Schloss Bieberstein (Hessen)

Schloss Bieberstein (Hessen)
Blick auf Schloss Bieberstein, von Langenbieber aus

Schloss Bieberstein ist ein Barockschloss, das zwischen 1710 und 1740 durch den Bamberger Baumeister Johann Dientzenhofer gebaut wurde. Es gehört zur Gemeinde Hofbieber, liegt etwa 2 km von Hofbieber entfernt auf dem Kugelberg (505,1 m ü. NN), einem südlichen Ausläufer der Hessenliede (517,7 m ü. NN). Südlich vom Kugelberg fällt das Gelände in das Biebertal ab. Von Fulda, dem Hauptort des Landkreises, ausgehend, liegt das Schloss ca. 16 km in östlicher Richtung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Burg Bieberstein

Blick auf Schloss Bieberstein von Langenbieber aus

Seit dem 9. Jahrhundert gehörte die Gegend um Hofbieber in den Besitz des Klosters Fulda. Mit dem Amtsantritt des Abtes Markward (1150–1165) wurde der laut gängiger Meinung schon länger erwogene Bau einer Burg in die Tat umgesetzt. Als Argument habe jenem gegolten, dass man eventuellen Feinden der Kirche zuvorkommen müsse, die hier eventuell ihren Sitz beziehen könnten. Damit habe sich das Kloster eine seiner ersten Befestigungsanlagen gebaut. Obwohl die Burg also in den Händen des Klosters zu Fulda war, ist anhand von Urkunden erkenntlich, dass zumindest am Ende des 12. Jahrhunderts bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts auch ein Rittergeschlecht von Bieberstein existent war.

Eine andere Geschichte ergibt sich jedoch, wenn man die entscheidende Urkunde, die von Abt Marquarts Absichten berichtet, wörtlich nimmt. In ihr heißt es nämlich: „Ich dachte nämlich in meinem Sinn: Sieh da, der rechte Platz für diese Burg! Reiß ihn irgendein Kirchenfeind an sich, so wird uns jedes Uebel von ihm drohen […] Deshalb habe ich begonnen, jene Burg in Besitz zu nehmen [...] und sie mit treu ergebenen Kriegern zu besetzen […]“ (zitiert nach der Übersetzung von: Alex Zollmann, S. 171) Dies kann also auch bedeuten, dass es diese Burg bereits gab und zwar in der Hand des oben erwähnten Adelsgeschlechtes von Bieberstein, nun aber mehr und mehr in den Besitz des Klosters Fulda überging.

Somit scheint es auch mehr Sinn zu ergeben, dass die Burg in der Nähe des Ortes Hofbieber bereits vor der Mitte des 13. Jahrhunderts sich als baufällig, zum Teil sogar als Ruine präsentierte. Das Rittergeschlecht scheint verarmt gewesen zu und letztendlich ausgestorben zu sein. Diese Situation machte sich das Kloster Fulda zunutze und brachte das Bauwerk und den dazu gehörigen Grund und Boden in seinen Besitz – vollständig vielleicht erst im 13. Jahrhundert. Jedenfalls ließ Abt Heinrich IV. für seinen allgemeinen Kampf gegen die Raubritter neben dem Bau einiger neuen Burgen auch die Burg Bieberstein um das Jahr 1250 wiederherstellen und mit einem Graben umgeben.

Da die Äbte von Fulda vor allem seit dem 14. Jahrhundert ständig in neue Kämpfe verwickelt waren, kam das Kloster durch das häufige Kriegführen immer öfter in finanzielle Engpässe. Oft sah es sich gezwungen, einen Teil seines Besitzes zu verpfänden oder gar zu verkaufen. Auch die Burg Bieberstein wurde wiederholt ein Opfer dieser Geldnot. Allerdings achtete man stets darauf, dass man sich ein Rückkaufrecht vorbehielt, sodass die Burg immer wieder in den Besitz des Klosters Fulda zurückgelangte. Von 1486 bis 1802 war die Burg dann jedoch im ständigen Besitz der Fürstäbte von Fulda.

