Schwedische Geschichte

Schwedische Geschichte

Dieser Artikel bietet einen Überblick über die schwedische Geschichte von der Urzeit bis in die Gegenwart.

Inhaltsverzeichnis

In vorgeschichtlicher Zeit (bis 800 n.Chr.)

Runenstein in Uppsala

Gegen Ende der letzten Eiszeit (um 12000 v.Chr.) begannen die ersten Menschen über eine Landbrücke zwischen dem heutigen Deutschland und Schonen in die Küstengebiete einzuwandern. Die ältesten Funde sind etwa 13.000 Jahre alt und wurden in Schonen entdeckt. Die nomadisierenden Jäger, Fischer und Sammler zogen aus Mitteleuropa nach Norden und als die Landbrücke um 5000 v. Chr. verschwand, waren Mittelschweden und die Küsten Nordschwedens besiedelt. Um ungefähr 4000 v. Chr. hielt die Landwirtschaft ihren Einzug in Schweden und es entstanden feste Siedlungen. Aufgrund der Formen der Grabstätten und Grabbeigaben, kann man in den folgenden Jahrtausenden zwischen unterschiedlichen Kulturen unterscheiden. Bekannte Beispiele sind die Megalithanlagen von Hagestad oder das Grab von Kivik mit seinen Felszeichnungen.

Die schwedischen Illustratoren Anders Lindgren, C. G. G. Hilfeling (1740-1823) und Nils Mansson Mandelgren (1813-1899) leisteten wichtige Arbeit bei der Dokumentation archäologischen Objekte, von denen einige inzwischen abgetragen sind.

Erstmals schriftlich erwähnt wurde Skandinavien in der naturalis historia Plinius' des Älteren aus dem Jahr 79 und der Germania des Gaius Cornelius Tacitus, der als erster das Volk der Svear als Suionen erwähnte.

„Suionum hinc civitates ipso in Oceano praeter viros armaque classibus valent.“

„Die Stämme der Suionen darauf, direkt am Ozean, sind außer durch Männer und Waffen durch ihre Flotten mächtig.“

– Tacitus, Germania Kap. 44.

Er erwähnt, dass es bei den Suionen bereits einen König gegeben habe:

„Est apud illos et opibus honos, eoque unus imperitat, nullis iam exceptionibus, non precario iure parendi.“

„Bei ihnen steht auch der Reichtum in Ansehen, und darum hat einer die Herrschaft, nun schon ohne Ausnahmen, in unwiderruflicher Gehorsamspflicht.“

– Tacitus Germanis Kop. 44.

Man hat bereits früh die unter diesem König zusammengefassten Kleinstämme als die später im Upplandslag genannten Uppländer identifiziert, die von Snorri Sviþjóð genannt wurden und eine Kerngruppe des schwedischen Volkes darstellten.[1] Die Namen der drei Teilstämme ("Folklande") sind nicht überliefert. Sie wurden im Spätmittelalter nach der Zahl der ihnen zugehörigen Hundertschaften ("hundare") benannt: Tiundaland, Attundaland und Fjärundaland, dazu der Küstenraum Roden. Diese Folklande besaßen je ein regionales Thing. Das Zentrum der drei Folklande lag bei Alt-Uppsala, wo sich das zentrale Heiligtum befand, in dem nach Adam von Bremen drei Götter, Odin, Freyr und Thor verehrt wurden. In der frühen Vorzeit, so wird angenommen, dass Vanengottheiten, die für die Fruchtbarkeit zuständig sind, verehrt wurden. Später waren das die Asen. Dies wird dadurch wahrscheinlich, dass in der Ynglingatal berichtet wird, der König Domaldi wegen andauernder Missernten der Göttin Ceres geopfert worden sei. Auch wurden Markt und Thing in Alt-Uppsala als Disthing (= Dísa-þing, Thing der Disen) bezeichnet.[2] Die weitere Entwicklung liegt im Dunkeln. Die Auswertung der Texte und archäologischer Funde hat keinen Aufschluss darüber erbringen können, wann und auf welche Weise die Götalande, Småland, Värmland usw. in dieses Reich einverleibt wurden. Burgenbauten in Zentralschweden, in den beiden Götalanden, auf Öland und Gotland aus der Zeit zwischen 400 und 800 deuten scheinbar auf kriegerische Verwicklungen hin. Diese Meinungsverschiedenheiten in der Forschung hängen damit zusammen, dass dem Beowulflied und der Ynglingatal in Bezug auf einen historischen Kern ein unterschiedlicher Wert beigemessen wird. Erst bei Olof Skötkonung ist man sich einig, dass er über das gesamte Gebiet geherrscht habe.[3]

Den archäologischen Funden nach zu urteilen, fand zwischen Christi Geburt und dem Beginn des 5. Jahrhunderts ein lebhafter Handel mit dem Römischen Reich statt. Römische Importprodukte kamen bis in den hohen Norden, aus dem nordischen Raum kamen unter anderem Pelzwerk und öländische Pferde. Skandinavien wurde auch zum ersten Mal in römischen Schriften erwähnt.

Auf der Weltkarte des Ptolemäus um 150 ist Skandinavien erstmals kartographisch erfasst (siehe Scandza). Im Gegensatz zu der vorangehenden kollektiven Gesellschaftsform kam es nun auch zu einer stärkeren sozialen Schichtung, wie vor allem prächtig ausgestattete Kammergräber zeigen. Gegen Ende dieses Zeitraums wurde auch die Runenschrift eingeführt.

Zwischen 400 und 800 setzte sich die Machtkonzentration auf einige Zentren fort. Hügelgräber weisen darauf hin, dass es lokale Häuptlinge bzw. Stammesfürsten gab. Zahlreiche Fluchtburgen zeugen von den unsicheren Zeiten und dem Leben in ständiger Kriegsbereitschaft. Handelsplätze wie Helgö und später Birka lassen auf umfangreiche internationale Kontakte schließen.

Wikingerzeit (800–1050)

Zeitgenössische Darstellung dänischer Wikinger

Um das Jahr 800 begannen die langen Wikingerfahrten, kombinierte Kriegs- und Handelszüge in westliche und östliche Richtung. Die Wikingerzüge aus dem heutigen dänischen und norwegischen Raum sowie Skåne und Bohuslän gingen nach Westen. Wikingerzüge der mittelschwedischen Bevölkerung (Väster- und Östergötland sowie Svealand) richteten sich meist nach Osten. Über die großen russischen Flüsse erreichten sie Konstantinopel (Miklagård) und das Seidenland am Kaspischen Meer (Särkland). Diese Wikingerzüge waren meist Raubhandelszüge, doch weisen historische und archäologische Quellen auf eine starke politische Betätigung der Rus (auch Waräger genannt) an der Entstehung des Großfürstentums von Nowgorod und Kiew hin, deren Fürsten skandinavischen Ursprungs waren. Auf die Schwedenzüge folgte in vielen Gebieten eine umfassende Kolonisation. Großfürst Jaroslav († 1054) holte sich als letzter Warägerfürst noch militärische Unterstützung aus Schweden. Dieser war mit Ingigerd, der Tochter Olof Skötkunungs verheiratet. Für die Mitte des 11. Jahrhunderts bezeugen die Runensteine Raubzüge auf beide Seiten des finnischen Meerbusens.[4]

Die weiten Handelszüge der Skandinavier führten zu einem markanten wirtschaftlichen Aufschwung, was sich in der Gründung von Handelsstädten niederschlug. Birka entstand nach 700, Sigtuna und Lund um 1000. Der internationale Handel mit Luxuswaren wie Silber und Seide aus dem Osten, Waffen und Gläsern aus dem Westen, Pelzen aus dem Norden sowie der Sklavenhandel bildeten die wirtschaftliche Grundlage dieser Städte.

