Schuldenerlass

Schuldenerlass

Schuldenerlass ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, der zum Erlöschen der betroffenen Schulden führt. Beim Schuldenerlass handelt es sich um die radikalste Sanierungsmaßnahme für Schuldner in der Krise; die beabsichtigte Wirkung ist jedoch höchst umstritten und nicht immer eingetreten.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

In Deutschland und allen anderen Ländern geht das Gesetz davon aus, dass Schulden dem Gläubiger vertragsgemäß zurückzuzahlen sind. Es verbindet in § 488 Abs. 1 BGB die Darlehensgewährung mit einer Rückzahlungspflicht, die die Hauptpflicht des Schuldners darstellt. Aber nicht nur die vertragsgemäße Rückzahlung bringt Schulden zum Erlöschen, sondern auch der Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB). Er führt dazu, dass die Schulden ganz oder teilweise erlassen werden, also nicht mehr zurückgezahlt werden müssen. Das Schuldverhältnis erlischt durch diesen Erlass.

Erlassgründe

Gläubiger verzichten ungern auf ihnen zustehende Vermögensrechte. Selbst in der Krise ihrer Kreditnehmer haben Gläubiger verschiedene Möglichkeiten, ihre Forderung beim Schuldner einzutreiben. Die am häufigsten gewählte Form ist die Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Schuldners, das den Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen ist in den §§ 803 ff. ZPO geregelt. Ist jedoch die finanzielle Lage des Schuldners derart aussichtslos, dass nicht mit Erlösen aus einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu rechnen ist - der Schuldner mithin als vermögenslos bezeichnet werden kann - bietet sich eine Stundung, Umschuldung oder als radikalste Form der Forderungserlass an. Als Vertrag setzt der Erlass voraus, dass beide Vertragsparteien sich über den Erlass einigen; ein einseitiger Verzicht durch den Gläubiger bringt indes das Schuldverhältnis nicht zum Erlöschen.

Arten der Schuldner

Wird einer natürlichen Person eine Schuld erlassen, so kann dies vertraglich durch den Erlassvertrag oder gesetzlich im Wege der Restschuldbefreiung innerhalb der Privatinsolvenz nach den §§ 286 ff. InsO geschehen. Nach Ablauf einer Wohlverhaltensperiode von 6 Jahren erlässt das zuständige Insolvenzgericht die bestehenden Schulden durch Beschluss, falls sich der Schuldner redlich verhalten hat. Er wird somit von allen Forderungen befreit, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen ihn bestanden haben (§ 301 InsO).

Werden einem Unternehmen in dessen Unternehmenskrise Schulden erlassen (fehlerhaft Forderungsverzicht genannt), so entstehen außerordentliche Bucherträge („Sanierungsgewinne“),[1] die dessen Verlust mindern.[2] Hiermit geht eine Verbesserung des Eigenkapitals einher. Eine direkte Liquiditätswirkung ist damit zunächst nicht verbunden; die Liquidität wird erst künftig durch die ausbleibenden Zins- und Tilgungsraten entlastet. Für das verzichtende Unternehmen hingegen tritt korrespondierend eine Vermögensvernichtung ein, weil es die erlassene Forderung bilanziell abzuschreiben hat. Die Abschreibung wiederum mindert als außerordentlichen Aufwand die Gewinne oder erhöht die Verluste, sodass eine entsprechende Verminderung des Eigenkapitals eintritt.

