Saarländischer Dialekt

Saarländischer Dialekt

Als Saarländisch werden die allesamt zum Westmitteldeutschen zählenden rheinfränkischen (genauer westpfälzischen) und moselfränkischen Dialekte bezeichnet, die innerhalb der Landesgrenzen des Saarlandes gesprochen werden. Saarländer bezeichnen ihren Dialekt üblicherweise als Platt.

Die heutigen deutschen Mundarten
Die fränkischen Sprachen. Gut erkennbar die scharfe Grenze zwischen dem westpfälzisch-rheinfränkischen (dunkelgrün) und dem moselfränkischen Gebiet (hellgrün).

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Die Sprachgrenze[1] zwischen moselfränkischem und westpfälzischem Saarländisch folgt der das-dat-Linie (Rheinischer Fächer), die sich von Völklingen im Südwesten nach St. Wendel/Freisen im Nordosten durch das Land zieht.[2] Außerhalb des Saarlandes werden hauptsächlich die rheinfränkischen saarländischen Dialekte, insbesondere das in der Landeshauptstadt Saarbrücken gesprochene „Saabrigger Platt“, als der saarländische Dialekt wahrgenommen.

In der Umgebung von Lebach und Schmelz wird kein abweichender Inseldialekt gesprochen. Vielmehr verläuft zwischen Lebach und Schmelz entlang der Prims die „datt-watt“-Grenze. Es bleibt aber festzustellen, dass die Schmelzer Mundart gewisse Eigenheiten besitzt, die im übrigen Saarland so nicht auftreten, da Schmelz die letzte Hochburg des moselfränkischen Dialektes hin zum Rheinfränkischen bildet. In Anspielung auf den typisch moselfränkisch-saarländischen Ausdruck „lò hei“ (wörtlich ‚dort hier‘, also in etwa ‚hier vorne‘) wird die Gegend um Lebach und Schmelz im Saarland – insbesondere unter Sprechern der Stadtdialekte – als „die Lohei“ bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es weitere kleinere Dialektinseln in den Saarbrücker Ortsteilen Ensheim und Eschringen sowie in Kleinblittersdorf-Bliesransbach und in Mandelbachtal-Bliesmengen-Bolchen. In den dortigen Dialekten sind – man beachte die Nähe zum Elsass und zu Lothringen – auch Formen zu finden, die sich durch noch nicht erfolgte Diphthongierung der alten Monophthonge auszeichnen. Damit weisen diese Mundarten Ähnlichkeiten zum Ripuarischen und zum Niederdeutschen auf. Zwar wird bei all diesen Mundarten des Öfteren fälschlicherweise ein alemannischer Ursprung oder ein Übergang zum Alemannischen postuliert; eher zutreffend dürfte aber die Aussage sein, dass all diese Mundarten die archaischen deutschen Formen bewahrt haben, die anderswo im deutschen Sprachraum (einschließlich der deutschen Standardsprache) im Zuge von Lautverschiebungen zumeist durch Diphthongierungen ersetzt wurden.

Geschichtliche Entwicklung

Die Manifestation der Grenzlinien (z. B. der Verlauf der das-dat-Linie von Völklingen nach Nordosten) kann, neben anderen Gründen (wie z. B. der sog. Heimläufergrenze), auch aus konfessionsgeschichtlichen und politischen Gegebenheiten erklärt werden: Die rheinfränkischen Sprachgebiete des Saarlandes gehörten vor 1815 im Wesentlichen zu den protestantischen Herrschaften (z. B. der Grafschaft Saarbrücken und des Herzogtums Zweibrücken), während die moselfränkischen Teile maßgeblich vom katholischen Kurfürstentum Trier beeinflusst waren. Auch die Ensheim-Eschringer-Sprachinsel könnte auf derartige Gründe zurückzuführen sein, denn Ensheim gehörte seit dem Mittelalter dem einflussreichen Kloster Wadgassen, wobei es von Saarbrücker Gebiet umschlossen ist. Auch die Beobachtung, dass sich im Großraum Saarbrücken im 17. und 18. Jahrhundert der Dialekt vom moselfränkischen hin zum rheinfränkischen Einfluss veränderte, dürfte auf diese Gegebenheiten zurückzuführen sein.[3]

Eine weitere Dialektgrenze macht sich nach Süden an der Heimläufergrenze fest: Nur jenseits davon war es den Bergleuten möglich, vor und nach der Schicht ihre Heimatdörfer noch zu Fuß zu erreichen. Dieses Gebiet hatte in der Zeit der industriellen Revolution eine eigene, vom übrigen Saarland abweichende Sprachentwicklung.

Akzeptanz

Der saarländische Dialekt kann – unabhängig von seiner Ausprägung als rheinfränkisch oder moselfränkisch – in allen Schichten der saarländischen Bevölkerung gehört werden. Er ist ein weniger scharfes Merkmal für beispielsweise eine niedrigere Bildung des Sprechers, als in manchen anderen Regionen. Dafür können Einheimische am Dialekt häufig erkennen, aus welcher Gegend ein Saarländer stammt bzw. wo er wohnt.

Die Anerkennung eines verwandten moselfränkischen Dialektes als dritte Amtssprache (Nationalsprache) im benachbarten Luxemburg und die bundesweit ausgestrahlten Fernsehsendungen des saarländischen Komikers Gerd Dudenhöffer (als Heinz Becker) haben in den letzten Jahren zu einer Renaissance der saarländischen Dialekte geführt.

