Schwimmender Windpark

Schwimmender Windpark

Eine Schwimmende Windkraftanlage im Englischen floating wind turbine genannt, ist eine Windkraftanlage (WKA), die im Meer oder in größeren Seen, auf einem schwimmenden Fundament (schwimmende Plattform, schwimmende Tragstruktur, schwimmende Gründungsstruktur) errichtet wird. Schwimmende Windkraftanlagen ermöglichen die Nutzung der Windenergie an besonders windreichen Standorten in bisher nicht nutzbaren tieferen Gewässern. Einsatzmöglichkeiten sind die reine Stromerzeugung, die Produktion von Wasserstoff, die Herstellung von Methanol oder BtL-Kraftstoffen und die Meerwasserentsalzung.

Inhaltsverzeichnis

Impuls

Höheres Seewindpotential

Im Zentrum der Betrachtung steht der erzielbare Mehrertrag durch die stärkeren und gleichmäßigeren Winde auf dem Meer. Im Vergleich zu dem durchschnittlichen Ertrag der Windkraft in den letzten Jahren in Deutschland (1.500 Volllaststunden), wäre der Stromertrag in der Nordsee bis um das Dreifache (4.500 Volllaststunden), höher gewesen. Im Vergleich zu den besten Windstandorten in Deutschland wäre die Stromproduktion doppelt so hoch gewesen.

Riesiges Standortpotential

Im Vergleich zu herkömmlichen Offshore-Windkraftanlagen können schwimmende Windkraftanlagen in viel größeren Wassertiefen eingesetzt werden und das riesige Flächenpotential auf dem Meer nutzen.

Nutzung von Skaleneffekten

Windstrom kann mit schwimmenden Windparks in sehr großen Mengen und zu günstigen Preisen erzeugt werden. Nach Angaben von Forschern soll ein doppelter Ertrag pro installierter MW-Leistung gegenüber herkömmlichen Offshore-Anlagen möglich sein.

Keine Sichtbarkeitsbeschränkungen

Schwimmende Windkraftanlagen können in großer Entfernung von den Küsten installiert werden, so dass Konflikte mit dem Tourismus und Sichtbarkeitsbeschränkungen vermieden werden.

Technische Varianten

Bei der Entwicklung schwimmender Windkraftanlagen greift man auf die Erfahrungen der Erdöl- und Erdgasindustrie mit schwimmenden Erdöl- und Erdgasförderplattformen zurück.

Die verschiedenen Ausführungsformen unterscheiden sich einerseits darin, ob eine schwimmende Struktur eine einzelne Windkraftanlage ("single-turbine-floater") oder mehrere Windkraftanlagen ("multiple-turbine-floater") trägt und anderseits in der Verankerungsmethode.

"single-turbine-floater" (eine WKA auf einer schwimmenden Struktur)

Bei diesem Konzept wird eine einzelne Windkraftanlage auf einem schwimmenden Fundament im Meeresboden verankert. Durch eine drehbare Gondel kann der Wind von allen Seiten genutzt werden. Eine schwimmende Einzelwindkraftanlage kann auch in Gewässern eingesetzt werden, die im Winter stark vereisen.

"multiple-turbine-floater" (mehrere WKA auf einer schwimmenden Struktur)

Bei diesem Konzept werden mehrere Windkraftanlagen auf einer einzigen Plattform errichtet. Dabei dreht sich nicht die einzelne Windkraftanlage in den Wind, sondern durch den Winddruck die gesamte Plattform. Sie benötigt nur einen einzigen Anker im Meeresboden und auch nur ein einziges Seekabel zur Stromabführung. Das Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass sich die einzelnen Windkraftanlagen auf der Plattform nicht gegenseitig stören (abschatten). Im Englischen wird dieses Konzept auch Multiple Unit Floating Offshore Windfarm (MUFOW) genannt.

Technische Konzeptbeispiele

ARCADIS-Konzept

Für den Windpark "Ventotec Ost 2" entwickelte ARCADIS ein völlig neuartiges Konzept mit einem schwimmendem Offshore-Fundament (SOF), das nach dem Prinzip des Halbtauchers mit Schwergewichtsfundamenten am Meeresboden verankert wird.

HYWIND-Konzept

Das HYWIND-Konzept wurde vom norwegischen Erdölkonzern HYDRO entwickelt. Der massive zylinderförmige Schwimmkörper wird unter Wasser durch drei Stahltrosse gehalten und die stählernen Halterungen mit Betonblöcken auf dem Meeresboden verankert.

SWAY-Konzept

Das SWAY-Konzept wurde von der SWAY-Company und Hauptanteilseigner Inocean in Zusammenarbeit u. a. mit Shell und Statkraft für Meerestiefen von 80 - 300 m entwickelt. Der Schwimmkörper, in Form einer verlängerten Stange, wird nach dem TLP-Prinzip im Meeresboden fest verankert.

HENDERSON-Konzept

Das MUFOW-Konzept von A. Henderson basiert auf der SWATH-Technologie. Hier liegt der großflächige und großvolumige Auftriebskörper (Rohr oder verbundene Zwillingsrohre) unterhalb der zerstörerischen Wellen. Das „Schweben“ der Konstruktion wird durch Ballasttanks oder durch zusätzliche, bojenförmige Auftriebskörper gewährleistet. Diese Bojen sind flexibel an der Plattform befestigt und können dadurch den Wellenkräften wie ein Punchingball ausweichen.

KUSAN-Konzept

Diese Konzeption basiert auf einer halbschwimmenden Bauweise. Der halbschwimmende Windpark dreht sich um eine fest im Meeresboden montierte Halterung oder um einen hochragenden Felsen. Dieses Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass die Masten der Windkraftanlagen bis zur Gondel abgestützt werden.