Auf Staatsebene ist der Schuldenerlass das letzte Mittel zur Abwendung eines drohenden Moratoriums oder gar Staatsbankrotts. Hochverschuldete Staaten, insbesondere im Rahmen der Entwicklungsländer, aber auch im Falle Griechenlands, sind nicht mehr in der Lage, aus Zentralbankguthaben, Steuereinnahmen oder laufenden Exporterlösen ihren Schuldendienst zu bestreiten. Griechenland musste am 19. Mai 2010 insgesamt 8,5 Mrd. Euro an Zinsen und Tilgungen leisten, für die keine Liquidität vorhanden war.[3] Das Szenario hierfür war vorgezeichnet: Griechische Banken hielten 40 Mrd. Euro griechische Staatsanleihen (und nur 25 Mrd. Euro Eigenkapital), die vom Staat nicht mehr bedient worden wären. Folge wäre eine Konkurswelle im griechischen Bankwesen gewesen, die als Ansteckungseffekt die griechische und möglicherweise auch europäische Wirtschaft massiv betroffen hätte. Letztlich wäre hierdurch die Stabilität des Euro und die Existenz des Eurosystems in Frage gestellt worden. Eine Übersicht über den Schuldenerlass gegenüber den so genannten 18 graduierten HIPC (Heavily Indebted Poor Countries) wird vom Bundesfinanzministerium geliefert.[4]

Arten des Schuldenerlasses

Rechtlich wird zwischen einem unbedingten und einem bedingten Erlass unterschieden. Der unbedingte Erlass ist nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft. Der bedingte Erlass beinhaltet meist die auflösenden Bedingungen eines Besserungsscheins.[5] Häufig verwendete Bedingung ist bei einem Unternehmen in der Krise, dass dessen Schulden nur dann endgültig erlöschen, wenn es während einer bestimmten Laufzeit keine Gewinne erwirtschaften kann. Entstehen jedoch Gewinne oder das Unternehmen gesundet wirtschaftlich anderweitig, so leben bedingungsgemäß die erlassenen Schulden wieder auf und müssen zurückgezahlt werden.

Handels- und steuerrechtliche Aspekte

Ein Schuldenerlass aus betrieblichen Gründen bedeutet für den Gläubiger dem Bundesfinanzhof (BFH) zufolge einen Aufwand und damit eine Vermögensminderung.[6] Aus betrieblichen Gründen wird eine Schuld erlassen, wenn der Erlass der Sanierung des Unternehmens des Schuldners dienen soll.[7] Es genügt die Vorstellung des Gläubigers, dass der Erlass für die weitere Existenz des Unternehmens des Schuldners notwendig sei.

Ist der Gläubiger ein Gesellschafter der sanierungsbedürftigen Gesellschaft, kommt als Rechtsgrundlage des Schuldenerlasses auch das Gesellschaftsverhältnis zu dieser in Betracht. Ein gesellschaftlich veranlasster Erlass führt weder zu einem Sanierungsgewinn bei der Gesellschaft noch zu einem entsprechenden Sanierungsaufwand beim Gesellschafter, sondern ist - in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung[8] - als verdeckte Einlage des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen der Schuldnergesellschaft zu beurteilen.[9]

Wirkungen

Der Erlass ist aus Sicht des Schuldners die beste Art der Sanierung, weil erlassene Schulden erlöschen. Schuldenerlass gilt in weiten Kreisen der Öffentlichkeit als Rettungsmaßnahme von Schuldnern und damit als für diese vorteilhaft. Dabei werden die schädlichen Folgen für Gläubiger, Volkswirtschaft und häufig auch für Schuldner nicht bedacht. Gläubiger, die auf ihre Forderungen verzichten, vernichten eigenes Vermögen. Der Erlass erfordert eine Abschreibung (Forderungserlass), die als Aufwandsposten den Gewinn mindert oder den Verlust erhöht. Dies wiederum führt zur Verringerung des Eigenkapitals und damit zu einer Schwächung der eigenen Kreditwürdigkeit. Wird der Schuldenerlass von Kreditinstituten gegenüber Unternehmen ausgesprochen, müssen etwaige Kreditsicherheiten zurückübertragen werden. Akzessorische Kreditsicherheiten wie die Bürgschaft und Pfandrechte erlöschen automatisch, nicht akzessorische Sicherheiten wie Sicherungsübereignung, Abtretung oder Grundschulden müssen zurückübertragen werden.