Im 10. Jahrhundert wurde auch die Grundlage für die späteren skandinavischen Reiche gelegt. Erik Sägersäll war der erste christliche König. Doch kehrte er zum Heidentum zurück. Sein Sohn Olof Skötkonung blieb dann beim christlichen Glauben. Seine Taufe wird in den Quellen dem englischen Missionsbischof Siegried aus York zugeschrieben und für das Jahr 1008 angesetzt. Dies führte zu einer anhaltenden Spannung zwischen den schon christianisierten Göthen und den heidnisch gebliebenen Svear.[5] Sein Sohn Anund gab auch seinem Schwager Olav dem Heiligen 400 Soldaten zur Rückeroberung seines Reiches mit. Er konnte das Heiligtum in Uppsala nicht zerstören, vielmehr nötigten ihn die Heiden, auf jegliche Bekehrungsarbeit zu verzichten und sich im Gebiet der christlichen Westgöthen niederzulassen, wo er in Skara einen Bischofssitz errichtete. Aber noch zu Zeiten des Saxo Grammaticus gab es noch keine feste Diözesaneinteilung. Selbst als 1123 zwischen dem Erzbischof von Hamburg und dem Papst Verhandlungen über den Status Skandinaviens begannen, war Uppsala noch fest in heidnischer Hand. König Erik Årsäll (1087–1088) war der letzte schwedische König, der in Uppsala opferte. Erster Bischof in Uppsala war Siward. Er musste 1133 aus Schweden in das Kloster Rastede bei Oldenburg fliehen. 1153 begannen die Verhandlungen für ein eigenes Erzbistum für Schweden.

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts war das Königreich ein loser Verbund selbständiger Landschaften (Väster- und Östergötland, Svealand und die „kleinen Länder“, Småland, im Süden) mit eigenem Thing und eigenen Gesetzen und Richtern, zusammengehalten durch die Person des Königs, der nach seiner Wahl von Thing zu Thing reisen musste, um sich bestätigen zu lassen. Die königliche Macht war ziemlich gering.

In diese Zeit fällt auch die Christianisierung Schwedens. Der erste Kontakt mit dem Christentum entstand durch die Missionstätigkeit des heiligen Ansgar, des Erzbischofs von Hamburg-Bremen. Er unternahm um 830 und 853 zwei Missionsreisen nach Schweden, die allerdings keinen Erfolg hatten. Im Jahr 1008 jedoch ließ sich König Olof Skötkonung taufen. Dennoch waren bis ins 12. Jahrhundert große Teile der Bevölkerung heidnisch.

Hochmittelalter (1050–1389)

Die eigentliche Reichsgründung geschah im Hochmittelalter zwischen 1000 und 1300 und ging einher mit der Christianisierung Schwedens. Mit dem Erfolg der christlichen Missionstätigkeit in Götaland entstand nach 1000 auch die christliche Königswürde mit dem Anspruch auf Anerkennung sowohl in Göta- wie auch in Svealand. Sie war jedoch anfangs umstritten, instabil und meist nur von regionaler Bedeutung. Darüber hinaus war es ein Wahlkönigtum, was oft zu Kämpfen um die Thronfolge führte. So kämpften zwischen 1130 und 1250 die Geschlechter Sverkers und Eriks um die Königsmacht. Die wichtigste Machtposition nach dem König hatte im 12. und 13. Jahrhundert der Jarl inne. Der letzte und einer der mächtigsten Jarle in Schweden war Birger Jarl, dessen Sohn Waldemar 1250 zum König gewählt wurde. Dieser wurde jedoch von seinem Bruder Magnus Ladulås durch einen Staatsstreich abgesetzt. Unter Birger Jarl und den nachfolgenden Folkungern kam es zu umfassenden politischen und sozialen Reformen. Es gelang ihnen, eine Zentralmacht aufzubauen und die Gesellschaft nach dem Vorbild der feudalen europäischen Staaten zu organisieren. 1350 wurden schließlich die alten Landesgesetze durch ein im ganzen Reich geltendes Gesetz ersetzt.

Siegel des Königs Magnus Ladulås

Zeitgleich zum Ausbau der Königsmacht schritt der Aufbau der kirchlichen Organisation voran. Kirche und Königtum waren aufeinander angewiesen. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden Bistümer mit Sitz in Skara, Linköping, Sigtuna und anderen Orten gegründet. Sitz des Erzbischofs von ganz Skandinavien war seit 1104 Lund im damaligen Dänemark. 1164 wurde Schweden ein unabhängiges Erzbistum mit Sitz in Uppsala. Auf dem Kirchentreffen von Skänninge 1248 erhielt die Kirche ihre eigene kanonische Kirchenordnung, die ihre Unabhängigkeit von der weltlichen Macht vergrößerte. Die Festigung der Position der Kirche hatte weitreichende kulturelle und gesellschaftliche Folgen, wie beispielsweise die Abschaffung der weitverbreiteten Sklaverei 1335.

Neben dem geistlichen Stand entstand auch ein Reichsadel aus den Gefolgsleuten des Königs und der Stammesfürsten, dem 1280 in den Satzungen von Alsnö Steuerfreiheit bewilligt wurde. Vertreter des Reichsadels und der Kirche (Bischöfe) bildeten den Reichsrat, ein Gegengewicht zur Königsmacht. Machtbasis des Reichsadels waren die – im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern nicht erblichen – Lehen, deren Burgen Zentren der Verwaltung waren.

Im 12. und 13. Jahrhundert wurde auch die Expansionspolitik nach Osten hin aufgenommen, mit dem Ziel, sich Finnland einzuverleiben, dies geschah in Form von mehreren Kreuzzügen. Im Jahre 1288 wurde Gotland durch einen Vertrag an Schweden gebunden.

Der Beginn des 14. Jahrhunderts war durch Thronkämpfe innerhalb der Königsdynastie der Folkunger geprägt. Dies führte zu einer Stärkung des Hochadels und in weiterer Folge zu Konflikten zwischen König und Reichsrat beziehungsweise der Ratsaristokratie. König Birger Magnusson wurde 1317 vertrieben und sein Nachfolger Magnus Eriksson wurde 1363 abgesetzt. Auch der 1364 gewählte Albrecht von Mecklenburg wurde 1389 gestürzt, nachdem er versucht hatte, die Königsmacht zu stärken.

Kalmarer Union (1389–1523)

Hauptartikel: Kalmarer Union

1388 wurde die dänische Königin Margarethe von einer aufständischen Adelsfraktion als schwedische Herrscherin anerkannt. Nach dem Sieg über Albrecht im Jahr danach wurden Dänemark, Norwegen und Schweden unter einem Regenten vereinigt. 1397 wurde Margarethes Neffe Erich von Pommern zum König der drei Reiche gekrönt und die Kalmarer Union errichtet. Sie bestand bis 1523, auch wenn sie selten funktionierte.

Margarethes und Erichs Politik zielte auf die Begrenzung und Zurückdrängung der Adelsmacht. Der Reichsrat wurde entmachtet und eine zentralisierte, von Dänemark ausgehende Verwaltung mit hauptsächlich dänischen und deutschen Vögten aufgebaut. Dies führte – unterstützt von den Bauern, denen neue umfassende Steuern auferlegt worden waren – zum Engelbrekt-Aufstand 1434−36, der mit der Absetzung und Vertreibung des Königs endete.

