Authentisch

Authentisch

Authentizität (gr. αυθεντικός authentikós „echt“) bedeutet Echtheit im Sinn „als Original befunden“. Das Adjektiv zu Authentizität heißt authentisch.

Inhaltsverzeichnis

Authentizität von Gegenständen/Informationen

Geschichte

Authentizität von verschiedenen aufgefundenen Gegenständen (z. B. Kunstwerken, Münzen, Schriftstücken) bedeutet, dass der zu untersuchende Gegenstand tatsächlich von der Person oder Quelle stammt, von der er vorgibt zu stammen, also keine Fälschung ist.

Informatik

Eine Nachricht wird dann als authentisch bezeichnet, wenn sie sicher einem Sender zugeordnet werden kann. Digitale Signaturen bieten eine Möglichkeit, die Authentizität einer Nachricht nachzuweisen.

Anhand des "Problems der byzantinischen Generäle" kann man viele Fragestellungen zur Authentizität von Informationen untersuchen. Bei diesem Szenario belagern mehrere Generäle, die sich gegenseitig nicht vertrauen, Byzanz, und lassen sich Mitteilungen zukommen. Gesucht sind Algorithmen zur sicheren Übertragung und Verifikation dieser Mitteilungen, da der Absender oder eine ganze Mitteilung von einem anderen gefälscht sein kann, Mitteilungen durch abgefangene Boten verloren gehen oder durch gefälschte Mitteilungen ersetzt werden können.

Siehe auch: Authentifizierungsmerkmal

Rhetorik

Die Rhetorik verhandelt die Authentizitätsfrage auf der Textebene und der Ebene der rednerischen Performanz (Aufführung). Es handelt sich dabei um eine Inszenierung, die ihre Inszeniertheit zu verbergen und so einen Echtheits- bzw. Wirklichkeitseffekt zu erzeugen sucht (vgl. das Prinzip der dissimulatio artis). Authentizität ist nicht als Eigenschaft, die einem Text oder einer Person einfach innewohnt, zu verstehen, sondern als Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses, das auf die rednerische Intention zurückzuführen ist.

Auf der Textebene entsteht Authentizität durch Verbergen der Hergestelltheit des Textes, hier sind Medien wie Film oder Fotografie sehr erfolgreich. In Bezug auf die rednerische Performanz steht der Begriff der Authentizität in einem engen Verhältnis mit dem Ethos einer Person, in der Rhetorik dem Orator. Um authentisch zu wirken, muss der Orator ein Ethos erzeugen, das Unverfälschtheit und Echtheit suggeriert.

Fachdidaktik

In der Fachdidaktik versteht man unter Authentizität, dass das vorliegende Material (z.B. Interview, Film, Nachrichtensendung, Zeitungsartikel, Hinweisschild, etc.), welches ein Lehrer benutzt, nicht für den Unterricht entworfen oder verändert wurde.

In der Fremdsprachendidaktik werden Situationen dann als "authentisch" angesehen, wenn sie unmittelbar-real (in der schulischen oder außerschulischen Lebenswelt) oder als lebensecht akzeptierbar sind und es den Schülern somit ermöglichen, mit "Handlungspartnern" zu kommunizieren. Wesentlich für die Authentizität einer Situation ist es also, dass sie von den Kommunikationspartnern als lebensecht akzeptiert wird.[1]

Musik

In der Musik werden gewisse Kirchentonleitern als authentisch bezeichnet, im Gegensatz zu den plagalen Kirchentonleitern.

Recht

In der Rechtswissenschaft wird der vom Gesetzgeber selbst veröffentlichte Wortlaut einer Bestimmung authentisch genannt. Im Gegensatz dazu stehen andere Verlautbarungen oder Veröffentlichungen wie beispielsweise in Lehrbüchern oder Kommentaren, die entgegen der authentischen Version nicht im Wortlaut rechtsverbindlich sind. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Überschriften von Paragraphen in den meisten deutschen Gesetzen. In der authentischen Fassung der Gesetze (in Deutschland ausschließlich die Verlautbarung im Bundesgesetzblatt) haben die einzelnen Paragraphen keine Überschrift, während sie in vielen Veröffentlichungen von Verlagen nicht-authentische (d.h. inoffizielle und daher rechtlich unverbindliche) Überschriften enthalten. Österreich ist das erste europäische Land, das die Onlineversion des Bundesgesetzblattes (im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) anstelle der ebenfalls veröffentlichten Papierform als authentisch betrachtet.

Marketing

Innerhalb der strategischen Markenführung wird Marken-Authentizität als "Wahrhaftigkeit des proklamierten Markennutzenversprechens" definiert. Der proklamierte Markennutzen bezieht sich dabei auf die Markenpositionierung, d. h. dem Aussagekonzept der Marke, das extern an die Konsumenten kommuniziert wird.

Authentizität von Personen

Angewendet auf Personen bedeutet Authentizität, dass das Handeln einer Person nicht durch externe Einflüsse bestimmt wird, sondern aus der Person selbst stammt (wenn bei einer Person allerdings die Eigenschaft, dass ihr Handeln durch externe Einflüsse bestimmt wird, aus der Person selbst stammt, spricht man von einer authentischen Inauthentizität, auch von der Authentisch inauthentischen Persönlichkeit). Gruppenzwang und Manipulation beispielsweise unterwandern persönliche Authentizität.