Auch Gläubigerstaaten verringern ihr Staatsvermögen, denn erwartete Einnahmen aus der Rückzahlung von Forderungen bleiben aus, die erlassbedingt fehlenden Einnahmen müssen möglicherweise durch Steuererhöhungen oder eigene Kreditaufnahmen ausgeglichen werden.

Folgen

Mit dem Schuldenerlass wird die Erwartung verbunden, dass dadurch der Schuldner wirtschaftlich saniert und eine dauerhafte Schuldentragfähigkeit entwickelt. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Erlass für Schuldner immer nur günstige Entwicklungen zur Folge hat. Schuldenerlass beeinträchtigt die künftige Kreditwürdigkeit, weil er ein Indiz für Misswirtschaft und/oder strukturelle Probleme ist, die durch einen bloßen Erlass nicht beseitigt werden.

Sanierungsbedürftige Unternehmen verringern mittelfristig durch den Schuldenerlass ihre Zinsaufwendungen und stärken damit ihre Ertragslage. Außerdem verbessern sie durch die Ausbuchung der erlassenen Verbindlichkeiten ihre Eigenkapitalquote. Auch hier müssen die strukturellen Mängel, die zur Krise geführt haben, beseitigt werden.

Bei Staaten dürfte ein genereller Schuldenerlass zu einer Reduzierung der zukünftigen Kapitalhilfe führen und die Schuldnerstaaten nicht dazu ermutigen, ihre strukturellen Probleme zu beseitigen, sodass Entwicklungsländer weniger als erwartet davon profitieren. Schuldenerlass ist ein Signal, das wie ein Moral Hazard auf betroffene Schuldnerstaaten wirkt („Missstände werden nicht beseitigt - uns wird geholfen“). Um falsche Anreize durch einen Schuldenerlass zu vermeiden, sollte ein Schuldenerlass mit der Vereinbarung verbunden werden, dass es weitere Schuldenerlasse nicht mehr geben wird.[10]

Krisenszenario bei zwischenstaatlichem Schuldenerlass

Häufig hat in der Vergangenheit der Verfall der Rohstoffpreise zu sinkenden Exporterlösen bei Entwicklungsländern geführt. Die mit einem variablen Zinssatz versehenen Schulden der Entwicklungsländer bewirkten bei einem Zinsanstieg höhere Ausgaben für Zinsen, die ganz oder teilweise nicht mehr durch Exporterlöse gedeckt werden konnten. Zudem waren die Schulden in Dollar denominiert, sodass in Landeswährung wechselkursbedingt ein immer höher werdender Rückzahlungsaufwand erforderlich wurde. Die aufgenommenen Kredite wurden vielfach nicht entwicklungskonform verwendet (hohe Versickerung durch Korruption, Investitionen in wirtschaftlich unsinnige Prestigeprojekte, Rüstungsausgaben), sodass die Schuldenlast immer untragbarer wurde. Überhöhte Staatsausgaben und eine expansive Geldpolitik führten zu einem Vertrauensverlust der Bürger der Entwicklungsländer in die eigene Währung mit der Folge einer Kapitalflucht.

Eine leistungsbilanzbelastende Interventions- und Wechselkurspolitik vieler Entwicklungsländer hat deren Krise häufig noch verschärft. Ihre hohe Auslandsverschuldung bewirkte eine abnehmende Kreditwürdigkeit, sodass Gläubiger sich mit weiteren Krediten zurückhielten. Der Wachstumsprozess vieler Entwicklungsländer wurde dadurch unterbrochen, so dass sich durchgeführte Investitionen nicht mehr amortisierten.

