Schnitzen

Schnitzen
Mit Kerbschnitt verzierte Holzkassette
Heiliger Florian - Schutzpatron der Feuerwehr
Heilige Maria - Mutter Jesu

Schnitzen ist eine Technik vorrangig der Holzbearbeitung. Mit dem Begriff wird das Bearbeiten von Holz[1], Elfenbein[2] und anderen Materialien mit Messern, Schnitzeisen und anderen scharfen Werkzeugen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Form des Werkstücks entsteht durch die kleinteilige Wegnahme von Material. Methodisch ist es damit dem Steinmetzhandwerk ähnlich und steht anderen Methoden gegenüber, in denen die Form durch Zusammenfügen von Einzelteilen oder durch plastisches Modellieren entsteht. Eine neuzeitliche Form des Schnitzens ist das Kettensägenschnitzen.

Das Berufsbild Schnitzer umfasst den Holzschnitzer im allgemeinen und den Bildschnitzer (Holzbildhauer) im besonderen. Dabei unterscheidet man die Schnitzkunst, die die Herstellung von Kunstwerken durch das Bearbeiten von Holz bezeichnet und das handwerkliche Schnitzen, worunter man das Herstellen von Gebrauchsgegenständen und die Verzierung durch Schnitzwerk (beispielsweise Kerbschnitt) versteht.

Werkzeuge

Schnitzeisen

einige Schnitzmesser
Schnitzmesser mit teilweise geschnitztem Holz

Es gibt ca. 1000 verschiedene Schnitzwerkzeuge (auch Schnitzbeitel, Schnitzmesser, Schnitzeisen, oder nur Eisen genannt), die sich in der Breite (0,5mm - 80mm) und Schneidenform (Flach - Rund, V,- U-Form) unterscheiden. Die Schneidenform wird auch als Stich bezeichnet. Der Stich ist der Abdruck, den ein Schnitzwerkzeug hinterlässt, wenn es senkrecht ins Holz gedrückt wird. Es gibt Eisen mit gerader, gebogener oder auch gekröpfter Klinge. Auch verschiedene Messer mit geraden, gekrümmten, konvexen und konkaven Klingen kommen zum Einsatz. Einige Schnitzer verwenden sehr gerne das Kogatana.

Der Schnitzer hat spezielle Bezeichnungen für seine Werkzeuge.

  • Balleisen bezeichnet der Schnitzer Eisen, die eine flache, gerade Schneide haben. Mit ihnen werden paradoxerweise meistens Rundungen geschnitzt. Wenn man versucht, mit einem Balleisen flach in einen Holzblock zu schneiden, reißen beidseitig, neben den Schneidkanten die Holzfasern.
  • Flacheisen sind Schnitzwerkzeuge, die eine leichte Höhlung haben. Hiermit werden flache Flächen und Rundungen bearbeitet.
  • Hohleisen haben eine stärkere Höhlung und werden genutzt, um Vertiefungen und Höhlungen zu schneiden.
  • Bohrer sind Hohleisen mit einer starken Höhlung, halbkreis,- U-förmig. Mit ihnen werden Löcher oder starke Vertiefungen geschnitzt. Mit diesen Eisen werden auch Figuren vorgeschnitzt, da man hiermit sehr effektiv größere Mengen an Holz wegnehmen kann.

U-förmige Schnitzwerkzeuge werden genutzt, um z.B. Haare oder Augen zu modellieren.

V-förmige Werkzeuge werden als "Geissfuss" oder auch "Gaissfuss" bezeichnet. Damit werden Ecken, Haare oder gerade Kanten geschnitzt. Diese Eisen bestehen aus zwei Balleisen, die in verschiedenen Winkeln zueinander stehen. Handelsüblich sind Winkel mit 90°, 60°, 55°, 45° und 35°. Eine Sonderstellung hat der geschweifte Geissfuss, dessen Schneiden gebogen sind, damit werden z.B. Fingerzwischenräume geschnitzt.

Neben diesen Schneidenformen gibt es auch noch spezielle Formen, wie Kanal,- Schaller,- Macaroni, oder Backeronieisen.

Eine weitere Form ist das Blumeneisen. Dabei handelt es sich um ein Werkzeug, bei dem die Klingenbreite nach hinten verjüngt und der Schaft des Eisens nur dünn ausgeschmiedet ist. Diese Eisen benötigt man, um in kleinen Vertiefungen genügend Bewegungsfreiheit zu haben.

Schnitzeisen werden aus hoch kohlenstoffhaltigem Stahl gefertigt. Die Schneiden sollten eine sehr hohe Schärfe haben. Der Schneidenwinkel beträgt ca. 20°Grad für weiche Hölzer und ca. 30°Grad für harte Hölzer. Die Schneide der Schnitzeisen ist mit einer Außenfase geschliffen. Balleisen werden mit ein- und zweiseitigem Anschliff geliefert, wobei der beidseitige Anschliff die oben genannten Schneidenwinkel aus der Summe der Fasenwinkel erreicht (z.B. beide Seiten mit 15° ergibt einen Gesamtwinkel von 30°).

