Autonome Regionen Spaniens

Autonome Regionen Spaniens
Autonome Gemeinschaften Spaniens

Als autonome Gemeinschaften (spanisch: Comunidades Autónomas, abgekürzt CC.AA.) werden die Regionen Spaniens bezeichnet. Die autonomen Gemeinschaften sind Gebietskörperschaften, die im Rahmen der spanischen Verfassung durch Autonomiestatute mit bestimmten Kompetenzen in Gesetzgebung und Vollzug ausgestattet werden. Das Maß der jeweils eingeräumten Autonomie variiert dabei von Gemeinschaft zu Gemeinschaft.

Spanien besteht insgesamt aus 17 autonomen Gemeinschaften. Dazu kommen noch die beiden autonomen Städte (ciudades autónomas) Ceuta und Melilla. Die autonomen Regionen umfassen jeweils die Gebiete mindestens einer, in der Regel aber mehrerer (bis zu neun) Provinzen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Charakterisierung der autonomen Gemeinschaften

Die Einteilung Spaniens in autonome Gemeinschaften gründet sich auf der spanischen Verfassung von 1978 (Artikel 2), die den Regionen (anders als etwa in Frankreich) ausdrücklich ihre Autonomie garantiert. Die Bildung der autonomen Gemeinschaften wird dabei durch Artikel 143 geregelt. Die Verfassung von 1978 fixiert in diesem Artikel den von seiner rechtlichen Konzeption her weltweit einmaligen Vorgang der Bildung von autonomen Verwaltungseinheiten in Form eines freien Zusammenschlusses von Provinzen und Gemeinden, an den auf eigenes Anfordern bestimmte Kompetenzen und Aufgaben der Zentralregierung delegiert werden können. Die Provinzen bestanden (als bloße Verwaltungssprengel der Zentralregierung) schon seit langer Zeit und wurden daher als geeignete, historisch gewachsene Grundlage für die Einteilung des spanischen Staatsgebietes in autonome Teilgebiete betrachtet. Sieben der so entstandenen Autonomien umfassen dabei nur eine einzige Provinz.

Für die jeweiligen Autonomiestatute sieht die Verfassung einen flexiblen Rahmen vor, der für jede Region individuell eine weiter gehende oder enger gefasste Autonomie ermöglicht. Die Autonomiestatute der einzelnen Regionen (die aufgrund der besonderen staatsrechtlichen Konzeption und anders als etwa die Länderverfassungen in einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland der ausdrücklichen Zustimmung des nationalen Parlaments bedürfen) wurden nach teilweise jahrelangen Diskussionen zumeist in den Jahren zwischen 1979 und 1983 verabschiedet. Darauf folgte ein jahrelanger Prozess allmählich wachsender Autonomie, der unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, dass schon die spanische Verfassung mehrjährige Übergangsfristen bei der Einführung der Autonomien vorsah, innerhalb derer die autonomen Gemeinschaften schrittweise von einer „Vor-Autonomie“ zu einer „vollen Autonomie“ gelangen sollten – wobei „volle“ Autonomie nicht mit Unabhängigkeit zu verwechseln ist. Aber auch innerhalb der beiden von der Verfassung (in Artikel 148 Absatz 2) vorgesehenen Gruppen „vor-“ und „vollautonomer“ Regionen gab es von Anfang an erhebliche Unterschiede.

Zu den 17 autonomen Gemeinschaften gesellten sich 1995 noch die beiden autonomen Städte Ceuta und Melilla hinzu, die eine ähnliche Autonomie genießen. So ist heute (bis auf einige kleine Inseln vor Marokko, die als sogenannte plazas de soberanía unmittelbar der Zentralregierung in Madrid unterstehen) ganz Spanien in autonome Regionen (bzw. autonome Städte) aufgeteilt.

Die autonomen Regionen sind sehr heterogen. Die beiden kleinsten Regionen, die Balearen und La Rioja, sind nur ca. 5.000 km² groß, während die beiden größten, Andalusien und Kastilien-León mit jeweils ca. 90.000 km² größer sind als Österreich. Auch die Bevölkerungszahl ist sehr unterschiedlich (301.000 in La Rioja, fast 7,5 Millionen in Andalusien). Dies erklärt zum Teil auch die großen Unterschiede im Grad der Autonomie, da sich auch die jeweilige Leistungsfähigkeit der Regionen zu einem wichtigen Teil aus ihrer Größe ergibt. So kann grob auch gesagt werden, dass die kleineren autonomen Regionen für sich nur eine schwächer ausgeprägte Autonomie in Anspruch nehmen, während die großen zahlreiche Kompetenzen des Gesamtstaats übernehmen. Einigen Gemeinschaften wurde sogar eine umfassende Steuerhoheit übertragen.