Auch bei vielen prominenten Saarländern, die in der Öffentlichkeit weitgehend Hochdeutsch sprechen, können immer wieder „Ausrutscher“ in den saarländischen Dialekt, wie zum Beispiel Ich habe kalt (mir ist kalt) oder die Aussprache isch (ich), gehört werden. So stammt das gerollte R des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller aus dem Dialekt seines Heimatortes Eppelborn; auch die oft karikierte Aussprache des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker hatte ihren Ursprung in einem saarländischen Dialekt, den der Wiebelskircher nie völlig ablegen konnte.

Saarbahn vor der „Johanneskirsche“

Für Erheiterung sorgte die Entscheidung der Saarbrücker Verkehrsbetriebe Saarbahn GmbH, in der neu eingeführten Saarbahn die Stationsdurchsagen von Alice Hoffmann (der ehemaligen Partnerin des Heinz-Becker-Erfinders Gerd Dudenhöffer; stammt eigentlich aus Rheinland-Pfalz) zwar nicht in reinem Dialekt, aber doch mit deutlich wahrnehmbarem Saarbrücker Akzent sprechen zu lassen. So wurde beispielsweise aus der Johanniskirche die Johanneskirsche.

Wie eine Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach aus dem Februar 2008 belegt,[4] so wirkt der (vereinfachend zusammengefasste) saarländische Dialekt im Rest der Republik wesentlich weniger polarisierend als andere, in der entsprechenden Region ebenfalls sehr akzeptierte Dialekte, wie beispielsweise das Bairische. Während diese Mundart bei der Frage nach dem beliebtesten deutschen Dialekt auf Platz eins landete, so war sie auch auf Platz zwei derjenigen Dialekte, welche die Befragten am wenigsten gerne hörten. Die Tatsache das „Saarländisch“ in beiden Skalen gleichermaßen auf dem drittletzten Platz rangiert, belegt eine weitgehend geringe Wahrnehmung saarländischer Mundart im Rest der Republik, die wohl nicht zuletzt auch auf die relativ geringe Anzahl der Sprecher zurückzuführen ist.

Wortschatz

Beispiele

Die folgende Liste führt lediglich „typisch saarländische“ Beispiele auf, bzw. explizite Unterschiede zwischen Rheinfränkisch und Moselfränkisch. In vielen der genannten Fälle sind auch aus dem Standarddeutschen übernommene Begriffe und Wendungen üblich, welche lediglich saarländisch ausgesprochen werden. Diese sind hier jedoch nicht aufgeführt.

Standarddeutsch Saarländisch
Rheinfränkisch Moselfränkisch
ja jòò jòò
nein nää nää
was? was? watt?
wozu? for was? / fawas / ferwas? for watt? / fawatt? / fier wa(tt)?
ich/mich/dich isch/misch/disch eisch/meisch/deisch, ësch/mësch/dësch
du du,de (in einer Frage) dau, doo
Hallo, wie geht’s? Unn? Onn?
Kartoffeln Grumbeere/Grumbiere Grompern/Grumbern/Krumpern
Erkältung Freck Freck
Regenrinne Kannel, Kandel Kaandel
lernen, lehren lehre leeren, lieren
ausleihen, verleihen lehne,faleihe, verlehne leehnen, verleehnen
verstecken verstobbele verstoppen / verstoppeln
sich fürchten graule graulen
hässlich, unansehnlich schròò schròò
schnell dabba siër / dapper
jetzt erst recht grad selääds („gerade zuleide“) grad selääds
die Nase voll haben, traurig/niedergeschlagen sein die/de Flemm hann de Flemm hann
schau mal da lu/gugg mòòl/emòòl dòò l(o)u mò lòò

Besonderheiten

Viele Saarländer verwenden meistens das Wort hollle/holle/hole (‚holen‘) statt des Wortes nemme (‚nehmen‘). Nehmen wird in weiten Teilen des Saarlandes fast völlig von holen ersetzt oder kommt nur noch in Verbindung mit Vorsilben (abnemme, mitnemme, im Moselfränkischen auch dort nicht mehr: aafhollen, mëdhollen) vor.

Beispiele
  • Isch holl mei Medizin (Ich nehme meine Medizin)
  • Holl’s dà nur (Nimm es dir ruhig)
  • Isch hann abgeholl (Ich habe abgenommen, auch: Isch hann abgenomm)
  • Isch holl mir’s Lewwe/Lääwe (wörtlich: Ich nehme mir das Leben, eigentlich: Ich überanstrenge mich)


Ein häufig benutztes Füllwort ohne direkte Bedeutung ist das Wort Ei. Es wird oft, ähnlich wie das englische well, bei Antworten am Satzanfang benutzt und ist nicht übersetzbar. Insbesondere markiert es auch Antworten bei nacherzählten Dialogen und dient als Denkpause vor der eigentlichen Antwort.

Beispiele
  • Ei jòò!/Ei sëscher! (Ja, gewiss!)
  • Ei isch gehn emmòòl gugge (Ich sehe (also) mal nach)
  • Un dann hann isch’s gefròòt, ob’s noch Luschd hätt. – Ei nää! (Dann fragte ich sie, ob sie noch Lust habe. – Nein!)


Viele Ortsnamen werden stark abweichend von der offiziellen Schreibweise ausgesprochen oder gleich ganz anders genannt.

