Roteisenerz

Roteisenerz
Hämatit
Nierenerz (Hämatitvarietät), ungeschliffen
Chemische Formel Fe2O3
Mineralklasse Oxide mit Metall:Sauerstoff=2:3
4.CB.05 (8. Aufl.: IV/C.04-20) (nach Strunz)
4.3.1.2 (nach Dana)
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse ditrigonal-skalenoedrisch \ \bar 3 2/m
Farbe grau bis schwarz, rotbraun, bunt anlaufend, rot verwitternd
Strichfarbe kirschrot bis rotbraun
Mohshärte 5,5 bis 6,5
Dichte (g/cm³) 5,12 bis 5,3
Glanz Metallglanz, matt
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Bruch muschelig, spröde
Spaltbarkeit keine
Habitus pyramidal, würfelähnlich, rhomboedrisch, tafelig, rosettenartige Gruppen, säulig,

radialstrahlig, oolithisch

Häufige Kristallflächen {10\bar{1}1}, {10\bar{1}4}, {11\bar{2}0}, {22\bar{4}3}
Zwillingsbildung polysynthetisch {10\bar{1}1}, {0001}
Kristalloptik
Brechzahl no=3,22-2,90 ; ne=2,94-2,69
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
δ=0,28-0,21 starke Dispersion ; einachsig negativ
Pleochroismus Dichroismus, gelbrot-braunrot
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten schwerlöslich in HCl
Ähnliche Minerale Goethit, Lepidolith, Ilmenit
Radioaktivität nicht radioaktiv
Magnetismus schwach beim Erhitzen

Hämatit, auch Blutstein, Eisenglanz, Specularit, Iserin, Roteisenstein, Roteisenerz oder Rötel genannt, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Oxide (und Hydroxide) mit einem Stoffmengenverhältnis Metall:Sauerstoff = 2:3. Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe2O3 und entwickelt verschiedenste Kristallformen, aber auch massige, traubige und radialstrahlige Aggregate in grauer, schwarzer oder rotbrauner Farbe. Dünne Hämatit-Blättchen sind rötlich durchscheinend.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Hämatit läuft nach einiger Zeit bunt an und wird durch Verwitterung rot. Seine Mohssche Härte liegt zwischen 5,5 und 6,5 und seine Dichte zwischen 5,12 und 5,3. Die Strichfarbe ist meist ein charakteristisches blutrot - von ihr und vom blutrot gefärbten Schleifwasser beim Bearbeiten leitet sich der Name des Minerals ab. Das Mineral kann geringe Gehalte von Magnesium, Mangan und Titan aufweisen.

Reines Hämatit ist unmagnetisch. Nur durch Erhitzen lässt sich ein schwacher Magnetismus erzeugen.

Etymologie und Geschichte

Die Bezeichnung Hämatit leitet sich aus dem griechischen Wort αἷμα [ʰaî̯ma] (Genitiv: αἵματος [ʰaí̯matos]) „Blut, Blutvergießen, Blutsverwandter“ ab, dessen Etymologie unklar ist. Das im englischen Sprachraum gebräuchliche Synonym bloodstone (übersetzt „Blutstein“) steht dagegen für den Heliotrop (deutsches Synonym „Blutjaspis“) und ist damit ein falscher Freund.[1]

Der Rötelabbau war einer der frühesten Bergbauaktivitäten der Menschheit; das pulverförmige Mineral wurde schon 164.000 Jahre vorher vom Pinnacle-Point-Menschen offensichtlich zur sozialen Differenzierung verwendet[2]. Man findet Hämatit-Reste auch in ca. 80.000 Jahre alten Grabstätten. Bei Rydno in Polen und bei Lovas in Ungarn sind paläolithische Rötelgruben bekannt (60.000 v. Chr.).

Die ältesten Untertageabbaue Europas befinden sich in Tzines und Vaftochili auf der griechischen Insel Thasos (etwa 15.000 bis 20.000 v. Chr.). In Deutschland findet man zudem prähistorische Bergbauspuren bei Bad Sulzburg und im Münstertal (Schwarzwald) mit vergleichbaren Umfang aus der Zeit um 5000 v. Chr. die der Bandkeramischen Kultur am Oberrhein zuzuordnen sind.