Erfahrungen mit dem Schuldenerlass

Erfahrungen mit Schuldenerlassmaßnahmen in den letzten 30 Jahren geben Anlass zu Skepsis. Trotz verschiedener Erlassmaßnahmen in den 1970er Jahren stiegen die Schulden der HIPC-Länder von 47 Mrd. US$ im Jahre 1980 auf 159 Mrd. US$ in 1990, um auf 169 Mrd. US$ in 1999 weiter anzuwachsen. Während den hochverschuldeten armen Ländern von 1987 bis 1997 Schulden in Höhe von 33 Mrd. US$ erlassen worden waren, stieg ihre Neuverschuldung im gleichen Zeitraum auf 41 Mrd. US$.[11] Häufig wurden neue Kredite aufgenommen, um den Schuldendienst für die nicht erlassenen Altkredite aufrechterhalten zu können.[12] Einer aktuellen Untersuchung der Weltbank zufolge haben von den 26 Ländern, die bisher Schuldenerleichterungen erhalten haben, 12 Länder schlechte Aussichten, mittelfristig ihre Schuldentragfähigkeit auf einem nachhaltigen Niveau zu halten. Ein Schuldenerlass zielt eigentlich darauf ab, die Armut in den HIPC-Staaten zu verringern und das Wirtschaftswachstum zu verbessern; keines der Ziele ist je erreicht worden.[13]

Die Schuldenlast eines Staates wird als tragfähig angesehen, wenn das Verhältnis der Auslandsverschuldung zu den jährlichen Exporterlösen 150 % nicht übersteigt. Damit haben Exporteinnahmen einen großen Einfluss auf das Erreichen und Beibehalten der Schuldentragfähigkeit. Die Quote aus Schulden/Export bezieht sich auf Schulden im Zähler und Exporteinnahmen im Nenner. Wenn Exporteinnahmen fallen, und der Schuldenstand gleich bleibt, sinkt die Schuldentragfähigkeit. Das Wirtschaftswachstum einiger Entwicklungsländer, insbesondere deren Exporterlöse, werden nicht ausreichen, um genügend Devisen für die Aufrechterhaltung des Schuldendienstes (Kreditzinsen und Tilgung) zu erwirtschaften. Wesentliche Ursachen sind die ungünstige Außenwirtschaftsstruktur mit häufig nur ein bis zwei dominierenden Exportgütern, schlechte makroökonomische Politik, fehlende Transparenz und Rechenschaftslegung im öffentlichen Sektor, eine geringe Produktivitätsentwicklung und kontraproduktive Versickerung.

Die HIPC-Länder weisen eine äußerst schmale Exportbasis auf - die meisten von ihnen bestreiten mehr als die Hälfte ihrer Exporteinnahmen aus ein bis drei Primärgütern (Rohstoffen) und besitzen damit einen geringen Diversifizierungsgrad mit hohen Erlösrisiken. So erwirtschaftet beispielsweise Benin 84 % seiner Exporteinnahmen aus der Ausfuhr von Baumwolle. Die Weltmarktpreise dieser Güter weisen seit einigen Jahren einen Abwärtstrend auf. Weitere Faktoren, die zur Verschlechterung der Außenwirtschaftsposition der HIPC-Länder führten, waren die Verteuerung wichtiger Importgüter (etwa Erdöl) und die Abwertung der Währungen von HIPC-Ländern gegenüber dem US-Dollar. Die Abhängigkeit von nur wenigen Rohstoffen für den Export ist ein Problem für die meisten hoch verschuldeten armen Länder. Im April 2002 wiesen von 24 HIPC-Ländern 20 Länder nur drei Güter mit über 45 % Exportanteil aus. Handelsbarrieren der Industrieländer, insbesondere für Agrarprodukte, erschweren es den Entwicklungsländern, ihre Exporte zu diversifizieren und auszuweiten. In einigen Fällen belasteten umfangreiche öffentliche Investitionen mit erheblichem Importbedarf zusätzlich das Leistungsbilanzdefizit. Infolge geringerer Einnahmen und höherer Ausgaben des Staates sowie fehlender effizienter Finanzplanung konnte etwa die Hälfte der HIPC-Länder nicht wie vorgesehen ihr Haushaltsdefizit reduzieren. Korruption und fehlende demokratische Kontrolle öffentlicher Finanzen tragen in erheblichem Maße dazu bei, dass es vielen HIPC-Ländern bisher nicht gelungen ist, ihre Überschuldung nachhaltig abzubauen.

