Schicklerhaus

Schicklerhaus
Ansicht des Schicklerhauses von Südwesten

Das Schicklerhaus ist ein im Jahr 1910 im Stil des Neoklassizismus errichteter Gebäudekomplex im Berliner Bezirk Mitte, unweit der Jannowitzbrücke.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Verkehrsanbindung

Das Schicklerhaus liegt im Straßenkarree Schicklerstraße (5–7) – Littenstraße – Voltairestraße – Trasse der Regional- und Stadtbahn, in der Nachbarschaft haben zahlreiche regionale wie überregionale Behörden und Verwaltungen ihren Sitz. Von den U-Bahnhöfen Jannowitzbrücke (U8) und Klosterstraße (U2) sowie vom S-Bahnhof Jannowitzbrücke ist das Haus nur wenige Minuten entfernt. Eine Bus- und eine Straßenbahn-Linie befinden sich in rund 150 Meter Entfernung. Das Nikolaiviertel, die Spree und der Alexanderplatz sind touristische Attraktionen in der Umgebung des Gebäudes.

Kurze Baugeschichte und Nutzung des Hauses

Das Schicklerhaus nach der Fertigstellung, 1910

Die Firma Hiller & Kuhlmann[1] baute das Geschäftshaus 1910 auf einer Grundfläche von 4.360 m² mit drei Haupt- und vier Lichthöfen. Im Erdgeschoss befanden sich Läden, in den anderen Etagen gab es Büros verschiedener Firmen oder von Parteien. So saß ab 1917 das Berliner Büro der USPD hier. Von 1930 bis 1933 nutzte die 1926 gegründete Marxistische Arbeiterschule (MASCH) einige Räumlichkeiten in dem Haus, in denen auch Albert Einstein und Hermann Duncker populärwissenschaftliche Vorträge hielten.

Nach 1945 wurde das kriegsbeschädigte Gebäude zunächst auf Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin von der Deutschen Innen- und Außenhandel Nahrung (DIA) bezogen.

In der DDR-Zeit hatten die Außenhandelsbetriebe Germed, Fruchtimpex, die Deutsche Export- und Importgesellschaft Feinmechanik – Optik sowie die LIMEX Außenhandelsgesellschaft m.b.H. in diesem Gebäudekomplex ihren Sitz.

Blick in einen der Lichthöfe

Nach Rekonstruktion und Umbau in den Jahren 1997–1999 durch das Ingenieurbüro Pilz (Technische Dienstleistungen) diente das Schicklerhaus bis etwa 2005 der Konzernleitung der Deutschen Bahn AG (DB).[2] Nach dem Auszug der DB kamen einige kleine Firmen in dieses Haus wie eine Veranstaltungsfirma, ein Reisebüro und andere. Seit 2007 sind weitere Firmen eingezogen, unter anderem die Servicegesellschaft Vamed Deutschland GmbH. 2008 folgte die Daimler AG, die hier bis Ende des Jahres ihr neues Shared Service Center für Buchhaltungsfunktionen (Daimler Group Services Berlin GmbH) mit etwa 90 neuen Arbeitsplätzen eingerichtet hat.[3][4] Mitte 2009 zog das IT-Unternehmen Defrax Business Solutions GmbH, eine aufstrebende Werbeagentur, in Räumlichkeiten des Hauses.[5] Am 1. Januar 2010 hat der Deutsche ReiseVerband (DRV) mit seiner Geschäftsstelle und der Tochtergesellschaft, der DRV Service GmbH, neue Büroräume im Schicklerhaus bezogen.[6]

Namensgebung

Der Name Schicklerhaus knüpft an die Familie Schickler an, die im 18. Jahrhundert aus der Stadt Basel[7] via Mülhausen (Elsass) nach Preußen zugewandert war. Johann Jacob Schickler hatte in die Fabrikantenfamilie Splitgerber eingeheiratet, die 1712 gemeinsam mit Gottfried Adolph Daum eine Firma zur Produktion von Kugeln und Bomben, gekoppelt mit Darlehens-, Wechsel- und Lombardgeschäften, gegründet hatten (Bank- und Handelshaus Splitgerber & Daum). Die Familienmitglieder wohnten ab 1799 bis nach 1815 in einem zweigeschossigen neunachsigen Bürgerhaus mit Mansarddach und doppelläufiger Freitreppe in der Leipziger Straße Nummer 57. Das Wohnhaus wurde auch das „Schicklersche Haus“ genannt.[8]

