Ave verum corpus

Ave verum corpus

Ave verum sind die Anfangsworte eines Reimgebetes in lateinischer Sprache. Es spricht die leibliche Gegenwart des Erlösers in der Eucharistie an und empfiehlt dem Gläubigen diese Begegnung als vorweggenommenes Erlebnis seiner Todesstunde.

Inhaltsverzeichnis

Text

Fassung bei Mozart

Ave verum corpus natum
de Maria virgine.
Vere passum, immolatum
in cruce pro homine.
Cuius latus perforatum
unda fluxit et sanguine.
Esto nobis praegustatum
in mortis examine.

Übersetzung

„Gruß dem wahren Leib, geboren von Maria, der Jungfrau. Wirklich hat er gelitten, geopfert wurde er am Kreuz für den Menschen. Seine Seite wurde durchbohrt und floss von Wasser und Blut. Er muss uns Vorgeschmack sein in der Prüfung des Todes!“

Übertragungen

rhythmisch

Gruß dem wahren Leib, geboren
aus Maria, reinem Weib.
Echt gefoltert, hingeopfert
am Kreuze für des Menschen Heil.
Mit der Lanze aufgestochen,
Wasser floss heraus und Blut.
Sollen wir gekostet haben,
wenn der Tod uns prüfen wird.
anonym

gereimt

Wahrer Leib, o sei gegrüßet,
den die Jungfrau uns gebar.
Du hast unsre Schuld gebüßet
sterbend auf dem Kreuzaltar.
Blut und Wasser sind geflossen,
als dein Herz durchstochen war.
Hilf uns streiten, hilf uns hoffen
in der Todesnot Gefahr!
(älteres Kirchenlied)

adaptiert

Der folgende Text kann, leicht angepasst, auf Mozarts Vertonung[1] gesungen werden.

Gruß dir, Leib des Herrn, geboren
aus Marias reinem Schoß!
Heimzuführen, was verloren,
trugst du Kreuz und Todeslos.
Von der speerdurchbohrten Seite
flossen Blut und Wasser rot.
Sei uns Vorgeschmack im Streite,
Himmelskraft in Sterbensnot!
Peter Gerloff

Textgeschichte

Das lateinische Reimgebet wurde seit etwa 1300 in viele Sammlungen religiöser Texte und Lieder aufgenommen. Im Vergleich zeigen die Abschriften viele Abweichungen, teils aus Versehen, teils als absichtliche Ergänzung oder Neugestaltung.

Die älteste bekannte Aufzeichnung stammt aus Genua (etwa 1294). Eine andere Abschrift nennt als Verfasser Innozenz IV., Papst 1243 bis 1254, geboren 1195 ebenfalls in Genua.

Soweit man das aus den vielen Varianten rekonstruieren kann, scheint das Gebet ursprünglich folgende Fassung gehabt zu haben:

Ave verum corpus natum
ex Maria virgine,
vere passum, immolatum
in cruce pro homine,
cuius latus perforatum
vero fluxit sanguine,
esto nobis praegustatum
mortis in examine.
o dulcis, o pie,
o fili Mariae.

An dieser Fassung fällt auf, dass ihr Autor sich nicht scheut, die Vokabel verum – echt, wahr, wirklich dreimal zu verwenden, offenbar um zu bekunden, dass nicht Leib in einem übertragenen Sinne gemeint ist, sondern der Körper des Menschen Jesus aus Fleisch und Blut.

Fast zu einem Drittel der Wörter sind Varianten bekannt, auch Zusätze teils rhythmisch oder gereimt, teils in Prosa, auch eine zweite Strophe auf dasselbe Reimschema. Diesem Reimschema folgen übrigens auch die Sequenzen Ave panis angelorum und Ave virgo gloriosa.

Manche Aufzeichnungen lassen wissen, der gläubige Christ könne 40 Tage, 300 Tage oder 3 Jahre Ablass erwerben, wenn er das Gebet oder seine Anfangsworte bei der Elevation oder bei eigener Andacht vor dem Tabernakel spreche.

Kompositionen

Nach den Quellen wurde der Text schon im Mittelalter viel gesungen, hatte also schon damals eine Melodie.

Später vertonten mehrere Komponisten den Text, so William Byrd, Edward Elgar und Camille Saint-Saëns.

Die heute bekannteste und am häufigsten aufgeführte Vertonung ist die von Wolfgang Amadeus Mozart. Seine Fassung gab der alten Sequenz weite Verbreitung auch außerhalb kirchlicher Anlässe. Der Text betrachtet entsprechend der christlichen Glaubenslehre die leibliche Gegenwart des Heilands in der Eucharistie. Die letzten Zeilen verweisen auf das Vorbild des sterbenden Erlösers für seine gläubigen Nachfolger. Das wissen zwar nur noch wenige; trotzdem wählen Hinterbliebene als musikalische Begleitung für Trauerfeiern oft diese besinnliche, spannende und zuletzt tröstliche Musik Mozarts.

Mozart komponierte die 46 Takte für Chor, Streicher und Orgel (KV 618) knapp ein halbes Jahr vor seinem Tod, während er zugleich an der Zauberflöte und dem Requiem arbeitete. Das Autograph ist auf den 17. Juni 1791 datiert. Die Komposition war für das Fronleichnamsfest in Baden bei Wien, wo Mozarts Frau Constanze sich im neunten Ehejahr auf ihre sechste Niederkunft vorbereitete, bestimmt. Sie wohnte bei Anton Stoll, dem Chorleiter des Badener Kirchenchors, der die Motette dafür als Geschenk annahm. Ein Jahr später komponierte auch Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr ein Ave verum corpus für Anton Stoll.

Franz Liszt, Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Francis Poulenc bezogen Mozarts Werk als Zitat in eigene Werke instrumental ein.

Hector Berlioz nannte das Werk als Vorbild für richtige Verwendung der menschlichen Stimme:[2]

„Zu einem Andante [für Chorstimmen] in gehaltenen und sanften Tönen wird [der Tonsetzer] nur die Töne der Mittellage verwenden, da diese allein die geeignete Klangfarbe haben, mit Ruhe und Reinheit angegeben und ohne die geringste Anstrengung pianissimo ausgehalten zu werden. So hat es auch Mozart in seinem himmlischen Gebet ‚Ave verum corpus‘ getan.“

Quellen

  1. Textfassung Peter Gerloffs zu Mozarts Satz im Notenbild
  2. Hector Berlioz: Instrumentationslehre, ergänzt und revidiert von Richard Strauss; Leipzig: Peters, 1904; Frankfurt am Main, 1955; S. 376

Literatur

  • Clemens Blume S. J. und H. M. Bannister M. A. Oxon: Liturgische Prosa des Übergangsstiles und der Zweiten Epoche; Leipzig: Reisland, 1915; S. 257 f.
  • Franz Joseph Mone: Lateinische Hymnen des Mittelalters; Aalen: Scientia, 1964 (= Freiburg im Breisgau, 1853); S. 280 f.

Weblinks


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