Langfristige Lösungsansätze

Schuldnerländer müssen insbesondere ihre Interventions- und Wechselkurspolitik revidieren, verbesserte Rahmenbedingungen bei ausländischen Direktinvestitionen schaffen, durch geldpolitische Maßnahmen die inländische Ersparnisbildung verbessern und die Defizite ihres Staatshaushaltes verringern. Andererseits sollten Industrieländer verstärkt technische und finanzielle Hilfe leisten und ihre Märkte durch entsprechende Deregulierung für Exporte der Entwicklungsländer öffnen (Baker-Plan, Brady-Initiative).

Zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung benötigen Entwicklungsländer neue Kredite zur Ausweitung ihr industriellen Kapazitäten und für Infrastrukturinvestitionen sowie für sozialpolitische Maßnahmen.

Stufen zum Schuldenerlass bei Staaten

Um an der HIPC-Initiative teilnehmen zu können, muss ein Land bestimmte Voraussetzungen erfüllen und drei Stufen durchlaufen.

  • Stufe 1: Zunächst muss das Land vom IWF und der Weltbank als „arm“ und „hoch verschuldet“ eingestuft werden. Bei arm wird vorausgesetzt, dass das Bruttosozialprodukt pro Kopf unter 925 US-Dollar liegen muss, hoch verschuldet erfordert, dass die Auslandschulden höher sein müssen als 150 % der jährlichen Exporterlöse oder mehr als 250 % der Staatseinnahmen betragen müssen.
  • Stufe 2: Legen Länder, die Stufe 1 erreicht haben, zusätzlich von IWF/Weltbank akzeptierte Konzepte für eine gute Regierungsführung (engl. good governance) und zur Armutsbekämpfung vor, erreichen sie den so genannten Entscheidungspunkt, bei dem ihnen eine Schuldendienstentlastung (Wegfall von Zinsen und Tilgungen) gewährt wird.
  • Stufe 3: Kann ein Staat während einer nicht befristeten Bewährungszeit seine Konzepte zur guten Regierungsführung und Armutsbekämpfung tatsächlich erfolgreich umsetzen, erreicht er den so genannten Vollendungspunkt, bei dem dann ein Teil seiner Schulden tatsächlich erlassen wird.

Geschichte

Schuldenerlass in der griechischen Antike

Seisachtheia (altgriechisch σεισάχθεια, Schuldenerlass) ist ein Begriff aus dem antiken griechischen Recht. Er wird vor allem verwendet im Zusammenhang mit den gesetzgeberischen Reformen, die Solon seit 594 v. Chr. in Athen durchführte. Bei der Seisachtheia ging es darum, große Bevölkerungsteile, die sich hoch verschuldet und ihren Grundbesitz belastet hatten, vor dem Abgleiten in völlige Verarmung und Sklaverei zu bewahren. Die wirtschaftspolitischen Reformen Solons stießen bei der Aristokratie Athens auf Widerstand. Es ist nicht genau bekannt, in welchem Ausmaß er sie tatsächlich durchsetzen konnte, wie sie im einzelnen beschaffen waren und wie lange sie galten.

Erwähnung in der Bibel

In 5. Mose 15, 1-2 wird gefordert, dass jedes siebte Jahr in Israel ein sog. Schuldenerlass ausgerufen werde. Jeder Israelit soll die Darlehen, die er gegeben hat, "loslassen".