Beispiele
  • Altroff (Niedaltdorf) – die Form -truff oder -troff für Orte, die im Hochdeutschen auf -dorf enden, setzt sich über die Landesgrenze nach Lothringen fort und ist dort in die offizielle Schreibweise der Ortsnamen eingegangen: Grosbliederstroff u. v. m.
  • Bedofingen (Neuforweiler)
  • Betschbach (Bexbach)
  • Daarle (Saarbrücken St. Arnual)
  • Dengmerd (St. Ingbert)
  • Frääse (Freisen)
  • Kaltnaggisch (Herrensohr)
  • Mòòlschd (Saarbrücken-Malstatt) – Der Fußballverein 1. FC Saarbrücken wird oft „Die Moolschder“ genannt
  • Nirrersaubach (Niedersaubach) – ein Beispiel für Rhotazismus
  • Oamesum (Ormesheim)
  • Píckad (Picard) und Bómmarä (Beaumarais) – sowohl die Betonung auf der ersten Silbe als auch die kurze Vokallänge der ersten Silbe weichen hier jeweils deutlich von der korrekten französischen Aussprache (erste Silbe lang; Betonung auf letzter Silbe) ab
  • Saabrigge (Saarbrücken)
  • Wéskärschen (Weiskirchen) in der Merzig-Waderner Gegend (moselfränkisch); Weiskerje im östlichen Saarland (rheinfränkisch).


Die abweichende Aussprache der offiziellen Ortsnamen erstreckt sich auch auf Ortsbezeichnungen in grenznahen Gebieten von Rheinland-Pfalz, mit denen ein Dialektkontinuum besteht:

Die Herkunftsbezeichnungen der Einwohner von Orten, die auf -en (im Dialekt -e) enden, werden im Saarland meist mit -er (Dialekt: -a) gebildet, während im Hochdeutschen die Endung -ener üblich ist.

Beispiele

Die Regel wird nicht auf Orte außerhalb des rhein-/moselfränkischen Dialektgebietes angewendet, in deren Region die -ener-Regel gilt; auch im Dialekt heißt es daher Dresd(e)na (Dresdner) oder Minsch(e)na (Münchner), jedoch heißt es auch Erlanga (Erlanger) oder Brema. Mit anderen Worten – es gilt die Bildungsregel an dem Ort, von dem die Rede ist: Bremer heißen überall Bremer, Münchner heißen überall Münchner und Saarbrücker heißen überall Saarbrücker.

Ähnlich wie im Niederländischen, wenn auch nicht so ausgeprägt, ist die Neigung zu häufiger Verwendung des Diminutivs.

Französischer Einfluss

Das Saarland war jahrhundertelang ein Spielball der Interessen zwischen Deutschland (Preußen, Bayern u. a.) und Frankreich. Neben einigen französischen Ortsnamen stammen aus dieser Zeit auch Einflüsse auf das saarländische Vokabular, von denen viele auch in anderen Gegenden verwendet wurden:

Deutsch Saarländisch (Rhein- oder Moselfränkisch) Französischer Ursprung
Bettdecke Plümmo plumard (umgangssprachlich Bett)
Gehsteig Trottwa trottoir
Kopf Dätz tête (Kopf)
leise dussma doucement
los, hopp! (auch: tschüs) aaleh/alleh allez (gehen Sie)
missmutig sein d(i)e Flemm hann avoir la flemme (zu faul sein, etwas zu tun)
Sofa Schess(e)long chaise longue
Traufe, Abfluss Kullang couler (abfließen)
zurück redduur [-'-] retour
es eilig haben pressiere presser
Gerichtsvollzieher es Hissje huissier

Die Aussprache französischer Begriffe weicht regelmäßig stark von der ursprünglichen französischen ab; sie gehen nahtlos in den Dialekt über, indem sowohl der Lautwert als auch die Betonung (wandert typischerweise auf die erste Silbe!) angepasst werden.

Möglicherweise aus dem Französischen stammt auch der Ausdruck isch hann kalt/warm (wörtl. ich habe kalt/warm, wortwörtlich zu französisch: j’ai froid/chaud) statt mir ist kalt/warm. Dieser Ausdruck ist im Saarland weit verbreitet, auch gewöhnlich Hochdeutsch Sprechende sind sich der Dialekthaftigkeit des Ausdrucks oft nicht bewusst und haben kalt.

Schreibweise

Es gibt keine standardisierte Schriftsprache. Von Mundartautoren wird der saarländische Dialekt phonetisch (der Aussprache entsprechend) in einer angepassten deutschen Rechtschreibung geschrieben. Ein zusätzlicher Buchstabe wird benötigt, um das lange offene O [ɔ:] darzustellen (siehe unten): Hierfür wird ò oder auch òò (um die Länge zu betonen) geschrieben – die in der Bairischen Sprache für einen ähnlichen Laut oft genutzte Schreibweise å wird nur sehr selten verwendet.

Phonetik

Da die genaue Aussprache teilweise von Dorf zu Dorf variiert, müssen die im folgenden Abschnitt genannten Regeln nicht notwendigerweise auf alle Regionen zutreffen. Insbesondere zwischen den rheinfränkischen und moselfränkischen Dialekten bestehen Unterschiede.

Konsonanten

Charakteristisch für das Saarländische ist eine nur wenig ausgeprägte Unterscheidung zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten. Dies führt dazu, dass für Sprecher des Standarddeutschen insbesondere am Silbenanfang eigentlich stimmhafte Konsonanten als stimmlos wahrgenommen werden können und umgekehrt.

Konsonanten werden meist eher etwas stimmhaft ausgesprochen (z. B. in Laddezòòn, „Lattenzaun“), was normalerweise auch schriftlich wiedergegeben wird. Umgekehrt findet eine deutlich wahrnehmbare Anlautverhärtung typischerweise bei Gruppierungen aus Konsonant + /r/ am Silbenanfang statt. Beispielsweise sind für den Saarländer die Aussprachen [pʁoː'ɡʁam] und [bʁoː'kʁam] des Wortes Programm allophon (sprich, man könnte aus phonetischer Sicht genauso gut Brokramm schreiben – dies würde die Aussprache nicht oder nicht wahrnehmbar ändern). Eine solche Anlautverhärtung wird jedoch üblicherweise nicht schriftlich wiedergegeben. Sie ist darüber hinaus auch in anderen deutschen Dialekten anzutreffen.