Eine als authentisch bezeichnete Person wirkt besonders echt, das heißt, sie vermittelt ein Bild von sich, das beim Betrachter als real, urwüchsig, unverbogen, ungekünstelt wahrgenommen wird. Dabei muss es sich nicht notwendigerweise um die realen Eigenschaften des Betrachteten handeln, sondern es können auch Zuschreibungen des Betrachters diese Eindrücke verursachen, die etwa auch Teil einer gelungenen Inszenierung darstellen können. Ist die Inszenierung übertrieben, wirkt sie schnell Klischee-haft und wird zum Kitsch (siehe auch Medientheorie).

Wirtschaft: Auch in der Management-Sprache bezeichnet man es oft bereits als Authentizität, wenn eine Person den Effekt von Echtheit erweckt. Dies ist Ergebnis der Rolle als pars-pro-toto-Repräsentant für eine Unternehmensmarke (vgl. Repräsentanz Expert (Hrg., 2004); Wachtel 2003)

Postmoderne/Existentialismus

In der Postmoderne stellen sich die Fragen von Authentizität und Künstlichkeit, Original, Fälschung und Serie unter neuen Bedingungen. Philosophen wie Jean Baudrillard beschäftigten sich theoretisch mit dem Authentischen, Künstler wie Andy Warhol spielten damit. In der Philosophie des Existentialismus ist die Authentizität ein technischer Term.

Sartre redet davon, dass die unauthentische Seinsweise durchaus die übliche Seinweise des Menschen ist. Sie entspringt der sogenannten komplizenhaften Reflexion. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Mensch mit bestimmten gesellschaftlich relevanten Seiten (Status, Beruf) seiner Persönlichkeit identifiziert und darüber hinausgehende Facetten seiner Persönlichkeit ignoriert. So meint z.B. ein Professor immer eine Rolle als Professor (mit professoralem Gehabe, immer nachdenklich, Zerstreutheit usw.) spielen zu müssen oder treten Angehörige gehobener Gesellschaftsschichten immer bewusst distinguiert auf. Komplizenhaft wird die dahinterstehende Reflexion deshalb genannt, weil jeder Mensch tiefinnerlich natürlich weiß, dass er viel mehr als das zur Schau gestellte ist. Diese Identifikation kann auch mit bestimmten Seiten des Charakters erfolgen, die von dem betreffenden Menschen akzeptiert sind, in der Weise, dass er zum Beispiel Wert darauf legt, immer als der zurückhaltende, verlässliche, junge Mann wahrgenommen zu werden und infolgedessen auch so etwas wie eine Rolle spielt.

Hinzu kommt, dass man in der Wahrnehmung der anderen Menschen ausschnittartig erscheint und der andere Mensch dazu neigt, den wahrgenommenen Menschen zu taxieren und in zwei, drei Sätzen zu charakterisieren, um ihn einordnen zu können. Im Prinzip stellt die unauthentische Seinsweise eine Identifikation mit diesem Bilde dar, welches man (und das ist die Wechselwirkung) in der Wahrnehmung anderer bewusst erzeugen kann, wenn man dabei auf charakterliche Schemata zurückgreift und diese in seine Selbstinszenierung einbaut. Eine authentische Seinsweise entsteht nach diesem Konzept immer nur katastrophenhaft und zwar dann, wenn die eben beschriebenen Verhaltensweisen, die ja lebenspraktisch durchaus von Belang sind, zusammenbrechen: dieser Übergang wird Konversion genannt und führt zur reinen Reflexion, die das augenzwinkernde Einverständnis mit gesellschaftlich vorgezeichneten Verhaltensmustern aufgegeben hat.

Quellen

  1. Vgl. Gerhard Bach & Johannes-Peter Timm: "Handlungsorientierung als Ziel und als Methode". In: Gerhard Bach & Johannes-Peter Timm (Hg.): Englischunterricht. Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis (3., vollst. überarb. u. verbess. Aufl.). Tübingen, Basel: A. Francke, 2003, 4-7 und 11-13.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Knieper / Marion G. Müller (Hrsg.): Authentizität und Inszenierung von Bilderwelten. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2003.
  • Helmut Lethen: Versionen des Authentischen: sechs Gemeinplätze. In: Hartmut Böhme / Klaus R. Scherpe: Literatur und Kulturwissenschaften – Positionen, Theorien, Modelle. Rowohlt Taschenbuchverlag Reinbek 1996.
  • Erika Fischer-Lichte / Isabel Pflug (Hrsg.): Inszenierung von Authentizität. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 2000.
  • Repräsentanz Expert (Hrg.); Corporate Speaking. Auftritte des Spitzenmanagements. Bonn und London 2006
  • Wachtel, Stefan: Rhetorik und Public Relations. München 2003
  • Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. 14. Aufl. Frankfurt/Main 1998.
  • C. Burmann / M. Schallehn: Die Bedeutung der Marken-Authentizität für die Markenprofilierung. Bremen: Arbeitspapier 31, Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement Universität Bremen, 2008.
  • Günther Anders: Über Echtheit. In: ders. Über das Haben. Bonn: Cohen Verlag. 1928

Weblinks


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