Die Burg war wahrscheinlich schon seit dem 13. Jahrhundert der Mittelpunkt eines der Fuldaer Ämter, später sogar ein Oberamt. Damit wurde hier die so genannte Zentgerichtsbarkeit ausgeübt. Allerdings hatte der Zentgraf erst seit Ende des 17. Jahrhunderts seinen Wohnsitz in Bieberstein, vorher wohnte er in Hofbieber, wo auch das eigentliche Zentgericht abgehalten wurde. Zu dem Amt Bieberstein zählten folgende Ortschaften laut einer Liste aus dem Jahre 1510: Allmus, Batten, Bernharts, Dietges, Elters, Findlos, Gotthards, Gruben, Hofbieber, Langenbieber, Liebhards, Margretenhaun, Niederbieber, Schwarzbach, Seiferts, Steens, Thaiden, Traisbach, Wallings und Weihershof. Darüber hinaus gehörten noch einige Orte dazu, die im 14. Jahrhundert, möglicherweise im Zuge der Pest und diverser Hungersnöte, ausgestorben sind und seitdem als Wüstungen gelten.

Blick auf Schloss Bieberstein von der Milseburg aus

Probleme gab es vom 16. bis 18. Jahrhundert immer wieder mit folgenden Orten: Schackau, Kleinsassen, Eckweisbach, Langenberg, Horbach, Dornbach, Rupsroth und dem halben Dietges. Diese gehörten nämlich zwar nicht dem Amt Bieberstein an, sondern waren im Besitz der Familie von Eberstein, allerdings waren sie der fuldischen Gerichtsbarkeit unterstellt. Damit war nicht nur die Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen vor dem Zentgericht in Hofbieber verbunden, sondern auch die Verpflichtung, dass man einen bestimmten Anteil an der Erhaltung der Burg zu leisten hatte. Gerade letzteres war immer wieder ein Streitgrund zwischen dem Kloster Fulda und der Familie von Eberstein.

Für die Bewohner des Biebertales war mit dem Vorhandensein der Burg Bieberstein in ihrer Nähe zum einen eine gute Möglichkeit des Schutzes im Falle von durchziehenden Heeren oder im Kriegsfall gegeben - was allerdings, abgesehen von der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, wohl selten vorkam. Zum anderen jedoch bedeutete es vor allem Frondienst und Abgaben leisten – was sicherlich weniger geschätzt wurde. Erst im Jahre 1808 wurden sie von dieser Last befreit durch die Aufhebung der Leibeigenschaft durch Napoleon.

Im Jahre 1672 wurden die Gebäude der Burg Bieberstein im Auftrage des Fürstabtes Kardinal von Baden wiederhergestellt - vermutlich waren auch hier Schäden des Krieges noch zu beheben.

Die Burg diente allerdings nicht nur der Absicherung der Gegend und als Sitz einer wichtigen Gerichtsinstanz, sondern wurde nicht selten auch als Ausweichquartier der Fuldaer Fürstäbte genutzt. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der Aufenthalt von Balthasar von Dernbach. Dieser wurde zeitweise von seinem Amt abgesetzt und bekam die Burg als Wohnsitz zugewiesen. Dies war in den Jahren 1576 bis 1602. Der berüchtigte Hexenverfolger Balthasar Nuss war zu Dernbachs Zeiten Stallmeister und Förster, später erhielt er das Zehntgrafenamt Hofbieber.

Das Schloss Bieberstein

Fürstabt Adalbert von Schleifras um 1700

Schon wenige Jahrzehnte nach den letzten Renovierungsarbeiten im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts schmiedete Fürstabt Adalbert von Schleifras einen ganz anderen Plan: Erfasst vom Zeitgeist seiner Epoche wünschte er sich ein imposanteres Bauwerk, das auch zur Repräsentation dienen konnte. 1709 beauftragte er mit Johann Dientzenhofer einen bekannten Baumeister, der auch den Dom und das Schloss in Fulda im Baustil des Barocks erbauen sollte. Mit dem Bau wurde schließlich bereits 1710 begonnen, beendet wurde er jedoch erst 1723, sodass der Bauherr die Fertigstellung des Schlosses Bieberstein nicht mehr erleben sollte. Adalbert von Schleifras verstarb bereits 9 Jahre vor dem Ende der Bautätigkeit, nämlich 1714.