Mit diesem Konzept des Schuldenerlassen stark verbunden ist die Idee, dass der Acker nach sieben Jahren nicht bearbeitet werden, sondern brach liegen soll (Sabbatjahr). So werde Gott geehrt, wie er am Sabbat geehrt wird.

So ist das Sabbatjahr und der Schuldenerlass ein Gottesdienst, er geschieht für Gott (5. Mose 15,2). Der soziale Zweck bestand darin, dass die schlimmsten Verschuldungen abgebaut werden sollten. Das Konzept des Erlassjahres galt aber nur innerhalb des Volkes Israel. Darlehen an Ausländer behielten ihre Gültigkeit.

Auch zur Zeit Jesu kannte man dieses Konzept noch. Rabbi Hillel kritisierte allerdings, dass die Armen vor dem Erlassjahr keine Kredite mehr bekamen.

Schuldenerlass als Mittel der Politik

Schon in der Vergangenheit wurden einigen Staaten die Schulden erlassen. Dabei geht es nicht nur darum, dass der Schuldnerstaat von seinen Schulden befreit wird, sondern auch darum, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten verbessern und eine Stabilisierung der Gesamtwirtschaftslage eintritt.

So wurde Deutschland im Februar 1953 im so genannten "Londoner Abkommen" eine Entschuldung zuteil; 29,7 Mrd. DM wurden der Bundesrepublik damals erlassen. Dieser Schuldenerlass war eine der Ursachen für das spätere Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik. Von historischer Dimension war auch der Schuldenerlass, den die G8-Staaten im Juni 2005 ausgesprochen hatten.[14] Hiernach war konkret vorgesehen, innerhalb der nächsten 10 Jahre zwischen 700 und 950 Millionen Euro durch Weltbank, Internationaler Währungsfonds (IWF) sowie die Afrikanische Entwicklungsbank bestimmten Schuldnerstaaten zu erlassen. Der Schuldenerlass wurde an die Bedingung einer „guten Regierungsführung“ geknüpft, etwa für den Kampf gegen die Korruption und die sinnvolle Verwendung der Mittel, beispielsweise für das Bildungs- und Gesundheitswesen. Die mit einem Schuldenerlass verknüpften politischen Bedingungen sind in den hochverschuldeten Staaten die Grundvoraussetzung, strukturelle Änderungen einzuleiten, die das Risiko eines künftigen Schuldenerlasses mindern helfen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rüdiger Friess, Die Sanierungsentscheidung bei der Sanierung des Unternehmensträgers im Insolvenzfall, 2003, S. 206 f.>
  2. Ulrich Krystek/Ralf Moldenhauer, Handbuch Krisen- und Restrukturierungsmanagement, 2007, S. 246
  3. Welt online vom 29. April 2010, Nur ein Schuldenerlass kann Griechenland retten
  4. Übersicht über die 18 graduierten HIPC's
  5. Rüdiger Friess, a.a.O., S. 207
  6. BFH–Urteil vom 16. Januar 1975 IV R 180/71, BFHE 115, 202, BStBl. II 1975, S. 526
  7. BFH-Urteil vom 31. Juli 1991 VIII R 24/89, BFH/NV 1992, S. 308
  8. BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187
  9. BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 57/94 BStBl. 1998 II, S. 652
  10. William Easterly, The Elusive Quest for Growth - Economists’ Adventures and Misadventures in the Tropics, 2001, S. 137
  11. Nassir Djafari, Schuldenerlass allein genügt nicht, in: Entwicklung und Zusammenarbeit (Nr. 12, November 2002, S. 351-353
  12. William Easterly: Think Again: Debt Relief, in: Foreign Policy Magazine, Washington DC, November/Dezember 2001
  13. Die Zeit Online vom 7. Oktober 2004: Wilfried Herz, Der Fluch der guten Taten
  14. DER SPIEGEL vom 11. Juni 2005 G8-Finanzminister feiern historischen Schuldenerlass
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