Schneerose

Schneerose
Schneerose
Schneerose (Helleborus niger)

Schneerose (Helleborus niger)

Systematik
Ordnung: Hahnenfußartige (Ranunculales)
Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
Unterfamilie: Ranunculoideae
Tribus: Helleboreae
Gattung: Nieswurz (Helleborus)
Art: Schneerose
Wissenschaftlicher Name
Helleborus niger
L.

Die Schneerose oder Christrose (Helleborus niger) ist eine Pflanzenart der Gattung Nieswurz (Helleborus) in der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Diese Art und ihre Sorten mit den auffallend großen, weißen Blüten ist vor allem durch frühe Blütezeit und auch durch die Verwendung als Gartenzierpflanze bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Illustration von Helleborus niger in „Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz“ von Otto Wilhelm Thomé, Gera (1885)

Die immergrüne mehrjährige krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen zwischen 10 und 30 Zentimetern. Der immergrüne Hemikryptophyt hat ein schwarzes Rhizom und schwarze Wurzeln. Individuen können an geeigneten Plätzen bis zu 25 Jahre alt werden.

Die am Grund lang gestielten Laubblätter sind „fußförmig“ in sieben bis neun Abschnitte gegliedert. Die einzelnen Abschnitte sind lanzettlich mit ganzrandigem oder gezähntem Blattrand. Die ledrigen Grundblätter sind tiefgrün. Am Stängel befinden sich ein bis zwei (selten drei) blasse, ovale Hochblätter. Die frostempfindlichen Blätter sind an ihrem natürlichen Standort durch Schnee geschützt.

Die Blüten sind endständig und stehen einzeln (selten zu zweit oder dritt) am meist unverzweigten Stängel. Die Blüte erreicht einen Durchmesser zwischen 5 und 10 Zentimetern. Die weiße oder rötliche Blütenhülle (Perigon), setzt sich aus fünf eiförmigen Kelchblättern, die zu einem kronblattartigen Schauapparat umgestaltet wurden, zusammen. Die Blütenhüllblätter sind während des Abblühens grünlich oder durch Anthocyane rötlich überlaufen und bleiben lange erhalten.

Die eigentlichen Kronblätter sind zu gelben bis gelbgrünen, tütenförmigen (wie die Österreicher sagen: stanitzel-förmigen) Nektarblättern umgebildet. Diese sondern reichlich Nektar ab und duften anders sowie intensiver als die Blütenhülle. Die zahlreichen, gelben Staubblätter sind an der verlängerten Blütenachse spiralig angeordnet.

Hauptblütezeit ist von Februar bis April, kann jedoch je nach Schnee- und Höhenlage auch schon im November beginnen bzw. im Mai enden.

Balgfrüchte der Schneerose. Die umgewandelten Kelchblätter sind bereits „ergrünt“

Aus den drei bis acht nur an der Basis verwachsenen Fruchtblättern entwickeln sich Balgfrüchte mit zahlreichen Samen. Die Reifezeit der Samen, die einen Ölkörper (Elaiosom) besitzen, fällt in den Frühsommer. Die Samen werden durch das fettreiche Anhängsel vor allem durch Ameisen verbreitet. Aber auch Schnecken tragen zur Verbreitung bei.

Ökologie

Frühe Futterpflanze für Schmetterlinge, hier ein Admiral

Die vorweibliche (Protogynie) Schalenblume wird vor allen durch Bienen, Hummeln und Falter sowie pollenfressenden Insekten bestäubt. Die duftenden Nektarblätter absorbieren im Gegensatz zu der Blütenhülle UV-Licht, wodurch UV-sichtige Insekten, insbesondere Bienen und Hummeln, angelockt werden.

Aufgrund der sehr frühen Blütezeit ist eine Bestäubung durch Insekten nicht immer gesichert. Die Schneerose gleicht diesen Nachteil dadurch aus, dass die Narben sehr lange befruchtbar bleiben und im ungünstigsten Fall auch den eigenen Pollen für eine Selbstbestäubung (Autogamie) aufnehmen können.[1]

Da die alten Laubblätter mit dem Aufblühen bereits absterben, bilden nach erfolgreicher Befruchtung die Blütenhüllblätter Chloroplasten aus und übernehmen die Photosynthese. Die Photosyntheseleistung kann hierbei ein Drittel[2] der ausgewachsenen Laubblätter betragen und ermöglicht so die Ausbildung der Früchte. Erst nach der Reife der Früchte wachsen neue Laubblätter heran.

