Schleswig-Holsteiner Küche

Schleswig-Holsteiner Küche
Ein typisch schleswig-holsteinisches Gericht ist Grünkohl mit Kochwurst, Kassler und Schweinebacke

Die Schleswig-Holsteinische Küche ist für ihre derbe und bürgerliche Kost bekannt. In Schleswig-Holstein werden die Einflüsse sowohl aus dem niedersächsischen wie auch dem dänischen oder dem friesischen Bereich spürbar. Die Nähe zum Meer ebenso wie das eher raue Klima spielten eine Rolle dabei, welche Grundsubstanzen überhaupt zur Verfügung standen.

Inhaltsverzeichnis

Bekannte Gerichte

Eines der bekanntesten Gerichte in Schleswig-Holstein ist Birnen, Bohnen und Speck. Daneben sind Grünkohl mit Kassler, Kochwurst und Schweinebacke oder die dänische Rote Grütze (gern mit flüssiger Sahne) weit verbreitet. Traditionelle Gerichte sind Labskaus, Mehlbüdel, Schnüüsch, Rübenmalheur, Holsteiner Sauerfleisch, Fliederbeersuppe und Swattsuer, Buttermilchsuppe mit Klüten, Grünkohlsuppe oder Brotpudding und an der Westküste Nordseekrabben, seit dem späten 19. Jahrhundert auch Kohl. In der Region um Elmshorn sind Graue Erbsen ein Gericht mit langer Tradition. Einen besonderen Stellenwert haben Milch- und Fleischprodukte. Holtsee-Käse ist eine Spezialität, ebenso wie Holsteiner Katenschinken. Auch Fisch spielt an der Ostküste eine große Rolle. Besonders Maischollen, Heringe oder Kieler Sprotte sind landestypisch, als typisches Silvestergericht auch gekochter Karpfen. Zum Dessert bekommt man mancherorts Vanilleeis mit Friesischer Bohnensuppe.

Gerade aus der bäuerlichen Küche sind viele Gerichte seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend in Vergessenheit geraten. Hierzu zählen Mädchenröte als Dessert, Förtchen als Gebäck und Vorläufer der Berliner Pfannkuchen, Munkmarscher Muscheltopf, Kalbfleischpudding oder gefüllte Schweinebrust, eines der vielen Fleischgerichte mit süßen Beilagen.

Geschmackliche Besonderheiten

Süße und deftige Bestandteile im Broken sööt ergeben einen für die Schleswig-Holsteiner Küche typischen Geschmackskontrast

Die Vorliebe dieser Regionalküche, die Süße einer Speise mit einem geschmacklichen Kontrast wie sauer oder salzig zu kombinieren, wird auch als Broken sööt (Gebrochene Süße) bezeichnet. Üblich ist vor allem die Geschmackskombination söötsuur (süßsauer).

Typische Gerichte, die den Broken-sööt-Geschmack bereits durch die Zubereitungsart erhalten, sind Göösküül söötsuur, die süßsaure Gänsekeule, das Holsteiner Sauerfleisch und das süßlich angemachte Rübenmalheur. Auch durch die Verbindung stark gesalzener und darum würziger Fleischgerichte mit süßen Beilagen entsteht dieser Geschmackseindruck. Zu den im norddeutschen Raum bekanntesten Gerichten dieser Art zählt der Eintopf aus Birnen, Bohnen und Speck, der die Süße der Kochbirnen mit der deftigen, fetthaltigen Speckbrühe vermengt. Ebenso findet sich Brooken sööt beim Grünkohl, der durch langes Schmoren mit Kochwurst bzw. Pinkel, Kasseler und Schweinebacke ein kräftiges Fleischaroma annimmt und mit karamellisierten Röstkartoffeln serviert wird, gegebenenfalls auch mit Streuzucker zum Nachsüßen bei Tisch.

Die Süße der Gerichte rührt häufig von Backpflaumen oder Rosinen her, die nicht nur mit gestoßenem Zwieback zur Füllung von gebratenem Geflügel dienen, sondern auch zu gebratenem Fisch und zur Schweinerippe gereicht werden, zur Hühnersuppe wie zur Rinderbrühe. Desgleichen kennt die Regionalküche Fruchtsaucen und Kompott als Beilage zum Bratfisch.

Literarischen Niederschlag fand der spezielle Geschmack des Broken sööt in einer humoristischen Szene von Thomas Manns Roman Buddenbrooks (1901). Als Tony Grünlich, geborene Buddenbrook, sich eines Predigers entledigen wollte, der ihr vor allem durch unmäßigen Appetit zur Last fiel,

„(…) ordnete sie heimtückisch Specksuppe an, das städtische Spezialgericht, eine mit säuerlichem Kraute bereitete Bouillon, in die man das ganze Mittagsmahl: Schinken, Kartoffeln, saure Pflaumen, Backbirnen, Blumenkohl, Erbsen, Bohnen, Rüben und andere Dinge mitsamt der Fruchtsauce hineinrührte, und die niemand auf der Welt genießen konnte, der nicht von Kindesbeinen daran gewöhnt war.“

Thomas Mann: Buddenbrooks, 4. Teil, 10. Kapitel[1]

Getränke

Neben den allgemein üblichen Getränken sind in Schleswig-Holstein Schnäpse wie Korn und Köm zum Bier beliebt; ein kleines Bier und einen Schnaps bestellt man gern als „Lütt un Lütt“ („Klein und Klein“). Die beliebtesten Biersorten kommen aus dem Bundesland selbst: Flensburger Pilsener und Dithmarscher Pilsener, beide in der charakteristischen Bügelflasche.

Heiße Spezialitäten sind „Tote Tante“, anderenorts als Lumumba bekannt, sowie der Pharisäer. In Angeln trinkt man Angler Muck, ein punschartiges Getränk.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Schleswig-Holsteiner Küche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thomas Mann: Buddenbrooks. Verfall einer Familie. Frankfurt am Main: S. Fischer 1960, S. 243

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