In diesem Zusammenhang ist auch die in den letzten Jahren vor allem vom Baskenland ausgegangene Diskussion über eine Neuregelung der Kompetenzverteilung zwischen dem Gesamtstaat und den autonomen Regionen zu sehen. Die Diskussion hat ihren Ursprung in der Tatsache, dass 25 Jahre nach der Verabschiedung der Autonomiestatute eine Vielzahl von zentralen Kompetenzen noch nicht wie ursprünglich festgelegt an die autonomen Regionen übertragen worden sind. Auch müssen Veränderungen seit dem Eintritt Spaniens in die Europäische Union berücksichtigt werden.

Historische Gebiete und Nationalitätsbegriff

Eine gewisse Sonderstellung nehmen vor allem Galicien, das Baskenland, Navarra und Katalonien ein, die als so genannte „historische Gebiete“ (von denen das Baskenland gar mehrere besitzt) ein besonders weitgehendes Bedürfnis nach Autonomie haben und (wie andere „historische Gebiete“ Spaniens auch) Foralrechtsgebiete sind. So haben die drei zuletzt genannten Regionen beispielsweise ihre eigenen Polizeikörper gebildet (Ertzaintza im Baskenland, Policía Foral (span.) bzw. Foruzaingoa (bask.) in Navarra und Mossos d’Esquadra in Katalonien). Die besondere Rolle der „historischen Territorien“ geht vor allem auf die durch im Mittelalter eingeräumte Foralrechte verbürgte Eigenständigkeit dieser Gebiete und ihre spätere, durch jahrhundertelange Bevormundung seitens der Zentralregierung in Madrid und die zeitweilige gewaltsame Unterdrückung aller Eigenständigkeitsbestrebungen, insbesondere unter dem faschistischen Regime Francisco Francos, geprägte Geschichte zurück. Eine wichtige Rolle spielen hierbei auch die Regionalsprachen, die während der Diktatur unterdrückt worden waren und heute in einigen historischen Gebieten als nationales Identifikationsmerkmal dienen.

Nach dem Tod Francos und der Wiederherstellung der Monarchie war die Schaffung der autonomen Regionen nicht zuletzt als Mittel zur Bewahrung der brüchig gewordenen Einheit des spanischen Staatswesens gedacht. Daraus erklärt sich auch, dass – trotz der Einteilung Spaniens in autonome Gemeinschaften und ihrer teilweise sehr weit reichenden Kompetenzen – die spanische Verfassung in ihrem Artikel 2 bestimmt, dass „die Verfassung sich auf der unauflöslichen Einheit der spanischen Nation [gründet]“.

In der Auseinandersetzung zwischen den in Spanien als „Nationalisten“ bezeichneten Vertretern nationaler Autonomie- (und teilweise auch Unabhängigkeits-)bestrebungen einzelner Bevölkerungs- oder Volksgruppen bzw. Territorien und den als „Integralisten“ bezeichneten Anhängern eines (eher) zentralistisch organisierten spanischen Nationalstaates war und ist die Frage der Nationalität der Bewohner Spaniens und seiner historisch gewachsenen Landschaften ein besonders umstrittener und emotional besetzter Punkt. Im Verfassungsprozess wurde der (ansonsten schier unlösbar erscheinende) Streit um die Existenz einer gesamtspanischen Nation (die von einigen „Nationalisten“ geleugnet wird) bzw. die Existenz anderer historischer Völker auf dem Gebiet Spaniens (die besonders von den ehemaligen faschistischen Machthabern völlig negiert wurde) durch einen begrifflichen Kompromiss gelöst: Der Begriff der „Nation“ (Nación) sollte der „spanischen Nation“ vorbehalten bleiben, während Basken, Katalanen, Galiciern und anderen Gruppen eine quasi-nationale Existenz als so genannte „Nationalitäten“ (Nacionalidades) innerhalb Spaniens zugestanden wurde. Diese Kompromissformel erlaubte es den Anhängern beider Ideologien, den faktischen Umbau des Zentralstaates zu einem Autonomiestaat mitzutragen. Dabei war allen Beteiligten jedoch klar, dass es sich um ein begrifflich wenig überzeugendes Konstrukt handelte, da der höchst „schwammigen“ Differenzierung zwischen „einer Nation“ und „vielen Nationalitäten“ keine vertretbaren staatsphilosophischen oder ethnologischen Konzepte zugrunde liegen. Es handelte sich somit um eine reine Sprachregelung, die aber aufgrund der emotionalen Aufladung dieses Themas bis auf Weiteres als unantastbar galt.

In diesem Spannungsfeld zwischen Autonomie und Einheit sorgte nun in den Jahren 2005 und 2006 der Entwurf eines neuen Autonomiestatuts für Katalonien für anhaltende politische Auseinandersetzungen, da darin von einer „katalanischen Nation“ die Rede war. Nach Zustimmung durch König Juan Carlos I. am 19. Juli 2006 trat es am 9. August 2006 in Kraft. In der Präambel des Autonomiestatuts heißt es nach mehreren Textänderungen nunmehr, dass „das Parlament von Katalonien (...) Katalonien als Nation definiert“. Im Verfassungstext selbst heißt es hingegen in Art. 1, dass „Katalonien als Nationalität die Selbstverwaltung inne[hat]“. Für die zentralistisch orientierten Kritiker der nationalen Eigenständigkeit einzelner Autonomien Spaniens ist der Begriff der „Nation“ weiterhin an die staatliche Souveränität eines Gemeinwesens gebunden und damit allein dem spanischen Gesamtstaat vorbehalten. Die konservative spanische Volkspartei hat dementsprechend vor dem spanischen Verfassungsgerichtshof gegen das katalanische Statut geklagt.

