Schneckenhorn

Schneckenhorn
Tibetisches Schneckenhorn – Dung Kar
Hindu-Priester bei einer Puja im Tempel Tirumala Tirupati
Jazzmusiker Steve Turré 1976

Das Schneckenhorn (sanskrit: Sankha, hindi: Sankh, tib.: dung dkar, japanisch: 陣貝, jinkai, oder 法螺貝, horagai, auch Schneckentrompete, fälschlich: Muschelhorn) ist das einfachste und älteste Trompeteninstrument.

Es wird aus der Schale einer Meeresschnecke (hauptsächlich Turbinella rapa, synonym T. pyrum) gefertigt, die Spitze wird dabei abgesägt. Oft wird die Schneckenschale durch Gravuren oder Metallfassungen verziert. Manchmal wird auch ein Mundstück aus Metall verwendet. Durch Hineinblasen – ähnlich wie bei einem Horn oder einer Trompete – entsteht ein markanter, durchdringender Ton. Das Schneckenhorn wird in verschiedenen Kulturen verwendet und dient zumeist dem Dienst an Göttern oder im Kampf gegen Geister. Im indischen Kulturraum kommt es nur im sakralen Bereich vor und unterscheidet sich dadurch vom alten Kuhhorn (Shringa), das früher nur für Signalzwecke verwendet wurde.

In der tibetischen Ritualmusik wird das Schneckenhorn (Dung kar) meist paarweise gespielt, so dass der Ton beim Atemholen eines der beiden Spieler nicht unterbrochen wird. Es wird als Instrument bei Ritualen, zum Beispiel zur Vertreibung von bösen Geistern eingesetzt. Weiters ist es neben Sonnenschirm, Schatzvase, Fische, Lotosblüte, Siegesbanner, Endloser Knoten und Rad eines der acht Glücksymbole (sanskrit Ashtamangala) im tibetischen Buddhismus. Besonders das in der Natur sehr selten vorkommende weiße, rechtsläufige Schneckenhorn steht für den rechten Weg – der Ton für die Verbreitung der Lehre Buddhas.

Ebenso wurden Schneckenhörner in Japan eingesetzt, hier insbesondere von den mit dem Buddhismus assoziierten Yamabushi. Die Symbolik des Horagai bleibt buddhistisch, die Hörner wurden jedoch außer zur Sutrenrezitation und Ritualbegleitung auch als Signale in den Bergregionen Japans verwendet.

Im Hinduismus ist das Schneckenhorn neben Rad, Keule und Lotos eines der vier Hauptsymbole von Vishnu, dem Gott des Bewahrens und Erhaltens. Im Hinduismus wird Buddha als die neunte Verkörperung Vishnus angesehen. Daher wird in buddhistischen Bildwerken häufig der alte vedische Gott Indra dargestellt, der Buddha das Schneckenhorn Vishnus übergibt.

Die Göttin Durga tritt als Mahisasuramardini im Kampf gegen den bösen Büffeldämon Asura Mahisha an, aber aus seinem Blut entstehen andauernd neue Riesen. Daher bittet sie Vishnu um Hilfe, der schickt einen personifizierten Sankha, der das Blut aufsaugt und Durga zum Sieg verhilft. Durga wird mit der Schneckentrompete in der oberen linken Hand und Haaren des Dämons in der unteren linken Hand dargestellt. Ähnlich besiegte der griechische Meeresgott Triton in seine Schneckentrompete Charonia tritonis blasend die Giganten.

Im thailändischen Buddhismus blieb der vishnuitische Hintergrund des Sang genannten Schneckenhorns erhalten. Seine glückverheißende Bedeutung zeigt sich, wenn Paaren bei der Hochzeit Wasser aus einem Schneckenhorn auf die Hände gegossen wird. Das Sang wird gemäß der Tradition würdevoll zu Paraden und Zeremonien des thailändischen Königshauses geblasen.[1]

In Ozeanien wurden Schneckenhörner vor allem als Signalinstrument eingesetzt.

Überliefert sind Schneckenhörner auch aus Assyrien, die bei Kulthandlungen in der Zeit um 2000 bis 1500 v. Chr. verwendet wurden. Priester altmexikanischer Kulturen benutzten die Gehäuse von Schnecken (auf Nahuatl Tecciztli oder Quiquiztli), mit denen sie Regengötter beschworen. In Südamerika wurden Schneckenhörner sowohl von den Chimú als auch den Inka aus den Gehäusen von Fechterschnecken (Strombus) hergestellt und sind bis heute unter der Quechua-Bezeichnung Pututu bekannt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thai princess cremated in Bangkok ceremony. ABC News, 16. November 2008

Weblinks

 Commons: Schneckenhorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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