Ab 1712 vergrößerten Splitgerber und Daum ihr Geschäft kontinuierlich durch Zukauf von Produktionsstätten in Neustadt/Dosse (Spiegelherstellung), Eberswalde (Elfenbein-Kämme), Bromberg und Minden (Zuckersiedereien). Als die Geschäfte immer schlechter gingen, übernahmen die Schwiegersöhne Johann Ernst und David Schickler die Firma, die seit 1795 offiziell Gebrüder Schickler (GS) hieß. Sie konzentrierten sich nun auf Bankgeschäfte und eine Gewehrfabrikation in Potsdam und Spandau, die übrigen Fabriken wurden schrittweise wieder verkauft. Die Privatbank blieb über Jahrzehnte im Besitz der Familie, wobei die Leitungen wechselten. Ab 1846 standen die Gebrüder Arthur und Ferdinand Schickler der Firma vor.[9] Die als erste Privatbank Berlins (1712 gegründet) gefeierte Bank Gebrüder Schickler gelangte durch die rasche Industrialisierung im Berliner Raum gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu großem Reichtum.[10] In Eberswalde ließen sich die Schicklers auch eine Villa bauen („Schicklersches Haus“), eine Straße wurde ebenfalls nach den Brüdern benannt.[11]

1910 vereinigten sich die Bankhäuser Delbrück Leo & Co. und Gebrüder Schickler zu Delbrück, Schickler & Co.[12]

Eine neu angelegte kurze Straße im Berliner Stadtzentrum erhielt 1889 den Namen der erfolgreichen Bankiersbrüder.[13] Das in dieser Straße 1910 erbaute Gebäude war jahrelang namenlos; erst ab Mitte der 1990er-Jahre wird es Schicklerhaus genannt, wahrscheinlich weil es das größte und auffälligste Bauwerk in der Schicklerstraße ist. Eine Anfrage bei der Berliner Denkmalbehörde ergab, dass das Gebäude wegen seiner zahlreichen Umbauten nicht in der Baudenkmalliste steht.

Blick in den Eingangsbereich

Ausstattung des Schicklerhauses

Die Fassade des Hauses mit sechs Etagen ist mit Naturstein verkleidet; ein gesonderter zweigeschossiger Glasturm steht auf einem Eckteil des Gebäudes. Ein großzügiges Foyer mit Marmorimitat-Stützen und einer gefächerten Glasdecke ist von den Architekten gestaltet worden. Hier werden Werke von jungen Künstlern gezeigt. Der Bau verfügt über eine Bruttogeschossfläche von 13.500 m². Fünf Fahrstühle, Schallschutz-Aluminium-Fensterelemente mit elektrisch betriebenen außenliegenden Jalousetten sowie eine moderne Heizungsanlage entsprechen dem derzeitigen Stand der Technik.

Weblinks

 Commons: Schicklerhaus – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Historisches Architektenregister „archthek“, Eintrag „Hiller & Kuhlmann“, dort als „Bauunternehmen“ bezeichnet
  2. Schicklerhaus im Bezirkslexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins
  3. Daimler eröffnet Finanz-Zentrale in Mitte. In: B.Z. vom 31. Dezember 2007
  4. Automobilbranche: Daimler zieht Berlin vor. In: Märkische Allgemeine vom 4. März 2008
  5. Homepage von Defrax Business, abgerufen am 8. Januar 2010
  6. Homepage vom DRV
  7. Stammbaum Schickler von Aug. Burckhardt im Wappenbuch der Stadt Basel, 3. Teil 1. Folge, Verlag Helbling und Lichtenhahn Basel
  8. Statistische Angaben zur Architektur und zur Soziologie der Eigentümer und Bewohner der Häuser in der Leipziger Straße in Berlin in den Jahren 1785-1815 bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
  9. Zeittafel auf der Homepage der Splitgerber-Oberschule in Berlin
  10. Der preußische Staat und die Juden von Selma Stern (u. a. Bankhaus Gebrüder Schickler erwähnt)
  11. Schicklerstraße in Eberswalde auf Google-Maps
  12. Seite über Adelbert Delbrück auf der Homepage der Historischen Gesellschaft der Deutschen Bank e.V.
  13. Schicklerstraße im Bezirkslexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins
52.51638888888913.415555555556

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