Schloss Wittenberg

Schloss Wittenberg
Schlosskirche mit Schlosskirchturm in der Lutherstadt Wittenberg
Das Wittenberger Schloss bei Nacht

Das Schloss Wittenberg und die dazugehörige Schlosskirche sind das Wahrzeichen und meistbesuchtes Touristenziel der Lutherstadt, im Osten des deutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Weithin sichtbar erhebt sich der schlanke, 88 Meter hohe Schlosskirchturm aus der Silhouette der Lutherstadt Wittenberg und markiert das westliche Ende der Altstadt. Nähert man sich diesem Schlosskirchturm, erkennt man eine filigran anmutende neugotische Turmhaube, unter der sich ein mit Mosaiksteinen gestaltetes Spruchband befindet, auf dem in metergroßen Buchstaben die Worte des Kirchenliedes Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen“ zu lesen sind. Eher unscheinbar erhebt sich neben dem Schlosskirchturm das eigentliche Schloss, an dessen südlichem Flügel sich ebenfalls noch ein Turmbau befindet. Die weltberühmte Schlosskirche ist Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes und schließt das gesamte Objekt von der Nordseite ab. Berühmtheit erlangte sie, als am 31. Oktober 1517 der bis dahin nahezu unbekannte Wittenberger Augustinermönch und Theologieprofessor Martin Luther seine 95 lateinischen Disputationsthesen verbreitete, die als Auslöser der Reformation gelten.

Geschichte

Die Erwähnung einer Burg ist bereits in einer Urkunde aus dem Jahre um 1187 anzutreffen. 1338 erscheint letztmalig die Burg Wittenberg in den Urkunden, da unter dem askanischen Herzog und späteren ersten Kurfürsten Sachsens Rudolf I. um 1340 ein neues Askanierschloss an der heutigen Stelle errichtet wurde. Die Burg diente ab dieser Zeit als Amtshaus der Bediensteten und wurde im Rahmen der Umbauarbeiten des Schlosses unter dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen abgerissen, um neuen Amtshäusern Platz zu machen. Am 6. Mai 1346 wurde die Stiftung „Allerheiligen“ errichtet, die sich im neu errichteten askanischen Schloss befand. Die vom askanischen Herzog Rudolf I. gestiftete Kapelle „Aller Heiligen“ wurde darin dem direkten Recht des römischen Stuhls unterstellt. Am 24. Februar 1361 stattete der Herzog Rudolf II. die „Aller Heiligen“ gestiftete Kapelle mit Einkommen aus, gab ihr Statuten und regelt ihre Gottesdienstordnung. Diese Einkünfte setzten die nachfolgenden Herrscher fort. 1400 wurden auf Weisung des Papstes Bonifaz IX. die Stadtkirche St. Maria und die Marienkapelle auf dem Apollensberge der Schlosskirche unterstellt. 1415 wurde unter Rudolf III. die Kapelle, um sie an einen helleren Ort zu verlegen und um eine größere Zahl von Besuchern zu bewältigen, auf den Dachboden der heutigen Schlosskirche verlegt.

Schlosskirche Wittenberg, nach einem Holzschnitt von Lucas Cranach dem Älteren im „Wittenberger Heiltumsbuch“

Nach Plänen Konrad Pflügers wurde unter der Regie von Friedrich dem Weisen ein neues Wohnschloss errichtet, das auch als Befestigung der Südwestecke der Stadt fungieren sollte. Dazu wurde 1489 das bis dahin bestehende Askanierschloss abgebrochen und auf dessen Fundamenten von 1490 bis 1496 ein neuer Grundbau des Schlosses errichtet. Von 1493 bis 1496 leitete der Werkmeister Hans von Torgau das Baugeschehen. Im Anschluss daran erfolgte der innere Ausbau. Durch die architektonische Involvierung als dritter Flügel des Schlosses 1496 ist auch die Schlosskirche eng mit der weiteren Geschichte des Schlosses verbunden. Die Urform der Schlosskirche muss 1496 in solch unzureichendem Zustand gewesen sein, dass nach deren Abriss ein Kirchneubau entstand, der erst 1506 beendet wurde (siehe den nebenstehenden Holzschnitt von Lucas Cranach d.Ä. von 1508 aus dem „Wittenberger Heiltumsbuch“).

Der Blick ins Schiff der Schlosskirche

Nach der Gründung der Wittenberger Universität im Jahre 1502 wurde die Schlosskirche derselben beigestellt, und die Kirche entwickelte sich dadurch zur akademischen Weihestätte. Hier erhielten die Studenten ihre Promotionen, hier hielt Philipp Melanchthon seine berühmte Antrittsrede, es wurden Andachten in der Kirche durchgeführt, und die akademischen Würdenträger der Universität wurden hier beigesetzt. Einige dieser Würdenträger sind heute noch an den Mauern in ihren Epitaphen zu erkennen, und die berühmten Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon fanden in der Schlosskirche selbst ihre letzte Ruhestätte. Viele bedeutende Meister der damaligen Zeit wie Lucas Cranach d.Ä. und Albrecht Dürer, Jacopo de'Barbari, Tilman Riemenschneider etc. wirkten beim Bau des Schlosses und später der Schlosskirche mit.