Stockholmer Blutbad

Die folgenden Jahrzehnte waren chaotisch und geprägt von inneren Kämpfen und häufigen Regierungswechseln. Die politische Macht lag bei der Ratsaristokratie, die aber zutiefst zwischen Befürwortern und Gegnern der Kalmarer Union gespalten war. Zu gewissen Zeiten waren die Unionskönige auch in Schweden anerkannt. Dazwischen regierten der schwedische König Karl Knutsson (1448−57, 1464−65 und 1467−70) beziehungsweise schwedische Reichsverweser.

In diesen Auseinandersetzungen entstand ein starkes schwedisches Nationalgefühl, das sich auch im Geistesleben bemerkbar machte. So wurde 1477 die erste schwedische Universität in Uppsala gegründet, 1483 durch den Lübecker Drucker Johann Snell der Buchdruck eingeführt und gegen Ende des 15. Jahrhunderts erschienen die ersten gedruckten Bücher in schwedischer Sprache.

Der Konflikt mit den Unionskönigen und der inneren Opposition kulminierte unter dem Reichsverweser Sten Sture dem Jüngeren, der zwischen 1512 und 1520 regierte. Kristian II. besiegte seine schwedischen Widersacher 1520 und ließ im November desselben Jahres etwa hundert Oppositionelle im sogenannten Stockholmer Blutbad hinrichten. Dies führte zum Aufruhr des Gustav Wasa, der 1521 zum Reichsverweser ernannt wurde, und dem endgültigen Zusammenbruch der Kalmarer Union.

Die Wasa-Zeit (1523–1611)

Schwedisches Wappen ca.1600 (Siebmacher 1605)

Gustav Wasas Aufruhr wurde aktiv von Lübeck unterstützt und mit dessen Hilfe konnte er 1523 Stockholm einnehmen. Noch im gleichen Jahr wurde er zum König gekrönt. Die Beziehungen zu Dänemark entschärften sich, da Kristian II. dort ebenfalls abgesetzt wurde. Die Abhängigkeit von Lübeck konnte 1533 endgültig abgeschüttelt werden.

Innenpolitisch hatte Gustav Wasa das Ziel, die Zentralmacht zu stärken. Der erste entscheidende Schritt dazu war die Ratsversammlung in Västerås 1527, bei der die alte Ratsfront aufgelöst und die weltliche Macht der Bischöfe gebrochen wurde. Es wurden auch die ersten Schritte zur Reformation eingeleitet, die in den 30er Jahren zur Trennung von der katholischen Kirche führten. Die Konfiszierung der kirchlichen Güter, die etwa ein Fünftel des gesamten Grundbesitzes ausmachten, führte zu einer entscheidenden Stärkung der königlichen Finanzen. Gleichzeitig wurde die Grundlage für eine zentrale Administration gelegt, die nach ausländischem Vorbild in den Jahren 1538−42 modernisiert wurde, und ebenfalls das Steuerwesen wurde neu geordnet. Dies führte zu gewaltsamen Aufständen, die im Dacke-Aufstand von 1532 kulminierten. Weitere wichtige Schritte auf dem Weg zur Zentralisierung waren der Reichstag von Västerås 1544, bei dem das Wahlkönigtum durch das Erbkönigtum ersetzt wurde, und die Erneuerung der Landesverteidigung.

Nach dem Tode Gustav Wasas 1560 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen seinen Söhnen. Zuerst wurde der älteste Sohn Erik XIV. König. Er wurde 1568 von seinen Brüdern Johan und Karl gestürzt und starb im Gefängnis, wahrscheinlich durch Giftmord. Sein Nachfolger war sein Bruder Johan III., dessen Sohn Sigismund polnischer und 1592 auch schwedischer König wurde. Da Sigismund aber Katholik war und man fürchtete, dass er die Gegenreformation unterstützen werde, wurde der lutherische Glauben auf der Versammlung von Uppsala 1593 vom Reichsrat und der Priesterschaft als Staatskirche eingeführt. Im Jahr danach leitete Herzog Karl, Sigismunds Onkel, den Machtkampf ein, der 1599 zur Absetzung Sigismunds und zur Krönung Karls 1604 führte. Dies war der Beginn von bitteren Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Polen.

Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war vom Kampf um die Herrschaft über das Baltikum geprägt. Der Zusammenbruch des Deutschen Ordensstaates führte zu einem Wettrennen um die Herrschaft über dessen Gebiete, die sich in mehreren Nordischen Kriegen äußerte. 1561 stellte sich Estland unter schwedischen Schutz. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu einer Reihe von Kriegen mit den Nachbarn Dänemark, Lübeck, Polen und Russland, vom Dreikronenkrieg (1563−1570) bis zum Kalmarkrieg (1611−1613).

Schweden als Großmacht (1611–1719)

Territoriale Expansion Schwedens 1560–1660
Karl X. von Schweden, nach Ehrenstahl
Gustav II. Adolf
Magnus Gabriel De la Gardie

1611 übernahm der erst 17-jährige Gustav II. Adolf nach dem Tode seines Vaters die Herrschaft. Ihm gelang es, die Ostseepolitik fortzuführen und Ingermanland und Kexholm (das Gebiet westlich und nördlich des Ladogasees) sowie Livland von Polen-Litauen zu erobern, bevor er sich 1630 Deutschland, auf dessen Gebiet der Dreißigjährigen Krieg tobte, zuwandte.

Diese Erfolge waren durch eine innere Reorganisierung möglich geworden. Beim Regierungsantritt wurden durch eine königliche Erklärung Reichsrat und Reichstag politische Mitspracherechte eingeräumt. Der Reichsrat bekam eine deutliche Rolle im Rahmen der Regierung, und in Fragen um Krieg und Frieden, Steuern und Aushebungen wurden die Beschlüsse des Reichstages eingeholt. Die vier im Reichstag vertretenen Stände spiegelten die Gesellschaftsstruktur dieser Zeit wider: Der Adel, der 1612 umfassende Privilegien bekommen hatte, hatte das Monopol auf allen höheren Ämter. Gleichzeitig war diese Standesgrenze durchlässig, sodass sich die Anzahl der Adligen durch Neuadelungen im 17. Jahrhundert verfünffachte. Der geistliche Stand spielte in einer Staatsideologie, in der Kirche und Staat eng verschmolzen war, eine wichtige Rolle. Das Bürgertum erlangte im Rahmen der merkantilistischen Wirtschaftspolitik eine wachsende Bedeutung. Dass zuletzt auch die Bauern als vierter Stand im Reichstag vertreten waren, war in Europa einzigartig, und lässt sich historisch damit erklären, dass es in Schweden nie hörige oder leibeigene Bauern gegeben hatte, und mehr als ein Drittel des Grundbesitzes in der Hand freier Bauern war. Sie spielten, vor allem durch ihre lokalen Institutionen, in Steuerfragen und in Fragen der Aushebung von Soldaten, die ja zum größten Teil aus Bauernfamilien kamen, eine wichtige Rolle. Ein ständiger Dialog zwischen Regierung und Regierten erklärt den inneren Frieden trotz zunehmender Belastungen aufgrund der zahlreichen Kriege.

Die Vision von einer Großmacht Schweden fand ihren Niederschlag auch in anderen Bereichen, vor allem im Bildungsbereich. Die Universität Uppsala, die nach der Reformation stagniert hatte, wurde nun aktiv gefördert, gleichzeitig wurden bis 1668 drei weitere Universitäten in Dorpat (Tartu), Åbo (Turku) und Lund gegründet. In jeder Bischofsstadt wurde ein Gymnasium gegründet und der Analphabetismus nahm deutlich ab. Die Reichsverwaltung wurde ausgebaut und die regionalen und lokalen Organe der zivilen und militärischen Verwaltung wurden vereinheitlicht. Teile dieses Verwaltungssystems bestehen heute noch.