Liste der autonomen Gemeinschaften und Städte

(in alphabetischer Reihenfolge)

Name der autonomen Region Hauptstadt Amtssprache(n) Provinzen Fläche
(Anteil)
Einwohner 2007
(Anteil)
Bevölkerungsdichte BIP/Kopf (EU27=100) [1]
Andalusien
(spanisch Andalucía)
Sevilla Spanisch Almería, Cádiz, Córdoba, Granada, Huelva, Jaén, Málaga, Sevilla 87.268 km²
(17,2%)
8.039.399
(17,8%)
92,12 Einw./km² 82
Aragonien
(spanisch Aragón)
Saragossa (span. Zaragoza) Spanisch Huesca, Teruel, Saragossa 47.719 km²
(9,4%)
1.295.215
(2,9%)
26,62 Einw./km² 112
Asturien
(spanisch Asturias)
Oviedo Spanisch, Asturisch Asturien 10.604 km²
(2,1%)
1.074.632
(2,4%)
101,34 Einw./km² 94
Balearische Inseln
(spanisch Islas Baleares,
katalanisch Illes Balears)
Palma de Mallorca Spanisch, Katalanisch Balearische Inseln 4.992 km²
(1,0%)
1.029.139
(2,2%)
206,16 Einw./km² 115
Baskenland
(spanisch País Vasco,
baskisch Euskadi)
Vitoria Spanisch, Baskisch Álava, Guipúzcoa, Vizcaya 7.234 km²
(1,4%)
2.141.116
(4,8%)
295,98 Einw./km² 136
Extremadura Mérida Spanisch Badajoz, Cáceres 41.634 km²
(8,2%)
1.088.728
(2,5%)
26,15 Einw./km² 71
Galicien
(spanisch Galicia,
galicisch Galiza)
Santiago de Compostela Spanisch, Galicisch A Coruña, Lugo, Ourense, Pontevedra 29.574 km²
(5,8%)
2.771.341
(6,3%)
93,71 Einw./km² 88
Kanarische Inseln
(spanisch Islas Canarias)
Santa Cruz de Tenerife und Las Palmas de Gran Canaria Spanisch Santa Cruz de Tenerife, Las Palmas 7.447 km²
(1,5%)
2.020.947
(4,5%)
271,38 Einw./km² 95
Kantabrien
(spanisch Cantabria)
Santander Spanisch Kantabrien 5.321 km²
(1,0%)
572.503
(1,3%)
107,59 Einw./km² 104
Kastilien-La Mancha
(spanisch Castilla-La Mancha)
Toledo Spanisch Albacete, Ciudad Real, Cuenca, Guadalajara, Toledo 79.463 km²
(15,7%)
1.975.179
(4,3%)
24,85 Einw./km² 83
Kastilien-León
(spanisch Castilla y León)
Valladolid Spanisch Ávila, Burgos, León, Palencia, Salamanca, Segovia, Soria, Valladolid, Zamora 94.223 km²
(18,6%)
2.525.157
(5,7%)
26,80 Einw./km² 100
Katalonien
(spanisch Cataluña, katalanisch Catalunya)
Barcelona Spanisch, Katalanisch Barcelona, Girona, Lleida, Tarragona 32.114 km²
(6,3%)
7.197.174
(15,9%)
224,11 Einw./km² 124
La Rioja Logroño Spanisch La Rioja 5.045 km²
(1,0%)
308.566
(0,7%)
61,16 Einw./km² 111
Madrid
(spanisch Comunidad de Madrid)
Madrid Spanisch Madrid 8.028 km²
(1,6%)
6.061.680
(13,5%)
755,07 Einw./km² 136
Murcia
(spanisch Región de Murcia)
Murcia Spanisch Murcia 11.313 km²
(2,2%)
1.391.147
(3,0%)
122,97 Einw./km² 89
Navarra
(baskisch Nafarroa)
Pamplona Spanisch, Baskisch Navarra 10.391 km²
(2,1%)
605.022
(1,3%)
58,22 Einw./km² 132
Valencia
(spanisch Comunidad Valenciana, valencianisch Comunitat Valenciana)
Valencia Spanisch, Valencianisch (Katalanisch) Alacant, Castellón, Valencia 23.255 km²
(4,6%)
4.874.811
(10,6%)
209,62 Einw./km² 96
Name der autonomen Stadt
Ceuta Spanisch 18,5 km² 76.343
(0,2%)
4.126,65 Einw./km² 97
Melilla Spanisch 20 km² 68.795
(0,1%)
3.439,75 Einw./km² 95

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. [1] Instituto Nacional de Estadistica, 2006

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