Ronald Grossarth-Maticek

Ronald Grossarth-Maticek

Ronald Grossarth-Maticek (* 1940 in Budapest) ist ein deutscher Medizinsoziologe und Buchautor.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Grossarth-Maticek leitete von 1973 bis 1995 die so genannte Heidelberger Prospektive Studie, in der rund 30.000 Menschen aus 18.000 Heidelberger Haushalten hinsichtlich einer Vielzahl von gesundheitsbeeinflussenden Variablen untersucht wurden [1]. Neben dutzenden physischen Faktoren (etwa Rauchen, Bewegung, Organvorschädigungen, genetische Disposition und Ernährung) erfasste Grossarth-Maticek auch psychische Faktoren (Disstress, Selbstregulation). Hierzu schuf er eine eigene Typologie, in die er die Befragten anhand des Grades der Selbstregulation einordnete.

Nach Grossarth-Maticek vervielfacht eine schlechte Selbstregulation das Krankheitsrisiko, wohingegen physische Risikofaktoren lediglich in der Summe wirken. Bei Menschen mit ungünstiger Selbstregulation, die Verhaltensalternativen nicht erkennen oder sie nicht wirklich in Betracht ziehen, spricht Grossarth-Maticek von einem „eigentümlichen Zwang, ohne Not genau so und nicht anders zu handeln“.[2] Maticek sieht die Ursache derartigen Verhaltens in Zusammenhang mit einer Verfestigung von Verhaltensmustern in den ersten Lebensjahren.[2] Im Erwachsenenalter könne es zu Störungen der inneren und äußeren Kommunikation führen, wenn der „freie Fluss der Liebe“ etwa durch frühkindliche Zurückweisungen, Traumata und Enttäuschungen gestört wurde.[3]

Grossarth-Maticek und seine Mitarbeiter, darunter der Psychiater und Psychoanalytiker Helm Stierlin, entwickelten ein Autonomietraining, das darauf zielt, die Selbstregulation anzuregen. Bei diesem Autonomietraining soll im Gespräch die Fähigkeit gestärkt werden, durch eigenaktive Problemlösung Wohlbefinden, Lustgewinn, Sicherheit und Sinnerfüllung zu erreichen. Insbesondere findet dabei eine Ermunterung zur Selbstwahrnehmung statt, wobei Fragen danach, welche Eigenaktivität das Wohlbefinden steigert, eine wesentliche Rolle zukommt.[4]

Grossarth-Maticek publizierte seine empirischen Ergebnisse in mehreren Büchern und Fachartikeln, zuletzt im Mai 2008 im Heidelberger Springer-Verlag. Im Vorwort zu diesem Buch äußert sich Professor Werner Wittmann, Methodiker von der Universität Mannheim, zu Grossarth-Maticeks Methode mit den Worten, diese könne „die weltweite Psychologie und Epidemiologie zur Weiterentwicklung anregen“.[5]

Grossarth-Maticek studierte Soziologie, Psychopathologie, Kriminologie und Medizin an den Universitäten von Heidelberg bzw. Belgrad. Er promovierte in den Fächern Soziologie und Medizin.

Er arbeitete eng mit Hans Jürgen Eysenck zusammen. Von 1990 bis 2006 war Grossarth-Maticek Direktor des Instituts für präventive Medizin, Politische, Wirtschafts- und Gesundheitspsychologie in Heidelberg. Seit 2007 ist er Direktor des zwischenstaatlichen Programmes des European Center for Peace and Development (ECPD) für multidisziplinäre Studien.

Rezeption und Auszeichnungen

Die von Grossarth-Maticek definierten Krebspersönlichkeiten sind sehr umstritten. Auch Stierlin betrachtet dieses Konzept kritisch, erkennt allerdings die Unterscheidung zwischen Typ I und Typ IV an, die er als Mentalitäten bezeichnet, um ihre Veränderbarkeit hervorzuheben.[6]

Aufbauend auf Grossarth-Maticeks Autonomietraining und den Konzepten der Salutogenese entwickelte der Arzt Theodor Dierk Petzold einen Ansatz der salutogenen Kommunikation.

Vom ECPD wurde Grossarth-Maticek der Titel eines Professors verliehen, den er in Deutschland mit dem Zusatz Postgraduate Studies, ECPD führen darf.

Werke (Auswahl)

  • Grossarth-Maticek, R.: Synergetische Präventivmedizin. Forschungsstrategien für Gesundheit, Heidelberg 2008, ISBN 978-3540770770.
  • Grossarth-Maticek, R.: Selbstregulation, Autonomie und Gesundheit: Krankheitsrisiken und soziale Gesundheitsressourcen im sozio-psycho-biologischen System. Vorworte von Helm Stierlin und Peter Schmidt; Berlin 2002, ISBN 978-3110174953
  • Grossarth-Maticek, R.: Autonomietraining: Gesundheit und Problemlösung durch Anregung der Selbstregulation; Berlin 2000, ISBN 978-3110168815
  • Grossarth-Maticek, R.: Systemische Epidemiologie und präventive Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen Strategien zur Aufrechterhaltungen der Gesundheit; Berlin 1999, ISBN 978-3110165180
  • Grossarth-Maticek, R. / Stierlin, H.: Krebsrisiken – Überlebenschancen: Wie Körper, Seele und soziale Umwelt zusammenwirken; Heidelberg 1998, ISBN 978-3896705341
  • Grossarth-Maticek, R. and Eysenck, H. J.: Prophylactic effects of psychoanalysis on cancer-prone and coronary heart disease-prone probands, as compared with control groups and behaviour therapy groups. Journal of Behaviour Therapy and Experimental Psychiatry, 21, 91–99, 1990
  • Grossarth-Maticek, R.: Krankheit als Biografie. Ein medizinsoziologisches Modell der Krebsentstehung und -therapie, Kiepenheuer & Witsch, 1979, ISBN 978-3462013481
  • Grossarth-Maticek, R.: Revolution der Gestörten? Quelle + Meyer, November 1982, ISBN 978-3494008158
  • Grossarth-Maticek, R.: Anfänge anarchistischer Gewaltbereitschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Hohwacht, 1975, ISBN 978-3873530416

Quellen

  1. Grossarth-Maticek, R. (1998), S. 110 f.
  2. a b Wo das Dogma beginnt, ist das Leben am Ende. brand eins 04/2002, abgerufen am 12. März 2011.
  3. Grossarth-Maticek zitiert durch Theodor Dierk Petzold: Erfahrungen mit dem Autonomietraining. 9. April 2005, abgerufen am 12. März 2011 (PDF)., S. 1
  4. Theodor D. Petzold: Erfahrungen mit dem Autonomietraining nach Grossarth-Maticek – als Allgemeinarzt mit psychosomatischem Schwerpunkt und als Ausbilder im Autonomietraining. Abgerufen am 20. März 2011.
  5. (Springer)
  6. Helm Stierlin (Psychologie Heute, Mai 1998), zitiert nach: Psychologie heute: Kann man Krebs doch wirksam vorbeugen - und heilen? Abgerufen am 19. März 2011.

Weblinks


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