Quisling

Quisling
Quisling in Oslo (1942)
Quisling, ein Autogramm gebend (1943)

Vidkun Abraham Lauritz Jonssøn Quisling (* 18. Juli 1887 in Fyresdal; † 24. Oktober 1945 in Oslo) war ein norwegischer faschistischer Politiker und Offizier.

Er war von 1942 bis 1945 Ministerpräsident von Norwegen, als sich die gewählte sozialdemokratische Regierung unter Johan Nygaardsvold im Londoner Exil befand.

Biographie

Quisling war Sohn des evangelischen Pfarrers und bekannten Genealogen Jon Lauritz Qvisling aus Fyresdal. Sowohl Vater als auch Mutter gehörten zu den ältesten und angesehensten Familien der Provinz Telemark.

Nachdem er die Kriegsakademie mit dem besten Abschluss, der jemals vergeben wurde, verlassen hatte, wurde er einige Jahre später zum Major befördert.

Seine politische Laufbahn begann er 1922 als Mitarbeiter Fridtjof Nansens in der Sowjetunion während der Zeit der Hungersnot. Von 1927 bis 1929 war er Diplomat in Moskau. In den 1930er Jahren näherte er sich den Faschisten ideologisch an. 1931 wurde er Kriegsminister und verließ die Regierung 1933 wieder.

Am 13. Mai 1933 gründeten Quisling und der Generalstaatsanwalt Johan Bernhard Hjort die faschistische Partei Nasjonal Samling („Nationale Einheit“). Nasjonal Samling war strikt antidemokratisch nach dem Führerprinzip aufgebaut. Quisling war der Fører („Führer“) der Partei, vergleichbar mit der Stellung Adolf Hitlers in der NSDAP. Die Partei konnte nur bescheidene Erfolge verzeichnen. Bei den Wahlen von 1933, vier Monate nach der Parteigründung, erreichte sie 27.850 Stimmen (etwa zwei Prozent), hauptsächlich durch die Unterstützung der „Norwegischen Bauernhilfe“, zu welcher Quisling noch aus seiner Amtszeit als Kriegsminister Verbindungen hatte. Als sich ab 1935 die Parteilinie weg von einer religiös geprägten hin zu einer pro-deutschen und antisemitischen Politik hin wandelte, nahm die Unterstützung durch die Kirchen ab. Bei den Wahlen 1936 erhielt die Partei weniger Stimmen als 1933. Die Partei wurde zunehmend extremistisch, und nach der deutschen Invasion war die Mitgliederzahl auf 2.000 gesunken. Unter der deutschen Besatzung waren bis 1945 allerdings 45.000 norwegische Kollaborateure in die Partei eingetreten.

Während des deutschen Überfalls auf Norwegen am 9. April 1940 war Quisling der erste Mensch in der Geschichte, der einen Staatsstreich in einer Nachrichtensendung verkündete. In den Wirren der Invasion rief er eine vorläufige Regierung aus, in der Hoffnung, von den Deutschen unterstützt zu werden. Ursache für sein Handeln war die Flucht des norwegischen Königs Haakon VII. in den Norden. Quisling befürchtete, dass die Deutschen die gesamte politische Machtausübung für sich beanspruchten, zum Nachteil der norwegischen Bevölkerung. Quisling hatte zwar im Jahr davor Adolf Hitler in Deutschland besucht, konnte jedoch nicht seine Sympathie gewinnen. Hitler hielt ihn schlicht für unnütz. In der Bevölkerung hatte Quisling wenig Rückhalt, so dass die Regierung Quisling lediglich fünf Tage andauerte.

Josef Terboven wurde als Reichskommissar eingesetzt, als höchstes und unmittelbares Vollzugsorgan Adolf Hitlers. Obwohl das Verhältnis zwischen Quisling und Terboven als angespannt galt, bot Terboven Quisling 1942 den Posten des Ministerpräsidenten an, vermutlich weil es ihm vorteilhaft erschien, einen Norweger eine gehobene Machtposition innehaben zu lassen, um so Unzufriedenheiten in der Bevölkerung möglichst gering zu halten. Quisling trat dieses Amt dann am 1. Februar 1942 an.

Vidkun Quisling blieb bis zu seiner Verhaftung am 9. Mai 1945 an der Macht. Festgenommen wurde er in einer Villa auf Bygdøy in Oslo, welcher er den Namen Gimle gegeben hatte, in der nordischen Mythologie der Ort, an dem sich die Überlebenden von Ragnarök im Himmel zusammenfinden im Haus des Guten. Das Haus wurde später in Villa Grande umbenannt und dient heute als Holocaust-Museum. Quisling wurde zusammen mit zwei anderen Parteigrößen, Albert Viljam Hagelin und Ragnar Skancke, wegen Hochverrat zum Tode durch Erschießen verurteilt und am 24. Oktober 1945 in der Festung Akershus hingerichtet. Das Todesurteil ist in Norwegen sehr umstritten, da die Todesstrafe erst durch die Exilregierung – mutmaßlich in Erwartung der Nachkriegsprozesse – wieder eingeführt wurde.

Quislings russische Frau Maria Wassiljevna lebte bis zu ihrem Tod 1980 in Oslo. Quisling und seine Frau hatten keine Kinder.

Bis heute gilt der Name Quisling als der Inbegriff von Kollaboration und Verrat und ist als Bezeichnung für einen Kollaborateur in verschiedene Sprachen eingegangen, neben dem Norwegischen gibt es den Begriff u. a. in der deutschen, englischen und schwedischen Sprache. Der Ausdruck wurde durch die britische Zeitung The Times im April 1940 maßgeblich geprägt.

Literatur

  • Hans-Dietrich Loock: Quisling, Rosenberg und Terboven. Zur Vorgeschichte und Geschichte der nationalsozialistischen Revolution in Norwegen. Deutsche Verlagsanstalt, 1970. 
  • Hans Fredrik Dahl: Quisling. A Study in Treachery. Cambridge University, 1999, ISBN 0521496977. 
  • Else M. Barth: A Nazi Interior: Quisling's Hidden Philosophy. Lang, Frankfurt 2003, ISBN 3631508166. 
  • Alexandra Andreevna Voronine Yourieff, W. George Yourieff, Kirsten A. Seaver: In Quisling's Shadow: The Memoirs of Vidkun Quisling's First Wife, Alexandra. Hoover Institution Press, 2007, ISBN 0817948325. 
  • Stanley G. Payne: Il fascismo: Origimi, storia e declino delle dittature che si sono imposte tra le due guerre. Newton Compton, Rom 2006. 

Weblinks



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