Das größte Problem für die Großmachtspolitik war die schwache Bevölkerungsbasis. 1625 hatte das Königreich etwa 1,1 Millionen Einwohner, davon 800.000 im schwedischen Kernland, doch reichte das weder als Steuerbasis noch als Rekrutierungsunterlage für das Heer. Daher wurde eine merkantilistische Handels- und Wirtschaftspolitik mit starker Exportorientierung betrieben und die Einwanderung von ausländischen Fachkräften und der Zuzug ausländischen Kapitals (vor allem aus den Niederlanden und aus Deutschland) aktiv gefördert. Schweden entwickelte sich zum größten Exporteur von Schmiedeeisen und Kanonen. Kupfer und Holzprodukte waren weitere wichtige Exportprodukte.

Die Außenpolitik richtete sich nach dem Erwerb des Baltikums und der russischen Küstengebiete auf Deutschland und Polen-Litauen. Die kaiserlichen Truppen hatten die Ostsee erreicht, und der Eintritt Schwedens in den Krieg konnte vor dem Reichstag, der schließlich seine Zustimmung gab, als präventiver Verteidigungskrieg dargestellt werden. Als Schweden 1630 in Pommern einfiel, hatte es keine Verbündeten, aber ein Subsidiarvertrag mit Frankreich 1631 verbesserte die Lage. Der Sieg bei Breitenfeld im selben Jahr war ein Wendepunkt. Die politischen Ziele wuchsen mit den Erfolgen, aber der Tod Gustavs II. Adolf bei Lützen 1632 veränderte die Lage. Dennoch setzte Schweden unter dem Reichskanzler Axel Oxenstierna (die Tochter Gustavs II. Adolf war erst sechs Jahre alt) den Krieg fort. 1643−45 bekriegte man Dänemark und bekam im Frieden von Brömsebro die Provinzen Gotland, Jämtland, Härjedalen und Halland, während der Westfälische Friede von 1648 zum Erwerb von Bremen-Verden (siehe auch Burg Bederkesa), Wismar, Vorpommern und anderen Gebieten führte. Ein weiterer Krieg gegen Polen, eingeleitet 1644, dem sich auf Feindesseite Dänemark und Russland anschlossen, wurde 1658 zeitweilig beendet, und im Frieden von Roskilde kamen unter anderem die Provinzen Bohuslän, Schonen und Blekinge unter schwedische Herrschaft. Noch im selben Jahr wurde der Krieg wieder aufgenommen, aber als der König Karl X. 1660 plötzlich starb, bemühte sich die Vormundschaftsregierung für dessen Sohn Karl XI. um einen Friedensschluss, der im Frieden von Oliva 1660 mündete.

In den folgenden zwölf Jahren versuchte Reichskanzler Magnus Gabriel De la Gardie, die politische Lage zu stabilisieren und die katastrophale finanzielle Lage des Reiches zu sanieren. Mit dem Regierungsantritt des jungen Königs Karl XI. aber gab Schweden die vorsichtige Außenpolitik auf und wurde in den Schonischen Krieg und den Schwedisch-Brandenburgischen Krieg (1674−79) gezogen. Es zeigten sich dabei deutliche Schwächen bei Heer und Flotte. Dies führte zu einer umfassenden Reorganisation in Schweden. Zuvörderst wurde die Einziehung der in den letzten Jahrzehnten an den Adel vergebenen Güter beschlossen – der Adel hatte seinen Grundbesitz im 17. Jahrhundert verdreifacht –, die Reorganisation der Militärmacht wurde dem König allein übertragen, wie auch die Gesetzgebung und Außenpolitik, die bis dahin beim Reichstag gelegen hatten. Der König wurde zum Alleinherrscher, der Reichstag hatte nur mehr eine beratende Funktion. Dass dies ohne einen größeren Machtkampf mit dem Adel möglich war, beruhte auf der Unterstützung des Königs durch die Bauern und Bürger, die eine effektive und starke Königsmacht der Oligarchie vorzogen, wie auch durch den niedrigen Dienstadel und die Offiziere, die in der neuen Militärorganisation eine sichere Einkommensquelle sahen.

In der folgenden Friedenszeit konnte sich Schweden erholen, aber 1700 eröffneten Dänemark, Polen-Sachsen und Russland den Großen Nordischen Krieg (1700−21), der nach anfänglichen schwedischen Erfolgen schließlich zum Zusammenbruch der Großmacht führte. Das Baltikum und beinahe alle anderen Gebiete südlich der Ostsee gingen verloren.

In diese Periode fällt auch die Kolonisierung der für Schweden nur vorübergehend bedeutsamen schwedischen Besitzungen in Afrika, Nordamerika und der Karibik. In Nordamerika war es vor allem die Kolonie Neuschweden, mit der Schweden ab 1638 eine in vorteilhafter Position gelegene Handels- und Siedlungskolonie am Unterlauf des Delaware-Flusses aufbauen konnte. Ein mit militärischer Gewalt ausgetragener Konflikt mit den Truppen der holländischen Kolonie Neuniederlande führte allerdings bereits im Jahr 1655 zum Verlust dieser für Schweden sich so hoffnungsvoll entwickelnden Kolonie. Heute gehört das Gebiet dieses ehemaligen schwedischen Kolonialbesitzes zu den drei US-Bundesstaaten Delaware, New Jersey und Pennsylvania.

Die Freiheitszeit (1719–1772)

Nach dem Tod von Karl XII. nutzten die Stände unklare Thronfolge-Verhältnisse, um in den Jahren 1719/20 eine neue Verfassung durchzusetzen, die dem Reichstag die alleinige Gesetzgebung übertrug. Der Reichstag setzte sich nach wie vor aus den vier Ständen (Adel, Priester, Bürger und Bauern) zusammen. Da im Reichstag das Mehrheitsprinzip galt, das heißt, dass ein Beschluss nur dann gefasst werden konnte, wenn drei der vier Stände dafür stimmten, entwickelte sich eine lebhafte politische Aktivität, die an den modernen Parlamentarismus erinnert. Doch fehlte ein grundlegendes Demokratieverständnis. Politische Gegner wurden manchmal ins Gefängnis geworfen und Hinrichtungen kamen auch vor.

Mit der Zeit entwickelten sich zwei politische Gruppierungen, die sog. Hüte und Mützen. Die Hüte, eine aristokratische Partei, vertraten eine merkantilistische Wirtschaftspolitik mit aktiver Förderung von Manufakturen und des Exports sowie eine revanchistische Außenpolitik gegen Russland mit Unterstützung Frankreichs. Die Mützen, antiaristokratisch ausgerichtet, nahmen die Interessen der Landwirtschaft wahr und betrieben eine vorsichtige Außenpolitik, die einen Ausgleich mit Russland und eine Annäherung an England suchte. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts waren meist die Hüte an der Macht und sie verwickelten Schweden auch in zwei Kriege.

Ostindienfahrer Göteborg, Kopie

Der Merkantilismus dominierte die Wirtschaftspolitik. Dem Außenhandel wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und daher wurde auch 1731 eine schwedische Ostindienkompanie gegründet. Des Weiteren wurde auch eine staatliche Förderung für Manufakturen eingerichtet, um die Importabhängigkeit des Landes zu vermindern. Das wichtigste Exportprodukt war nach wie vor Eisen, das in mehreren hundert Hüttenwerken auf dem Land verarbeitet wurde.

Auch in der Landwirtschaft setzten sich neue Ideen durch und landwirtschaftliche Reformen, wie die Zusammenlegung von Streubesitz, führten zu einer Verbesserung der wirtschaftliche Lage der Landbevölkerung. Darüber hinaus gelang es den Bauern, sich in den politischen Auseinandersetzungen im Reichstag zu formieren und eine starke politische Stellung zu erreichen. Gegen Ende der Freiheitszeit wurden sie zur treibenden Kraft im Reichstag.