Das ergiebige Vorkommen des Eisenglanzes der Insel Elba wurde schon von den Etruskern abgebaut.

Im Fichtelgebirge in Nordostbayern wurde urkundlich ab 1300 Bergbau auf Hämatit betrieben[3].

Modifikationen und Varietäten

Hämatit kristallisiert meist als Eisenglanz in stahlgrauen bis eisenschwarzen, metallglänzenden, oft irisierenden Kristallen, oder in blätterigschuppigen Kristallen als Eisenglimmer oder Eisenrahm.

Hämatit in unterschiedlichen Einlagerungen nennt man:

  • roter Glaskopf: mit nieriger Oberfläche und faseriger Struktur
  • Eisenocker, Rotocker oder Rötel: mit Ton vermischt und daher weich
  • Minette-Erz: oolithisch-sedimentär
  • Eisenglimmer, Eisenrahm: feinschuppig
  • Blutstein: völlig dichtes Roteisenerz im Erzgebirge, nicht zu verwechseln mit Heliotrop

Begleitmineralien sind Magnetit, Pyrit und Rutil.

Bildung und Fundorte

Roteisenerze (Roteisenglimmer, Roter Glaskopf, Blutstein) von Suhl/Thüringer Wald

Hämatit kommt sowohl in sedimentären Lagerstätten als auch als Gangmineral vor. Es ist für die Rotfärbung vieler Gesteine verantwortlich - ein bedeutendes Beispiel sind die gebänderten Eisenerzformationen aus dem Erdzeitalter des Archaikums.

Rote Sedimente, die in trocken-warmem (ariden) Klima entstanden sind, enthalten ebenso Hämatit wie Ergussgesteine wie etwa Porphyrit oder Porphyr. Gangförmige Hämatit-Lagerstätten entstanden durch Ausscheidung in Wasser gelöster freier EisenIII-Ionen auf offenen Spalten und Klüften in diesen Gesteinen. In ihnen finden sich die verschiedenen Ausbildungsformen des Hämatits: Rot-Eisenrahm, Rot-Eisenglimmer, Rot-Eisenglanz, Rot-Eisenocker, Roter Glaskopf, Blutstein, Rötel und viele mehr.

Besonders reine Hämatitvorkommen waren die schon im Mittelalter abgebauten Gänge von Suhl im Thüringer Wald. Die Gänge verlaufen im Latit und Rhyolith (Porphyrit und Porphyr) und weisen als Gangarten nur Quarz, Kalk-, Fluss- und Schwerspat auf, aber keine Phosphor- und Schwefelminerale. Die Erze konnten deswegen zur Gewinnung weichen Eisens für die Büchsenrohrschmiede verwendet werden.

Mit Hämatit treten häufig auch andere Eisenerze wie Magnetit, Limonit oder Eisenspat auf. Das Ganggestein besteht hauptsächlich aus Calcit, Dolomit, Quarz oder Ton und die Verunreinigungen sind meist Pyrit und Apatit.

Das Mineral findet sich weltweit, in Deutschland unter anderem im Lahn-Dill-Gebiet, im Siegerland, in der Eifel, dem Harz (bei Elbingerode, Büchenberg und am Großen Knollen) und im Thüringer Wald. Weitere europäische Vorkommen liegen im englischen Cumberland und in Nord-Lancashire, im belgischen Vezin und Namur, auf der italienischen Insel Elba und in Spanien und Norwegen. In Afrika ist Algerien ein nennenswerter Produktionsstandort, in den USA findet es sich am Oberen See und am Missouri River. Mehr als die Hälfte allen Eisenerzes kommt heute aber aus der Volksrepublik China, Brasilien und Australien.

Durch die Sonden Opportunity[4] und Spirit[5] wurde auch auf dem Mars Hämatit gefunden, das als Nachweis für Wasservorkommen auf diesem Planeten gilt.

Struktur

Elementarzelle von Hämatit

Hämatit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem in der Raumgruppe R \bar 3 c , den Gitterparametern a = 5,0317 Å und c = 13,737 Å sowie sechs Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Verwendung

Als Rohstoff

Hämatit enthält im reinen Zustand 70 Prozent Eisen und ist das wichtigste Eisenerz.