Ebenfalls typisch saarländisch ist die die Nichtunterscheidung zwischen sch [ʃ] und weichem ch [ç] (ch wie in weich, nicht wie in Loch): Beide Phoneme sind im Saarländischen allophon und werden als relativ weiches, fast schon stimmhaftes sch [ʃ̬] (ein ʃ, das etwas in Richtung ʒ geht) ausgesprochen. Dies führt beispielsweise dazu, dass die Wörter Kirche und Kirsche beide als Kersch /kɛɐʃ/ ausgesprochen werden (in der Bedeutung „Kirche“ vielleicht noch stärker in Richtung [ʒ]) und nur anhand des Kontexts unterscheidbar sind.

Auch die Lautwerte für ch (wie in Loch) und r scheinen dichter beisammenzuliegen als in vielen anderen Regionen Deutschlands. In Teilen des Saarlandes wird das sonst im Deutschen übliche [ʁ] ein wenig in Richtung [ʀ] ausgesprochen. Umgekehrt wird das harte ch nur selten wirklich als hartes uvulares [χ] ausgesprochen; die vorwiegende Aussprache ist eher ein velares [x].

Ähnlich wie das Niederdeutsche haben auch das Rheinfränkische und insbesondere das Moselfränkische einige der Lautverschiebungen des Standarddeutschen nicht mitgemacht:

  • Die Konsonantenkombination pf /p͡f/ in hochdeutschen Wörtern wird im Saarländischen grundsätzlich zu pp, z. B. in Kopp („Kopf“), Päär („Pferd“) oder Abbel („Apfel“). Dies ist charakteristisch für Dialekte nördlich der Speyerer Linie/Mainlinie.
  • Die Aussprache des b verändert sich intervokalisch zu w, z. B. in e Weib, zwää Weiwer („ein Weib, zwei Weiber“) oder weewe („weben“). Die Aussprache dieses w kann in solchen Fällen auch eine Art Mischung aus b und w darstellen; es ist fast ein b, bei dem die Lippen jedoch nicht vollständig geschlossen sind ([β]). Dieser Sachverhalt ist insofern bemerkenswert, als das Saarland eigentlich südlich der Bopparder Linie liegen sollte.
  • Umgekehrt kann auch ein w zu einem b mutieren, z. b. in e Leeb, zwää Leewe, e Leebsche („ein Löwe, zwei Löwen, ein Löwchen“). Auch in diesem Fall wird die Aussprache des w unscharf und tendiert zu [β].
  • Im Moselfränkischen findet sich darüber hinaus je nach Kontext eine systematische Verwendung von t anstelle von s, z. B. in wat? („was?“), im Rheinfränkischen hingegen nicht. Dieser Unterschied stellt das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen rheinfränkischem und moselfränkischem Saarländisch dar; die Grenze zwischen den beiden Dialektgruppen wird daher das/dat-Linie genannt (auch: Sankt Goarer Linie, Hunsrück-Schranke).

Vokale

Im Standarddeutschen existieren nur zwei Aussprachen für O, nämlich eine kurze offene /ɔ/ (z. B. in „offen“) und eine lange geschlossene // (z. B. in „groß“). Das Saarländische kennt zusätzlich eine weitere, nämlich das lange offene o /ɔː/, häufig geschrieben als òò. Diese wird typischerweise anstelle eines langen a verwendet, z. B. in klòòr („interessant“; eigentlich „klar“[In manchen Regionen steht klòòr aber auch für witzig oder auch verwunderlich z. B.: Das iss jo klòòr = Das ist ja komisch/seltsam]) oder in hòòrisch („haarig“), aber beispielsweise nicht in groß [kʁoːs].

Der Laut ö (im Standarddeutschen je nach Länge [øː] bzw. [œ]) existiert im Saarländischen nicht nativ (Entlabialisierung). Langes ö wird zu ee [] (z. B. in scheen „schön“), kurzes ö wird zu e bzw. ä [ɛ] (z. B. in Werda „Wörter“).

Ebenso existiert im Saarländischen kein ü. Es wird in den meisten Fällen durch i ersetzt (z. B. in iwwaüber“, Gligg „Glück“), wobei ein kurzes i im Anlaut oft noch etwas dumpfer und mit angedeuteter Rundung gesprochen wird; ungefähr [ɨ] (oder gar [ʉ̟]). Es findet jedoch nicht immer eine Ersetzung durch i statt, so z. B. in Hundsche (Hündchen) oder in dòòdefòòr (dafür).

Zudem sprechen viele Saarländer zum Schwa tendierende Mischlaute anstelle von kurzen geschlossenen und halbgeschlossenen Vokalen, also zwischen kurzem „i“ und „e“ liegend, z. B. „/nɪt/“ → „/nɘt/“ → „/nət/“ (nicht), sowie zwischen kurzem „o“ und „u“, z. B. „/ʃʊlːɐ/“ → „/ʃɵlːɐ/“ → „/ʃəlːɐ/“ (Schulter). Die Übergänge dabei sind fließend und die Verwendung variiert zwischen Regionen und Personen.

Diphthonge

Weiterhin typisch saarländisch ist die oft etwas geschlossenere und weiter vorne liegende Wiedergabe der Diphthonge ei als [ɐɪ̯] (statt [aɪ̯]) und au als [ɐɵ̯] (statt [aʊ̯]).