Im Polnischen Erbfolgekrieg 1733−1738 unterstützte Schweden Stanislaus I. Leszczyński gegen August III..

In dieser Zeit kamen die Ideen der Aufklärung nach Schweden. Auf Beitreiben von Anders Chydenius hin wurde schließlich 1766 die Tryckfrihetsförordningen ("Druckfreiheitsverordnung", Gesetz über die Pressefreiheit) erlassen, in welchem die Pressefreiheit und – als erstem Land weltweit – das Öffentlichkeitsprinzip (schwedisch: offentlighetsprincipen) garantiert wurden, was die politische Debatte zusätzlich anfachte. Die neue Freiheit führte zu einem Aufbruch im Bereich der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Literatur.

Die Gustavianische Epoche (1772–1809)

Gustav III.

Gustav III. hatte 1771 den Thron bestiegen, der zu diesem Zeitpunkt nur mehr repräsentative Funktionen hatte. 1772 putschte Gustav III. gegen den Reichstag und erzwang eine neue Verfassung, die dem König die Regierungsmacht übertrug, während sie die Macht des Reichstages stark beschränkte. Der König, der von sich behauptete, über den Partei- und Standesstreitigkeiten zu stehen, stützte sich aber auf den Adel, während er in seiner Wirtschaftspolitik der sparsamen und liberalen Politik der Mützen folgte.

Eine Reihe von Reformen wurden durchgeführt, unter anderem versuchte er, ein Branntweinmonopol einzuführen, Krankenhäuser wurden gebaut und Kreisärzte angestellt, und die ersten kommunalen Armenhäuser entstanden. Doch war Gustav III. vor allem am Kulturleben interessiert. 1786 gründete er die Schwedische Akademie nach dem Vorbild der französischen Académie Française, er ließ ein Opernhaus errichten und förderte die bildenden Künste und die Architektur. In dieser Zeit entstand auf den Gebieten der Innenarchitektur, der Möbeltischlerei und der Silberschmiede ein eigener Stil in Schweden, der gustavianische Stil.

Doch für die politische Opposition kamen harte Zeiten. 1774 wurde die Pressefreiheit eingeschränkt, und weder Politik noch Staatskirche und Religion durften diskutiert werden. Gustavs Regierungsstil wurde immer autoritärer, und als sich der Adel, der sich seines Einflusses beraubt sah, am Reichstag von 1786 gegen den König wandte, führte Gustav III. das Land in einen Krieg gegen Russland (1788–1790), um seine innenpolitische Position zu stärken. Aus Unzufriedenheit mit dem Krieg kam es zu einer Meuterei von mehr als hundert, vorwiegend adeligen Offizieren an der Front in Finnland. Gustav III. verstand, diese Meuterei und den daraufhin aufflammenden Royalismus auszunutzen, um mit Hilfe der nichtadeligen Stände eine absolutistische Staatsform einzuführen. Gleichzeitig wurden die Adelsprivilegien weitgehend abgeschafft. Die Opposition gegen den König wurde nun im Untergrund fortgesetzt, und 1792 wurde bei einem Maskenball ein Schussattentat auf Gustav III. verübt, dem er zwei Wochen später erlag.

Sein Sohn Gustav IV. Adolf folgte ihm auf den Thron. Er war ein Gegner der französischen Revolution und schloss sich der antifranzösischen Koalition an. 1807 verließ Russland die Koalition und schloss ein Abkommen mit Napoleon I., worauf es 1808 Schweden angriff. Die russischen Truppen besetzten rasch Finnland und die Küste Norrlands bis Umeå. Die schwedischen Misserfolge führte zur Absetzung des Königs 1809 und im Frieden von Fredrikshamn musste Schweden Finnland, Åland und den östlichen Teil Västerbottens bis zum Fluss Torne älv an Russland abtreten.

Das 19. Jahrhundert (1809–1906)

Schweden und Norwegen um 1888

Auf dem Ständereichstag von 1809 wurde beschlossen, Gustav IV. Adolf und seine Nachkommen von der Thronfolge auszuschließen. An dessen Stelle wurde sein Onkel Karl zum König gewählt, aber erst nachdem er einem neuen, vom Reichstag beschlossenen Verfassungsgesetz, der Successionsordningen, zugestimmt hatte. Der neuen Verfassung lag der Gedanke der Gewaltenteilung zugrunde, auch wenn noch nicht von einem parlamentarischen System gesprochen werden kann. Der König hatte noch immer Gesetzgebungsgewalt und auch die ständische Einteilung des Reichstags blieb erhalten. Doch wurden die bürgerlichen Grundrechte definiert.

Da Karl XIII. aber alt und ohne Erben war, musste wieder ein Thronfolger gewählt werden. Die Wahl fiel auf den dänischen Prinzen Kristian August, der aber 1810 bei einem Reitunfall starb. In der darauf folgenden Wahl wurde schließlich Jean Baptiste Bernadotte, ein französischer Marschall, zum Thronfolger gewählt. Im Herbst desselben Jahres kam er nach Schweden, nahm den protestantischen Glauben und den Namen Kronprinz Karl Johann an und wurde von Karl XIII. adoptiert. Auch wenn er erst 1818, nach dem Tode Karls XIII., als Karl XIV. Johann gekrönt wurde, so übernahm er die Regierungsgeschäfte für den kränklichen Adoptivvater.

Als Napoléon Schweden zwang, Krieg mit England zu führen – der Krieg wurde zwar erklärt, aber beiderseits nicht geführt – und widerrechtlich schwedisch Pommern für seinen Russlandfeldzug besetzte, wandte sich Kronprinz Karl Johann von Frankreich ab. Er leitete seine Regierung mit einer völligen Neuorientierung der Außenpolitik ein, nämlich von der Vergangenheit im Osten in eine Zukunft im Westen. In einem Übereinkommen mit dem russischen Zar Alexander I. 1812 verzichtete er auf Finnland. Schweden nahm daraufhin am Feldzug gegen Napoleon I. teil und wandte sich dann gegen Dänemark, das 1814 gezwungen war, im Frieden von Kiel Norwegen im Austausch für Schwedisch-Pommern an Schweden abzutreten. Als daraufhin Norwegen seine Unabhängigkeit erklärte, erzwang Karl XIV. Johann durch einen kurzen, fast unblutigen Feldzug die Gründung der schwedisch-norwegischen Union, wobei Norwegen ein eigenständiges Königreich blieb und Karl hier den Titel Karl II. von Norwegen führte. Nach diesem letzten Krieg führte Karl Johann eine konsequente Friedenspolitik, die zur Grundlage der schwedischen Neutralität wurde.

Die napoleonischen Kriege hatten Schwedens Wirtschaft hart getroffen, was zu wirtschaftlicher Stagnation und tiefgreifenden Krisen führte. Schweden war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein ausgesprochener Agrarstaat, die Industrialisierung setzte erst spät ein. Die größten Reformen erfolgten auch im landwirtschaftlichen Bereich, wo umfassende Flurbereinigungs- und Parzellierungsverordnungen sowohl die wirtschaftliche Situation als auch die bäuerliche Kultur drastisch veränderten. Im industriellen Bereich, der von den zahlreichen Hüttenwerken dominiert war, führten neue Technologien und die Konkurrenz vor allem aus England zur umfassenden Stilllegungen. Ein großes Infrastrukturprojekt war der Bau des Göta-Kanals, der die Ostsee mit dem Kattegat verbinden sollte, sich aber schon kurz nach seiner Einweihung als veraltet erwies.

Dagegen erlebte Schweden eine Blütezeit im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich. 1842 wurde in einer Schulreform die Schulpflicht eingeführt und Volksschulen in jeder Gemeinde vorgeschrieben.

