Refactoring

Refactoring

Refactoring (deutsch auch Refaktorierung, Restrukturierung oder Umgestaltung) bezeichnet in der Software-Entwicklung die manuelle oder automatisierte Strukturverbesserung von Programm-Quelltexten unter Beibehaltung des beobachtbaren Programm-Verhaltens. Dabei sollen die Lesbarkeit, Verständlichkeit, Wartbarkeit und Erweiterbarkeit verbessert werden, mit dem Ziel, den jeweiligen Aufwand für Fehleranalyse und funktionale Erweiterungen deutlich zu senken.

Refactoring ist auch ein wichtiger Bestandteil des Extreme Programming.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsherkunft

Der Begriff wurde zum ersten Mal in einer Arbeit von Ralph Johnson und William Opdyke 1990 gebraucht („Refactoring: An aid in designing application frameworks and evolving object-oriented systems“. In: Proceedings of Symposion on Object-Oriented Programming Emphasizing Practical Applications (SOOPPA), September 1990). Opdyke promovierte 1992 zu dem Thema.

Sie entwickelten die Idee einer Software-Refactory, die das Umgestalten (eben das re-factoring) von Software-Programmen erleichtern sollte.

Die unzutreffende Übersetzung Refaktorisierung stammt aus einer Verwechslung mit einer häufig zitierten Analogie, die ursprünglich nicht Begriffsinhalt war: Refactoring ist eine Art, ein Programm so zu modifizieren, dass verborgene Strukturen offengelegt werden, ohne die Funktionalität zu ändern. Dies, so der (fälschliche) Analogieschluss, entspreche dem Vorgehen der Faktorisierung von Polynomen in der Mathematik.

Vorgehensweise

Refactoring wird hauptsächlich auf unschöne Stellen im Code (siehe Code-Smell) angewandt. Dabei wird der Quelltext eines Computerprogramms umgestaltet, wobei die tatsächliche Programmfunktion unverändert bleiben soll. Die Umgestaltung des Quelltextes erfolgt meist nach folgenden Gesichtspunkten:

  • Lesbarkeit
  • Übersichtlichkeit
  • Verständlichkeit
  • Erweiterbarkeit
  • Vermeidung von Redundanz
  • Testbarkeit

Die Gesichtspunkte des Refactorings hängen eng mit den daraus resultierenden Vorteilen zusammen. Das Refactoring hat ein Analogon in der Mathematik in einer Vorgehensweise, die als algebraische Umformung bezeichnet wird, bei der das Ziel der Umformung ebenfalls eine bessere Lesbarkeit, Verständlichkeit und ggf. Erweiterbarkeit (des Gleichungssystems) ist. Aus diesem Grunde sind funktionale Sprachen (LISP, Haskell, OCaml, Erlang usw.) wesentlich besser geeignet, ein Refactoring durchzuführen, da sie auf einem mathematischen Paradigma der Programmierung basieren.

Das Refactoring wird erleichtert und unterstützt durch:

  • Unit-Tests, die als Regressionstests belegen können, dass das Verhalten des Programm sich unter gleichen Bedingungen nicht geändert hat und durch das Refactoring nicht versehentlich Fehler eingeführt wurden,
  • Werkzeuge, insbesondere integrierte Entwicklungsumgebungen, die eine Unterstützung bei der Durchführung von Refactorings anbieten,
  • funktionale Programmiersprachen (unter anderem, weil man Code bei funktionalen Sprachen mit mathematischen Methoden auf Korrektheit prüfen kann),
  • eine Programmiersprache mit einem strengen Typsystem (z. B. bei der Programmiersprache OCaml), welches schon im Vorfeld (zur Compile-Time) viele Fehler ausschließt, weil es dafür sorgt, dass die Signatur (Interface) dieselbe bleibt, auch wenn die Struktur (Implementierung) sich ändert. Dies erspart viele Unit-Tests schon im Vorfeld (da es viele Fehlerquellen ausschließt).

Mögliche Refactorings

Folgendes sind besonders häufig eingesetzte Refactorings:

  • Änderung eines Symbolnamens.
  • Verschieben eines Symbols in ein anderes Modul, z. B. eine Methode in eine andere Klasse.
  • Aufteilung eines Moduls (z. B. Paket, Klasse, Methode) in mehrere kleinere Module oder Zusammenlegung kleinerer Module zu einem größeren.
  • Im weitesten Sinne auch die Umformatierung eines Quelltextes, z. B. mit einem Beautifier.
  • Bei geänderten Geschäftsprozessen bei Darstellung mittels der Unified Modeling Language UML kann mittels "Refactoring" der Programmcode geändert werden. Dadurch wird eine robuste und stabile Systemarchitektur geschaffen, da unübersichtliche Änderungen nicht im Code initiiert werden müssen.
  • Anwenden von Higher-Order-Functions in funktionalen Programmiersprachen
  • Auslagern (refactor'n) der gemeinsamen abstrakten Logik mehrerer Module in Funktoren. (Funktoren sind parametrisierte Module, die Module als Parameter erhalten und Module als Ergebnis liefern.)