Vorkommen

Schneerosen am natürlichen Standort
Schneerosen am Wilden Kaiser (Tirol)

Das natürliche Verbreitungsgebiet umfasst die östlichen Nord- und Südalpen, westwärts bis nach Vorarlberg. Weiters ist die Art im Apennin und im nördlichen Balkan verbreitet. Sie kommt von der Tallage bis in eine Höhenlage von 1900 Meter vor.[3] In den Berchtesgadener Alpen steigt die Pflanze bis auf 1560 Meter Seehöhe. In Deutschland ist diese Pflanzenart nur in Bayern heimisch, in Österreich häufig außer in Wien und im Burgenland. In Slowenien ist die Pflanze in den Julischen Alpen rund um den Triglav anzutreffen.

Als Standort bevorzugt die kalkstete Pflanzenart buschige Hänge, lichte Buchen- und Buchenmischwälder, aber auch Fichtenwälder und im Süden Flaum-Eichenwälder. Sie kann bis in die Krummholzzone aufsteigen.

Die Schneerose ist vor allem in der Pflanzengesellschaft Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum) und anderen Buchenwäldern (Fageten) der Ostalpen anzutreffen, weiterhin auch im Verband Schneeheide-Kiefernwälder (Erico-Pinion), wo sie mit der Schneeheide (Erica carnea) vergesellschaftet ist oder in der Ordnung Wärmegebundene Eichenmischwälder (Quercetalia pubescenti-petraeae).[4]

Diese Pflanzenart und ihre Sorten werden auch häufig kultiviert, verwildern jedoch selten.

Systematik

Die Schneerose tritt in zwei Unterarten auf, die durch Übergänge miteinander verbunden sind.[5]

  • Helleborus niger subsp. niger: Nominatform mit glänzenden, dunkelgrünen Blättern. Die Abschnitte der Blätter sind im vorderen Drittel am breitesten und haben am Blattrand nach vorne gekrümmte Zähne.
  • Helleborus niger subsp. macranthus: Diese Unterart hat matte, bläulichgrüne Blätter. Die Abschnitte der Blätter sind um die Mitte am breitesten und haben am Blattrand feine, seitlich abstehende Zähne. Das sehr kleine Verbreitungsgebiet reicht von Südtirol bis Tessin.

Giftigkeit

Die Pflanze ist vor allem durch Inhaltsstoffe wie Saponine und Protoanemonin stark giftig. In der Gattung Helleborus kommen starke Herzgifte hinzu, Helleborin, und insbesondere das stark herzwirksame Steroidsaponin Hellebrin, das ähnlich wie die Herzglykoside der Gattung Fingerhüte (Digitalis) verwendet werden kann.[2] Alle Pflanzenteile sind giftig. Die stärkste Helleborin-Konzentration findet sich im Wurzelstock, so dass Vergiftungen durch Schneerosen eher selten beobachtet werden. So heißt es „Heute gehen zuerst die Rinder daran zugrunde“.[2]

Vergiftungssymptome sind Schwindel, Durchfall und Kollaps.[6] Sie ähneln denen einer Herzglykosid-Vergiftung.

Naturschutz und Gefährdung

Schneerose noch in sehr frühem Stadium mit geschlossenem und nach unten gesenktem Blütenkelch

Die Schneerose ist nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt und nach der Roten Liste Deutschland als gefährdet (3) eingestuft. Gefährdungsfaktoren sind vor allem Ausgraben und Sammeln der Pflanze. In Österreich ist sie im Bereich der Westalpen und im Gebiet der böhmischen Masse gefährdet. In Oberösterreich gilt die Schneerose nach Oö. NSchG 2001 als teilweise geschützte Pflanze.

Namen

Das lateinische Artepitheton niger bezieht sich auf das schwarze Rhizom dieser Pflanzenart. Der Name Schwarze Nieswurz verweist sowohl auf das schwarze Rhizom als auch auf die Verwendung als Niespulver.

Der volkstümliche Name »Schneerose« bezieht sich auf die extrem frühe Blütezeit, »Christrose« hingegen auf die Tradition, sie so zu kultivieren, dass sich die Blüten zu Weihnachten entfalten.

In Österreich wird die Schneerose auch als Schneebleamal (Schneeblume), Märzenkaibl und Krätzenblum[6] bezeichnet.

Andere regionale Bezeichnungen sind Brandwurzel, Feuerwurzel, Frangenkraut, Gillwurz, Weihnachtsrose, Winterrose.[7]

Menschen und die Schneerose

Geschichte

Schneerose am Hochkar im Sommer

Seit Plautus ist die Bezeichnung elleborum, elleborus (mittellateinisch helle-) gebräuchlich und bezeichnet zwei als Nieswurz gebräuchliche Giftpflanzen: Einerseits den Weißen Germer (Veratrum album) wie auch die Nieswurz (Helleborus), die jeweils als ellebrus albus/candidus bzw. als elleborus niger bekannt waren. Die Unterscheidung durch das Farbadjektiv wird durch Plinius den Älteren erwähnt. Die Pflanzen wurden vor allem als Mittel gegen Wahnsinn und Epilepsie geschätzt, da nach der antiken Säftelehre psychische Erkrankungen durch einen Überschuss an schwarzer, bitterer Galle erklärt wurden und Niesen als beste Abhilfe galt.