Zwischen 1815 und 1850 stieg die Bevölkerungszahl von 2,5 auf 3,5 Millionen. Das Bevölkerungswachstum erfolgte vor allem auf dem Lande, auf dem 1850 noch 90 % der Bevölkerung lebte, und führte zu großen sozialen Problemen. Eine Lösung bot die Auswanderung, die sich um 1840 anbahnte, um 1860 richtig einsetzte und 1880 ihren Höhepunkt erreichte und erst ab 1900 abebbte. In dieser Zeit verließen ungefähr 1,2 Millionen Schweden das Land (von welchen etwa 200 000 wieder, oft mit Kapital und neuem Wissen versehen, zurückkehrten).

Nach dem Tode Karls XIV. Johann 1844, der innenpolitisch eine streng konservative Politik betrieben hatte, öffnete sich die Möglichkeit der Liberalisierung, zumindest im wirtschafts- und sozialpolitischen Bereich. Schrittweise wurden unter Oscar I. und seinem Nachfolger Karl XV. das Wirtschaftsleben liberalisiert und Sozialreformen durchgeführt. In einer Verfassungsreform 1865−66 wurde auch der Vierständereichstag durch ein Zweikammernparlament ersetzt.

Ab 1870 begann der Durchbruch der Industrialisierung. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes und neue Technologien in der Stahlerzeugung ermöglichten die Nutzbarmachung neuer Erzfunde in Norrland. Gleichzeitig erlebte die Holzindustrie einen Höhepunkt, und es entwickelte sich eine ansehnliche Papier- und Zellstoffindustrie. Neue Erfindungen führten zur Gründung von Unternehmen im Maschinenbau- und Elektrobereich (wie beispielsweise L.M. Ericsson, ASEA, Bofors, SKF, AGA). Gleichzeitig erlebte aber die Landwirtschaft eine schwere Krise.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Umwandlung vom Agrarland zur Industriegesellschaft. Die Einwohnerzahl stieg von 3,5 Millionen (1850) auf 5,1 Millionen (1900). Die Bevölkerung war zu großen Teilen nicht wahlberechtigt, aber es entstanden nun die großen Volksbewegungen, die auch heute noch einen deutlichen politischen Einfluss haben: die freikirchliche Erweckungsbewegung, die Abstinenzbewegung und die Arbeiterbewegung.

In der Außenpolitik führte die Thronbesteigung Oscar II. 1872 zu einer Umorientierung von der traditionellen Freundschaft mit Frankreich zu einer immer deutlicher werdenden Annäherung an Deutschland, was sich im Militärwesen, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und im Kulturleben zeigte. Das schwierigste außenpolitische Problem aber waren die Beziehungen zu Norwegen, in dem sich immer stärker werdende Unabhängigkeitsbestrebungen bemerkbar machten, und das schließlich in die Auflösung der Union 1905 mündete.

Der Durchbruch der Demokratie (1907–1920)

Zwar war 1865 der mittelalterliche Ständetag durch einen Zweikammernparlament ersetzt worden, doch waren nur etwa 20 % der männlichen Bevölkerung wahlberechtigt, da nur die zweite Kammer, und die nach einem Zensuswahlrecht gewählt wurde. Eine außerparlamentarische Wahlrechtsbewegung entstand in den 1880er Jahren, getragen von den Sozialdemokraten und den Liberalen. Die Einführung der Wehrpflicht wurde zum stärksten Argument. Das Schlagwort „Ein Mann, eine Stimme, ein Gewehr“ machte tiefen Eindruck auch auf die Konservativen. In einer Wahlrechtsreform wurde schließlich 1907 das Allgemeine Wahlrecht für Männer (mit gewissen Beschränkungen) für die Zweite Parlamentskammer eingeführt und auch die Erste Kammer wurde teilweise demokratisiert. Die Klassengegensätze waren jedoch groß und der Generalstreik von 1909 vertiefte den Graben zwischen Sozialdemokraten und Liberalen beziehungsweise Konservativen. Zur wichtigsten innenpolitischen Frage jedoch wurde die Verteidigungsfrage. Als die liberale Regierung Staaff Rüstungspläne zurückstellte, um die Verteidigungskosten zugunsten einer sozialen Reformpolitik zu senken, kam es zu einer heftigen politischen Auseinandersetzung mit den Konservativen, in die schließlich 1914 der König auf Seiten der Aufrüstungsbefürworter eingriff und damit eine konstitutionelle Krise heraufbeschwor. Dies führte zum Abgang der Regierung und der Ernennung einer königlichen Beamtenregierung unter Hjalmar Hammarskjöld (Vater von Dag Hammarskjöld).

Doch schlossen nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges die politischen Gegner Frieden und unterstützten die neue Regierung. Das Land erklärte seine Neutralität, pflegte aber regen Handel vor allem mit Deutschland, was zu einer begrenzten Blockade durch die Ententemächte führte. Dadurch und durch die umfassenden Exporte von Lebensmitteln nach Deutschland wurde die Versorgung der Bevölkerung immer schwieriger. Hungersnöte brachen aus, und auch in der Politik erfolgte eine Radikalisierung, die letztlich zur Gründung einer kommunistischen Partei (socialdemokratiska vänsterparti) führte. Im Frühjahr 1917 trat die Regierung Hammarskjöld zurück und nach den sozialistischen Erfolgen bei der Wahl zur zweiten Parlamentskammer 1917 wurde eine liberal-sozialdemokratische Koalitionsregierung gebildet, ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Demokratisierung.

Unter dem Eindruck der deutschen Niederlage und aufgrund der radikalen Stimmung im Lande wurde zwischen 1918−1921 eine neue Wahlreform durchgeführt. Das Allgemeine Wahlrecht und das Frauenwahlrecht wurden nun für alle Wahlen eingeführt und die undemokratischen Beschränkungen aufgehoben.

Die Zwischenkriegszeit (1920–1939)

Demonstrationszug in Ådalen kurz bevor das Militär das Feuer eröffnet

Die 20er Jahre waren geprägt von einem starken industriellen Aufschwung. Großunternehmen wie Bofors, Aktiebolaget Gas-Accumulator (AGA), Svenska Kullagerfabriken (SKF), Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA), Ericsson und Electrolux sowie eine umfassende Werftindustrie entstanden. Politisch traten die Gegensätze zwischen dem bürgerlichen Block und den Sozialdemokraten wieder stärker hervor. Die Sozialdemokraten waren aber zu schwach, um eine eigene Regierung zu bilden, die bürgerlichen Parteien aber tief gespalten. Konservative, Liberale und eine neu entstandene Bauernpartei hatten unterschiedliche Anschauungen in mehreren zentralen politischen Fragen wie Schulpolitik, Verteidigungspolitik und Alkoholpolitik. Eine Reihe von unterschiedlichen Minderheitsregierungen und häufiger Regierungswechsel kennzeichnete die politische Lage der 20er Jahre.

1930 erfasste die Weltwirtschaftskrise auch Schweden. Der Einsatz des Militärs gegen Streikende in Ådalen 1931 und der aufsehenerregende Konkurs des Kreuger-Konzerns bereiteten einen politischen Machtwechsel vor: nach den Wahlen von 1932 bildeten die Sozialdemokraten unter Per Albin Hansson eine Regierung, die ab 1933 von der Bauernpartei unterstützt wurde. Ihre Reformpolitik umfasste zuerst Beschäftigungsprogramme und landwirtschaftliche Subventionen, um den Auswirkungen der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken. 1936 gingen beide Parteien eine Koalition ein und legten ein umfassendes sozialpolitisches Programm zum Ausbau des Wohlfahrtsstaates vor. Der Traum vom „Volksheim“ aber verzögerte sich aufgrund des Ausbruches des Zweiten Weltkrieges. 1938 wurde aber im Abkommen von Saltsjöbaden zwischen Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften der Grundstein für das "schwedische Modell" gelegt.

