Rezzori

Rezzori

Gregor von Rezzori (* 13. Mai 1914 in Czernowitz in der Bukowina, Österreich-Ungarn; † 23. April 1998 in Donnini, Toscana, Italien) war ein deutschsprachiger Schriftsteller und Filmschauspieler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rezzori entstammte einer sizilianischen Familie, die Mitte des 18. Jahrhunderts über Norditalien nach Wien kam. Rezzoris Großvater arbeitete als Architekt im Dienst der österreichisch-ungarischen Monarchie. Sein Vater war Beamter in Czernowitz, daher erhielt die Familie nach dem endgültigen Zusammenbruch der Donaumonarchie 1919 die rumänische Staatsbürgerschaft. Wegen der abermaligen Änderung des Grenzverlaufs wurde Gregor von Rezzori ab 1940 sowjetischer (ukrainischer) Staatsangehöriger. Später lebte er vierzig Jahre lang als Staatenloser und entschied sich dann 1982 für die österreichische Staatsangehörigkeit.

Rezzori besuchte Gymnasien in Kronstadt (Siebenbürgen), Fürstenfeld (Steiermark) und Wien. In Leoben studierte er Bergbau, in Wien Architektur und Medizin. Er unterbrach diese Studien, um seinen Militärdienst in Rumänien abzuleisten. Anschließend blieb Rezzori vier Jahre lang zeichnend und malend in Bukarest und absolvierte ein Kunststudium in Wien. 1938 kam er nach Berlin und begann zu schreiben.

Mit Unterhaltungsromanen führte sich Rezzori in den Literaturbetrieb ein. Nach Kriegsende arbeitete er vor allem als Journalist und Hörfunkautor. Bis 1948 war er beim NWDR beschäftigt (später als freier Mitarbeiter) und erzählte für das Nachtprogramm die ersten seiner Maghrebinischen Geschichten. Diese witzigen, mitunter tolldreisten Anekdoten und Legenden aus dem balkanesischen Phantasieland Maghrebinien begründeten Rezzoris Welterfolg als Schriftsteller. Sie erschienen 1952 in Buchform. Nebenher blieb Rezzori als Drehbuchautor tätig und wirkte in rund einem Dutzend Filme als passionierter Gelegenheitsschauspieler mit (z. B. Viva Maria! 1965). Rezzori war seit 1958 Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland.

Aus seiner ersten Ehe mit Priska von Tiedemann stammen drei Söhne. Eine zweite Ehe mit der Malerin Hanna Axmann wurde nach kurzer Zeit geschieden. 1967 heiratete er Beatrice Monti della Corte, die in Mailand die Galleria dell'Ariete zu einer namhaften modernen Kunstgalerie machte. Auch befasste Rezzori sich intensiv mit Kunst. Seine private Sammlung, die auf die Wohnsitze in der Toskana, auf Rhodos und in Mailand verteilt wurde, legte davon Zeugnis ab. Das Feuilleton würdigte Rezzori als Chronisten einer versunkenen Epoche, der das Schreiben mit leichter Hand zur Meisterschaft gebracht hatte.

In seinen letzten Lebensjahren war er regelmäßig als Autor der österreichischen Tageszeitung "Kurier" tätig.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

  • Flamme, die sich verzehrt, Roman, 1940
  • Rombachs einsame Jahre, Roman, 1942
  • Rose Manzani, Roman, 1944
  • Maghrebinische Geschichten, 1953
  • Ödipus siegt bei Stalingrad, 1954
  • Männerfibel, 1955
  • Ein Hermelin in Tschernopol. Ein maghrebinischer Roman, 1958
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 1: Hochadel, 1962
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 2: Adel, 1962
  • Bogdan im Knoblauchwald. Ein maghrebinisches Märchen, 1962
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 3: Schickeria, 1963
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 4: Prominenz, 1965
  • Die Toten auf ihre Plätze. Tagebuch des Films Viva Maria, 1966
  • 1001 Jahr Maghrebinien. Eine Festschrift, 1967
  • Der Tod meines Bruders Abel, Roman, 1976
  • Greif zur Geige, Frau Vergangenheit, Roman, 1978
  • Memoiren eines Antisemiten, Roman, 1979
  • Der arbeitslose König. Maghrebinisches Märchen, 1981
  • Kurze Reise übern langen Weg. Eine Farce, 1986
  • Blumen im Schnee – Portraitstudien zu einer Autobiographie, die ich nie schreiben werde. Auch: Versuch der Erzählweise eines gleicherweise nie geschriebenen Bildungsromans, 1989
  • Über dem Kliff, Erzählung, 1991
  • Begegnungen, 1992
  • Ein Fremder in Lolitaland. Ein Essay, 1993 (übersetzt aus dem Amerik. von Uwe Friesel)
  • Greisengemurmel. Ein Rechenschaftsbericht, 1994
  • Italien, Vaterland der Legenden, Mutterland der Mythen. Reisen durch die europäischen Vaterländer oder wie althergebrachte Gemeinplätze durch neue zu ersetzen sind, 1996
  • Frankreich. Gottesland der Frauen und der Phrasen. Reisen durch die europäischen Vaterländer oder wie althergebrachte Gemeinplätze durch neue zu ersetzen sind, 1997
  • Mir auf der Spur, 1997
  • Kain. Das letzte Manuskript, 2001 (posthum erschienen)

Filme

Als Darsteller wirkte Rezzori in folgenden Filmen:

  • Sie, 1954
  • El Hakim, 1957
  • Paprika, 1959
  • Bezaubernde Arabella, 1959
  • Das Riesenrad, 1961
  • Esame di guida - tempo di Roma, 1962
  • Vie privée, 1962
  • Un mari à un prix fixe, 1963
  • Die Lady, 1964
  • Viva Maria!, 1965
  • Michael Kohlhaas – Der Rebell, 1969
  • Le beau monde, 1981

Als (Co-)Drehbuchautor wirkte Rezzori mit bei:

  • Kopfjäger von Borneo, 1936 (Text von 1952)
  • Unter den Sternen von Capri, 1953
  • Labyrinth, 1959
  • Sturm im Wasserglas, 1960
  • Geliebte Hochstaplerin, 1961
  • Die Herren, 1965
  • Mord und Totschlag, 1967

Literatur

  • Valentina Glajar: The German legacy in East Central Europe as recorded in recent German literature. Columbia, SC: Camden House. 2004. ISBN 1-57113-256-2
  • Katarzyna Ja´stal: Erzählte Zeiträume. Kindheitserinnerungen aus den Randgebieten der Habsburgermonarchie von Manès Sperber, Elias Canetti und Gregor von Rezzori. Kraków: Aureus. 1998. ISBN 83-87887-04-8
  • Gerhard Köpf: Vor-Bilder. Tübinger Poetik-Vorlesung. Tübingen: Konkursbuchverl. 1999. ISBN 3-88769-705-7
  • Jacques Lajarrige: Gregor von Rezzori. Etudes réunies. Mont-Saint-Aignan: Univ. de Rouen, Centre d'Études et de Recherches Autrichiennes 2003. (= Austriaca; 54) ISBN 2-87775-340-9
  • Thorsten Windus: Bibliographie Gregor von Rezzori, in: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik, Jg.35, Bd.3/1990, Ausgabe 159, S.99-111
  • Playboy. Alles, was Männern Spaß macht, 5/1982, S.3.

Weblinks


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