Ritterstift Odenheim

Ritterstift Odenheim
Landwirtschaftlich genutztes Gelände des ehemaligen Ritterstifts Odenheim mit freistehendem mittelalterlichem Turm

Neben Ritterstift Odenheim sind auch die Bezeichnungen Kloster Odenheim, Herrenstift Odenheim, Ritterstift in Bruchsal oder Ritterstift Odenheim zu Bruchsal gebräuchlich, je nachdem, welche Phase des Klosters bzw. Stiftes gemeint ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründungsjahre

Wappen Stift Odenheim

Im Jahre 1122 gründeten Graf Bruno von Lauffen, Erzbischof von Trier, und sein Bruder Poppo auf den Hausgütern der Grafen von Lauffen in Wigolsberg/Wigoldesberg bei Odenheim ein Benediktinerkloster und statteten es mit großen Besitzungen u. a. in Odenheim, Tiefenbach, Aglasterhausen, Großgartach, einschließlich den dazu gehörenden Kirchen, Gewässern, Mühlen, Leibeigenen usw. aus. Graf Poppo von Lauffen scheint darüber hinaus die Hälfte der Kirche zu Odenheim (bzw. das Zehntbezugsrecht daran) gestiftet zu haben. Im Jahre 1123 gab es die erste urkundliche Erwähnung des Klosters in einer Bestätigungsurkunde der Rechte und Besitzungen durch Kaiser Heinrich V. Danach stand dem Kloster die freie Abt- und Vogtwahl zu. 1161 erfolgte die Bestätigung der mittlerweile umfangreichen Besitzungen des Klosters durch Kaiser Friedrich I. (Barbarossa), vor allem im Zabergäu und am Neckar, aber auch in Elsenz, Ubstadt, Hambrücken, Bruchsal, Forst, Rettigheim und Östringen.

Päpstlicher Einfluss und Blütezeit

1184 erlaubte Papst Lucius III. der Benediktinerabtei, die Seelsorge in der Pfarrkirche von Odenheim durch Mönche versehen zu lassen. Die Kirche, deren Güter und deren Zehntbezugsrechte wurden damit dem Kloster einverleibt. 1191 nahm Papst Coelestin III. das Kloster unter seinen Schutz und machte es unabhängig vom Mutterkloster des Benediktinerordens und dem Speyerer Bischof.

Um 1200 erlebte das Kloster seine Blütezeit und zog einen wirtschaftlichen Aufschwung des gesamten Ortes Odenheim nach sich. Nach dem Aussterben der Kraichgaugrafen von Lauffen in männlicher Linie 1219 ging die Vogtei über das Kloster Odenheim auf die staufischen Könige über, bezeugt per Urkunde von Kaiser Friedrich II., und wurde damit zur Reichsvogtei. 1225 fielen Besitzungen in Waldangelloch, Michelfeld und Zeutern an das Kloster.

Dem Hochstift Speyer zugehörig

Im Jahre 1330 verpfändeten die Herrscher des Heiligen Römischen Reiches ihr Vogteirecht über das Kloster an die Hochwarte von Kirchheim, die auch Besitz in Münzesheim hatten. 1338 erwarb der Bischof von Speyer Gerhard von Ehrenberg die Schirmvogtei über das Kloster und die Einnahmen aus der Kastenvogtei Odenheim für das Hochstift Speyer.

Das Kloster erwarb 1385 von den Reichsrittern von Sickingen das Dorf Rohrbach am Gießhübel und 1426 von den Herren von Mentzingen das Dorf Landshausen. Als dem Kloster zugehörend fanden überdies folgende Orte Erwähnung: Odenheim, Tiefenbach, Eichelberg, 1/2 von Waldangelloch, 3/10 von Großgartach, Häfnerhaslach samt Kirchheim (bis 1442). Weiterhin hatte das Kloster zu jener Zeit Besitzungen in Östringen, Michelfeld, Eichtersheim, Waldangelloch, Cleebronn, Elsenz, Massenbachhausen.

Im 15. Jahrhundert verfiel mit steigendem materiellen Wohlstand die Moral der Klostermönche. Mehrfach wurde von der geistlichen Obrigkeit versucht, eine Reform durchzuführen, um die Missstände zu beseitigen. Den ersten Versuch machte 1468 der Bischof von Speyer, Matthias von Rammung, sein Nachfolger Ludwig von Helmstatt 1472 den zweiten. Alle Bemühungen um die Wiederherstellung einer mönchisch-asketischen Lebensführung scheiterten.

Umwandlung zum Ritterstift und Verlegung nach Bruchsal

Stattdessen wählten die Mönche den bequemeren Weg. Offenbar sahen sich viele Mönche eher als Vertreter der machtpolitischen Interessen ihrer adligen Ursprungsfamilien denn als Mönche und pflegten einen dementsprechenden Lebensstil. Auf Drängen der adligen Mönche und auf dementsprechende Bitten des römisch-deutschen Königs und späteren Kaisers Maximilian I. wandelte Papst Alexander VI. 1494 das Kloster Odenheim in ein freiadliges Stiftskapitel unter Beibehaltung aller Freiheiten, Besitzungen, Rechte und Einkünfte um. Es bestand aus fünf Dignitären (Propst, Dekan, Scholaster, Cantor, Custos) und zwölf Kanonikern (zehn Adlige und zwei Doktoren oder Lizenziaten) sowie sieben, später zehn Vikaren. Der Name Ritterstift ist darauf zurückzuführen, dass der größte Teil der Kanoniker mindestens Ritter sein musste. Der letzte Abt Christoph von Nippenburg (1486–1503) wurde somit zum Stiftspropst, der Prior zum Dekan. In dem im Jahre 1500 gegründeten Oberrheinischen Reichskreis besaß der Propst Sitz und Stimme.