Der Zweite Weltkrieg (1939–1945)

Am Beginn des Zweiten Weltkrieges erklärte Schweden wiederum seine Neutralität. Erklärtes Ziel der Neutralitätspolitik war nicht die Neutralität selbst, sondern zu vermeiden, in den Krieg gezogen zu werden.

Der Angriff der Sowjetunion auf Finnland im November 1939 stellte die schwedische Regierung auf eine harte Probe. Unmittelbare Folge war eine umfassende Regierungsumbildung, wobei eine Konzentrationsregierung unter Ausschluss der Kommunisten die Staatsgeschäfte übernahm. Die Regierung kam zwar der in Schweden weitverbreiteten Forderung nach direkter militärischer Hilfe nicht nach, unterstütze aber Finnland mit finanziellen Mitteln und militärischer Ausrüstung. Auch wurde die Erlaubnis zur Bildung eines schwedischen Freiwilligenkorps gegeben. Das etwa 8.000 Mann starke Freiwilligenkorps umfasste auch Spezialeinheiten, Artillerie und Flugstaffeln. Gleichzeitig wies man aber den Vorschlag Englands und Frankreichs, reguläre Truppen von Narvik über schwedisches Gebiet nach Finnland zu schicken, zurück.

Die nächste kritische Situation entstand, als Deutschland am 9. April 1940 Dänemark und Norwegen angriff (Unternehmen Weserübung). Dem norwegischen König und Teilen der Regierung und des Parlamentes gelang es, den deutschen Truppen zu entkommen. Als der norwegische Außenminister am 12. April beim schwedischen Kollegen anfragte, ob der von den Deutschen verfolgte König, der Kronprinz und Mitglieder der Regierung nach Schweden fliehen könnten, wurde ihnen die Internierung angedroht, worauf sie in Norwegen blieben und später nach Großbritannien flohen.

Ganz anders sah die Neutralitätspolitik gegenüber Deutschland aus. Einen Monat nach dem deutschen Angriff auf Dänemark und Norwegen beschloss die schwedische Regierung, Urlaubertransporte zwischen dem besetzten Norwegen und Deutschland über schwedisches Gebiet zu genehmigen. Diese Transporte wurden einige Monate danach ausgeweitet (ein täglicher Zug in beide Richtungen) und neben Soldaten wurden auch Kriegsausrüstung und Munition befördert. Den Höhepunkt erreichte diese Politik der Zugeständnisse, als nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 die schwedische Regierung deutschen Forderungen nachgab und den Transport einer deutschen Division von Norwegen über Schweden nach Finnland an die russische Front genehmigte.

Im Dezember 1940 wurde auch das bis dahin umfangreichste Handelsabkommen zwischen Deutschland und Schweden geschlossen. Deutschland wurde zum wichtigsten Handelspartner Schwedens. Nach der Skagerraksperre gingen etwa 90 % des schwedischen Exports nach Deutschland. Das wichtigste Exportgut war Eisenerz aus den nordschwedischen Erzfeldern.

Die Politik der schwedischen Regierung wurde aber auch teilweise stark kritisiert, u. a. in einigen antinazistischen Zeitungen wie der Zeitung Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning, dessen Chefredakteur Torgny Segerstedt schon nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 auf Grund seiner Kommentare Ärger in Berlin erregt hatte. Die Regierung antwortete auf kritische Artikel mit Beschlagnahmen und Transportverboten. Die Kritik musste sich aber nicht gegen die schwedische Politik richten. Auch die Wiedergabe von Berichten über deutsche Verbrechen konnte zu Beschlagnahmen führen. Doch konnten Berichte über die Judenverfolgung in Deutschland gedruckt werden – sie geschah ja ganz offen –, weckten aber kaum Reaktionen.

Die schwedische Flüchtlingspolitik war schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges äußerst restriktiv gewesen (ausgenommen skandinavische Nachbarn). Zwar nahm man eine begrenzte Anzahl politischer Flüchtlinge auf, doch war die Tatsache, Jude in Deutschland zu sein, kein in Schweden anerkannter Fluchtgrund. Ganz im Gegenteil versuchte man, Fluchtmöglichkeiten für vor allem Juden vorzubeugen. Auch deutsche Deserteure, die von Dänemark oder Norwegen nach Schweden flohen, wurden unmittelbar zurückgeschickt und der deutschen Feldpolizei übergeben.

Nach den deutschen Niederlagen in Nordafrika und bei Stalingrad änderte sich die schwedische Politik 1943 in mehreren Punkten: der deutsch-norwegische Transitverkehr wurde im August 1943 gestoppt, im Oktober 1943 wurden dänische jüdische Flüchtlinge, die in Konzentrationslager transportiert werden sollten, aufgenommen, alliierte Bomber konnten über schwedisches Hoheitsgebiet fliegen und eine alliierte Flugleitzentrale wurde in Malmö eingerichtet, diplomatische Verbindungen wurden mit der norwegischen Exilregierung aufgenommen und dänische und norwegische Polizeitruppen wurden ausgebildet. 1943 wurde auch nach starkem Druck ein Handelsabkommen mit den Alliierten geschlossen, doch wurden die lukrativen Handelsbeziehungen zu Deutschland bis kurz vor Kriegsende weitgehend aufrechterhalten.

Die Annäherung Schwedens an die Alliierten einschließlich der Sowjetunion fand ihren Ausdruck auch in der Auslieferung internierter Wehrmachtsangehöriger, die in den letzten Kriegstagen und kurz danach an Schwedens Küste gestrandet waren, an die Sowjetunion sowie zum kleineren Teil an Großbritannien kurz nach Kriegsende 1945.

Nach dem Kriegsende konnte man in Schweden zufrieden feststellen, dass man das politische Ziel zu Kriegsbeginn, nämlich nicht in den Krieg gezogen zu werden, erreicht hatte. Das Wie wurde dabei nicht in Frage gestellt – die gesamte politische und wirtschaftliche Machtelite war ja an dieser Politik beteiligt gewesen. Erst in den 90er Jahren begann eine kritische Aufarbeitung dieses Zeitraums, die noch nicht abgeschlossen ist.

Nachkriegszeit

Im Juli 1945 löste eine sozialdemokratische Alleinregierung die Koalitionsregierung ab, zunächst weiterhin unter Per Albin Hansson, nach dessen Tod im Oktober 1946 unter Tage Erlander. In den nächsten Jahren wurde die durch den Krieg unterbrochene soziale Reformarbeit wieder aufgenommen und ein moderner Wohlfahrtsstaat nach den Grundsätzen des bereits genannten schwedischen Modells entstand. Parallel mit dem Ausbau des Sozialsystems arbeitete man auch an einer Verfassungsreform, die in den 1970er Jahren durch mehrere Grundgesetze schrittweise verwirklicht wurde (siehe: Schwedens Verfassung).

