RWKS

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Das Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat (RWKS) war ein Vertriebskartell in Rechtsform einer Aktiengesellschaft zum Verkauf der Kohle aus dem rheinisch-westfälischen Kohlenrevier. Es hatte seinen Sitz in Essen und existierte von 1893 bis 1945.

Das Syndikat wurde im Februar 1893 als Nachfolger verschiedener kleinerer Kartelle durch Emil Kirdorf gegründet. Ziel des Syndikats war es, Fördermengen, Preis und Absatz der beteiligten Zechen zu regeln und so einen „ungesunden“ Konkurrenzkampf zu verhindern. Aufgrund seiner Bedeutung als zentrales Vertriebsorgan für die beteiligten Unternehmen wurde das RWKS aber auch zu einer bedeutenden wirtschaftspolitischen Einrichtung, die Marktinformationen beschaffte, internationale Kontakte knüpfte sowie Unternehmer der Schwerindustrie zur Festlegung einheitlicher Meinungen und Standpunkte zusammenbrachte.

Das RWKS legte jährlich neue Beteiligungsziffern, also Fördermengen, für jede Zeche fest. Dabei blieben insbesondere Selbstverbrauch und Deputate unberücksichtigt. Dies begünstigte die Entstehung von Hüttenzechen, da durch die vertikale Integration mit Stahl- und Hüttenbetrieben deren enormer Verbrauch als Eigenbedarf gezählt wurde und eine Zeche so die Fördermengenbegrenzung umgehen konnte. Wesentliche Nutzer dieses Vorgehens waren Hugo Stinnes und August Thyssen.

Ab 1915 traten auch die staatlichen preußischen Zechen (Bergfiskus) dem Kartell bei. 1934 wurde das Kartell um die Zechen des Aachener Bergbaureviers und 1935 um die des Saarlandes ergänzt. Nach der Novemberrevolution wurde das Kohlen-Syndikat in eine halböffentliche Körperschaft unter Beteiligung des Freistaats Preußen mit erweiterter Mitbestimmung umgewandelt. 1923 wurde sein Sitz während der französischen Besetzung des Ruhrgebiets kurzfristig nach Hamburg verlegt. 1945 wurde das Kartell durch die Besatzungsmächte aufgelöst.

Aufsichtsratsvorsitzende

Finanzierung der NSDAP?

Im Jahr 1931 kursierten verschiedene Gerüchte, wonach das Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat sich an der Finanzierung der NSDAP beteiligen würde. So verkündete Rudolf Breitscheid, der Fraktionsvorsitzende der SPD, am 14. Oktober vor dem Reichstag, er habe erfahren, dass die Kohleindustrie eine Abgabe von 50 Pfennig pro geförderte Tonne Kohle an die NSDAP und die DNVP zahlen würde. Dies war schon dadurch unwahrscheinlich, dass die Produktionskosten einer Tonne Kohle unter diesem Betrag lagen. Träfe dies zu, hätten die beiden Parteien jährlich rund 50 Millionen Reichsmark zur Verfügung gehabt, eine Summe, die offenkundig zu hoch wäre. [1] Ähnliches berichtete der Oberpräsident von Sachsen Carl Falck im Dezember 1931 an den preußischen Innenminister Carl Severing: Er habe eine Mitteilung erhalten, „die auf industrielle Kreise zurückgeht“, wonach das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat 1931 annähernd zwei Millionen Reichsmark an die NSDAP gespendet haben. [2] Diese Gerüchte konnten nie bestätigt werden: Der langjährige Geschäftsführer des Kohle-Syndikats Albert Janus erklärte 1947 an Eides Statt, es habe vor 1933 keinerlei Zahlungen an die NSDAP gegeben.[3] Der amerikanische Historiker Henry Ashby Turner, der die Beziehung zwischen Großindustrie und NSDAP eingehend untersucht hat, konnte in den Archiven auch keinerlei Belege dafür finden.[4] Auch mache die Tatsache, dass seit 1919 Vertreter der sozialdemokratisch geführten preußischen Landesregierung und der sozialistischen Gewerkschaften in seinem Aufsichtsrat saßen, eine Finanzierung der Nationalsozialisten durch das Kohlen-Syndikat unwahrscheinlich.[5]

Einzelnachweise

  1. Henry Ashby Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 223ff
  2. Georg Franz-Willing: Die Hitler-Bewegung 1925 bis 1934. Preußisch-Oldendorf 2001, S. 333.
  3. Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, a.a.O., S. 476
  4. Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. a.a.O., S. 3ff, S. 224 - 230 u. ö.
  5. Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, a.a.O., S. 227

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