Schärfen der Schnitzeisen

Die Schnitzeisen werden entweder händisch auf Öl- bzw. Wassersteinen oder mit Hilfe von elektrischen Schleifmaschinen geschärft. Dabei muss auf die Temperatur beim Schleifen geachtet werden. Die Schneiden sind so dünn, dass die Reibungshitze bei elektrischen Maschinen schnell das Material ausglüht. Darum bevorzugen viele Schnitzer Nassschleifmaschinen, bei denen ein langsam drehender Stein in einem Wasserbad läuft. Außerdem entstehen dabei keine Funken, was in einer Holzwerkstatt die Brandgefahr erheblich mindert.

Die Eisen müssen während der Benutzung nicht permanent neu angeschliffen werden. Über eine lange Zeit können die Schneiden auf einem Leder mit etwas Polierpaste (Wachshaltige Paste mit sehr feinen Schleifkörpern) abgezogen werden. Erst wenn die Schneiden durch diesen Polierabzug verrunden, d.h. die Schneidengeometrie nicht mehr optimal ist, wird neu angeschliffen. Berufsschnitzer nutzen aus Zeitgründen Schwabbelscheiben zum Abziehen der Werkzeuge. Durch den hohen Materialabtrag verrunden die Schneiden schneller, so das ein höherer Verschleiß gegeben ist.

Hammer

Bei größeren Arbeiten nutzt der Schnitzer einen Hammer mit rundem Kopf, den Klüpfel. Damit wird das Eisen durch das Holz getrieben. Klüpfel bestehen traditionell aus Hartholz. Im Handel werden mittlerweile auch Klüpfel mit Schlagflächen aus Polyurethan oder Bronze angeboten. Polyurethan ist leicht elastisch und schont die Hefte der Werkzeuge. Bronzeklüpfel sind durch ihre hohe Masse im Verhältnis zur Größe sehr gut zu führen und eignen sich daher gut für kleine Arbeiten in hartem Holz.

Fixierung, Halterungen

Beim Hantieren mit Werkzeugen passieren oft Unfälle, insbesondere ist das Arbeiten mit Schnitzmessern immer ein Risiko. Durch das richtige Fixieren der Werkstücke und dem Arbeiten mit scharfen Werkzeugen kann das Risiko erheblich verringert werden. Scharfe Werkzeuge benötigen weniger Kraft zum Schneiden als stumpfe.

Das Werkstück kann mit verschieden Halterungen fixiert werden. Holzplatten für Reliefs werden entweder auf einer Holzplatte von unten durch Schrauben oder in einem stabilen Rahmen mit Keilen gehalten. Figuren werden mit Hilfe eines Schnitzgalgens gehalten. Der Schnitzgalgen besteht aus zwei Harthölzern, die mit einem beweglichen Gelenk verbunden sind. Traditionell wird der Galgen an einer Hobelbank eingespannt. Das Werkstück bekommt am Boden ein Loch, in das eine Figurenschraube geschraubt wird. Die Figurenschraube hat zwei verschiedene Gewinde. Das Ende, das in das Werkstück geschraubt wird, ist konisch, damit es im Holz besser greift. Am anderen Ende befindet sich ein normales Gewinde, an dem eine große Knebelmutter aufgeschraubt wird. Der Schnitzgalgen hat vorn entweder eine Lochreihe oder einen Schlitz, um die die Figurenschraube zu befestigen. Zum Drehen der Figur wird die Knebelmutter leicht gelöst, dann kann die Figur ausgerichtet und durch erneutes Anziehen wieder fixiert werden.

Kleinere Teile, wie Möbelverzierungen, werden mit einer Zwischenlage aus Papier, mit verdünntem Holzleim, auf ein Holzbrett geleimt. Nach beendeter Arbeit kann das Teil mit einem Spachtel von der Unterlage gelöst werden.

Es gibt auch die Möglichkeit, kleinere Figuren in der Hand zu schnitzen. Dabei werden hauptsächlich normale Schnitzmesser benutzt. Die Verletzungsgefahr ist bei dieser Art der Schnitzerei erhöht.

Bei Kerbschnitzereien werden die Werkstücke teils auf einer Platte fixiert oder auf dem Oberschenkel aufgelegt. Beim Auflegen auf den Oberschenkel kann der Schnitzer das Werkstück mit einer Hand führen und mit der anderen das Messer im richtigen Winkel halten. Die Messerhand wird mit dem Daumen auf dem Werkstück aufgestützt, dann werden das Werkstück und das Messer so bewegt, dass der Schnitt nach Wunsch verläuft. Die Verletzungsgefahr ist hier recht niedrig.