Der Diphthong eu ist im Saarländischen nicht existent, sondern wird durch ei (oder auch au, je nach Region) ersetzt, z. B. in eier bzw. auer „euer“ oder nei (auch nau) „neu“. Wird er, beispielsweise zur Verdeutlichung einer Aussage durch hochdeutsche Aussprache, dennoch bewusst ausgesprochen, so wird er typischerweise lokal gefärbt eher als [ɵʏ̯] oder [ɵɪ̯] (statt hochdeutsch [ɔʏ̯]) wiedergegeben.

Insgesamt zeichnen sich die saarländischen Dialekte ohnehin durch weitgehende Diphthongarmut aus. Viele Wörter, welche im Hochdeutschen einen Diphthong aufweisen, verfügen in den saarländischen an der entsprechenden Stelle einfach nur über einen Vokal. Wird ein Diphthong durch einen Vokal ersetzt, so geschieht dies halbwegs regelmäßig; allerdings scheint es keine Regel zu geben, welche bestimmt, in welchen Fällen der Diphthong ersetzt wird und in welchen nicht. Hier eine vermutlich unvollständige Liste:

  • ei→[ɛː] oder [ɛ]: kää bzw. kenn (je nach Region) für „kein“; analog „klein“
  • ei→[ə]/[ɘ]: e für „ein“.
  • auaa/òò: laafe bzw. lòòfe (je nach Region) für „laufen“. Analog „kaufen“, „Baum“
  • auu/o: uff, auch off (je nach Region) für „auf“.
  • auou: Schlouch für „Schlauch“, Bouch für „Bauch“ (vornehmlich bei älteren Sprechern)


Man beachte insbesondere, dass die Ersetzungen ein- und desselben Diphthongs auch innerhalb einer Region unterschiedlich sein können, z. B. in uffkaafe (aufkaufen) oder in Rään(e)m („Reinheim“; Ortsname; das e wird als extrem kurzes [ə] ausgesprochen).

Klitika

Wie auch in vielen anderen Dialekten verschmelzen insbesondere Pronomina und Artikel, teilweise aber auch andere unbetonte Wörter mit vorangehenden oder nachfolgenden Wörtern; sie werden klitisch.

(Extrem-) Beispiele
  • Hannersm gesaat? – „Habt ihr es ihm gesagt?“ (dreifach klitisch)
  • Unnshatne gefròòt, obbers mache dääd. – „Und es (=sie) hat ihn gefragt, ob er es machen würde.“ (sowohl proklitisch als auch enklitisch)

Silbenbetonung

Die Betonung der einzelnen Wörter deckt sich weitestgehend mit der der deutschen Standardsprache. Allerdings gibt es in einigen Fällen – insbesondere bei Ortsbezeichnungen – Abweichungen von der Norm; die Tendenz geht dann zur Betonung auf der ersten Silbe. Beispiele: Zwääbrigge (Zweibrücken) und Neinkeije (auch Näinkaaje) (Neunkirchen). Auch die Wörter Kakao oder auch Muskatnuss werden lokal auf der ersten Silbe betont.

Endsilben

Auch die Unterschiede zwischen hochdeutschen und saarländischen Endsilben sind in vielen Fällen regelmäßig:

  • Unbetontes -en wird im Rheinfränkischen fast immer zu -e, z. B. in allen Verben (lachen→lache, essen→esse, waschen→wäsche, lassen→losse; Ausnahmen: gehen→gehn, sehen→siehn), aber auch in Pluralformen (Laternen→Laderne) und sonstigen Fällen (Karren→Karre), sogar bei Ortsbezeichnungen (MünchenMinsche, DillingenDillinge). Dies gilt i. A. jedoch nicht für das Moselfränkische.
  • Die (seltene) Endsilbe -agen wird üblicherweise zu -aan: sagen→saan, Wagen→Waan, schlagen→schlaan.
  • Sonstiges unbetontes -n fällt im Rheinfränkischen entweder weg (selten, v. a. im Dativ, siehe Grammatik) oder wird als hochdeutsches -en interpretiert und somit gemäß der obigen Regel zu -e, z. B. in AmpelnAmbele. Auch von dieser Regel ist das Moselfränkische im Normalfall ausgenommen.

Grammatik

Abgesehen von der Aussprache existieren eine ganze Reihe grammatikalischer und auch semantischer Unterschiede zur deutschen Umgangssprache.

Neutrale Feminina

Frauen haben im Saarländischen das Neutrum als grammatikalisches Geschlecht. Beispielsweise verwendet das Saarländische nicht die in „normaler“ Umgangssprache üblichen Formen die Anna oder die Hilde, sondern es Anna („das Anna“) oder es Hilde („das Hilde“). Insbesondere am Satzanfang wird das es hierbei üblicherweise zu einem einzelnen s reduziert, so dass sich hierdurch auch phonetisch interessante Konstrukte wie s Susanne ergeben /s‿su'sʌnə/ (die Unterscheidung zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten ist nur schwach ausgeprägt; der Artikel wird klitisch, s. o.). Häufig anzutreffen ist auch die Benutzung von ähs dòò, wörtlich übersetzt „sie da“, allerdings mit meist abwertender Konnotation.

Diese Besonderheit der „neutralen Frauen“ ist nicht in einer Geringschätzung der Frauen begründet, sondern kommt daher, dass „das Mädchen“ grammatikalisch ein Neutrum ist: Die Saarländer sehen quasi alle Frauen als Mädchen an. Auch weibliche Sprecher weichen dieser Regel daher nicht aus.