So sagt bei Plautus (in den Menaechmi 950) der Arzt: „elleborum potabis faxo aliquos viginti dies“ (du wirst Nieswurz trinken und das 20 Tage). Der Patient antwortet: „neque ego insanio“ (aber ich bin doch nicht verrückt).[8]

Erwähnungen im Umfeld des antiken Griechenlands beziehen sich mit großer Sicherheit auf die Rundblättrige Nieswurz (Helleborus cyclophyllus), evtl. auch auf die Orientalische Nieswurz (Helleborus orientalis), da die Schneerose dort nicht verbreitet ist. Ihr Areal endet auf der mittleren Balkanhalbinsel.

Verwendung in der Pflanzenheilkunde

Die Wurzel war früher als „Radix hellebori nigri“ offizinell. Sie wurde als Herzmittel und harntreibendes Medikament genutzt. Allerdings wiesen bereits im 16. und 17. Jahrhundert Kräuterbücher auf die Giftigkeit sowie auf die Gefahr einer Überdosierung dieser Pflanze hin: Drei Tropfen machen rot, 10 Tropfen machen tot.[6] Durch die Kombination des Hellebrins mit Protoanemonin und Saponinen ist die Pflanze medizinisch nicht nutzbar. Nur isoliertes Hellebrin lässt sich verwenden.

In der Volksmedizin findet die Schneerose noch heute als Brech- und Abführmittel sowie gegen Wassersucht und Harnverhalt Verwendung.

Das Pulver der Wurzel wurde früher als Niespulver verwendet und war Bestandteil des „Schneeberger Schnupftabaks“.[9]

Aberglauben

Die Schneerose galt wegen ihrer Blüte zum Christfest als heilig. Man schrieb ihr besondere Kräfte zu, etwa um böse Geister auszutreiben oder die Pest zu heilen. Schweinen wurden gegen die Schweinepest Blüten ins Ohr gesteckt.[9]

Blüte Anfang März
Blüte Ende März

Verwendung als Gartenpflanze

Die Schneerose ist aufgrund ihrer frühen Blühzeit und ihrer auffälligen weißen Blüten schon im 16. Jahrhundert in den mitteleuropäischen Gärten zu finden gewesen. Konrad Gessner beschrieb bereits 1561 eine rosablütige Form. Die frühe Einführung ist auch darauf zurückzuführen, dass diese Pflanze in der Pflanzenheilkunde genutzt wurde. Besonders im 19. Jahrhundert entstanden zunehmend auch Zuchtsorten, die größere Blüten und einen reichlicheren Blütenansatz als die Wildart aufwiesen. Bunte Sorten entstanden durch Einkreuzung der in der Türkei beheimateten Orientalischen Nieswurz.

Es sind auch Sorten mit gesprenkelten und gepunkteten Blütenblättern bekannt. Eine prächtige Wirkung haben sie in Gruppen, da sich ihr Laub und ihre Blüten dann gut vom winterlichen Garten abheben.

Sonstiges

Durch die ganzjährig verfügbaren grünen Blätter und insbesondere durch ihre feste Konsistenz lassen sich die Blätter gut schneiden. Für Biologiestudenten sind sie daher ein beliebtes Objekt im Mikroskopierkurs.[9]

Literatur

  • Heinz-Dieter Krausch: Kaiserkron und Päonien rot… – Entdeckung und Einführung unserer Gartenblumen. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-935549-23-7
  • M. A. Fischer, W. Adler und K. Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5

Weblinks

 Commons: Schneerose – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Christrose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wolfram Buff und Klaus von der Dunk: Giftpflanzen in Natur und Garten. Augsburger Druck und Verlagshaus, Augsburg 1981, ISBN 3-922084-11-7, S. 49
  2. a b c Dieter Heß: Alpenblumen - Erkennen - Verstehen - Schützen, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3243-5
  3. Xaver Finkenzeller: Alpenblumen. München 2003, ISBN 3-576-11482-3
  4. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 8. Auflage, Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5
  5. Oskar Angerer und Thomas Muer: Alpenpflanzen. Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-3374-1
  6. a b c Wendelberger: Alpenpflanzen - Blumen, Gräser, Zwergsträucher. München 1984, ISBN 3-7632-2975-2
  7. Gifte.de: Giftige Pflanzen
  8. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Birkhäuser, Basel 1996; Nachdruck ISBN 3-937872-16-7
  9. a b c Ruprecht Düll und Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. 2005, ISBN 3-494-01397-7

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