Holzsorten

Geschnitzte Prettauer Holzmaske

Zum Schnitzen verwendet man kurzfaserige, homogene Holzsorten. Das beliebteste Schnitzholz ist Linde. Mit diesem lassen sich detailreiche, feine Schnitzereien fertigen. Pappel-, Birken-, Eichen-, Weymouthkiefer- und Arvenholz sowie verschiedene Obsthölzer eignen sich sehr gut. Das harte Buchsbaumholz wird auch sehr gerne für detailreiche Schnitzereien genutzt.

Figurenschnitzen

Berufsschnitzer nutzen gerne so genannte Schnitzrohlinge. Dabei handelt es sich um vorgefräste Holzstücke. Aufgrund des Kostendrucks, werden in Kopierfräsen die Holzstücke vorgearbeitet. Diese Rohlinge müssen noch komplett überschnitzt werden. Je nach Qualität der Fräsung und der Details der Arbeit kann der Schnitzer so in kurzer Zeit relativ viele Kopien einer Arbeit erstellen. Trotzdem gilt z.B. eine Figur als "Handgeschnitzt" wenn diese komplett mit Schnitzmessern überarbeitet wurde.

Model-Schnitzen

Mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad ist das Model-Schnitzen verbunden. Damit wird im Gegensatz zum erhabenen Schnitzen von klassischen Reliefarbeiten ein Negativ in die Tiefe gearbeitet. Die zusätzliche Herausforderung ist, dass die rechte und linke Seite des Motivs im Negativ vertauscht werden müssen um im späteren Plätzchen das Originalmotiv wiederzugeben. Man schnitzt spiegelbildlich [3].

Oberflächenbehandlung

Schnitzereien werden in "Natur", "Koloriert" oder "Gefasst" im Handel angeboten. Um die natürliche Oberfläche des Holzes zu erhalten wird die Schnitzerei mit Ölen oder Wachsen behandelt. Diese sorgen für einen Oberflächenschutz, der das Holz vor Feuchtigkeit und Schmutz schützt. Koloriert, heißt, dass die Farbe des Holzes mit Farben oder Beizen verändert wird. Dabei bleibt die natürliche Struktur des Holzes sichtbar. Endbehandlung erfolgt auch hier mit Wachs oder Öl. Gefasste Schnitzereien sind mit einem speziellen Leim- und Kreidegrund versehen. Meistens wird bei einer Fassung auch eine Vergoldung vorgenommen. Die farbliche Gestaltung wird mit deckenden Farben vorgenommen, so das vom Holz nichts mehr zu sehen ist.

Museen

Das Museum Gröden (ladinisch: Museum de Gherdeina) in St. Ulrich in Gröden in Südtirol zeigt eine reiche Sammlung von Holzschnitzereien vom 17. bis 20. Jahrhundert und holzgeschnitztes Spielzeug und Puppen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Das Deutsche Elfenbeinmuseum in Erbach (Odenwald) besitzt eine umfangreiche Sammlung von Schnitzereien in Elfenbein und elfenbeinähnlichen Materialien wie Tagua.

Siehe auch

Literatur

  • Chris Pye: Holzschnitzen: Projekte und Techniken Ulmer Verlag, 2009
  • Chris Pye: Holzschnitzen - Werkzeuge, Materialien, Ausrüstung: Holzschnitzen 1: BD 1 und BD2 Ulmer Verlag, 2003
  • Dick Onians: Grundkurs Schnitzen Ulmer Verlag, 2007
  • Reinhold Büdecker: 1x1 kreativ Schnitzen: Grundlagen und Techniken Frech Verlag, 2010
  • Othmar Moroder: Das Grödner Kunsthandwerk. Eigenverlag, St. Ulrich in Gröden, Druck Fotolito Longo 1994.
  • Charles Godfrey Leland: A manual of wood carving New York, C. Scribner's sons, 1909.
  • George Alfred Rogers: The art of wood carving : practical hints to amateurs and a short history of the art London:Virtue 1867
  • George Jack: Wood carving: design and workmanship New York, D. Appleton 1903

Einzelnachweise

  1. Meyers Konversationslexikon. Vierte Auflage. Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien 1885-1892, Band 8 von Hainleite bis Iriartea, Seite 685: Holzschnitt bis Holzschuher, Schlagwörter: ... Holzschnitzerei ... .
  2. Meyers Konversationslexikon. Vierte Auflage. Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien 1885-1892, Band 5 von Distanzgeschäft bis Faidherbe, Seite 551: Elfenbein, gebranntes bis Elfenbeinschnitzerei.
  3. Fotodokumentation zur Herstellung von Model-Schnitzformen hier.

Weblinks

 Commons: Schnitzen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Holzschnitzen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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