Auch die Lutherstadt Wittenberg ist im Laufe ihrer Geschichte von Kriegen nicht verschont geblieben. Bereits 1547 im Schmalkaldischen Krieg wurden die Helme der beiden Rundtürme abgetragen, so dass Kanonen auf den Türmen stationiert werden konnten. Das Schloss verlor immer mehr an Bedeutung und drohte beinahe einzustürzen, bevor im Siebenjährigen Krieg 1760 das Schloss und die Schlosskirche ein Opfer von Beschießungen wurden und daraufhin bis auf die Grundmauern abbrannten. Dabei sind die größten Teile der Inneneinrichtung der Kirche mit ihren wertvollen Kunstwerken und Reliquien verloren gegangen. Einzig erhalten sind die Kunstdenkmäler aus Metall, im Besonderen das Grabmal Friedrich des Weisen, das der bekannte Bronzegießer Peter Vischer in Nürnberg 1527 erschuf.

Thesentür an der Schlosskirche

Zehn Jahre später wurde die Kirche wieder errichtet. Jedoch wurde sie durch die während der Freiheitskriege erfolgte Erstürmung Wittenbergs 1814 abermals ein Opfer der Flammen. Nach dem Anschluss Wittenbergs an Preußen 1815, das die Stadt 1814 vom Schloss her erobert hatte, wurde das Schloss zur Kaserne umgebaut. Dabei wurden die noch vorhandenen künstlerischen Insignien vollends entfernt. So wurde das einstmals prächtige Schloss zur einfachen Zitadelle. Im Gedenken an die Großtat Martin Luthers stiftete der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. die in Bronze gegossene Thesentür zum 375. Geburtstag Martin Luthers am 10. November 1858 mit einer Einweihungszeremonie.

Das heutige Erscheinungsbild der Schlosskirche verdankt sie einer Erneuerung im neogotischen Stil in den Jahren 1883 bis 1892 durch Friedrich Adler. Dabei wurde ihr innerer Kern vollkommen neu nach historischen Aufzeichnungen gestaltet und der Schlosskirchturm errichtet. Am 31. Oktober 1892 wurde die umgestaltete Kirche wieder neu geweiht.

Anlässlich der 500-Jahrfeier des Geburtstages von Martin Luther 1983 wurden in der Schlosskirche zwölf Glasfenster mit den Porträts der dreizehn wichtigsten Reformatorenschüler Luthers eingeweiht. Der Lutherische Weltbund hatte dazu die Künstlerin Renate Brömme beauftragt, die die Glasmalereien in einem adaptiv zeitlosen Stil umsetzte.


Heute befinden sich im Schloss eine Jugendherberge, das Riemer-Museum und die stadtgeschichtlichen Sammlungen.

Orgel

Ladegast-Orgel

Die Orgel der Schlosskirche wurde 1863 von dem Orgelbauer Friedrich Ladegast (Weißenfels) in dem Gehäuse der barocken Vorgängerorgel von J. E. Hübners aus dem Jahr 1771 erbaut, das jedoch 1893 durch ein neugotisches Eichenholz-Gehäuse ausgetauscht wurde. Das Instrument hatte zunächst 39 Register auf drei Manualen und Pedal. 1935 erweiterte die Orgelbaufirma Wilhelm Sauer (Frankfurt/O.) die Disposition auf 50 Register und stattete das Instrument mit elektropneumatischen Trakturen aus. In den Jahren 1985 bis 1994 wurde das Instrument durch die Orgelbaufirma Hermann Eule (Bautzen) rekonstruiert und um ein weiteres Werk erweitert.[1] Das Instrument hat heute 57 Register (ca. 3500 Pfeifen) auf vier Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch.[2]

I Oberwerk C–f3

1. Liebl. Gedackt 16'
2. Principal 8'
3. Salicional 8' L
4. Flauto trav. 8' L
5. Gedackt 8' L
6. Octave 4' L
7. Fugara 4'
8. Waldflöte 2' L
9. Progessio II-IV 2'
10. Hautbois 8’
Tremulant
II Hauptwerk C–f3
11. Principal 16'
12. Bordun 16' L
13. Principal 8' L
14. Hohlflöte 8' L
15. Gemshorn 8' L
16. Rohrflöte 8' L
17. Octave 2' L
18. Spitzflöte 4' L
19. Quinte 22/3' L
20. Octave 2' L
21. Mixtur IV-V 2' L
22. Cornett II-IV 2' L
23. Trompete 8’
III Schwellwerk C–f3
24. Viola d'amour 16'
25. Flöten-Principal 8'
26. Gambe 8'
27. Bordun 8'
28. Quintatön 8'
29. Unda maris 8'
30. Salicet 4'
31. Konzertflöte 4'
32. Nasat 22/3'
33. Flautino 2'
34. Terz 13/5'
35. Harmonia aeth. III 2'
36. Mixtur IV-V 11/3'
37. Fagott 16'
38. Trompete 8'
39. Oboe 8'
40. Clarine 4’
Tremulant
IV Echowerk C–f3
41. Viola di Gamba 16'
42. Fugara 8'
43. Flaute amabile 8'
44. Gedackt 8' L
45. Flauto dolce 4' L
46. Viola d'amour 4'


Pedal C–f1
47. Untersatz 32'
48. Principalbass 16'
49. Violon 16'
50. Subbass 16'
51. Octavbass 8'
52. Violoncello 8'
53. Bassflöte 8'
54. Quintbass 51/3'
55. Octavbass 4'
56. Posaune 16'
57. Trompete 8'
L = Register von 1863 (Ladegast)

Einzelnachweise

  1. Zur Geschichte der Ladegast-Orgel
  2. Nähere Informationen auf der Website der Schlosskirche

Weblinks

 Commons: Wittenberg Schlosskirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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