Vorteile

Refactoring dient der Verbesserung der Wartbarkeit des Designs in der Art, dass es für den Programmierer leichter wird, den bestehenden Code funktional zu erweitern oder an anderer Stelle wiederzuverwenden. Dies versucht man zu erreichen, indem man den Code bezüglich folgender Kriterien verbessert:

  • Lesbarkeit, so dass möglichst viele Programmierer verstehen, was der Code tatsächlich macht
  • Testbarkeit (siehe Unit-Test), so dass es möglich wird, die korrekte Arbeitsweise des Codes für die Zukunft durch Regressionstests abzusichern
  • Modularität und Redundanz, so dass konkrete Problemlösungen von anderer Stelle genutzt werden können und nicht mehrfach implementiert sind

Im üblichen Softwareentwicklungszyklus ist ein fortwährender Kreislauf von Spezifikation, Design, Implementierung und Tests vorgesehen. Nach jedem Durchlauf kann das Softwareprodukt immer wieder neu in diesen Kreislauf einsteigen. Mit den klassischen Techniken hieß das jedoch, dass nach einer Änderung der Spezifikation oder einem Redesign oft Teile oder sogar das ganze Programm völlig neu geschrieben werden mussten. Refactoring erlaubt dem Entwickler diesen Zyklus permanent im Kleinen ablaufen zu lassen, und so sein Produkt kontinuierlich zu verbessern.

Risiken und deren Handhabung

Refactoring wird nur auf funktionierendem Code ausgeführt (dessen Funktionalität soll ja erhalten bleiben). Dies beinhaltet aber auch das Risiko ungewünschter Änderungen und Fehler. Um dieses Risiko zu vermeiden (oder wenigstens zu minimieren) verwendet man verschiedene Regeln, die den Prozess des Refaktorisierens ungefährlicher machen.

Zuerst sollte man eine Reihe automatisch ablaufender Unit-Tests haben. Diese werden vor dem Refactoring angewandt, und man beginnt erst, wenn die Tests alle funktionieren. Dies stellt sicher, dass das Programm richtig läuft. Nach Ausführung des Refactoring wird wieder die Testsuite ausgeführt. So kann man einige Fehler beim Refactoring sofort erkennen. Falsch wäre jedoch die Aussage, dass Unit-Tests das Refactoring sicher machen könnten, Unit-Tests senken lediglich die Risiken des Refactorings.

Weiterhin gilt das Prinzip der kleinen Änderungen. Wenn man nur wenig verändert, so kann man hoffen, auch nur wenig zu zerstören, falls man durch das Refactoring Fehler einträgt (trotzdem können kleine Ursachen große Auswirkungen haben). Meistens kann man komplexe Refactorings, die man plant, in einfache kleine Einheiten zerlegen. Vor und nach jedem Schritt wird wieder durch die Tests die Integrität des Systems geprüft. Durch die Verwendung automatisierter Refactoring-Funktionen (wie sie z. B. von Eclipse oder Borland Delphi ab Version 2005 zur Verfügung gestellt werden) lassen sich ebenfalls Fehlerquellen effektiv ausschließen sowie der eigene Arbeitsaufwand minimieren.

Schließlich gibt es einen Katalog von Refactoring-Mustern, die ähnlich wie die Entwurfsmuster eingesetzt werden, um Fehler zu vermeiden. Dabei ist in jedem Muster eine Reihe von Parametern definiert. Da wäre erstmal das Ziel des Musters (Methode extrahieren, Klasse umbenennen, etc.) und dazu dann eine Reihe von Arbeitsanweisungen, die für diese Aktion ausgeführt werden müssen. Viele dieser Muster können heutzutage automatisch von Werkzeugen umgesetzt werden. Man trifft als Softwareentwickler nur noch die Entscheidung, welches Muster worauf angewendet wird, um den Quelltext zu verbessern. Es ist jedoch zu beachten, dass die Mechanismen oftmals noch recht fehleranfällig sind. Im besten Fall kommt es durch so verursachte Fehler zu einem Problem beim Übersetzen, aber auch Laufzeitfehler können die Folge sein. Ein umfangreiches, möglichst automatisiertes Testen ist daher nach einem Refactoring immer erforderlich.

Beispiel

Dieser Java-Code vor dem Refactoring enthält eine temporäre Variable, die für mehrere Zwecke verwendet wird und einen nichtssagenden Namen besitzt:

    double x = 2 * (breite + hoehe);
    System.out.println("Umfang: " + x);
    x = breite * hoehe;
    System.out.println("Fläche: " + x);

Durch Refactoring wird für jeden der Verwendungszwecke eine getrennte Variable deklariert, die jeweils einen aussagekräftigen Namen trägt:

    double umfang = 2 * (breite + hoehe);
    System.out.println("Umfang: " + umfang);
    double flaeche = breite * hoehe;
    System.out.println("Fläche: " + flaeche);

Literatur

  • Martin Fowler: Refactoring. Wie Sie das Design vorhandener Software verbessern. Addison-Wesley Verlag, ISBN 3-8273-1630-8.
  • Robert C. Martin: Clean Code: Refactoring, Patterns, Testen und Techniken für sauberen Code. mitp, Frechen März 2009, ISBN 978-3826655487.
  • William C. Wake: Refactoring Workbook. Addison-Wesley, ISBN 0-321-10929-5.
  • Joshua Kerievsky: Refactoring To Patterns. Addison-Wesley, ISBN 0-321-21335-1.
  • Ch. Bommer, M. Spindler, V. Barr: Softwarewartung – Grundlagen, Management und Wartungstechniken, dpunkt.verlag, Heidelberg 2008, ISBN 3-89864-482-0

Werkzeuge

Weblinks


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