Sehr nützlich - vor allem auch für die Frondienst leistenden Bauern - war der Bau eines ca. 57 m tiefen Ziehbrunnens. Von nun an musste das Wasser nicht mehr mühsam den Berg hinaufgefahren werden oder von der unterhalb der Burg liegenden Quelle mühsam hinaufgetragen werden.

Seit der Umwandlung von Bieberstein in ein Schloss scheint es die Fürstäbte von Fulda immer gerne hierher, in ihre Sommerresidenz, gezogen haben. Vielfach wird von Festen berichtet, bei denen nicht wenig Wein zur Erheiterung der zahlreichen Gäste geflossen sein soll.

Dies sollte alles ein Ende mit der Säkularisation im Jahre 1802/03 haben. Schloss Bieberstein verwaist geradezu in den nächsten Jahrzehnten. Die nun wechselnden weltlichen Herren schienen nichts mit dem ablegenen Landschlösschen anfangen zu können. Von 1802-1806 war es im Besitz derer von Oranien-Nassau, dann unterstand es bis 1810 der französischen Militärverwaltung, wurde 1810 dem Großherzogtum Frankfurt zugeordnet und bereits 1813 dem österreichischen Besitz überlassen. Nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses fiel es 1815 an Preußen, doch das tauschte es lieber mit Kurhessen gegen rheinische Gebiete ein. Im Besitz von Kurhessen verblieb das Schloss dann bis 1866 und ging ab da erneut in preußischen Besitz über.

Wenig Sinnvolles wusste man mit dem Schloss anzufangen. Zeitweise brachte man hier Förster unter. Doch auch das war keine dauerhafte Lösung, da die Erhaltung eines solchen Schlosses doch erhebliches Geld kostet. 1852 erwog Kurhessen ernsthaft den Gedanken, das Schloss in ein Gefängnis umzubauen, Baupläne gab es schon, doch wurden diese niemals umgesetzt. Ebenso kam die Idee der Preußen, die Schlossanlage in ein Kriegsgefangenenlager nach dem gewonnenen Krieg von 1870/71 gegen Frankreich umzubauen, über die Phase erster Entwürfe nicht hinaus.

1872 fand sich endlich ein Privatmann, der das Schloss für 10000 Reichsmark kaufte. 1887 bis 1901 war es dann im Besitz einer Eisenbahngesellschaft. Ab 1901 wurden viele Räume verpachtet, vor allem im Untergeschoss, wo eine Gaststätte eingerichtet wurde. 1904 kaufte dann Hermann Lietz das Schloss und baute es zu einem Landerziehungsheim im Sinne seiner Reformpädagogik um. Es gelang ihm, sein Projekt gegen Anfeindungen, vor allem aus dem Bereich der Kirche in Fulda, zu verteidigen. Die im negativen Sinn bekannteste Absolventin der Schule ist Johanna Haarer, spätere NS-Ideologin, mit hohen Buch-Auflagen bis 1996. Das Schloss Bieberstein ist bis heute die Oberstufe der Hermann-Lietz-Schulen. 1967 verwüstete ein Brand Teile des Dachgeschosses, sie wurden allerdings bald wieder aufgebaut.

Ohne nennenswerte Schäden überstand das Schloss die Zeit der beiden Weltkriege. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zeitweise, vor allem gegen Kriegsende, als Lazarett genutzt.

Literatur

  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen: 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Aufl. Wartberg-Verlag. Gudensberg-Gleichen 2000. ISBN 3-86134-228-6, S. 204.
  • Alex Zollmann: 800 Jahre Bieberstein. In: Hofbieber 1093-2003. Aus der Geschichte eines Dorfes. Arbeitskreis 'Chronik' Hofbieber, Nüsttal-Hofaschenbach 2003, S. 170–177.
  • Dieter Leuthold: Der Kampf gegen die "modernen Heiden". Hermann Lietz und die Gründung des Landerziehungsheims Schloß Bieberstein im Jahre 1904. - Fulda: Leben und Arbeit (Zs. der Hermann Lietz-Schule) 1969
  • Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990 ISBN 3-89214-017-0, S. 184.

Weblinks

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