Daneben findet Hämatit Anwendung als Poliermittel; die kristalline Form des Hämatit wurde zudem wegen ihrer hohen Reflektivität lange Zeit als Spiegel genutzt.

Beim Korrosionsschutz wird Hämatit in Form von feinen, flachen, kristallinen Plättchen in einer Lack-Matrix als Deckanstrich von feuerverzinkten Stahlteilen eingesetzt. Der Korrosionsschutz kann so bis zu 25 Jahre und mehr bei freier Bewitterung betragen. Einsatz u.a. bei Laternen, Brücken und Strommasten.

Als Pigment

Hämatit ist ein wichtiges und zudem ungiftiges Pigment. Schon in der Altsteinzeit wurde es für Höhlenmalereien und zur Körperbemalung eingesetzt; heute verwenden es unter anderem die Himba in Namibia für die Körperpflege.

Für den Einsatz im künstlerischen Bereich wird Hämatit oft gepresst. Die gepressten Stangen werden unbehandelt oder als Stiftminen verwendet. Rötelstifte sind weich, färben gut und werden von Künstlern für Zeichnungen und zum Skizzieren genutzt. Wichtige Künstlerfarben sind etwa Roter Bolus, eine stark tonhaltige Sorte, die vor allem als Grundiermaterial bei Vergoldungen verwendet wird, Ocker, Pompejanischrot, Englischrot, Venetianischrot, Terra di Pozzuoli und das violettstichige Caput mortuum.

Das Pigment eignet sich zudem zur Bemalung von Keramiken und zum Färben der Knüpffäden für Teppiche.

In der Fotografie wird Rötel zur Retusche von großformatigen Negativen und Positiven verwendet, da es lichtundurchlässig auftrocknet und wieder abwaschbar ist.

Als Schmuckstein

Aus Hämatit gefertigter Bär

Hämatit ist ein beliebter Schmuckstein, das nach der Politur durch seinen starken, metallischen Glanz auffällt. Es wird einerseits in facettierter oder Cabochon für Schmuck-Waren verwendet, andererseits aber auch zu kleinen Skulpturen verarbeitet.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass Hämatit gegenüber Hitze, Salzen und Säuren (vor allem Borax und Borsäure) sehr empfindlich ist, der Stein also z.B. beim Tragen auf der Haut schnell oxidieren kann. Zudem bricht es aufgrund seiner Sprödigkeit leicht.

Im Schmuckhandel sind mehrere Manipulationen und Imitationen des Hämatits erhältlich. Der unter der Handelsbezeichnung erhältliche Hämatin oder Hematine ist eine „Rekonstruktion“ aus pulverisiertem und gesintertem Eisenoxid. Rekonstruierter Hämatit muss laut CIBJO als solcher bezeichnet werden. Ein Gestein aus Brasilien, das aus Hämatit und Magnetit besteht, darf dagegen als Hämatit angeboten werden. Im Gegensatz zu reinem Hämatit ist dieses Gestein trotz seines gleichen Aussehens von körniger Struktur, hat einen braunschwarzen Strich und ist zudem magnetisch. Eine einfache Kompassprobe genügt also bereits als Nachweis.[6]

Durch optische Ähnlichkeit kann Hämatit mit Davidit, Kassiterit, Magnetit und Pyrolusit verwechselt werden und wird auch durch diese „imitiert“.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Verlags GmbH, 1976/1989, ISBN 3-405-16332-3
  2. Researchers find earliest evidence for modern human behavior in South Africa
  3. Friedrich Müller: Fichtelgebirge - Bayerns steinreiche Ecke, Hof 1984 (2. Auflage)
  4. astronews - Opportunity findet Hämatit
  5. Science@home - Spirit entdeckt Hämatit
  6. Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 1998, ISBN 3-89060-025-5

Literatur

  • W. E. Tröger, U. Bambauer, F. Taborsky und H. D. Trochim (1981): Optische Bestimmung gesteinsbildender Minerale, Teil 1: Bestimmungstabellen. Stuttgart (Schweizerbarth).
  • Chrysanthaki-Koukouli und Gerhard Weissgerber (1999): Prehistoric Ochre Mines on Thasos. Ergebnis Internationales Kolloquium Limenaria/Thasos (1995)
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3
  • Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6
  • Edition Dörfler: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag, ISBN 3-89555-076-0

Weblinks


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