Eine Ausnahme stellen verheiratete Frauen dar. Sofern nicht der Vorname, sondern der (neu erworbene) Nachname des Ehemannes (mit dem Possessivsuffix -sch versehen) verwendet wird, ist die Frau grammatikalisch feminin: „es Hilde“ – aber „die Bäggasch“ (die „Becker’sche“ = die Frau des Herrn Becker).

Eine weitere Ausnahme sind Frauen – unabhängig von ihrem Familienstand –, die gesiezt werden bzw. die mit ihrem Nachnamen referenziert wird: „Die Frau Müller hat gesahd“ – und in der Folge auch „sie hat außerdem gemennt“.

Die neutralen Feminina des Saarländischen sind nicht einzigartig; entsprechendes findet sich etwa im Kölner Dialekt und darüber hinaus.

Konjugation

Im Präsens Plural gibt es grundsätzlich nur eine einzige Verbform für alle drei Personen: mir sinn, ihr/dir sinn, die sinn (statt „wir sind, ihr seid, sie sind“).

Wie auch in vielen anderen süddeutschen Dialekten ist ein Präteritum ungebräuchlich. Eine Ausnahme bilden die Verben hann (haben) und sinn (sein); jedoch werden die Präteritums-Formen teilweise nur in der Funktion als Hilfsverb zur Bildung des Plusquamperfekts benutzt. Beispielsweise wäre die Wortwahl Isch hott geschdern kää Probleme (Rheinfränkischen); oder: Isch hann geschdern kää Probleme gehatt (Moselfränkischen).

Umgekehrt wird, wie auch in anderen Regionen teilweise gebräuchlich, gerne das „Superplusquamperfekt“ verwendet: Er hott mers gesaat gehatt (RF) „Er hatte es mir gesagt gehabt“. (Anm.: Im Hochdeutschen sind nur „Er hat es mir gesagt“ (Perfekt), „Er sagte es mir“ (Präteritum) und „Er hatte es mir gesagt“ (Plusquamperfekt) grammatikalisch korrekt.)

Analog zum Standarddeutschen werden die analytischen Konjunktivformen (isch hannisch hätt, isch krienisch kräät) zunehmend durch Verbalkonstruktionen verdrängt. Der Konjunktiv II wird in den meisten Fällen mit Hilfe des Konjunktivs des Verbs duun („tun“), in manchen Regionen auch gehn („gehen“) gebildet: isch dääd saan, dass … oder auch isch gäng(d) saan, dass … („ich würde sagen, dass …“). In der deutschen Standardsprache entspricht der Gebrauch von dääd/gäng(d) hier dem Gebrauch von würde. Duun („tun“) wird fast ausschließlich in dieser Funktion als Hilfsverb verwendet; für das Verb „tun“ hat sich ansonsten die Verwendung von mache etabliert. Der Konjunktiv I, welcher im Standarddeutschen in der indirekten Rede verwendet wird, existiert faktisch nicht oder wird durch den Konjunktiv II bzw. Verbalkonstruktionen mit dääd/gäng(d) substituiert.

Weit verbreitet, obgleich nicht völlig durchgängig, ist auch die Verwendung des Verbs genn (geben) statt werre (werden). Insbesondere als Hilfs- bzw. Modalverb wird fast ausschließlich werre verwendet. Sowohl die Formulierung Ei Moment mòò, das is so nie gesaat genn als auch Ei Moment mòò, das is so nie gesaat wòòr (beides: „Ja (≈Ei) Moment mal, das ist so nie gesagt worden“) sind akzeptiert. Insgesamt lässt sich sagen, dass genn zur Bildung des Passivs und als Hauptverb-Ersatz für werden akzeptiert ist, jedoch nicht oder nur selten zur Bildung von Futurformen verwendet wird. Beispiele: Es gebbt nächschde Monat zwää („Es (=sie) wird nächsten Monat zwei (Jahre alt)“); andererseits: Mir werresem schon nit verròòde („Wir werden es ihm/ihr schon nicht verraten“).

Bei der Konjugation einiger Verben werden andere Formen als im Standarddeutschen verwendet, beispielsweise isch hann gebrung (statt „ich habe gebracht“), oder aber isch hann das net gewisst (statt „ich habe das nicht gewusst“), teilweise auch eine andere Form der ersten Person Singular von sinn bei seiner Verwendung als Hilfsverb: Wie isch achzeh genn sinn („Als ich achtzehn (Jahre alt) gegeben (=geworden) bin)“.

Letzteres lässt sich auch mit der Eigenart des Saarländischen erklären, dass die erste Person Singular (sowie alle Pluralformen) mit dem Infinitiv zusammenfällt. Die Konjugationstabelle für den Indikativ Präsens Aktiv sieht für das Saarländische (inklusive Beispiele: gehn „gehen“, hann „haben“, gugge(n) „schauen“/„gucken“, schwätze(n) „reden“) folgendermaßen aus:

Stufe Infinitiv auf -n Infinitiv auf -e (rheinfränkisch) Infinitiv auf -en (moselfränkisch)
Standarddeutsch gehen haben schauen reden schauen reden
Infinitiv (Formbildung) gehn hann (Formbildung) gugge schwätze (Formbildung) gucken schwätzen
1. Person Singular -n isch gehn isch hann isch gugge/guck isch schwätze -en ësch gucken ësch schwätzen
2. Person Singular -sch oder -schd du gehsch(d) du hasch(d) -sch oder -schd du guggsch(d) du schwäddschd -schd doo guckschd doo schwätzschd
3. Person Singular -t/-dd er/die/es geht er/die/es hadd -t/-dd er/die/es guggd er/es schwätzt -t/-d (h)en/(h)ett guckd (h)en/(h)ett schwätzt
1. Person Plural -n mir gehn mir hann -e mir gugge mir schwätze -en mir gucken mir schwätzen
2. Person Plural -n ihr gehn ihr hann -e ihr gugge ihr schwätze -t/-d dir guckd dir schwätzt
3. Person Plural -n die gehn die hann -e die gugge die schwätze -en se/sée gucken se/sée schwätzen