Nach Bauernunruhen in der Gegend und Rechtsstreitereien zwischen Odenheim und dem adeligen Ritterstift wurde letzteres 1507 auf Drängen der Stiftsherren und Anordnung des Bischofs von Speyer Philipp I. von Rosenberg unter Beibehaltung des Namens Odenheim und der Freiheiten, Besitzungen, Rechte und Einkünfte des Stiftes nach Bruchsal verlegt. Als Sitz übertrug er dem Stift „frei und voll“ die Stadtkirche zu Bruchsal, die den Rang einer Ritterstiftskirche erhielt. Mit dieser Verlegung ging auch der Verlust des Marktrechtes von Odenheim einher. In der ebenfalls 1507 von Odenheim nach Bruchsal verlegten Lateinschule wurden die Ministranten für den Chordienst ausgebildet.

Die Güter des Stifts wurden 1516 an sieben Bauern verpachtet, nämlich an Vittenhans, Wendel Tahl, Dietrich Knobloch, Kammerhans, Hans Entzberger, Hans Hugwart und Meyen Wendel.

1602 lehnte das Stift eine Bitte der Gemeinde Odenheim ab, ihr in Notzeit 800 Gulden für den Kauf von Frucht zu borgen.

Säkularisation

1802/03 fielen die Besitztümer des Ritterstiftes im Zuge der Säkularisation am Oberrhein an Baden. Kirche und Prälatenkapelle wurden abgetragen. Zu sehen sind heute noch ein Hofgut, ein mit Efeu zugewachsener Turmstumpf sowie ein in den Obstwiesen freistehender Turm der mittelalterlichen Anlage

Kapitulare

Folgende Personen waren Kapitulare:

  • Christoph von Nippenburg († 1503) letzter Abt des Klosters Odenheim, dem die Abtswürde 1486 übertragen wurde und der nach der 1494 erfolgten Umwandlung in ein freiadliges Ritterstift diesem bis zu seinem Tode 1503 als erster Propst vorstand.
  • Philipp Christoph von Sötern (1567–1652) war 1607 Propst des Stifts, Dompropst zu Trier und Domscholaster zu Mainz [1]
  • Karl Eugen von Zobel von Giebelstadt (* 26. April 1795; † 7. Mai 1760), aufgeschworen am 6. Oktober 1789, ging dort zu Kapitel am 8. Mai 1793, er stammte aus der Familie der Zobel von Giebelstadt [2]
  • Emmerich Carl von Schütz zu Holzhausen († 9. Juli 1833; Alter: 67 Jahre) [3]

Amtmänner

  • bis 1549 Thomas Schnee
  • 1581–1598 Ulrich Ernst Ruff
  • 1602–1609 Johann Conrad Vogell
  • 1613 Melchior Vögler
  • 1614–1619 Adam Hertzog
  • 1626–1631 Johann Christoph Brüning
  • 1655 Salomon Buchinger
  • 1673–1702 Henrich Henrici
  • 1702–1725 Johann Gottfried Henrici
  • 1731–1755 Anton Philipp Bauer
  • 1755–1776 Franz Christoph Fick
  • 1776–1803 Theodor von Meßbach

Literatur

  • Anton Wetterer: Die Verlegung des Kollegiatritterstiftes Odenheim nach Bruchsal im Jahre 1507, Bruchsal 1907.
  • Robert Megerle: Ritterstift Odenheim. In: Heimatlexikon Bruchsal. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1996, ISBN 3-929366-40-1 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal. 13), S. 137.
  • Bernd Breitkopf: Die alten Landkreise und ihre Amtsvorsteher. Die Entstehung der Landkreise und Ämter im heutigen Landkreis Karlsruhe. Biographien der Oberamtmänner und Landräte von 1803 bis 1997. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1997, ISBN 3-929366-48-7, S. 76.
  • Ralf Fetzer: Die Akten des Reichskammergerichts als Quellen für Heimat-, Orts- und Familiengeschichte. Beispiele aus den Prozessen des Ritterstifts Odenheim im 16. Jh. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung, Folge 16/1999, hg. vom Heimatverein Kraichgau unter Förderung der Stiftung „Kraichgau“, S. 65–79.
  • Ralf Fetzer: Untertanenkonflikte im Ritterstift Odenheim vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. Kohlhammer, Stuttgart 2002, ISBN 978-3-17-017334-7 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen. Band 150)
  • Ralf Fetzer: Das Ritterstift Odenheim in Bruchsal zwischen Selbstbehauptung und Säkularisation. In: Säkularisation am Oberrhein. Hg. von Volker Rödel, Hans Ammerich und Thomas Adam. Thorbecke, Stuttgart 2004, ISBN 3-7995-7823-4 (Oberrheinische Studien. Band 23), S. 183–197.
  • Johannes Weingart, Karl Josef Zimmermann: Zwei Anniversare des Ritterstifts Odenheim zu Bruchsal. Speyer 2006 (Schriften des Diözesan-Archivs Speyer. Band 34)
  • Ulrich Bischoff: Bruchsal, Bretten, Durlach, Ettlingen und Pforzheim. Vergleich der Stadtgeschichte zwischen 1000 und 1600. Dissertation an der Universität Siegen, http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=969576412&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=969576412.pdf

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LHAK Best. 1A Nr. 1674
  2. Totenzettel
  3. Totenzettel
49.1840597116678.7762737275

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