amerika kam dort eine Diskussion darüber auf, ob die Mannstoppwirkung ausreicht. Das FBI fordert in seinen Vorschriften eine Mindesteindringtiefe in ballistischer Gelatine von 30 cm. Diesen Wert erreicht in der Regel die Munition nicht, jedoch ist die Energieabgabe prozentual höher als bei beispielsweise Vollmantelgeschossen im Kaliber 9 × 19 mm. Eine abschließende Studie hierzu ist noch nicht bekannt.

Der Einsatz von PDW-Munition bei der Polizei wird in Deutschland von internationalen Organisationen vor allem im Zusammenhang mit der durch Heckler & Koch produzierten 4,6 × 30 mm kritisiert. Da jedoch weder die 5,7 × 28 mm noch die 4,6 × 30 mm bei deutschen Polizeibehörden eingesetzt werden, und ausländische Polizeibehörden meist andere Grundsätze in Bezug auf den Schusswaffeneinsatz haben, geht es hier meist um moralische Grundsatzaussagen. Allerdings gilt für Deutschland, dass „die bisher im deutschen Polizeidienst stehende Vollmantelmunition […] in der Vergangenheit auf traurige Art und Weise ihre fragliche Wirkung demonstriert [hat]. In anderen Ländern wird schon seit längerer Zeit auf Munition zurückgegriffen, die eine wesentlich höhere Mannstoppwirkung besitzt.“[17] Dabei wird vor allem immer wieder auf die hohe Umfeldgefährdung hingewiesen, der Schutz von Unbeteiligten ist gegen die körperliche Unversehrtheit des Täters abzuwägen: „Die Eingriffe, die mit Schusswaffen vorgenommen werden, unterliegen ganz besonders den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit. Eine Gefährdung des Umfeldes und Dritter soll soweit es möglich ist, vermieden werden. Auch muss das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Betroffenen Berücksichtigung finden.“[17]

Literatur

  • Charles E. Petty: FN Five-seveN. In: American Handgunner, Ausgabe Januar 2000.
  • Charles E. Petty: FN P-90. In: Guns Magazin, Ausgabe Januar 2000.

Weblinks

 Commons: 5.7x28 mm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Al Paulson: On The Edge With the New FN P90 5.7x28mm, Guns and Weapons for Law Enforcement, November 1988, auf URL: Remtek P90, eingesehen am 3. August 2008
  2. David Th. Schiller: Zukunftsmusik, In: Visier, 10/1996, Seite 40
  3. a b 5.7 x 28 mm cartridge, Jane's Ammunition Handbook 2008-2009, Kapitel: 5.7 × 28 mm cartridge
  4. a b Jean-Paul Denis, Marc Neuforge (Fabrique National Herstal) High Performance Projectile, United States Patent No. 5.012.743 vom 7. Mai 1991, eingereicht am 5. Dezember 1989
  5. Markus-Urs Felder: Die Fünf Todsünden des Flintenschießens, In: Schweizer Jäger, 06/08, Seite 58
  6. a b David Th. Schiller: Zukunftsmusik. In: Visier, 10/1996, Seite 42
  7. Stefan Perey, Jens Tigges: Gut gerüstet. In:caliber 6/2000, Seite 33
  8. 5,7 × 28 mm, The Armory, eingesehen am 31. Mai 2009
  9. 5,7 mm Man-Marker Round (MMR) Technical Data Sheet and recommended Guidelines for use, Ultimate Training Munitions, 2. April 2008
  10. David Crane: AR Five Seven (AR-57): 50-Shot 5.7x28mm AR-15 Carbine. In: Defense Review. 13. August 2008, eingesehen am 13. Dezember 2008
  11. Roxana Tiron: Singapore Company Toys With Concepts of the Future. National Defense Magazine (National Defense Industrial Association), Juni 2004, eingesehen am 13. Dezember 2008
  12. Visier Special: Spezialeinheiten, Vogt-Schild Deutschland, April 2002, Seite 69
  13. Manfred Kersten, Hamza Malalla, u. a.: Generation X, In: Visier 1/2000, Seite 25
  14. Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (WaffGuaÄndG)Vorlage:§§/Wartung/buzer G. v. 26. März 2008 BGBl. I S. 426; Geltung ab 1. April 2008
  15. a b c Manfred Kersten, Hamza Malalla u.a.: Generation X, In: Visier 1/2000, Seite 29
  16. a b c Fabian Sieber, André Maertens: Munition: Die unterschätzte Gefahr. Neue Entwicklungen bei Kleinwaffen überschreiten ethische Grenzen. November 2006
  17. a b Gernot Pieper: Polizeiliche Schusswaffenentwicklung. In: Anke Borsdorff, Martin H. W. Möllers (Hrsg.): Der Einfluss internationaler Entwicklung auf die Arbeitsfelder der Polizei. Arbeiten zu Studium und Praxis im Bundesgrenzschutz, Band 7, Lübeck, 2001, Seite 41-43, ISBN 3-930732-68-8.
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