Deklination

Die Unterscheidung zwischen den Kasūs ist im Saarländischen weitgehend weggefallen:

  • Der Dativ existiert zwar als Kasus; die Nomina werden bei der Deklination üblicherweise im Dativ jedoch nicht verändert, lediglich der Artikel gibt Aufschluss: z. B. die Kinner, de Kinner („die Kinder, den Kindern“).
  • Der Akkusativ wird im Allgemeinen durch den Nominativ ersetzt. Lediglich der bestimmte Artikel lässt (insbesondere bei jüngeren Sprechern) den Akkusativ erkennen. Vgl. Hasch du der Dummschwätzer dòò geheerd? („Hast du den Dummschwätzer da gehört?“); aber auch immer häufiger: Hasch du denne Dummschwätzer dòò geheerd? Deutlich wird die abweichende Deklination des Nomens besonders bei (auch substantivierten) Adjektiven, z. B.: „Isch hann e scheena Schingge dòò“ („schöner“ anstatt hochdeutsch dekliniertem „ich habe einen schönen Schinken hier“); oder auch: „Isch hann e Pladda.“ („Platter“ anstatt hochdeutsch dekliniertem „ich habe einen Platten (Reifen).“.
  • Der Genitiv existiert nicht. Anstelle des Genitivs treten stattdessen, wie auch in vielen anderen Regionen Deutschlands, üblicherweise Dativkonstruktionen, z. B. in em Hilde sei Schwòòer (wörtlich: „dem Hilde sein Schwager“; sinngemäß „Hildes Schwager“).

Diminutiv

Es gibt drei Diminutivformen. Normalerweise werden die einfachen Formen auf -je und -sche benutzt, z. B. WutzWutzje (Schwein/Schweinchen) oder WaanWäänsche (Wagen/Wägelchen). Diesen beiden Formen entspricht das hochdeutsche -chen. Diminutivformen auf -le wie z. B. im Alemannischen bzw. -lein im Hochdeutschen werden hingegen eher nicht verwendet.

Allerdings existiert neben den Formen -je und -sche auch eine seltenere dritte Form des Diminutivs auf -elsche, z. B. Wutzelsche (sinngemäß etwa „besonders niedliches kleines Schweinchen“). Diese dritte Form ist eine besondere starke Form des Diminutivs; sie entspräche im Hochdeutschen quasi einer gleichzeitigen Verwendung von -lein und -chen im selben Wort.

Gelegentlich sind auch diminutivartige Konstrukte bei Verben anzutreffen, z. B. in rumwutzele (von rumwutze), welche wie auch bei den Substantiven die Schärfe einer Aussage mildern und mit einem Augenzwinkern versehen können.

Der Diminutiv in den saarländischen Dialekten verfügt im Gegensatz zum Standarddeutschen über eine eigene Pluralform: Der letzte Buchstabe der Endung wird offener ausgesprochen und entspricht in der Aussprache der standarddeutschen Endsilbe -er (welche normalerweise wie [ɐ] ausgesprochen wird). Beispiele: e Bäämsch[ə]zwää Bäämsch[ɐ] (Bäumchen), e Mädsch[ə]zwää Mädsch[ɐ] (Mädchen).

Pronomina

Ähnlich wie im Niederländischen existieren für viele Pronomina zwei Formen, eine betonte und eine unbetonte, von denen im Normalfall die unbetonte verwendet wird.

Nominativ Dativ Bemerkungen
Hochdeutsch unbetont betont
ich isch isch mir mer mir
du de du (RF) / dau (MF) dir da dir
er a (sehr kurzes „er“) der, er (lang) ihm/em m, em, nem demm, dem
sie se die (selten: sie) ihr ner, rer der selten; vgl. Anmerkung oben über grammatikalisches Geschlecht!
es s (RF) / et (MF) ähs, das (RF) / dat, äht (MF) ihm m, em, nem demm, dem Ersetzt meist die feminine Form, s. o.
wir mer mir
ihr ner ihr
sie se die (selten: sie) ihnen ne denne, dene
Sie (Höflichkeitsform) Se Sie Ihnen Ihne Ihne

Das Pronomen sie (betont) bzw. se (unbetont) wird nur verwendet für die 3. Person Singular femininum – welche jedoch aufgrund der grammatikalischen Neutralität der Frauen nur selten vorkommt – und für die Höflichkeitsform Sie der Anrede.

Verwendung findet diese 3. Person Singular femininum („die“, „sie“ oder „se“) normalerweise bei Frauen, die mit Nachnamen genannt werden („se“ für „die Frau Müller“), oder bei nur grammatikalisch weiblichen Dingen („se“ für „die Bluum“ = Blume) sowie Anreden/(Berufs)bezeichnungen/Titel („se“ für „die Mudder“ = Mutter).

Als Personalpronomen für die 3. Person Plural wird es hingegen nicht oder nur höchst selten verwendet; typischerweise verwendet man stattdessen als betonte Form die. Die unbetonte Form se (mit sehr kurzem [ə]) kann auch für die 3. Person Plural auftreten, jedoch gewöhnlich nur in enklitischer Stellung, z. B. in Hannse dir sellemòòls kää Geld gebb? – „Haben sie dir damals kein Geld gegeben?“.