RITEC INDUSTRIES-Konzept

Im Gegensatz zu anderen Konzepten setzt RITEC INDUSTRIES auf einen H-Darrieus-Rotor. Größter Vorteil eines solchen Rotors ist das niedrige Gewicht sowie der niedrige Schwerpunkt. Die Plattform auf der der Rotor montiert wird, ist nach dem Halbtaucher-Prinzip konzipiert. Darüber hinaus verfügt die Plattform über ein an der tiefsten Stelle angebrachtes Ausgleichsgewicht, welches der gesamten Anlage einen tiefen Schwerpunkt verleiht. Dadurch verhält sich die Plattform bei starkem Wind und hohen Wellen wie ein Stehaufmännchen.

Technische Optimierungsmöglichkeiten

Neben dem wesentlich höheren Stromertrag gibt es eine Reihe von Optimierungsmöglichkeiten bei den wesentlichen Baugruppen des schwimmenden Windparks (Plattform, Turm, Rotor/Gondel), welche sich auch auf die Wirtschaftlichkeit auswirken. In vollem Umfang treffen diese Möglichkeiten auf die MUFOW-Konzepte zu, teilweise aber auch auf die anderen Konzepte.

Rotor/Gondel

Obwohl der Einflügler im Binnenland erfolgreich getestet wurde, führten die akustischen und optischen Belastungen dazu, auf die weitere Entwicklung von Einflüglern (Monopteros (WEA)) zu verzichten. Auch für Zweiflügler trifft dies zu, obwohl diese häufiger gebaut wurden. Dabei hat der Einflügler Vorteile: Es werden nicht nur zwei Flügel eingespart, sondern durch die hohe Umdrehungszahl des Rotors genügt ein kleineres Getriebe – und bei getriebelosen Windkraftanlagen ein kleinerer Ringgenerator, was zu deutlichen Kupfereinsparungen führt. Durch den stärkeren Wind auf See fällt auch das schlechtere Anlaufverhalten von Einflüglern nicht ins Gewicht. Auf dem Meer spielen die akustischen und optischen Einflüsse dagegen keine Rolle.

Turm

Bei der Verwendung von verbundenen Zwillingsrohren als Träger der Plattform sind wesentlich bessere Möglichkeiten der Abspannung/Abstützung gegeben, welche die statischen Erfordernisse mit deutlich geringerem Materialaufwand gewährleisten. Da sich die gesamte Plattform in den Wind dreht, kann diese Abstützung, wie bei einem Riesenrad auch nach vorne gebaut werden.

Plattform

Ein großer Vorteil ist die Vermeidung von Parkverlusten durch die gegenseitige Abschattung des Windes bzw. dessen Verwirbelung, weil sich die gesamte Plattform durch den Winddruck eigenständig in den Wind dreht. Durch die Schwimmfähigkeit der Plattform besteht hier die Möglichkeit der Modulbauweise, oder die Möglichkeit der vollständigen Fertigung an einer Werft mit anschließendem Schleppen an den Bestimmungsort.

Einsatzmöglichkeiten

Kombinationsmöglichkeiten

Durch die Kombinationsmöglichkeit der Plattform mit den verschiedensten zusätzlichen Nutzungsformen, auch auf dem Nichtenergiesektor, können die Kosten der Plattform anteilig aufgeteilt werden. Beispielsweise durch

  • die gleichzeitige Nutzung der Wellenenergie und der Nutzung der Strömungsenergie mittels Konzepten wie z.B. von Seaflow,
  • der Fisch-, Algen- und Muschelzucht, sowie
  • des Tourismus (z.B. Tauchen am bald entstehenden künstlichen Riff).

Energietransport

Die Stromerzeugung durch schwimmende Windparks erfolgt fern der Verbraucherzentren. Nötig ist deshalb ein Energietransport vom Standort im Meer zur Küste, und dann meist noch weiter in das Binnenland.

Seekabel

Im Meer werden Seekabel im Meeresboden verlegt, die in der Lage sind große Entfernungen zu überbrücken. Dabei wird in der Regel Gleichstrom verwendet. Einen praktisch verlustfreien Stromtransport sollen in Zukunft hochtemperatursupraleitende HTSL-Stromkabel ermöglichen.

Synlift

Die Herausforderung besteht heute darin, diese teure Variante der Stromanbindung möglichst durch eine billigere Variante zu ersetzen, nämlich durch das Synliftkonzept, wonach eine Windkraftanlage zugleich die Rolle des Freileitungsmasten übernimmt. Selbst wenn nur ein Teil der Strecke dadurch bewältigt werden kann, sind spürbare Einsparungen zu erzielen.

Energiepipelines

Als weitere Möglichkeit bietet sich an, den durch die schwimmenden Windkraftanlagen erzeugten Strom in Wasserstoff oder Methanol umzuwandeln und per Gas- oder Ölpipeline transportieren, welche bereits bestehen.

Logistik

Schwimmende Kraftwerke können an Land vormontiert und auf das Meer hinaus gebracht werden.

Ein Transport von großen Bauteilen auf den Straßen entfällt vollständig, sofern der Windkraftanlagenbauer Zugang zur Binnenschifffahrt hat, was z.B. auf Enercon zutrifft.

Dadurch können Großbauteile in einem Stück gefertigt werden, anders als bei der Windkraftanlage von Enercon vom Typ E-126, deren Flügel in zwei Segmenten vorgefertigt und dann vor Ort erst zusammengefügt werden musste.

Weblinks

Konzepte

Windpotential

Energietransport


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