Am 3. September 1967, dem Dagen H, wurde der Verkehr von Linksverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt. Verkehrsminister war zu dem Zeitpunkt Olof Palme, der 1969 Premierminister Erlander im Amt ablöste. Palme prägte in den kommenden Jahren das Bild Schwedens im Ausland durch seine engagierte Außenpolitik: durch seine harte Kritik am Vietnamkrieg, als UNO-Vermittler im Iran-Irak-Krieg und durch seine internationalen Abrüstungsinitiativen. Innenpolitisch begegnete er mehreren Schwierigkeiten. Einerseits erschwerten die Verfassungsreform und die neue parlamentarische Situation nach der Wahl von 1970 eine stabile Zusammenarbeit über die Blockgrenzen hinweg, andererseits überschatteten wirtschaftliche Probleme, vor allem nach der Ölkrise 1973, die soziale Reformarbeit. Zudem führte die Wahl von 1973 zu einem Patt im Parlament: Regierung und Opposition erhielten je 175 Mandate. Oft wurden Abstimmungen im Reichstag daher per Losentscheid entschieden. Die Atomkraftdebatte entzweite die Sozialdemokraten und brachte einen neuen politischen Faktor ins Spiel, die Umweltpolitik und die grüne Bewegung, und die gewerkschaftliche Forderung nach Einführung von Arbeitnehmerfonds verschärfte die Gegensätze zu den bürgerlichen Parteien. Nach dem Wahlverlust der Sozialdemokraten von 1976 wurde Schweden von verschiedenen bürgerlichen Koalitionen regiert, bis Palme 1982 wieder als Ministerpräsident einer sozialdemokratischen Regierung an die Macht kam.

Mit der U-Boot-Krise wird seit 1980 das Auftauchen sogenannter „unbekannte Tauchobjekte“ vor der Küste bezeichnet. Am 27. Oktober 1981 schließlich, strandete das sowjetische U-Boot U-137 vor der Marinebasis Karlskrona - mitten in der militärischen Verbotszone. Die Havarie löste eine regelrechte U-Boot-Panik aus. Der sowjetische Kapitän Guschtschin behauptete, sämtliche Navigationsinstrumente seien ausgefallen. Die näheren Hintergründe blieben ungeklärt.

Die Sozialdemokraten waren stark von den neoliberalen Ideen aus den USA und Großbritannien beeinflusst worden. Unter dem neuen Finanzminister Kjell-Olof Feldt entbrannten heftige Debatten über neoliberale Reformen des Sozialstaates. Der Konflikt entzündete sich vor allem zwischen Feldt und dem Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes (LO), Stig Malm. Dieser „Krieg der Rosen“ führte letztlich zum Abgang von Feldt im Jahre 1990.

Nach Palmes Ermordung 1986 übernahm Ingvar Carlsson die Regierung und führte dessen Politik in allen wichtigen Punkten weiter. Gleichzeitig verursachte die Ermordung Palmes einen derartigen Schock, der zu einer großen Stille in der politischen Auseinandersetzung führte. Ein politischer Machtwechsel vollzog sich 1991 mit dem Wahlverlust der Sozialdemokraten. Carl Bildt, der einen Systemwechsel im Sinne neoliberaler Ideen gefordert hatte, bildete eine Koalitionsregierung bürgerlicher Parteien und begann, diese Ideen zu verwirklichen. Die Periode wird durch fortdauernde (bereits im Jahr 1990 angefangene) Wirtschaftskrise[6] und damals für notwendig gehaltene wirtschaftliche Umgestaltungen gekennzeichnet. Bei der Reichstagswahl 1994 gewannen die Sozialdemokraten erneut und Ingvar Carlsson bildete eine Minderheitenregierung. 1996 übergab Ingvar Carlsson seine Amtsgeschäfte an Göran Persson. Die Politik der folgenden Jahre konzentrierte sich auf eine Stabilisierung der öffentlichen Finanzen, was tiefe Eingriffe in das Sozialsystem zur Folge hatte. Trotz der durch diese Eingriffe verursachten Unzufriedenheit konnte die Sozialdemokratie in den Wahlen von 1998 und 2002 ihre Regierungsposition aufgrund der Unterstützung durch die Linkspartei und den Grünen behaupten.

1995 trat Schweden nach einer Volksabstimmung, bei der 52,3 % für einen Beitritt gestimmt hatten, der Europäischen Union bei. Schon die Volksabstimmung von 1994, aber auch die folgenden Wahlen und Meinungsumfragen zeigten, dass eine weitverbreitete Skepsis gegenüber der EU herrscht. Daher entschloss sich Schweden schon 1997, nicht an der Währungsunion teilzunehmen. Im Herbst 2003 schließlich wurde diese Frage dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Eine Mehrheit der Bevölkerung stimmte gegen die Einführung des Euro. Das Referendum wurde von der Ermordung der Außenministerin Anna Lindh wenige Tage davor überschattet, die von vielen als Nachfolger Perssons gesehen worden war.

Im Vorfeld der Reichstagswahlen 2006 bildeten die vier bürgerlichen Parteien ein Allianz für Schweden genanntes Wahlbündnis, dem es gelang, eine Wechselstimmung zu erzeugen und die Wahl zu gewinnen; die Sozialdemokraten mussten sich mit 34,99 % zufriedengeben – auch wenn sie damit stärkste Partei blieben, stellte dies ihr schlechtestes Ergebnis seit 1914 dar. Der neue Reichstag wählte am 5. Oktober 2006 den Parteivorsitzenden der Moderata samlingspartiet, Fredrik Reinfeldt, zum neuen Premierminister, der tags darauf seine Allianz-Regierung vorstellte und Persson ablöste.

Fußnoten

  1. Hoffmann S. 144 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur.
  2. Hoffmann S. 145.
  3. Hoffmann S. 136 ff. In diesem Aufsatz werden alle Theorien ausführlich referiert.
  4. Ruprecht S. 26.
  5. Oppermann S. 98
  6. von 1990 bis 1994 sank das Pro-Kopf-Einkommen etwa 10% – http://hdr.undp.org/docs/publications/ocational_papers/oc26c.htm

Siehe auch

Literatur

Einführungen

  • Neil Kent: A Concise History of Sweden, Cambridge: Cambridge University Press, 2008, ISBN 0521012279 Rezension
  • Ralph Tuchtenhagen: Kleine Geschichte Schwedens, München: Verlag C. H. Beck, 2008, ISBN 3406536182 Rezension
  • Jörgen Weibull: La Suède: Un aperçu historique. 1993. ISBN 91-520-0305-1

Weitere Werke

  • Nikolas Dörr: Die schwedische Geschichte im 20. Jahrhundert als Objekt der deutschen Forschung. In: Jaroslaw Suchoples und Alexander Mionskowski (Hg.): Entgrenzungen. Das 20. Jahrhundert nordeuropäischer Geschichte im Spiegel der deutschen Forschung. Wroclaw 2007, S. 43-65. ISBN 978-83-229-2860-8
  • Stig Hadenius: Svensk politik under 1900-talet. Konflikt och samförstånd. Stockholm 2000.
  • Erich Hoffmann: Der heutige Stand der Erforschung der Geschichte Skandinaviens in der Völkerwanderungszeit im Rahmen der mittelalterlichen Geschichtsforschung. In: Der historische Horizont der Götterbild–Amulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter. Göttingen 1992. S. 143–182.
  • Charles James August Oppermann. English Missionaries in Sweden and Finland. London 1937.
  • Arndt Ruprecht: Die ausgehende Wikingerzeit im Lichte der Runeninschriften. Göttingen 1958.
  • Lizelotte Lundgren Rydén: Ett svenskt dilemma: socialdemokraterna, centern och EG-frågan 1957–1994. Göteborg (= Avhandlingar från Historiska institutionen i Göteborg ; 23), Zusammenfassung in englischer Sprache, (Zugl.: Göteborg, Univ., Diss., 2000) ISBN 91-88614-29-8
  • Wolfgang Seegrün: Das Papsttum und Skandinavien.Neumünster 1967.
  • Jacqueline Taffinder: The allure of the exotic: the social use of non-local raw materials during the stone age in Sweden. Uppsala 1998. – Zugl.: Uppsala, Univ., Diss., 1999, ISBN 91-506-1312-X

Weblinks


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