Schwerionentherapie

Schwerionentherapie
Behandlungsplatz für Schwerionentherapie bei der GSI mit Mustermaske für die Bestrahlung von Hirntumoren

Die Schwerionentherapie ist eine Form externer Strahlentherapie und erreicht für besonders strahlenresistente Tumorformen größere Heilungschancen als andere Therapien. Sie kann aufgrund der verwendeten Teilchen als erweiterte Form der Protonentherapie in die Kategorie der Partikeltherapie eingeordnet werden. Sie wird heute weitestgehend als Therapie für Tumore im Kopfbereich eingesetzt. Sie wurde am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt entwickelt und erprobt und jetzt am Universitätsklinikum Heidelberg in einem eigenen Therapiezentrum (Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum – HIT) angewendet. Hierbei wird der Tumor mit einem Strahl aus ionisiertem Kohlenstoff bestrahlt, um die veränderten Zellen abzutöten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach vorangegangenen zehn Jahren Grundlagenforschung in Strahlenbiologie und Physik wurde am GSI-Schwerionenbeschleuniger SIS von 1986 bis 1991 der Prototyp einer intensitätsmodulierten Rasterbestrahlung aufgebaut und erprobt. Von 1993-1997 wurde eine Therapie-Einheit aufgebaut. Forschungen zeigten, dass Kohlenstoff der ideale Kandidat zur Behandlung tiefliegender Tumoren ist: Hohe Dosis am Strahlenende, d.h. idealer Bragg-Peak bei minimalen Streuverlusten im Eingangskanal am gesunden Gewebe verbunden mit höherer biologischer Wirksamkeit auf Tumoren und einem besonderen Nebeneffekt - Ionenstrahlen führen zur genauen Strahllokalisierung durch Isotope, deren Emissionen in einer Positronen-Emissions-Tomografie (PET) als Sicherheitskontrolle und Nachweismonitor dienen. Damit konnte in kürzester Zeit nach einer Testphase am 13. Dezember 1997 der erste Patient behandelt werden. Dies war die erste Tumortherapie mit Kohlenstoffionen in Europa und die erste angewandte intensitätsmodulierte Schwerionentherapie weltweit.

Funktionsweise

In der Therapievorbereitung wird der Tumor möglichst genau vermessen und in Schichten gleicher Dicke aufgeteilt. Diese Schichten werden dann von einem Ionenstrahl mit genau definierter Energie Punkt für Punkt abgetastet, so dass jeder Punkt eine vorher berechnete Strahlendosis erhält, die das Tumorgewebe zerstört. Dazu werden die Teilchen eines spills so in ihrer Bahn gestört, dass einige von ihnen definiert aus dem Beschleunigerring austreten und auf das Zielobjekt gelenkt werden können. Der Strahleneingang im Patientenraum verläuft horizontal und ist nicht beweglich. Die Ablenkung des Strahls zur Abtastung des Zielvolumens wird durch zwei Dipolmagnete erreicht. Zudem werden Kollimatoren eingesetzt, um den Strahlengang zu verfeinern. Mehrere Einstrahlfelder werden durch Drehung des Patiententisches ermöglicht.

Vorteile

Gezieltere Energieabgabe

Elektronen mit 4 MeV dringen nur 1 cm tief ein. Photonen mit 20 MeV schädigen ab 3 cm und tiefer. Sehr energiereiche Protonen schädigen selektiv in 12 cm Tiefe.

Die Therapie mit Schwerionen hat gegenüber der herkömmlichen Strahlentherapie mit Photonen (Gammastrahlung) den Vorteil, dass die Energieabgabe der Ionen sehr viel besser gesteuert werden kann. Gammastrahlung gibt einen Großteil ihrer Energie direkt beim Eintritt in das Gewebe ab, der Tumor wird vom davor liegenden Gewebe abgeschirmt und erhält eine wesentlich geringere Strahlendosis, während das gesunde Gewebe geschädigt wird. Schwerionen geben zunächst (bei hoher Geschwindigkeit) nur sehr wenig Energie an das umgebende Gewebe ab, sobald sie aber eine kritische Geschwindigkeit unterschreiten, steigt die Energieabgabe sehr stark an. Dieser Punkt kann durch Vermessung des Tumors so gelegt werden, dass der größte Teil der Energie an den Tumor abgegeben wird, während das gesunde Gewebe kaum geschädigt wird.

Direkte Strahlüberwachung

Auf ihrem Weg durch das Gewebe werden einige Kohlenstoffionen in leichtere Kohlenstoffisotope umgewandelt, die Positronen emittieren. Treffen diese Positronen auf Elektronen, emittieren sie zwei charakteristische Photonen unter einem Winkel von 180°. Auf ihrem Weg in den Körper sorgen einige Teilchen in einem gasdurchflossenen Detektor für eine statistische Ionisation auf einem Metallgitter. Aus den Daten des Detektors lässt sich der Winkel des Strahls und somit dessen Position im Gewebe errechnen und mit den im Therapieplan festgelegten Sollwerten vergleichen und die Ablenkung gegebenenfalls korrigieren.

Quellen


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