Das Adverb dòò (hochdeutsch da im Sinne von hier, dort; jedoch nicht im Sinne von weil) kann auch attributiv bzw. pronominal verwendet werden (hierbei wird es jedoch nicht flektiert), wobei sich für gewöhnlich die Satzstellung wie folgt ändert: Das dòò Audo gefallt mer aarisch gudd.„Das da Auto (= Dieses Auto) gefällt mir ziemlich gut.“ Die Kombination bestimmter Artikel + dòò ersetzt somit die im Saarländischen ungebräuchlichen Demonstrativpronomina.

Wortstellung

Bei Konstruktionen aus Hilfsverb plus Infinitiv eines Vollverbs, bei denen im Hochdeutschen das Hilfsverb am Satzende steht, wechselt dieses im Saarländischen mit dem Vollverb die Position. Beispiele sind der Irrealis der Vergangenheit (Jòò, das hättma kenne mache. – „Ja, das hätte man tun können.“) und Nebensätze (Hatma jòò kenna gesaad, dass isch das soll gehn losse. – „Es hat mir ja keiner gesagt, dass ich sie gehen lassen soll.“).

Siehe auch

Literatur

  • Edith Braun: Max und Moritz in Saarbrücker Platt (Nachdichtung von Wilhelm Buschs Max & Moritz). Saarbrücken 1983, ISBN 3-922807-33-X, 64 Seiten, vergriffen.
  • Edith Braun, Max Mangold: Saarbrücker Wörterbuch. Wortschatz der gegenwärtigen Saarbrücker Umgangsmundart. Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1984, ISBN 3-921646-70-7, 304 Seiten.
  • Edith Braun: Saarbrücker Mundart-Lektionen. Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1986, ISBN 3-925036-06-7, 160 Seiten.
  • Edith Braun: Saarbrücker Homonym-Wörterbuch. Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1989, ISBN 3-925192-92-1, 373 Seiten.
  • Edith Braun: Necknamen der Saar und drum herum. 2. Auflage. Lebach, 1991, vergriffen.
  • Edith Braun: Mundart. Wörterbuch – Geschichten – Brauchtum. Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1994, ISBN 3-925036-89-X, 176 Seiten.
  • Edith Braun: Neues Lebacher Mundartbuch. Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1995, ISBN 3-930843-00-5, 224 Seiten.
  • Edith Braun: Wenn ein Saarländer sagt. Ottweiler Druckerei, 1995, ISBN 3-923755-44-9, 24 Seiten.
  • Edith Braun, Anna Peetz: Hasenbrot und Gänsewein. Allerlei vom Essen und Trinken. edition Karlsberg, Homburg/Saar 1995, ISBN 3-930204-07-X, 312 Seiten.
  • Edith Braun: Lebendige Mundart. Gudd gesaad I. Sprüche und Redensarten. Saarbrücker Druckerei und Verlag, Saarbrücken 1996, ISBN 3-930843-04-8, 160 Seiten.
  • Edith Braun, Lutz Hahn: Lebendige Mundart. Gudd gesaad II. Sprüche und Redensarten. Saarbrücker Druckerei und Verlag, Saarbrücken 2000, ISBN 3-930843-59-5, 160 Seiten.
  • Edith Braun, Adelinde Wolff: Mundart von Werschweiler/Ostertal. Wörter und Geschichten. Verlag Pirrot, Saarbrücken-Dudwei1er 1997, ISBN 3-930714-27-2, 158 Seiten.
  • Edith Braun, Max Mangold, Eugen Motsch: St. Ingberter Wörterbuch. Verlag Pirrot, Saarbrücken-Dudwei1er 1997, ISBN 3-930714-30-2, 236 Seiten.
  • Edith Braun, Karin Peter: Saarlouiser Mundartbuch. Wörterbuch – Geschichten – Brauchtum. Saarbrücker Druckerei und Verlag, Saarbrücken 1999, ISBN 3-930843-47-1, 260 Seiten.
  • Edith Braun: Die saarländische Weihnachtsgeschichte. Verlag Michaela Naumann, Nidderau 1999, ISBN 3-933575-20-6, 16 Seiten.
  • Edith Braun, Agnes Müller, Rainer Müller: Quierschieder Mundartbuch. Wörterbuch – Geschichten – Brauchtum. 2002, ISBN 3-923755-90-2, 304 Seiten.
  • Norbert Breuer-Pyroth: Vaschtesche mich? Wörterbuch des Alt-Saarlouiser Spachgutes. Vokabular mit 1.400 Begriffen. Mit 62 Seiten Erzählungen. 4. stark erweiterte Auflage. Saarlouis 2006, ISBN 3-00-020012-6, 181 Seiten.
  • Alexandra N. Lenz: Struktur und Dynamik des Substandards. Eine Studie zum Westmitteldeutschen (Wittlich/Eifel). Stuttgart 2004.
  • Ramge, Hans: Dialektwandel im mittleren Saarland. (=Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 30), Saarbrücken 1982, 84 Seiten, 24 Karten, ISBN 978-3-923877-30-0
  • Manfred Vogelgesang: Die Mundart von Bliesmengen-Bolchen (Saarland). In: Phonetica Saraviensa (11). Saarbrücken 1993.

Einzelnachweise

  1. www.mundart-saarland.de
  2. Seite mit einer Karte der das-dat-Grenze
  3. Seite zur Geschichte der Saarländischen Dialekte
  4. IfD Allensbach: Auch außerhalb von Bayern wird Bayerisch gern gehört - Die beliebtesten und unbeliebtesten Dialekte

Weblinks


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